Protocol of the Session on February 23, 2012

Hinzu kommen die Gefahren des steigenden Rechtsextremismus – siehe Zwickauer Zelle, wir hatten eine Gedenkminute im Landtag –, aber auch die zunehmenden linksextremistischen Bestrebungen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sicherheit bleibt in den Jahren 2012 und 2013 ein zentraler Schwerpunkt der Landespolitik. So hat es der Finanzminister Dr. Kühl in seiner Einbringungsrede formuliert. Ich muss ganz ehrlich sagen, wenn ich mir den Haushalt, speziell die Polizeikapitel, ansehe, so glaube ich nicht, dass die angedachten Anstrengungen der Landesregierung lange ausreichen werden, um den gesetzlichen Ansprüchen zu genügen. Dieser Haushalt ist leider kein Garant für unsere Sicherheit.

(Beifall der CDU)

Fakt ist, die Polizeistärke nimmt seit Jahren immer mehr ab, hingegen nehmen die Anforderungen und Belastungen unserer Polizei seit Jahren stetig zu. Es gibt zum einen in unserem Land viel zu wenige voll einsatzfähige Polizeibeamtinnen und -beamte, zum anderen müssen unsere Polizeibeamten zahlreiche Überstunden vor sich herschieben. Rund 1,6 Millionen sind es derzeit. Außerdem sind sie seit Jahren von der Lohnentwicklung abgekoppelt worden. Alles zusammen führt zu immer mehr Frust und Enttäuschung unter den Polizeibeamtinnen und -beamten in unserem Land. Ich denke, wenn Sie vor Ort sind, dann wissen Sie das und können das feststellen.

Die Auswirkungen kann man bereits sehen. In den letzten Jahren hat sich die Zahl der eingeschränkt dienstfähigen Beamtinnen und Beamten von 2003 mit rund 429 Beamtinnen und Beamten auf den heutigen Stand, Ende 2011 mit rund 950 eingeschränkt dienstfähigen Beamtinnen und Beamten nahezu verdoppelt. Das muss man sich vor Augen führen.

Viele dieser Beamten mussten bedauerlicherweise aus dem Wechselschichtdienst herausgenommen werden.

Das führte zu einer Ausdünnung des Wechselschichtdienstes, sodass in vielen Polizeiinspektionen des Landes nur unter schwierigen Bedingungen der Wechselschichtdienst aufrechterhalten werden kann. Erfreulich ist aber trotzdem, dass Sie, Herr Innenminister, die ursprünglich angedachten Schließungen von Polizeiinspektionen und -wachen auch aufgrund unserer Proteste – das muss man deutlich sagen – wieder zurückgenommen haben. Darüber sind wir sehr froh; denn Polizei gehört in die Fläche. Das ist eine ganz wichtige Forderung, die wir immer erhoben haben.

(Beifall der CDU)

Natürlich muss in diese Inspektionen ausreichend Personal hineingeführt werden, damit sie ihren wichtigen Dienst entsprechend übernehmen können.

Nicht zielführend sind im Rahmen ihrer Polizeioptimierung, wobei man sich über diesen Begriff streiten kann, die Planungen zur Schließung des Bereitschaftspolizeistandortes Schifferstadt. Die Liegenschaft in Schifferstadt verfügt über einen baulich und fachlich guten Zustand. Es gibt keine wirtschaftlich plausiblen und polizeitaktischen Erwägungen, diesen Standort zu verlegen.

(Beifall der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist eher zu befürchten, dass so Mehrkosten, beispielsweise Trennungsgelder, erhöhte Reisekosten, erhöhter Spritverbrauch für die längere Anreise mit den Fahrzeugen usw. weiter entstehen. Darüber hinaus ist die Vermarktung der Liegenschaft noch nicht sichergestellt. Es ist die Frage, ob sich das wirtschaftlich trägt. Ein wirtschaftliches Konzept liegt uns zumindest bis zum heutigen Tag noch nicht vor. Ich bin gespannt beziehungsweise hoffe mit den Gewerkschaften zusammen, dass über diese Gelegenheit aufgrund eines zugesagten Gesprächs mit dem Ministerpräsidenten nochmal nachgedacht wird. Wir würden das begrüßen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir brauchen gerade heute eine gut aufgestellte, gut ausgestattete und hoch motivierte Polizei. Wie wichtig eine personell gut ausgestattete Polizei für die Abwehr von Gefahren für Leib und Leben ist, zeigen die aktuellen Diskussionen von terroristischen Angriffen oder die deutliche Zunahme auch von gewalttätigen Ausschreitungen im Rahmen von Fußballspielen oder sonstigen Großveranstaltungen. Seit Jahren ist dort eine große Zahl an Polizeikräften oftmals an den Wochenenden gebunden. Sie wissen, das geht leider bis in die unteren Ligen hinein. Bis zu 300 Beamte sind im Einsatz. Das bindet viele Kräfte. Dadurch benötigen wir entsprechende Kräfte.

Dem Anstieg von rechts- bzw. linksextremistisch motivierten Straftaten und Gewaltausschreitungen bei Demonstrationen muss polizeilich Rechnung getragen werden. Außerdem muss die zunehmende Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte konsequent bekämpft werden.

(Beifall bei der CDU)

Die Widerstandsdelikte sind leider in den letzten Jahren nach wie vor auf einem hohen Niveau. Das hat der ehemalige Innenminister Karl Peter Bruch angesprochen. Wir haben rund 1200 Widerstandsdelikte gegen die Staatsgewalt in den letzten Jahren in der polizeilichen Kriminalstatistik zu verzeichnen gehabt. Das ist durchaus ein sehr hohes Niveau.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, am Personalzielwert 9.014 Polizeibeamtinnen und -beamte soll laut der Landesregierung festgehalten werden. Das Thema hatten wir schon des Öfteren besprochen, Herr Innenminister. Allerdings muss ich deutlich sagen, wir haben heute im Grunde schon keine 9000 Vollzeitstellen mehr. Die Polizeigewerkschaften haben das Problem immer wieder vorgetragen, jüngst auch dem Fraktionsvorsitzenden der SPD, Hendrik Hering, der immerhin versprach, das Problem im Auge zu behalten. Ich kann nur hoffen, dass das nicht irgendwann ins Auge geht, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion.

(Präsident Mertes übernimmt den Vorsitz)

Im Ergebnis ist die Zahl der tatsächlich voll zur Verfügung stehenden Beamtinnen und Beamten weniger als die Landesregierung behauptet. Derzeit gibt es zwar in Rheinland-Pfalz sicherlich noch etwa 9.400 ausgebildete Polizeibeamtinnen und -beamte, hier müssen wir aber von Köpfen sprechen. Schon heute liegt die Verfügungsstärke aufgrund der vorgenannten Punkte bedauerlicherweise bei nur noch rund 8.750 Vollzeitstellen bzw. Vollzeitäquivalenten.

Meine Kollegin, Frau Pia Schellhammer, hat die Probleme angesprochen, dass wir im Teilzeitbereich Probleme haben. Das kommt sicherlich auch durch Mutterschaftsurlaub. Natürlich begrüßen wir, wenn Frauen Kinder bekommen. Das ist ganz klar. Das müssen wir auch, damit wir den demografischen Wandel gegensteuern können. Es muss trotzdem dem Rechnung getragen werden, wenn es einen Ausfall gibt, dass Stellen unbesetzt sind und nicht ausreichend Polizei vorhanden ist.

Das Schlimme ist, im Jahr 2016 werden wir unter gleichbleibenden Rahmenbedingungen leider nur noch bei etwa 8.300 Vollzeitäquivalenten liegen. Das ist sicherlich eine Zahl, die mehr als bedenklich ist. Damit kann man Polizei, so wie sie derzeit umgesetzt wird, sicherlich nicht mehr vollziehen.

(Beifall der CDU – Zuruf des Ministerpräsidenten Beck)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ab 2012 werden die Pensionierungen bei der Polizei deutlich zunehmen. Sie werden deutlich über den Neueinstellungen liegen. Wir werden 2013 über 400 Abgänge haben. Wir werden 2017 sogar bei 500 liegen. Das wird weiterhin entsprechend nach unten gehen. Im vorgelegten Haushalt reduzieren Sie die Anzahl der Polizeianwärterinnen und -anwärter bei der Landespolizeischule um 50 auf 300. Herr Minister, ich sage Ihnen, das ist ein großer Fehler. Sie wissen das. Ihr Vorgänger, Karl Peter Bruch, hat dieses Thema wirklich gebetsmühlenartig bearbeitet. Er hat zu Recht immer gewarnt, dass hier Neueinstellungen erfolgen müssen. In allen anderen Bundeslän

dern um uns herum, ob Nordrhein-Westfalen, Hessen, oder Baden-Württemberg, Rot-Grün geführt, gibt es Neueinstellungen, dort sogar 400 im nächsten Jahr.

Das ist bemerkenswert. Da wäre es schön gewesen, wenn man zumindest die Anzahl gehalten hätte, die wir derzeit haben. Das fordern wir auch, dass wir zumindest bei 350 bleiben.

(Beifall der CDU)

Ich sage es noch einmal hier an dieser Stelle, damit es auch für das Protokoll entsprechend intensiv da ist. In unserem umfangreichen Entschließungsantrag liegt es auch vor. Wir wollen eine Mindeststärke in Form eines absoluten Minimums von 9.000 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. Hier sprechen wir klar von 9.000 Vollzeitäquivalenten und nicht von Teilzeitstellen. Das muss an dieser Stelle deutlich gesagt werden.

(Beifall der CDU)

Ich will zu den Beförderungen nicht mehr viel sagen. Sie wissen, dass auch da einiges im Argen liegt. Auch da haben wir in unserem Entschließungsantrag noch einmal gebeten, dass man dort eventuell etwas nachsteuern kann. Ansonsten haben Sie auch einen Antrag zur länderübergreifenden Zusammenarbeit gebracht. Da muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, das ist ein Antrag, in dem allgemeine Dinge enthalten sind, die selbstverständlich sind. Natürlich ist eine Zusammenarbeit bei der Wasserschutzpolizei sinnvoll, wenn es um grenzüberschreitende Zusammenarbeit geht. Natürlich sind gemeinsame Ausschreibungen sinnvoll. Im Grunde ist das nichts Besonderes. Im Grunde genommen ist das eine Art Placebo-Antrag, dem wir sicherlich zustimmen können, der aber für den Bereich Polizei bedauerlicherweise ein bisschen wenig ist. Wir hätten uns da mehr von Ihnen erwartet.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Projekt „Gewalt in engen sozialen Beziehungen“ ist heute auch schon von unserer Fraktionsvorsitzenden angesprochen worden. Das RIGG-Projekt werden wir wieder auf das ursprüngliche finanzielle Niveau anheben, weil wir diese wichtige Arbeit für die Gewaltprävention und den Opferschutz für notwendig halten und dies auch weiter fortführen wollen. Genauso wollen wir die Ansätze für die Kriminalprävention ohne Einschränkung auf das alte Niveau hochsetzen. Gerade auch hier ist Präventionsarbeit mit Jugendlichen – zum Beispiel gegen Alkohol- oder Drogenmissbrauch – nachhaltig und durchaus im Zusammenhang mit Ausgaben im Sozial- und Jugendhilfebereich zu sehen.

(Ministerpräsident Beck: Jetzt wird wieder gespart!)

Herr Ministerpräsident, da kann man dann durchaus sparen.

(Beifall bei der CDU)

Da gibt es Synergieeffekte. Glauben Sie es mir.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte am Schluss noch einige Bemerkungen zur Feuerwehr machen.

(Ministerpräsident Beck: Jawohl!)

Wir haben rund 55.000 Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer, die sich landesweit in den Feuerwehren engagieren. Die Feuerwehr ist damit das bedeutendste Sicherheitsorgan im Bereich der Gefahrenabwehr.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Dieses Engagement muss weiter gefördert werden. Wir brauchen weiterhin ehrenamtliche Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner. Herr Ministerpräsident, wir haben keinen Klamauk mit unserer Aktion veranstaltet. Ganz im Gegenteil, wir haben uns an die Seite der Feuerwehren und Feuerwehrleute im gesamten Land gestellt. Ich glaube, heute hat der Innenminister auch eine große Anzahl von Unterschriften vom Landesfeuerwehrverband überreicht bekommen, wenn ich das richtig mitbekommen habe.

(Dr. Weiland, CDU: Alles Klamauk!)

Es waren über 11.000 Unterschriften, aber das ist ja alles Klamauk. 11.000 Bürger ist alles Klamauk und interessiert im Grunde genommen offensichtlich keinen.

(Beifall der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie gesagt, es ist sehr bedauerlich, dass Sie in den nächsten zwei Jahren 6 Millionen Euro zulasten der Feuerwehren sparen wollen. Es wäre sinnvoll, hier wirkliche große Antragsstaus abzubauen. Wir haben einen großen Antragsstau. Das wissen Sie. Wir haben über 900 Anträge für verschiedene Projekte. Wir haben 700 Anträge bei den Feuerwehrfahrzeugen. Es wäre dringend notwendig, diese 6 Millionen Euro ebenfalls zielgerichtet und zweckgebunden an die Feuerwehren weiterzugeben. Sie wissen auch, die Kommunen sind letztendlich wieder diejenigen, die diese ganze Sache zwischenfinanzieren müssen. Diese sind ebenfalls schon stark gebeutelt.

Ich will Ihnen am Schluss noch einen Antrag nennen. Es war ein guter Antrag. Den hätten Sie vielleicht noch einmal vorziehen sollen. Das ist ein Antrag aus dem Landeshaushalt 2000/2001. Das war damals ein Antrag von SPD und FDP. Sie hatten damals einen Antrag eingebracht, in dem es darum ging, dass das Aufkommen der Feuerschutzsteuer nicht zur Finanzierung des Haushaltes herangezogen werden darf, sondern dem Feuerwehrwesen verbleibt. Das war ein Antrag, den Sie damals eingebracht haben.

(Glocke des Präsidenten)

Da ging es darum – ich komme zum Schluss –, dass die kommunalen Aufgabenträger weiterhin das Vertrauen haben können. Leider haben Sie mit dieser Gesetzesänderung, die Sie morgen vollziehen wollen, dieses Vertrauen mit Füßen getreten.

Herzlichen Dank.

(Starker Beifall der CDU)

Das Wort hat Frau Kollegin Schmitt. Frau Kollegin Schmitt, Sie haben nach unsrer Ausrechnung noch neun Minuten Redezeit.