Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Eigentlich ist das allermeiste von Frau Brück und Frau Ratter gesagt worden. Dem ist eigentlich wenig hinzuzufügen. Trotzdem möchte ich drei bis vier Anmerkungen von meiner Seite machen.
Als Sie, Frau Schneid, Ihren Antrag vorgestellt und gesagt haben, Sie hätten ein paar Forderungen aus den letzten Monaten zusammengestellt, hatte ich den Eindruck, es sind weniger die letzten Monate als das letzte Jahrzehnt.
Bei einer ganzen Menge von Maßnahmen hatte ich sogar den Eindruck, sie seien vielleicht eher aus dem letzten Jahrhundert.
Das ist das Problem mit Ihrem Antrag. Wenn man sich schon in der Analyse nicht einig ist, dann ist es schwierig, sich über gemeinsame Maßnahmen zu verständigen. Wenn ich Ihren Antrag lese, dann sehe ich, dass wir uns an vielen Stellen in der Analyse nicht einig sind.
Erstens das Thema „Schulstrukturreform“. Hier findet sich im Antrag sinngemäß der Satz, man würde viel zu sehr über Strukturen reden, weil das nichts mit dem einzelnen Schüler oder der einzelnen Schülerin zu tun
hätte. Das ist ungefähr so, als würden wir sagen, wir kümmern uns um eine gute Unterrichtsversorgung und Sie würden dann sagen: Das ist doch nur eine strukturelle Frage; die kommt nicht dem einzelnen Kind zu. – Wir brauchen eine gute Unterrichtsversorgung, und die wird für die Kinder nur in einer guten Struktur wirksam. Deswegen muss man sich natürlich auch mit Strukturen auseinandersetzen.
Wir haben diese Schulstrukturreform nicht nur aus demografischen Gründen auf den Weg gebracht. Es war auch die demografische Entwicklung, die uns dazu bewogen hat, aber es geht uns natürlich darum, dass am Ende die Kinder gut gefördert werden. Die Wahrheit ist: Wenn ich in einer Hauptschule in einer Jahrgangsstufe noch 13, 14 oder 15 Kinder habe, kann ich nicht in der Breite das Angebot machen, das man Kindern heutzutage machen muss. Dazu gehört eine gute Unterrichtsversorgung, eine gute Berufsorientierung und vor allen Dingen eine individuelle Förderung. Das geht in den neuen Strukturen deutlich besser.
Lassen Sie mich ein zweites hinzufügen. Das Thema „Unterrichtsversorgung“ haben wir gestern schon einmal diskutiert. Um es an dieser Stelle noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen: Für mich ist die Unterrichtsversorgung absolut prioritär, und so handelt die Landesregierung auch. Aber sie verspricht nicht Dinge, die sie nicht halten kann. Deswegen haben wir eine solide Planung für die nächsten Jahre auf den Weg gebracht.
Die Landesregierung tut ein Weiteres nicht. Sie spielt nicht die Frage der Unterrichtsversorgung, wie das im Antrag getan wird, gegen die Schülerbeförderung aus, weil für uns beides wichtig ist.
Wir brauchen eine gute Unterrichtsversorgung, und wir müssen Barrieren beim Zugang ins Bildungssystem abbauen.
Liebe Frau Dickes, wenn Sie sich so sorgenvoll um Prioritäten kümmern, machen Sie doch in Berlin den Vorschlag, dass man das mit dem Betreuungsgeld und vieles andere sein lässt und in die Infrastrukturen der Bildung investiert. Da könnten Sie etwas für Prioritätensetzung tun.
Ich greife gern den dritten Punkt auf, die Inklusion. Ich habe sehr sorgsam die Debatte verfolgt, als es um das Thema „Altengerechtes Wohnen“ ging. Da gab es dieselbe Situation wie beim Thema „Inklusion“. Sie tun nach außen so, als hätten Sie für alles Verständnis, man wolle
alles und es würde schon irgendwie gehen. Aber dort, wo es notwendig ist, damit Menschen wirklich wählen können, sind Sie nicht bereit, Entscheidungen zu treffen.
Frau Schneid hat wortwörtlich gesagt, es soll nicht ideologisch am Inklusionsgedanken entschieden werden. Wir tun genau das Gegenteil. Wir schaffen ein Wahlrecht für die Eltern. Damit die Eltern diese Wahl auch einlösen können, müssen wir mehr inklusive Angebote schaffen. Daran kann es überhaupt keinen Zweifel geben. Das ist das Gegenteil von Ideologie, es ist das Eröffnen von Wahlmöglichkeiten. Wer sich vor dieser Entscheidung und dieser Frage drückt, der wird bei der Inklusion nicht weiterkommen und wird sich vorhalten lassen müssen, dass er nicht mit der notwendigen Entschiedenheit bereit ist, inklusive Angebote zu schaffen.
Sie versuchen an dieser Stelle, subtil Ängste zu schüren. Dafür gibt es keinen Grund. Wir werden mit dem Thema „Inklusion“ verantwortungsvoll umgehen, aber wir wollen mit dem, was wir versprochen haben, ernst machen, dass es ein Wahlrecht für die Eltern gibt.
Vielen Dank. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag. – Herr Kollege Bracht.
Dann stimmen wir ab. Wer ist für Ausschussüberweisung? – Wer ist dagegen? – Somit ist der Antrag mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.
Also stimmen wir direkt über den Antrag ab. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Vielen Dank. Somit ist der Antrag mit den Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion der SPD gegen die Stimmen der Fraktion der CDU abgelehnt.
Landesgleichstellungsgesetz novellieren – Gleichstellung von Frauen im öffentlichen Dienst stärken Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/1527 –
Wir haben eine Grundredezeit von fünf Minuten je Fraktion vereinbart. – Frau Dr. Machalet von der SPDFraktion hat das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sind uns alle einig – mit einigen vielleicht ein bisschen einiger als mit anderen –, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern und der Abbau von Benachteiligungen im Beruf und im Erwerbsleben eine derzeit zentrale gesellschaftspolitische Herausforderung darstellen.
In den letzten Monaten ist sehr viel über das Thema „Frauen in Führungspositionen in der Privatwirtschaft“ und über die Themen „Quote oder nicht“, „Quote light“ und „Flexiquote“ öffentlich diskutiert worden. Man weiß das alles nicht genau. Es blickt auch keiner mehr ganz durch, was dabei herausgekommen ist.
Fakt ist jedoch, dass bis jetzt in der Privatwirtschaft recht wenig passiert ist. Man konnte heute auch wieder in der „Rhein-Zeitung“ lesen: Dax-Frauen haben selten das Sagen. – Zwar hat sich Anteil der Frauen in den Aufsichtsräten erhöht, weitestgehend jedoch nur, weil Frauen von der Arbeitnehmerseite in die Kontrollgremien geschickt wurden. Da ist noch eine Menge zu tun.
Es geht hier um die Verantwortung und um das, was vonseiten der öffentlichen Hand und auch vonseiten der Landesregierung gemacht werden kann, um im Land und da, wo wir die Einflussmöglichkeiten haben, die Situation deutlich zu verbessern und damit unsere Vorreiterrolle wahrzunehmen.
Im Geltungsbereich des Landesgleichstellungsgesetzes hat sich seit seiner Einführung 1995, also immerhin fast 50 Jahre nach dem Festschreiben der Gleichberechtigung im Grundgesetz, einiges getan. Das macht auch der aktuelle Gleichstellungsbericht deutlich. 1996 waren noch 42,1 % Frauen in der öffentlichen Verwaltung beschäftigt, jetzt sind es schon 51 %.
Allerdings ist das Problem, dass Frauen in den niedrigeren Gehaltsgruppen deutlich überrepräsentiert sind und der Anteil von Frauen in Führungspositionen im Geltungsbereich des Landesgleichstellungsgesetzes bei 30 % liegt. Damit sind Frauen dort deutlich unterrepräsentiert. Auch beim Thema „Elternzeit“ sieht es immer noch so aus, dass Elternzeit zu 95 % von Frauen in Anspruch genommen wird. Man sieht, hier gibt es einen deutlichen Nachholbedarf bei den Männern.
Das heißt, wir müssen überprüfen – das ist unsere Aufgabe –, wo wir im LGG Möglichkeiten schaffen und Bedingungen für Frauen deutlich verbessern können, was die Beschäftigungssituation angeht. Wir müssen als Vorreiter vorangehen und deutlich machen, dass der Landesdienst besonders frauen- und familienfreundlich ist. Wir können zeigen, dass es geht.
Nicht zuletzt ist es auch wichtig, wenn wir im demografischen Wandel noch genügend qualifizierte Frauen für den öffentlichen Dienst werben wollen und das nicht nur im Bereich der Lehrerinnen, weil wir wissen, gerade bei den Grundschullehrerinnen sind es überwiegend Frauen.
Das heißt, flexible Teilzeitmodelle sind eine wichtige Möglichkeit – sie müssen ausgeweitet werden –, um verschiedenen Familiensituationen entgegenzukommen, egal, ob es um die Kindererziehung oder das Betreuen von pflegebedürftigen Angehörigen geht. Wir müssen jedoch auch den Blick darauf haben, dass wir die Bedingungen für Vollzeiterwerbstätigkeit verbessern.
Wir wollen nicht – das sagen wir immer in Bezug auch auf die Privatwirtschaft –, dass Frauen in die Teilzeitfalle tappen. Das gilt ganz besonders im öffentlichen Dienst. Da können wir es steuern.
Wir wissen, welche Konsequenzen Teilzeit für die Renten, die Aufstiegsperspektiven und Teilhabe an Fortbildungen, dauerhaft mit sich bringt.
Wir können und müssen die Möglichkeiten für Telearbeit ausweiten. Vielleicht brauchen wir flexiblere Kernzeitmodelle. Zuallererst geht es um gleiche Bezahlung, also gleichen Lohn für gleiche Arbeit im Landesgleichstellungsgesetz festzuschreiben.
Es ist gut – das konnten wir vorgestern im Ausschuss erfahren –, dass sich die Landesregierung auf den Weg gemacht hat und viele Dinge in Arbeit sind. Die relevanten Akteurinnen werden eingebunden. Gespräche laufen bereits.