Protocol of the Session on November 12, 2015

Herr Kollege Hüttner, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben gestern das Transparenzgesetz verabschiedet, auch weil wir der Auffassung sind, dass das rechtliche Handeln für den Bürger nachvollziehbar, offen und überprüfbar sein muss.

Wir reden auch immer wieder davon, dass wir die Bürger frühzeitig informieren, wir offen und ehrlich sind und den Bürger mit seinem Fachwissen mitnehmen und einbinden müssen.

Wir versuchen immer wieder, neue Instrumente im Sinne der Bürgerbeteiligung und gute Entscheidungen hinzubekommen.

Jetzt haben wir hier ein Gesetz, bei dem überhaupt keine Möglichkeit besteht, dass der Bürger eingebunden wird. Dann haben wir die Tatsache, dass sich der Gesetzgeber, in dem Fall in Berlin, regelrecht weigert, dass wir noch Anpassungen vornehmen. Das ist für die Flugrouten der Fall, und das kann so nicht angehen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Vizepräsident Dr. Bernhard Braun übernimmt den Vorsitz)

Wir haben im Landtag schon oft darüber gesprochen, wie unsäglich es ist, wenn die Deutsche Flugsicherung oder das Bundesamt für Flugverkehr die Routen kompromisslos festlegt, die Nachteile für die Menschen mit sich bringen.

Wenn Sie einmal überlegen, bei jedem Straßenbauprojekt wird genau erhoben, ob ein anderer Lärm entsteht, und dann hat der Bürger ein entsprechendes Anrecht.

Hier wird der Mensch, wird der Bürger mit Lärm belastet, und es besteht keine Chance, darauf zu reagieren.

Es ist wissenschaftlich festgestellt, dass der Lärm krank macht. Die NORAH-Studie, die vor Kurzem herausgekommen ist, bestätigt das erneut, auch wenn es darüber verschiedene Debatten gibt.

Wenn also der Lärm krank macht, wenn dort Belastungen entstehen, dann muss in der Konsequenz ein Gesetz so gestaltet sein, dass die Belastungen nicht aufgrund der rechtlichen Situation bestehen dürfen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist ein guter Schritt, der hier gemacht wird, dass drei Bundesländer gemeinsam diesen Weg gehen, dass Rheinland-Pfalz, das mit der Initiative 2013 leider bereits einmal gescheitert ist, den Weg erneut angeht, um für bessere Verhältnisse und ein besseres rechtliches Verfahren zu sorgen.

Wenn ich auf die Deutsche Flugsicherung schaue, dann reibe ich mir ganz verwundert die Augen, wie man dort mit den Belangen umgeht. Für mich ist das Thema der Südumfliegung, wie man das abgetan hat, was damals ein Gutachten dargestellt hat, ein ganz besonders bemerkenswerter Punkt.

Das gilt aber auch für Start- und Landeverfahren, die an anderen Flughäfen, in London oder Oslo oder sonst wo, obligatorisch sind, dass man hier auch einfach sagt, nein, in Frankfurt geht das alles nicht, obwohl Piloten eindeutig sagen, doch, es ist auch in Frankfurt möglich. Mühsame Prozesse.

Wenn die Bürger und die Bürgerinitiativen – diese gilt es hier ausdrücklich zu loben – nicht so hartnäckig an der Sache dranbleiben würden, würde sich bei der Deutschen Flugsicherung kein einziger Millimeter gedreht werden.

(Alexander Schweitzer, SPD: Genau richtig!)

Wenn ein Millimeter da ist, dann wird er noch mit zeitlichen Befristungen festgesetzt, nämlich dass wir erst lange

Prüfverfahren brauchen, die Jahre dauern, also in der Konsequenz: Man will in der Richtung überhaupt nichts tun.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weiß, dass der Flughafen Frankfurt eine hohe wirtschaftliche Bedeutung hat. Aber wir haben auch eine Abwägung, die zwischen einem Wirtschaftsunternehmen, insbesondere der Fraport, besteht, und auf der anderen Seite die Beeinträchtigung, die die Menschen aushalten müssen. Dementsprechend gilt es, neben dem, was hier jetzt festgelegt werden soll, dass auch andere Regelungen auf dem Flughafen Frankfurt – insbesondere der Flughafen Frankfurt, weil es unsere Region betrifft – beachtet werden müssen.

Das Thema der gesetzlichen Nachtruhe, also eine Verlängerung des heutigen Nachtflugverbots, oder die Aspekte Rückenwindkomponente, gleichmäßiger Sinkflug, veränderte Neigungswinkel, technische Veränderungen, all das wäre hier möglich, und all das wird im Augenblick hinausgeschoben, letztendlich zum Schaden der Menschen.

In dem Gesetz ist ein anderer Punkt mit dabei, nämlich das Thema Kunstflug. Herr Kollege Sippel kann für den Bereich Alzey und Wörrstadt ein Lied davon singen, in Bingen ist das ein Stück weit ähnlich. Das ist nervig, richtig nervig, kann ich Ihnen sagen.

(Katrin Anklam-Trapp, SPD: Ja!)

Wenn Sie ein relativ gleichmäßiges Lärmgeräusch haben, plötzlich ist nichts mehr da, und dann dauert es zehn Sekunden, und dann ist ein ganz extremer Lärm am Himmel, dann haben die Menschen einfach Angst, dass etwas passiert. Deswegen ist es gut, dass man hier vorangeht und sagt, wir brauchen andere Abstände zu den Orten, wir brauchen andere Höhenlinien. Deshalb ist die Gesamtinitiative mit diesen beiden Kernpunkten einfach so wichtig.

Herzlichen Dank, dass Sie sich auf diesen Weg gemacht haben.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Reichel das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lärm, insbesondere Fluglärm, war in den letzten Jahren immer wieder Thema im Landtag, und auch heute haben Sie die Aktuelle Stunde zur neuen parteiübergreifenden Länderinitiative im Bundesrat beantragt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD.

Das ist ohne Frage ein wichtiges Thema, dennoch lassen Sie mich kurz auf die vor wenigen Tagen bekannt gewordenen Ergebnisse der NORAH-Studie eingehen, die nicht ohne Grund für Schlagzeilen gesorgt hat. Auch darüber könnten wir uns ausführlich austauschen, zumal die Schlussfolgerungen aus der von der Fraport finanzierten Studie viele Fragen aufwerfen.

Wir werden deshalb beantragen, dass diese Studie im Umweltausschuss diskutiert wird, möglicherweise auch im Rahmen einer Anhörung; denn die ersten, beinahe zynischen Schlussfolgerungen der Luftverkehrslobby bei Vorstellung der Studie waren: Die Gesundheit der Menschen wird durch Fluglärm nicht beeinträchtigt, jedenfalls weit weniger als bisher angenommen, sodass mehr Schutz für die Menschen in Rhein-Main nicht notwendig ist und man darüber nachdenken könne, das für uns unzureichende Nachtflugverbot von 23:00 Uhr bis 5:00 Uhr wieder aufzuheben.

Der Arbeitskreis „Ärzte gegen Fluglärm“ hat sich zu dieser Studie geäußert und festgestellt, dass auch die NORAHStudie Gesundheitsgefährdungen festgestellt hat; denn selbst wenn die Effekte möglicherweise eher klein sind, so sind sie doch nicht zu unterschätzen. Das gilt für HerzKreislauf-Erkrankungen genauso wie für Schlaf- und Lernstörungen gerade bei Kindern.

Professor Münzel hat schon darauf hingewiesen, dass wohl eklatante Fehler bei der Erhebung von Daten gemacht wurden. So wurde der Blutdruck über der Kleidung, teilweise auch am Unterarm gemessen. Das zeigen die Bilder, die dieser Studie beigelegt waren.

Gerade bei Vorerkrankten – das belegen die Studien von Professor Münzel eindeutig – sind die Auswirkungen zusätzlicher Lärmbelastung erheblich. Deswegen müssen alle Formen des Lärms, Straßen-, Bahn- und Fluglärm, weiter mit großem Engagement bekämpft werden.

(Beifall der CDU und vereinzelt bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wissend um diese Erkenntnisse muss die NORAH-Studie hinterfragt werden und dürfen die Ergebnisse nicht zu falschen, verharmlosenden Rückschlüssen führen.

Etliche Gutachten, die Fraport bezahlt und ins Planfeststellungsverfahren für den Ausbau des Flughafens eingebracht hat, haben sich im Nachhinein als falsch und damit als Gefälligkeitsgutachten erwiesen.

(Carsten Pörksen, SPD: Darüber reden wir nachher noch!)

Fakt ist: Im dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiet mit einer hohen Belastung durch Umweltlärm sind Flugzeuge ein großer Lärmemittent. Daran kann es keinen Zweifel geben. Klar ist auch, dass ein dauerhaft hoher Schallpegel die Gesundheit schädigt. Deshalb ist es zwingend notwendig, dass alles unternommen wird, um die Belastungen zu reduzieren.

Wenn Sie heute das Thema einer gemeinsamen Initiative der Bundesländer Hessen, Rheinland-Pfalz und BadenWürttemberg in der Aktuellen Stunde aufrufen, dann möchte ich unsere Stellungnahme gleich auf den Punkt bringen: endlich; denn es war höchste Zeit, eine länder- und parteiübergreifende Initiative zu starten.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der regierungstragenden Fraktionen, offensichtlich haben Sie endlich verstanden,

dass die alleinige Initiative eines Bundeslandes in eine Sackgasse führt.

(Beifall bei der CDU)

Dafür gibt es mindestens einen Beleg; denn seit fast drei Jahren liegt Ihre damalige Initiative in den Schubläden der Bundesratsausschüsse und kommt nicht voran.

Ich habe in jeder Debatte hier in diesem Hohen Haus dafür geworben, mit anderen Ländern den Weg zu einer gemeinsamen Initiative zu suchen. Der kleinste gemeinsame Nenner ist besser als keiner, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU)

Das habe ich damals für meine Fraktion gesagt, dazu stehen wir auch noch heute. Ihre Bundesratsinitiative ist genau der von uns seit Jahren geforderte Kompromiss und endlich der Schritt in die richtige Richtung.

(Beifall bei der CDU)

Ihr Ziel ist es, eine notwendige Änderung des Luftverkehrsgesetzes über den Bundesrat anzustoßen und eine frühzeitige Einbindung der Öffentlichkeit bei neuen oder wesentlich geänderten Flugrouten zu erreichen. Sie wollen erreichen, dass die Deutsche Flugsicherung und das Bundesamt für Flugsicherung die Möglichkeiten des aktiven Schallschutzes an Flughäfen so weit wie möglich und so schnell wie möglich identifizieren und umsetzen müssen. Zudem soll auch eine neue Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgen.

Das ist der Einstieg in eine wichtige Diskussion, die keineswegs mit dieser Initiative beendet werden sollte; denn Ziel muss es sein, die Gesamtlärmbetrachtung vorzunehmen und den additiven Lärm als Maßstab für den Lärmschutz zu nehmen. Die einzelne Lärmquelle als alleiniger Maßstab darf nicht mehr ausreichend sein.

Die CDU-Landtagsfraktion unterstützt diese Initiative, die wir schon vor drei Jahren gefordert haben. Es war dringend geboten, zunächst mit Hessen eine gemeinsame Initiative zu starten, damals leider Fehlanzeige. Mehr im zweiten Teil.

(Beifall der CDU)