Protocol of the Session on June 20, 2012

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Landesregierung hat Frau Staatsministerin Lemke das Wort.

(Bracht, CDU: Die neue Verbraucherschutzministerin!)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe CDU! Auch mir ist die Analogie Ihres Antrags nicht ganz schlüssig. Sie begründen die steigenden Kosten im Zusammenhang mit der Energiewende mit steigenden Netzentgelten und fordern deshalb mehr Verbraucherschutz.

Da frage ich mich: Wie begreifen Sie diesen Transformationsprozess? Ich habe vorhin schon gehört – das ist auch ganz richtig – Berlin hat einige Hausaufgaben zu machen.

Wenn Sie Ihre Stromrechnung anschauen, dann werden Sie feststellen, dass Berlin hierbei ordentliche Hausaufgaben gemacht hat; denn mit dem EEG wurde möglich, was jedem Verbraucher Klarheit bringt, wenn er seine Stromrechnung anschaut.

(Zuruf der Abgeordneten Frau Thelen, CDU)

Dann kann er sehen, wie viel er für Netzentgelte bezahlen muss und aus welchem Strom er wie viel Cent bezahlt. All dies kann man explizit auf der eigenen Stromrechnung nachlesen.

Das ist schon der allergrößte Beitrag zum Verbraucherschutz, genau dies nachvollziehen zu können; denn dies war bisher überhaupt nicht der Fall. In jedem Schritt, den wir jetzt in dem Transformationsprozess machen werden und unsere Energiewirtschaftsunternehmen diesen nachvollziehen, werden sich auch unsere Stromrechnungen ändern, und dies können wir sehen.

Es gibt die Bundesnetzagentur, die die gesetzliche Aufgabe hat, hier regelmäßig Monitorings zu erstellen und Berichte vorzulegen, wie sich in den einzelnen Bereichen die Preise ändern. Das passiert auch, dank EEG.

Wenn Sie Nachbesserungsbedarf und weiteren Präzisierungsbedarf für die Verbraucher sehen, dann melden Sie den doch bei Ihrer Bundesregierung bitte schön einmal an.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich muss dazu sagen, es kam zu einer regelrechten Welle von Protesten. Vor zwei bis drei Jahren war das der Fall, als die großen Energieerzeuger unbegründet ihre Rechnungen erheblich angezogen hatten. Man kann Einspruch einlegen und hat gesetzlich die Möglichkeit, dass der Energieversorger genau darauf eingehen muss. Das wurde vor Gericht erstritten. Wer das heute macht, bleibt zunächst bei seinem alten Preis. Darauf muss man einfach einmal deutlich hinweisen.

Insofern gibt es eine Menge auch angewandter praxistauglicher Erfahrungen aus dem Verbraucherschutz, die unmittelbar mit der Rechnungslegung zusammenhängen. Offensichtlich ist Ihnen das nicht bewusst.

Das haben aber andere erkannt, dass man das machen kann, zum Beispiel der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, der jährlich Ende Mai aktuelle Zahlen zu Strompreisen und Strompreisveränderungen und zu der Frage, aus welchen Anteilen der Stromrechnung die Steigerungen resultieren, vorlegt.

Über Internetportale, wie beispielsweise Verivox, hat der Bürger schon jetzt die Möglichkeit, sich Angebotsvergleiche zu den jüngsten Steigerungen vorlegen und ausrechnen zu lassen. Das ist absolut üblich. Wer das heute nicht macht, der wechselt auch nicht so einfach.

Das ist klar, dass man die Kostensenkungspotentiale für sich auch regelmäßig überprüft. Das machen auch viele Stromverbraucher und -konsumenten.

Schauen Sie sich einfach das noch einmal genau an.

Lassen Sie mich Ihnen sagen, wenn Sie meinen, wir seien im Transformationsprozess nicht verlässlich und die Planbarkeit wäre nicht gegeben, dann müssen wir uns einmal genau anschauen, wer das EEG als Grundlage für das, was in Ihrer Stromrechnung steht, zuletzt novelliert hat. Es wurde in den letzten drei Jahren viermal novelliert. Zwischen dem Inkrafttreten der letzten Novelle am 1. Januar 2012 und den ersten Vorschlägen für eine erneute Novelle lagen nicht einmal zwei Monate. Unter solchen Umständen – das muss man deutlich sagen – ist eine längerfristige Planung der Preise überhaupt nicht notwendig. Für die sind auch nicht wir verantwortlich, sondern Ihre Regierung in Berlin.

Der Bundesrat – Herr Kollege Dr. Braun hat es vorhin gesagt – hat mit Zweidrittelmehrheit, auch mit den Stimmen der CDU-regierten Länder, ganz deutlich gesagt, so gehe das nicht. Zu dem Thema der Photovoltaik und der Solarvergütung wurde das sehr deutlich.

Es lag nicht an uns, dass wir im Vermittlungsausschuss am 13. Juni keine Einigung erzielt haben. Wenn sich die Bundesregierung in die falsche Richtung bewegt, dann werden wir wieder keine Einigung erzielen. Wir werden eine Einigung erzielen, wenn sich die Bundesregierung endlich einmal in die richtige Richtung bewegt.

Das gilt auch für den zweiten von Ihnen angesprochenen Sektor, für das Thema, das sich auch im Vermittlungsausschuss befindet, für die energetische Sanierung.

(Vizepräsident Dr. Braun übernimmt den Vorsitz)

Ich stimme Ihnen zu, wir kommen mit der Energiewende nur weiter, wenn wir eine Lösung finden. Aber auch da muss man einmal genau schauen, wer sich nicht bewegt hat. Das waren bestimmt nicht die Länder, sondern das war ebenfalls der Bund, der das nicht getan hat.

Wir haben ursprünglich einmal über 5 Milliarden Euro geredet, die der Bund in das Projekt hineingeben wollte. Jetzt sind wir bei nicht einmal mehr 1,5 Milliarden Euro und reden über sehr große Details. Alle Seiten sind bereit, sich zu bewegen, nur die Bundesregierung hat das noch nicht weiter konkretisiert.

Ich hoffe, dass wir wenigstens vor der Sommerpause im Vermittlungsausschuss Mitte nächster Woche zu einer Lösung finden können. Glauben Sie mir, die Arbeitsgruppen und die Mitglieder der Länder sind absolut beweglich. Wenn Sie sagen, wir hätten eine tragende Stimme, dann sage ich, ja, die haben wir in diesen Arbeitsgruppen und Ausschüssen, ganz bestimmt. Aber das ist eine bewegliche Stimme. Wir erwarten, dass sich die Bundesregierung konkretisiert.

Ich denke, zum Thema „Verbraucherschutz“ haben Sie das Notwendige gesagt. Ich möchte dazu eine Zahl nennen. Wir haben an 63 Standorten eine flächende

ckende Energieberatung durch die Verbraucherzentralen mit Landes- und Bundesförderung für die Bürger im Land installiert. Die Anzahl der Beratungen ist in diesem Bereich im letzten Jahr um 7 % auf 5.595 Beratungen gestiegen.

Mit der Gründung der Landesenergieagentur, die wir zum 1. Juli vornehmen werden, und den bestehenden Beratungsangeboten werden wir natürlich auch dem Interesse und dem berechtigten Bedürfnis nach Beratung weiterhin nachkommen.

Was aber darüber hinaus auch verbessert werden muss, ist die Energieverbrauchskennzeichnung von Produkten. Zur Verbesserung der Information unserer Bürgerinnen und Bürger fordern wir daher noch ein neues Projekt, das in diese intensive Beratung ebenfalls mit hineingehört; denn die Verbraucher können häufig überhaupt nicht erkennen, welche Menge an Energie die einzelnen Produkte verbrauchen. Dazu sind Änderungen auf europäischer Ebene notwendig.

Mit dem Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz als nationaler Umsetzung der Ökodesign-Richtlinie werden in den nächsten drei Jahren für über 30 Produktgruppen Mindestanforderungen formuliert, die für energieeffiziente Produkte gelten sollen. Produkte, die die darin formulierten Anforderungen nicht erfüllen, dürfen in der EU dann nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Im Gegensatz zu Ihrer Auffassung gibt es damit bereits absolute Verbrauchslimits in einer Testphase, die zwar nicht ausreichend, aber doch entwicklungswürdig sind und für deren Umsetzung im Bund wir mitverantwortlich sind, unsere Stimme im Bundesrat einzubringen und die gesetzestechnischen Verbesserungsnotwendigkeiten deutlich zu machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Ziel der rheinland-pfälzischen Landesregierung ist eine verlässliche, kostengünstige, umweltverträgliche und damit auch langfristig nachhaltige Energieversorgung. Damit dies gelingt, ist auch technischer Fortschritt notwendig, insbesondere um effiziente Energiespeichertechnologien und intelligente Netze zu entwickeln. Die Entwicklungserfordernisse des elektrischen Verteilnetzes werden in einer breit angelegten Studie für Rheinland-Pfalz analysiert, und diese Studie wurde Anfang Juni europaweit ausgeschrieben.

Darüber hinaus haben wir, da wir in engem Dialog mit den Netzbetreibern stehen, hinreichende Erkenntnisse, um fristgerecht zum 10. Juli dieses Jahres unsere Auffassung zu der Studie der Bundesnetzagentur und zum Szenariorahmen 2022 abzugeben. Im Rahmen der Studie, die wir für Rheinland-Pfalz durchführen, werden Planungsdaten zu den technischen, ökonomischen und rechtlichen Erfordernissen des Netzausbaus erarbeitet, insbesondere zur Integration von Anlagen erneuerbarer Energien. Zum Untersuchungsumfang gehören die Formen des Lastmanagements und die Einbindung von Speicher einschließlich der zu erwartenden Investitionsbedarfe.

Die Landesregierung fördert im Übrigen mit der Verteilnetzstudie den sachgerechten Dialog über den anstehenden Netzaus- und -umbau und die Akzeptanz

in der Bevölkerung für die Entwicklung hin zu einer nachhaltigen und klimaverträglichen Energieversorgung. Die Sorgen, Ängste und Befürchtungen der Bürgerinnen und Bürger werden dabei sehr ernst genommen.

(Unruhe im Hause)

Um schädliche Einflüsse durch elektromagnetische Felder von Hochspannungsleitungen zu vermeiden, sind die geltenden Grenzwerte der 26. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz von 5 Kilovolt für das elektrische Feld und von 100 Mikrotesla für das magnetische Feld einzuhalten. Bei Einhaltung dieser Grenzwerte ist nach Erkenntnissen des Bundesamtes für Strahlenschutz nicht zu befürchten, dass es zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Nutzungseinschränkungen durch niederfrequente elektrische und magnetische Felder in der Umgebung von Hochspannungsfreileitungen kommen wird.

Wir nehmen uns auch dieser Aufgabe an, weil wir es als – vielleicht in Ihrem Sinne – Verbraucherschutz betrachten.

Die Energiewende ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der wir uns auf bundes- und landespolitischer Ebene stellen. Wir packen sie zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern an. Die Akzeptanz ist im Bundeslän

dervergleich in Rheinland-Pfalz mit 73 % am allerhöchsten. Ich denke, wenn wir so vertrauensvoll weitermachen, brauchen wir auch Ihren Antrag nicht.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Ist Ausschussüberweisung beantragt? – Wenn dies nicht der Fall ist, kommen wir direkt zur Abstimmung über den Antrag. Wer dem Antrag – Drucksache 16/1320 – der Fraktion der CDU seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Ich schließe die Sitzung und lade Sie für die morgige Plenarsitzung um 09:30 Uhr ein.