Protocol of the Session on February 23, 2012

Herr Dr. Schmidt, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Gäste! Der Einzelplan 06 unseres Haushalts orientiert sich an einer nachhaltigen und sozial gerechten Politik. Auch aus medizinischer Sicht ist der Doppelhaushalt gut und gesund, gut, weil er konsolidiert, gesund, weil er auch den zukünftigen Generationen gerecht wird.

Wie auch aus der Position der CDU hervorgeht, ist natürlich die Gesundheitswirtschaft eine boomende Wirtschaft. Da haben wir richtige Weichen gestellt. Deswegen dürfen wir jetzt nicht kürzen, sondern müssen weiter engagiert dranbleiben und daran arbeiten.

2009 gab es 242.000 Beschäftigte in der Gesundheitswirtschaft, davon etwa 82 % sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Das ist ein gutes Zeichen. Anmerken darf ich, Rheinland-Pfalz hat die drittniedrigste Arbeitslosenquote bundesweit. Das spricht für eine gute und soziale Arbeitsmarktpolitik dieser Landesregierung, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die Aussage des CDU-Antrags, die Sozialpolitik von heute würde zulasten zukünftiger Generationen stattfinden, ist kein Brückenbau zwischen den Generationen. Deswegen ist auch der Antrag von der Intention her falsch und abzulehnen. Eine generationengerechte Politik setzt voraus, dass eine nachhaltige Sozial- und Wirtschaftspolitik umgesetzt wird, damit mehr zukunftssichere Arbeitsplätze für kommende Generationen entstehen können.

Auch die Verknüpfung der Anhebung der Eigenbedarfsgrenze mit einer Kritik an der Glaubwürdigkeit der Drogenprävention und Suchthilfe insgesamt im Entschließungsantrag der CDU ist schlicht falsch und nicht zutreffend. Immer wenn ein Symptom das Weltbild der CDU überstrapaziert, sucht die CDU eine Placebolösung. Das ist so.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir in Rheinland-Pfalz setzen bei der Drogenpolitik vor allem auf Prävention und Aufklärung, die die Kommunen einbezieht und alle Formen von Suchtgefährdungen im Blick hat. Für diese sinnvolle Arbeit müssen wir Geld investieren. Deshalb bleibt die Prävention trotz einer schwierigen Haushaltslage erhalten. Lieber aufklären als ausgrenzen.

Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, haben selbst die Zahlen im Integrationsausschuss vom Ministerium für die Krankenhauseinweisungen der Jugendlichen wegen Alkoholkonsum im Jahr 2010 erhalten, ebenso die Zahlen für Glücksspielsucht vom Sozialausschuss mit all den dramatischen Auswirkungen für betroffene Angehörige und unsere Volkswirtschaft.

Der Nährboden für eine nachhaltige Prävention liegt in der Bildung, in einer gerechten und wertschätzenden

Sozial- und Wirtschaftspolitik, was die Landesregierung vorbildlich gestaltet.

Die Sucht ist keine Infektionskrankheit, die mit Antibiotika behandelt werden könnte, sondern das hat sehr viel mit mangelnder Sicherheit, Liebe und Aufmerksamkeit zu tun.

Prekäre Arbeitsverhältnisse, sprich ohne Mindestlohn, Ein-Euro-Jobs dienen als soziale Stressoren, die den Selbstwert der Menschen und die sozialen bzw. familiären Bindungen zerstören und somit zum sozialen Rückzug mit all seinen Konsequenzen wie die Sucht führen.

Die Familie steht für Geborgenheit, Sicherheit und Zukunft und genießt deshalb die besondere Obhut und den Schutz unseres Staates. Das sind die wahren Gründe einer Suchtkarriere. Deshalb helfen die Diskriminierung Suchtgefährdeter und die Kürzung der Mittel niemandem.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Erhöhung der Haushaltsansätze hängt schlicht, wie unsere Frau Ministerin im Sozialausschuss angedeutet hatte, mit der Tariferhöhung für das Personal zusammen. Dies wiederum hat etwas mit Wertschätzung einer Arbeits- und Sozialpolitik zu tun. Das stärkt die Familien und ist auch im Sinne unserer Solidargemeinschaft.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich erteile Herrn Kollegen Kessel das Wort. Sie haben noch fünf Minuten Redezeit.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, sehr geehrte Frau Ministerin! Bei der Neugliederung der Ministerien fanden verschiedene Bevölkerungsgruppen und Gemeinschaften wie Familien, Kinder, Jugend und Frauen Erwähnung im Namen des neu gebildeten Ministeriums. Den Männern und der immer größer werdenden Gruppe der Seniorinnen und Senioren wurde diese Aufmerksamkeit nicht zuteil.

(Beifall bei der CDU)

Die Seniorinnen und Senioren verbergen sich hinter dem Begriff „Demografie“ in Ihrem Ministerium, sehr geehrte Frau Ministerin Dreyer.

Die Angehörigen der anderen Generation befinden sich im Integrationsministerium von Frau Ministerin Alt. Es geht uns bei der Frage des demografischen Wandels auch immer um die Frage der Generationengerechtigkeit. Deshalb wäre es gut gewesen, wie wir es in unserem Wahlprogramm gefordert haben, auch bei der Organisation der Ministerien dies deutlich zu machen.

Eine interministerielle Arbeitsgruppe soll diesen Mangel beheben und, wie Sie, sehr geehrte Frau Ministerin, in Ihrem Vorwort zum Kapitel 06 02 schreiben, zudem neue Impulse für die politische Gestaltung des demografischen Wandels in Rheinland-Pfalz setzen. Ob die Arbeitsgruppe diesem Anspruch gerecht werden kann, bleibt abzuwarten. Die CDU-Landtagsfraktion wird auch weiterhin eine generationsgerechte Politik von Ihnen einfordern.

(Beifall bei der CDU)

Die Schwerpunkte, die Sie in Ihrem Aktionsplan „Gut leben im Alter“ setzen, werden von uns mitgetragen; denn sie entsprechen dem, was wir in unserem Antrag „Dem Älterwerden aller Generationen gerecht werden“ ebenfalls forderten. Der damalige Versuch, einen gemeinsamen Antrag zu erarbeiten, scheiterte an unserem Festhalten am Renteneintrittsalter mit 67 Jahren und an der Aussage der mangelhaften Polizeiausstattung.

Im Aktionsplan versprechen Sie den Seniorinnen und Senioren in Rheinland-Pfalz Sicherheit im Alter. Hierzu benötigen wir im Land aber zwingend genügend Polizeibeamtinnen und -beamte. Nur mit einer ausreichenden Zahl von Polizeibeamtinnen und -beamten können wir die älteren Menschen tatsächlich hinreichend vor allgemeinen Gefahren und Verbrechen schützen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Stattdessen werden wir bis zum Ende dieser Wahlperiode mehr als 300 Polizistinnen und Polizisten weniger haben. Sie gaukeln in dem Aktionsplan den Menschen eine Sicherheit vor, die diese Landesregierung gar nicht gewährleisten will und kann. Frau Ministerin, unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger brauchen Taten und nicht nur Worte.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zur des Abg. Pörksen, SPD)

Im Übrigen halten wir die in diesem Jahr begonnene schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters zur Sicherung der Rentenzahlung weiterhin für unabdingbar. Mit großem Interesse habe ich am ersten Regionalforum „Gut leben im Alter – Den demografischen Wandel gemeinsam gestalten“ am 8. Februar hier in Mainz teilgenommen. Unsere Landtagsfraktion begrüßt sehr, dass mit Vertretern der Kommunen und vielen gesellschaftlichen Gruppen und Organisationen ein Landesaktionsplan erarbeitet werden soll. Zum Sinn dieses Landesaktionsplans wurde in der Einladung zum Regionalforum ausgeführt – ich darf zitieren –: Dieser Landesaktionsplan soll Handlungsempfehlungen für ein gutes Leben im Alter geben sowie beispielhafte Ansätze und Maßnahmen vor Ort aufzeigen und vervielfältigen. –

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Ministerin, dies ist uns zu wenig. Eine Landesregierung, die ihre politische Verantwortung ernst nimmt, muss mehr tun, als Handlungsempfehlungen zu geben und beispielhafte Ansätze und Maßnahmen aufzuzeigen. Wir fordern deshalb die Landesregierung in unserem Entschließungsantrag zum Einzelplan 06 auf, ein Konzept zur Bewältigung des demografischen Wandels zu erstel

len, aus dem hervorgeht, welche Maßnahmen für welche Zeiträume geplant sind, wie der Stand der Vorbereitung oder Umsetzung ist, was die getroffenen Maßnahmen und vorliegenden Planungen leisten, welche offenen Probleme noch bestehen, welche Maßnahmen vorbereitet oder ergriffen werden sollen und mit welchen Kosten zu rechnen ist.

Nur mit einer ordentlichen Ist-Analyse und einer klaren Zukunftsperspektive mit möglichst konkreten Aussagen zu den in Zukunft erforderlichen Fachkräften wird die Landesregierung ihrer Verantwortung für eine gute Gestaltung des demografischen Wandels gerecht.

Im Übrigen fordert dies auch der Entschließungsantrag der Fraktion der SPD. Ich darf hieraus zitieren: Die Landesregierung wird aufgefordert, „durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit, Soziales und Demografie und eine Interministerielle Arbeitsgruppe eine koordinierte Strategie der Landesregierung (weiter-)zu entwickeln.“ Das „weiter“ wurde in Klammer gesetzt. Das soll zumindest entwickelt werden. Hier bitten wir, dass dies getan wird.

(Glocke des Präsidenten)

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Frau Kollegin Dr. Machalet das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Thelen, Sie haben eben zu Recht gesagt, dass wir eine gute Arbeitsmarktsituation haben. Selbstverständlich ging in den letzten Monaten die Langzeitarbeitslosigkeit zurück. Ich kann sagen, wir haben mit dem Doppelhaushalt 2012/2013 trotz Schuldenbremse den Grundstein dafür gelegt, die gute Lage auf dem rheinlandpfälzischen Arbeitsmarkt und die dritte Position im Ländervergleich weiter zu stabilisieren.

Wir setzen auch das Signal, dass wir uns weiter um diejenigen kümmern, die bisher nur unzureichend von der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt profitiert haben. Das sind die Langzeitarbeitslosen aus dem Bereich des SGB II.

Die Absenkung der Arbeitsmarktmittel im Arbeitsmarkttitel um 3,55 Millionen Euro für dieses und nächstes Jahr ist aus unserer Sicht maßvoll und trägt zum einen natürlich der gesunkenen Arbeitslosigkeit Rechnung. Es trägt zum anderen aber auch dem Umstand Rechnung, dass Benachteiligte und Langzeitarbeitslose eine intensivere und damit kostenintensivere Förderung brauchen.

Frau Thelen, Sie haben es angesprochen, die Erfolgsmessung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen ist eine Wissenschaft für sich. Natürlich kann man dabei unterschiedlicher Auffassung sein. Das wissen Sie genauso

gut wie ich. Ich würde es für gut halten, dass wir uns im zuständigen Ausschuss mit dem Thema noch einmal intensiver beschäftigen. Das finde ich sehr spannend.

Man kann sicherlich sagen, gerade die Projekte für die Langzeitarbeitslosen aus dem Bereich des SGB II waren in den letzten Jahren erfolgreich. Wenn wir das jetzt noch weiter kappen, dann wird die Zahl derjenigen, die dauerhaft auf Transferleistungen angewiesen sind, enorm ansteigen. Das belastet nicht zuletzt die kommunalen Haushalte.

Wir wollen den Menschen eine Perspektive geben. Das ist nicht nur unserem Verständnis von einem fairen Arbeitsmarkt geschuldet, sondern auch der Tatsache, dass wir jeden und jede Fachkraft in diesem Land brauchen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, liebe Frau Thelen, uns hat sehr erstaunt, dass Sie beantragen, die Mittel um weitere 4 Millionen Euro pro Jahr abzusenken. Sie begründen das in Ihrem Deckblatt damit, dass der deutliche Abbau der Zahl der Arbeitslosen und Langzeitarbeitslosen dank der guten Politik der Bundesregierung, des Fleißes der Arbeitnehmer und des Engagements der Betriebe eine Reduzierung der Mittel erlaubt. Bei den letzten beiden Punkten stimme ich Ihnen durchaus zu. Zur Politik der Bundesregierung erspare ich mir an der Stelle jeden Kommentar.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich möchte an dieser Stelle auf die Debatte im Plenum im Herbst letzten Jahres zum Thema „Instrumentenreform“ verweisen. Die Auswirkungen dazu werden derzeit überall im Land deutlich spürbar. Ich frage mich wirklich, ob Sie mit Ihren Jobcentern vor Ort gesprochen haben, wie sehr sich die darüber freuen, dass ihre Eingliederungstitel teilweise um bis zu 50 % gekürzt werden.

Ihnen scheint es herzlich egal zu sein, was mit diesen Menschen, älteren Arbeitslosen, Alleinerziehenden, benachteiligten Jugendlichen, wird. Das sind immerhin deutlich über 60 % aller Arbeitslosen in Rheinland-Pfalz. Sozial ist das jedenfalls nicht und ökonomisch sinnvoll aus meiner Sicht auch nicht.