Ich nenne stichwortartig weitere Maßnahmen, die in diesem Jahr umgesetzt werden und die Zuweisung und die Unterrichtsversorgung beeinflussen, nämlich die Ganztagsschulen, die G8-Ganztagsgymnasien, die Bildungsangebote im BBS-Bereich, wie berufliche Gymnasien, die Erweiterung des Netzes von Schwerpunktschulen und der Ausbau der Fachoberschulen an den
Realschulen plus. Das ist etwas, worauf viele Schulen stolz sind – ich sehe das in meinem eigenen Wahlkreis – und was auch Lehrerstellen bindet.
An drei weiteren Standorten gibt es das Projekt „Keiner ohne Abschluss“. Darüber hinaus wurden auch die pädagogischen Angebote ausgeweitet, wie zum Beispiel die Leseförderung und die naturwissenschaftliche und ökonomische Bildung. Das sind Maßnahmen, die erhebliche Stellen binden.
Ich möchte noch eine Zahl nennen. Der Ausbau von 574 Ganztagsschulen seit 2001 hat dazu geführt, dass wir in Rheinland-Pfalz 1.500 neue Lehrerstellen an dieses Projekt binden mussten. Das rechtfertigt es doch nicht zu sagen, das hätten wir nicht tun sollen, sondern es war richtig, dass wir diesen Weg gegangen sind und diese Anstrengungen unternommen haben, um unser Schulsystem zu verbessern. Diesen Weg werden wir auch künftig weitergehen.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen, meine Damen und Herren! Ich beginne mit einem Auszug aus einem Gedicht:
So beginnt ein Gedicht von Friedrich von Hardenberg, der dieses vor 211 Jahren verfasst hat. Es wurde posthum 1802 als Teil eines Romanfragments veröffentlicht.
Dass er sich hier gegen die scheinbar alles erklärenden Daten und Grafiken und damit gegen die Überhöhung des Zählbaren stemmt, will mitnichten Erkenntnisse der Vernunft schmälern. Aber er verweist darauf, dass es neben zählbaren Wahrheiten, die unseren damals wie heute oft allzu rationalistischen Blick verstellen, einen anderen Zugang zu Lösungen auch unserer Probleme gibt.
Der Dichter fordert nichts weniger als einen grundlegenden Paradigmenwechsel der damaligen Parameter, die gültig waren. Es waren die Parameter der klassischen Bildung. Eine vergleichbar einschneidende Veränderung brauchen wir auch in unserem Denken.
Ich habe gestern schon einmal versucht, darauf hinzuweisen. Nicht allein die Quantifizierung macht die Qualität einer Schule aus. Das hat auch Alexander Fuhr gesagt. An die Adresse der Arge und Ihre, Herr Ernst, gerichtet, sage ich: Auch 108 % Unterrichtsversorgung
ist noch keine Garantie für eine gute Schule und noch nicht einmal eine Garantie für 100 %ige Unterrichtsversorgung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, warum verkämpfen Sie sich so verbittert und halten an Ihren unhaltbaren Forderungen fest? Sie binden damit Kräfte, die mit all dem gebündelten Sachverstand der Akteurinnen in den Schulen und mit uns allen gemeinsam die Lösungen der Unterrichtsfragen herbeiführen könnten.
Einige dieser Lösungen sind längst formuliert. Die Fachleute sind sich über die Wege dahin einig. Einen Weg möchte ich Ihnen exemplarisch aufzeigen. Ich berufe mich damit auf eine Bertelsmann-Studie von 2009, die Professor Dr. Klaus Klemm mit dem Titel „Klassenwiederholungen – teuer und unwirksam“ veröffentlicht hat.
Klemm weist darin nach, dass das Land Rheinland-Pfalz im Schuljahr 2007/2008 113,17 Euro pro Wiederholerin und Wiederholer ausgegeben hat. Es sind meistens Jungen, weniger Mädchen. Dabei liegen wir an sechster Stelle im Bundesvergleich, was das Einsparpotenzial pro wiederholender Schülerin anbelangt.
In Zahlen: Wir haben in jenem Schuljahr 51.732.800 Euro für Wiederholungen ausgegeben. Das ist der siebthöchste Wert in Deutschland. Die meisten Gelder, nämlich 15,417 Millionen Euro, flossen in die Gymnasien.
Was hindert uns eigentlich daran, diese Gelder, die schon im System enthalten sind, für die Verbesserung der Unterrichtsqualität wirksam werden zu lassen? Umgerechnet sind das etwa – Sie wollten es vorhin schon einmal wissen – 300 Lehrerinnenstellen am Gymnasium oder insgesamt 1.000 Stellen über die Schularten verteilt.
Nicht nur Klemms Studie zeigt, dass dies der richtige Weg ist. Einige Bundesländer sind ihn schon gegangen. Ich erinnere an Hamburg zu Beginn dieses Schuljahres. Auch die Wochenzeitung „DIE ZEIT“ hat zum Beispiel in ihrer Ausgabe vom 30. Juni 2011 diesem Thema eine Doppelseite gewidmet.
Wenn Sie sich im PISA-Vergleich umschauen, würde ich die Länder England, Hamburg, Norwegen, Finnland und Japan nennen, bei denen insgesamt das Abschulen, aber auch das Sitzenbleiben ein Fremdwort ist.
Ich komme zu Friedrich von Hardenberg zurück, der übrigens das Gedicht neun Jahre vor Humboldts Entwürfen für die Schulpläne veröffentlicht hat. Sie wissen es wahrscheinlich. Friedrich von Hardenberg hat damit das
Nehmen wir das geheime Wort auf. Lösen wir uns von der Fixierung auf Zahlen, die ohnedies nicht so simpel zu interpretieren sind,
wie landläufig kolportiert wird. Wir wollen eine gerechtere, fairere und bessere Schule und hoffen, dass Sie mit dabei sind.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Um es in aller Deutlichkeit vorweg zu sagen: Die Sicherung einer guten Unterrichtsversorgung ist für uns politisch und auch für mich persönlich ein absolut prioritäres Thema.
Deswegen werde ich auch nach zehn Jahren Sorgen, die an dieser Stelle geäußert werden, immer ernst nehmen. Ich werde mich auch immer darum kümmern, dass dort, wo es notwendig ist, entsprechende Korrekturen stattfinden.
Ich will das an einem Beispiel sehr deutlich machen. Ja, die Gymnasien – man kann über die Gründe reden – sind in diesem Jahr weiter von den anderen Schularten entfernt, als das auch aus meiner Sicht vernünftig ist. Deswegen stehe ich hier nicht hintan und habe auch beim Philologenverband nicht hintangestanden zu sagen, wenn eine Schulart aus Gründen, die man im Einzelnen erläutern kann, sich in einem Jahr von den anderen Schularten in der Unterrichtsversorgung entfernt, ist es die vornehmste Aufgabe, sie wieder heranzuführen. Wir hatten so etwas vor ein paar Jahren schon einmal mit den Realschulen. Wir haben das eingelöst. Das ist verlässlich. Das wissen auch die Verbände.
Wenn man solche Veränderungen vornehmen und eine mittelfristige Perspektive aufzeigen will, gehört auch dazu, dass man die Dinge realistisch sieht.
Herr Abgeordneter Ernst, Frau Klöckner hat hineingerufen „Das war aber charmant“. Ich konstatiere gerne, dass Ihr Redebeitrag charmanter war als viele andere, die mir in der Vergangenheit entgegengehallt sind.
Da haben wir das erste Argument. Sie sagen, Sie hätten die Presseerklärung gelesen, und da sei vieles kaschiert worden. In diesem Fall sind Sie wahrscheinlich nicht bis zu der Anlage gekommen, die aber allen Journalisten vorgelegen hat, in der überhaupt nichts kaschiert worden ist, sondern wo Sie auf vielen Seiten über Diagramme die Entwicklung von Unterrichtsversorgung und Ähnlichem nachvollziehen können. Nur so viel zu dem Argument, da sei etwas kaschiert worden.
Wenn ich jetzt sage, die Unterrichtsversorgung ist für uns eine prioritäre Aufgabe, und dort, wo es Entwicklungen gibt, die es zu korrigieren gilt, wollen wir die auch korrigieren, dann gehört für mich auch dazu, dass wir das planmäßig machen. Da spielt mir nicht etwa die demografische Entwicklung in die Karten, sondern es wäre sträflich, wenn wir uns nicht jetzt mit der demografischen Entwicklung der nächsten Jahre auseinandersetzen würden, weil genau das dazu führen würde, dass die Schularten noch weiter auseinanderlaufen. Wir müssen die demografische Entwicklung einkalkulieren, und wir müssen uns seriös auf diese Entwicklung einstellen. Alles andere wäre in der Tat sträflich.
Deswegen hat unter anderem mein Haus zusammen mit Herrn Professor Klemm ein Gutachten in Auftrag gegeben, das im Frühjahr vorgestellt werden soll, weil wir ein Mehrfaches erreichen müssen. Wir brauchen eine gute und bessere Unterrichtsversorgung. Wir brauchen eine mögliche Gleichverteilung über die Schularten. Wir brauchen über Jahre hinweg bei zurückgehenden Schülerzahlen einen Einstellungskorridor, auch nach Schularten. Wir brauchen klare Signale an die jungen Menschen, in welchen Lehrämtern und in welchen Fächern die Chancen am größten sind. Das miteinander zusammenzubringen, bedarf schon einer sehr seriösen Betrachtung der Situation und nicht des Anführens von Einzelpunkten, die zum Teil in den völlig falschen Kontext gestellt werden.