Es ist ein bisschen zu kurz gekommen – ich glaube nicht in der Regierungserklärung, aber in Teilen der Debat- te –, dass wir darauf angewiesen sein werden, ein offenes Land zu sein. Wir werden uns in den nächsten fünf Jahren – davon bin ich fest überzeugt – nicht nur über Menschen unterhalten müssen, die aus Not oder wegen Verfolgung zu uns kommen.
Wir werden uns auch darüber unterhalten müssen, wie freizügig unser Arbeitsmarkt ist und wie wir ihn so organisieren und regeln, dass nicht auf einmal neue Konfliktsituationen unsere Gesellschaft auseinanderzureißen drohen.
Konfliktsituationen können dann entstehen, wenn Menschen sagen, ich gehe temporär woanders hin, beispielsweise aus Mittelosteuropa in die Bundesrepublik, nach Frankreich oder wohin auch immer, und wenn Menschen wegen ungeregelter Arbeitsmarktsituationen für Löhne arbeiten, von denen ihre Kollegen aus Deutschland, Frankreich oder woher auch immer in unseren Teilen Europas ihre Familien nicht ernähren können.
Man kann doch sehen, dass wir das eine wahrscheinlich brauchen und das andere leisten müssen. Wir müssen diese Ordnung schaffen, damit wir den Bedarf menschengerecht für die, die kommen, aber auch verträglich für die, die da sind, entsprechend organisieren. Davon hat die Regierungserklärung gesprochen. Darüber hat die Opposition kein Wort gesprochen.
Ich finde, deshalb lohnt es sich, gegen Ende dieser Debatte über diese Fragen zu reden; denn das ist eine Einstellungsfrage. Das ist eine Frage, die man nicht damit beantworten kann, dass man beim nächsten Wahlkampf wieder darüber philosophiert, wie es mit dem muttersprachlichen Unterricht an den Schulen wäre, um möglichst Ressentiments von Menschen zu wecken und damit politische Ströme auf die eigenen Parteimühlen zu lenken.
Darüber müssen wir reden. Das sind Grundzüge der Arbeit, die in den fünf Jahren vor uns steht. Ich hätte mir gewünscht, dass wir dazu etwas gehört hätten.
Für diese Regierung kann ich sagen, auch nachdem Herr Hering, Herr Köbler und die Kolleginnen und Kollegen danach geredet haben und was Frau Kollegin Lemke ausgeführt hat, dass Sie davon ausgehen können, dass wir willens sind, diese Fragen konstruktiv zu lösen und in einem offenen Land zu leben, das nicht nur, wie ich es eben auch getan habe, von einer hohen Exportquote schwärmt, sondern die Verantwortung, die damit auf uns zukommt, in vielen Bereichen der gesellschaftlichen Organisation, der politischen Orientierung und der Werteorientierung freiheitlich sozial wahrnimmt, um nicht mit einem neoliberalen Bild in Verwechslung zu kommen. Es ist mir wichtig gewesen, das noch einmal anzusprechen, weil es nicht ausreichend beleuchtet worden ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch ein Wort. Frau Klöckner hat versucht, sich dadurch Lacher zu erwerben, indem sie einen Satz aus der Koalitionsvereinbarung zum Thema der Selbstorganisation des Bekenntnisses auch der Wirtschaftskammern zitiert hat.
Es ist keine Selbstverständlichkeit, die wir hineingeschrieben haben. Sie wissen, es gibt einen beachtlichen Teil von Unternehmerinnen und Unternehmern, die uns ständig drängen, die Pflichtkammerbeiträge und damit die Pflichtmitgliedschaft oder umgekehrt abzuschaffen. Natürlich müssen wir uns mit der Frage der freiheitlichen Organisation einzelner Unternehmen und dieser Bündelungsfunktion auseinandersetzen.
Wir haben es hineingeschrieben, weil wir uns für die Bündelungsfunktion mit entschieden haben und auf diese Art und Weise hoffen, dass in Zukunft diese Kammern einen Teil dessen, was ansonsten staatlich organisiert werden müsste, als Selbstverwaltung organisieren: die Organisation beider Teile der beruflichen Bildung, die Prüfungsausschüsse, Weiterbildungsansätze, die wir vorantreiben müssen, denen in den kommenden Jahren ein deutlicher Schwerpunkt gelten muss.
Es ist keine Selbstverständlichkeit und schon gar nichts, worüber man sich Lacher erheischen sollte. Es ist ein für uns nicht leichtes, klares Bekenntnis, das wir in Kenntnis der Auseinandersetzung getroffen haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen doch auch, welche Kämpfe die Kammern in der inneren Organisation, in Fehlverhalten und Ähnlichem zu bestehen hatten und zu bestehen haben. Vor diesem Hintergrund dennoch diese klare Entscheidung zu treffen, hat keine Häme verdient, sondern Nachdenken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch in aller Kürze ein Wort zu dieser Infrastrukturdebatte sagen.
Ich glaube, es ist klar geworden, dass die Koalitionsfraktionen bei konkreten Infrastrukturprojekten nicht in der Grundüberzeugung einer fairen Infrastruktur in Stadt und Land, aber bei konkreten einzelnen Projekten sehr unterschiedliche Einschätzungen haben. Ich finde, an einer solchen Stelle – da will ich das unterstreichen, was Herr Kollege Köbler gesagt hat – hat es keinen Sinn auszuweichen. Da muss man klar entscheiden. Deshalb hat jeder seine Schmerzen zu tragen.
Ich sage noch einmal, wer nicht in der Lage ist, an solchen Stellen tragfähige Kompromisse zu schließen, der wird am Ende nicht mehr in der Lage sein, unter Demokratinnen und Demokraten regierungsfähige Mehrheiten zusammenzustellen. Wir haben solche Länder in Europa. Schauen Sie sich an, wie die Hängepartie in Belgien ist. Ich muss da gar nicht auf den Balkan oder sonst irgendwohin schauen.
Deshalb, die Kraft zum Kompromiss gehört dazu. Die Frage, ob man, wenn man über einen Schatten springen muss, was einem an der einen oder jenen Stelle nicht leicht fällt, trotzdem die Kraft hat, unter dem Strich zu werten, dann ist das und wird das, was vereinbar ist, was an Gemeinsamkeiten da ist, nach der eigenen Überzeugung und jeweils eigenen Verantwortung aller Abgeordneten dieser Koalition und derjenigen, die in Funktionen gewählt worden sind, tragfähig, sodass man diesen Weg miteinander gehen will, oder es reicht nicht.
Wenn man es mit Ja beantwortet, dann muss man auch zu dem Teil der Kompromisse stehen, die einem schwergefallen sind. Alles andere würde mit wem auch immer und an welcher Stelle auch immer zur Koalitionsunfähigkeit und am Ende zur Handlungsunfähigkeit führen.
Die Verantwortung haben wir; denn eins wollten alle von uns, von allen 101 Abgeordneten, die wir in dieses Parlament gewählt worden sind. Die Menschen wollten, dass dieses Land anständig regiert und von der Opposition, wer immer in der Opposition ist, verantwortlich begleitet wird. Wir dürfen davon ausgehen, dass das die Menschen gewollt haben. Deshalb ist uns die Kraft zum Kompromiss abverlangt, und wir haben insgesamt einen guten Kompromiss miteinander gefunden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie unterschiedlich man Dinge sehen kann, merken Sie an einzelnen Infrastrukturprojekten. Natürlich gibt es, wenn ich an die B 10 denke, sehr unterschiedliche Positionierungen, nicht nur zwischen den Koalitionspartnern, zwischen der Südpfalz, meiner Heimat, und der Südwest- oder Westpfalz, und jeweils mit Argumenten, die man nicht einfach vom Tisch wischen kann.
Frau Kollegin, wir führen ein Mediationsverfahren durch, das Sie gerade schlechtreden wollen. Das ist ein vernünftiger Ansatz.
Sie müssten wissen, dass das Mediationsverfahren entlang der beiden Vorschläge, die wieder eingespeist waren, sehr nahe an einer einvernehmlichen Regelung gewesen ist. Diesen Versuch erneut zu machen, lohnt. Deshalb stehe ich zu diesem Weg mit dem klaren Willen einer Verbesserung der Verkehrssituation auf der B 10. Das muss am Ende stehen. Das haben wir vereinbart.
Oder A 643. Ich schaue mich um. Ich sehe den Herrn Kollegen Schreiner nicht. Normalerweise hört man ihn wenigstens, wenn man ihn nicht sieht.
Ist es denn unschicklich, weder bei Ihnen noch bei uns, dass man in der Frage einer Verbesserung der Verkehrsanbindung durch dieses Verkehrskreuz Mainz – Wiesbaden – Frankfurt darüber nachdenkt und abwägt, wie man ein hochsensibles Gebiet des Naturschutzes und eine Verbesserung der Durchlässigkeit der Verkehrskapazität einer Straße vielleicht so löst, wie wir es jetzt lösen werden, nämlich dann, wenn Verkehrsströme geballt in eine Richtung fließen – das ist morgens in diesen Ballungsraum hinein und abends aus diesem Ballungsraum heraus.
Ansonsten hat noch nie jemand bestritten, dass eine solche Infrastruktur vierspurig mit zwei Standspuren nicht ausreichend wäre. Wenn man dann eine Lösung finden kann, das intelligent zu lenken, wäre es geradezu dumm, wenn wir es nicht machen würden. Deshalb gehen wir diesen Weg ökologisch, ökonomisch, verkehrstechnisch vernünftig und viel billiger, liebe Freundinnen und Freunde.
Ich will es mit diesen beiden Beispielen dabei bewenden lassen, weil es mir vielmehr darum geht – – –
Ja, Herr Kollege Günther, deshalb habe ich dazu Stellung genommen. Bringen Sie ein Argument, das mein Argument, das ich Ihnen dargelegt habe, sticht. Eines, das mit Daten und Fakten gestützt ist und nicht mit Behauptungen und Emotionalitäten.
Dann fragen Sie doch einmal Herrn Reichel, warum er der gleichen Meinung ist wie ich. Nur weil er nichts davon versteht? – Er war die ganze Zeit Beigeordneter in dieser Stadt. Ich glaube, er wusste mindestens so gut, wovon er redet, wie Sie wissen, wovon Sie reden. Deshalb argumentiere ich so, wie ich das gerade getan habe.
Ich bin überzeugt, das ist richtig. Weil wir gemeinsam von der Richtigkeit überzeugt sind, werden wir es deshalb so machen.
Frau Kollegin Klöckner hat versucht – – – Es gehen nicht immer alle vorbedachten Spiele auf, zu denen man Lacher bekommt, oder wenn man auf den angeblichen
Ich früher auch einmal. Heute ist es seltener, das sage ich Ihnen offen, aber es passiert auch einmal gelegentlich. Aber eines, Gags auf ein Blatt geschrieben, das werden Sie bei mir noch nie gefunden haben, davon können Sie ausgehen.