Protocol of the Session on February 23, 2012

„Kurze Sätze sind ihre Sache nicht.“ – Daran habe ich mich heute Morgen erinnert gefühlt.

(Frau Klöckner, CDU: Ihre aber auch nicht!)

„Doch für den Zuschauer hat das natürlich auch Vorteile. Man kann gemütlich in Richtung Kühlschrank trotten, wenn Klöckner wieder einmal einen ihrer Sätze mit „also noch mal jetzt“ beginnt.

Das Ausmaß dieses entfesselten Verbalorkans lässt sich am besten dadurch beschreiben, dass man vor der Mattscheibe irgendwann Mitleid mit Christian Lindner bekam. Das ist nun wirklich abstrus, dass man es tatsächlich gleich noch mal schreiben muss. Mitleid. Mit Christian Lindner.“

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Mit allseitiger Zustimmung schließe ich die Aussprache zum Einzelplan 03.

Ich eröffne die

Beratung des Einzelplans 06 – Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie

Es wurde eine Grundredezeit von 15 Minuten vereinbart. Frau Thelen, Sie haben für die CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wegen der Stabilität des deutschen Arbeitsmarktes ist erfreulicherweise die Zahl der erwerbsfähigen Hartz-IV-Empfänger im letzten Quartal 2011 auf neue Tiefststände gesunken. Ende 2011 waren es erstmals seit 2005 weniger als 4,5 Millionen, wie die Bundesagentur für Arbeit jüngst feststellte.

Im Oktober war die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zum ersten Mal seit Einführung des HartzIV-Systems unter die Grenze von 4,5 Millionen gerutscht und danach noch weiter gesunken. Im Januar stieg sie wieder leicht auf aktuell 4,47 Millionen an.

Von der guten Politik in Berlin profitiert auch RheinlandPfalz durch entsprechend sinkende Zahlen.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Beck)

Auch für die Zukunft erwarten Experten trotz der weltweiten Probleme hier in Deutschland noch ein leichtes Wirtschaftswachstum.

Nun sollte man meinen, dass sich diese Gesamtsituation auch im Sozialetat des Landes Rheinland-Pfalz niederschlägt. Dem ist leider mitnichten so, im Gegenteil.

Um uns ein Bild von der Gesamtsituation zu machen, hilft ein Blick in die Übersicht des Haushalts. Trotz umfangreicher weggefallener Aufgaben, die überwiegend jetzt im Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen wahrgenommen werden, steigen die Ausgaben im Sozialetat 2012 und 2013 erheblich an.

Der Umfang der Aufgaben, die weggefallen sind, betrug, wenn man die Ansätze von 2011 nimmt, bei den Ausgaben 105 Millionen Euro und bei den Einnahmen 19,3 Millionen Euro. Die aktuellen Haushaltsanschläge stiegen 2012 um fast 38 Millionen Euro auf insgesamt 1,726 Milliarden Euro. Wir merken, das ist schon ein ausgabenträchtiger Einzelplan, über den wir heute reden.

2012 verringerte sich der Zuschussbedarf, also quasi die Nettoausgaben, leicht von 966 Millionen Euro auf 895 Millionen Euro. Auch das haben wir in Teilen der zusätzlichen Entlastungen, die der Bund an die Kommunen und das Land zum Ausgleich der Ausgaben für die Grundsicherung leistet, zu verdanken.

2013 gibt es eine noch deutlichere Zunahme bei den Ausgaben um gut 81 Millionen Euro auf 1,807 Milliarden Euro. Der Zuschussbedarf bleibt fast auf gleich hohem Niveau.

Sehr geehrte Frau Ministerin Dreyer, auch ein Sozialetat kann unseres Erachtens unsozial sein, wenn er ungebremst die Ausgabenschraube zulasten der kommenden Generationen dreht.

(Beifall der CDU)

Ein Ministerium, das wie das Ihre die Demografie im Namen trägt, muss in besonderer Weise an die künftigen Generationen denken, die nämlich diese Schulden und diese Lasten einmal zu tragen haben. Dieser Verantwortung werden Sie mit diesem Sozialetat nicht gerecht. Das halte ich für unsozial.

Dabei können Sie sich nicht hinter Bundesgesetzen verschanzen, weil diese in allen anderen Bundesländern auch gelten, die aber ihre Finanzen zum Teil deutlich besser im Griff haben als Rheinland-Pfalz.

(Beifall der CDU)

Fangen wir bei den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen für schwer vermittelbare und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmerinnen und -nehmer an. Diese werden nach wie vor trotz eigener Einsparungen auf deutlich zu hohem Niveau, nämlich rund 10 Millionen Euro, im Bereich der Konversion noch einmal mit rund 1,3 Millionen Euro, fortgesetzt. Hier liegt nach unserer Auffassung weiterhin erhebliches Einsparpotenzial.

Seit Jahren beklagen wir die unzureichende Überprüfung der Wirkung der Maßnahme. Dies gelingt nach wie vor nicht in dem nötigen Umfang. Uns reicht es nicht, wenn Sie nur feststellen können, wie viele Menschen in den unterschiedlichsten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen dabeigesessen haben oder beraten oder betreut wurden.

Wer so viel Geld einsetzt, muss auch wissen, ob hierdurch der Zweck der Maßnahmen, nämlich die Einmündung beispielsweise in den Arbeitsmarkt oder in eine Ausbildungsstelle oder in eine schulische Ausbildung, tatsächlich gelungen ist.

Hier müssen die Ausgaben wegen der deutlichen Abnahme der betroffenen Menschen auch deutlich reduziert werden. Gerade auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel – um zur Konversion zu kommen – wird der Arbeitsmarkt die von der Aufgabe von Militärstandorten betroffenen Menschen, die aber fachlich oft hervorragend ausgebildet sind, mit Sicherheit gut aufnehmen.

Von den insgesamt rund 11,5 Millionen Euro, die Sie nach wie vor für diese Aufgaben vorsehen, lassen sich nach unserer Überzeugung 4 Millionen Euro einsparen. Seit der Einführung von Hartz IV leistet der Bund Ausgleichszahlungen für die den Kommunen entstehenden Unterkunftskosten. Diese rund 20 Millionen Euro wurden entsprechend der besonderen Belastung von Ihnen auch an die Kommunen weitergeleitet.

Diese bundesrechtliche Verpflichtung besteht nun nicht mehr. Dies nutzen Sie und leiten diese Gelder nicht zum Ausgleich von Belastungen weiter, sondern nehmen sie in die Schlüsselzuweisungen und sagen dann, auch dieses Geld steht den Kommunen natürlich zur Verfügung, aber eben in einem völlig anderen Maße. Deshalb halten wir diese Art des Umgangs mit diesen Entlastungsleistungen für falsch, weshalb wir mit einem entsprechenden Deckblatt den Betrag wieder einstellen möchten.

(Beifall der CDU)

In der Suchthilfe verhalten Sie sich aus unserer Sicht sehr merkwürdig. Wer süchtigen Menschen durch die Erhöhung der Eigenbedarfsgrenze dessen, was sie gegebenenfalls ungestraft an Cannabis bei sich führen dürfen, ein deutliches Signal gibt, dass sie diese süchtigen Menschen in ihrer Sucht doch eher bestätigen, der kann nicht gleichzeitig steigende Millionenbeträge für suchtgefährdete und abhängigkeitskranke Menschen ausgeben.

(Dr. Konrad, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das sagen Sie!)

Vor diesem Hintergrund halten wir an dieser Stelle Einsparungen für konsequent.

(Beifall bei der CDU – Frau Leppla, SPD: Quatsch!)

Sie leisten sich so manches, was in überschuldeten kommunalen Haushalten von der Kommunalaufsicht längst aus dem Haushalt gestrichen worden wäre, weil

es rein freiwillige Leistungen sind. Beispielsweise im Bereich der Förderung der Gesundheitswirtschaft: Ein Markt, der hervorragend funktioniert und auf dem schon heute erhebliche Umsätze gemacht werden, muss nicht mit Steuergeldern, die auch nicht hinreichend vorhanden sind, noch weiter gefördert werden.

Trotzdem wollen Sie diesen Markt nicht nur aus Mitteln des Wirtschaftsministeriums, nein, sondern auch aus Mitteln des Sozialetats unterstützen. Wirklich nötig ist das nicht. Beim Abbau des Ärztemangels im ländlichen Raum hilft es auch nicht.

Wir wollen daher in diesem Bereich die Ansätze in etwa auf die Ausgaben im Jahr 2010 zurückführen und entsprechende Einsparvorschläge machen.

(Beifall der CDU)

Natürlich gibt es besonders teure soziale Aufgaben, denen Bundesgesetze zugrunde liegen. Aber hier möchte ich wiederholen, diese Bundesgesetze gelten in allen Bundesländern gleich, und trotzdem gelingt es vielen anderen Ländern, ihre Haushalte in Ordnung zu bringen.

Unser Problem in Rheinland-Pfalz ist die Art und Weise, wie Sie die Bundesgesetze umsetzen. Sie tragen mit dieser Art der Umsetzung von Bundesgesetzen – eigentlich müsste ich in Teilen auch sagen Nichtumsetzung von Bundesgesetzen – dazu bei, dass sich die großen Ausgabenposten, an denen auch die Kommunen mit 50 % beteiligt sind, dramatisch entwickeln.

Erheblichen Anteil an diesen Lasten haben die Ausgaben für die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen einschließlich persönlichem Budget, Budget für Arbeit, die Grundsicherung und die Hilfe zur Pflege. Die eine Haushaltsstelle, in der diese Ausgaben mit noch einigen anderen kleineren Hilfearten zusammengefasst sind, umfasst alleine Ausgaben von fast 920 Millionen Euro im Jahr 2012 und über 940 Millionen Euro 2013. Wer nachlesen möchte, findet diese Haushaltsstelle im Entwurf der Landesregierung auf Seite 99.

Ausgehend von den Ist-Ausgaben in Höhe von 803 Millionen Euro im Jahr 2010 bis zu den veranschlagten Ausgaben für 2013 steigen die Ausgaben in drei Jahren um 17 %. Allein die Eingliederungshilfe und die Hilfe zur Pflege steigen seit Jahren um 6 % bis 7 % jährlich an. Dies trifft mit voller Wucht auch die Kommunen, die diese Ausgaben zu 50 % mittragen. Auf Seite 81 findet sich auch hier die entsprechende Haushaltsstelle.

Die Kostenbeteiligung der Kommunen steigt von den IstAusgaben im Jahr 2010 in Höhe von 387 Millionen Euro auf fast 468 Millionen Euro im Jahr 2013, damit um 20 %. Wenn wir dies einmal hochrechnen, brauchen wir uns irgendwann über andere Einzelpläne gar keine Sorgen mehr zu machen.

Natürlich handelt es sich um bundesgesetzliche Aufgaben, aber sie werden in Rheinland-Pfalz schlecht umgesetzt. Ich möchte ein Beispiel dafür nennen. Seit 18 Jahren steht die Verabschiedung der Rahmenvereinbarung nach § 79 des Zwölften Sozialgesetzbuches aus.

Darin müssen grundsätzliche Fragen geregelt werden zwischen den Leistungserbringern einerseits, die stationäre Hilfen anbieten, Werkstattplätze bereithalten oder ambulante Hilfsangebote machen – beispielsweise der Arbeiterwohlfahrt, der Caritas, der Diakonie und vieler anderer mehr –, und den Kostenträgern andererseits, also dem Land, den Landkreisen und kreisfreien Städten. Es müssen grundsätzliche Fragen zu den Hilfen für behinderte und pflegebedürftige Menschen geregelt werden, zum Beispiel über Art und Inhalt der Leistungen, über die betroffenen Personenkreise, die Behandlung von Kosten der Unterkunft und Verpflegung, die notwendigen Maßnahmen und den Umfang der räumlichen, personellen und sächlichen Ausstattung, die Qualität der Leistungserbringung und vieles mehr.

Wir bekommen es in Rheinland-Pfalz nicht hin. Im Internet kann man sich Rahmenvereinbarungen anderer Bundesländer ansehen. Seit einiger Zeit soll diese Verhandlung Chefinnensache sein, Frau Ministerin Dreyer, aber ein Abschluss liegt nach wie vor nicht vor.

(Beifall der CDU)