Lieber Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach Recherchen unterschiedlicher Medien sollen in den nächsten Tagen und Wochen die Vorbereitungen für die Stationierung von 20 neuen Atomwaffen am Fliegerhorst in Büchel, bei uns in der schönen Eifel, beginnen. Dem ZDF liegen entsprechende US-Haushaltspläne vor, die dies offenbar belegen.
Nicht nur, dass immer noch US-Waffen bei uns in Rheinland-Pfalz, in Büchel, stationiert sind, wie uns gegenüber alle Experten bestätigen, sondern jetzt sollen sie auch noch modernisiert und damit langfristig in RheinlandPfalz gesichert bleiben. Das ist – so empfinden wir das zumindest – ein Skandal, weil wir keine Atomwaffen in Rheinland-Pfalz und anderswo wollen, wofür wir uns eigentlich gemeinsam einsetzen.
Wir wollen keine Atomwaffen in Rheinland-Pfalz. Wir wollen nicht Teil einer neuen Aufrüstungs- und Kriegsstrategie von NATO, USA oder wem auch immer werden.
Wir haben 2005 in diesem Parlament und noch im März 2010 im Bundestag mit breiter Mehrheit partei- und fraktionsübergreifend beschlossen, die Bundesregierung solle sich bei den amerikanischen Verbündeten mit Nachdruck für einen Abzug der US-Atomwaffen aus Rheinland-Pfalz und aus Deutschland einsetzen.
Herr Kollege Bracht, es stellt sich jetzt die Frage, ob diese Beschlüsse für eine Regierung nicht bindend sind. Was da offenbar von Ihrer Parteivorsitzenden, von der Bundeskanzlerin, heimlich durchgewunken wurde, ist gegen den Willen der Parlamente und gegen den Willen unserer Bevölkerung.
Statt einer dringend notwendigen Abrüstung erfolgt offensichtlich die Stationierung von neuen Nuklearwaffen, die zusammen die Sprengkraft von 80 Hiroshima-Bomben haben. Unionspolitiker, zum Beispiel der frühere Staatssekretär Herr Wimmer, sprechen von einer bewussten Provokation Russlands, die das strategische Gleichgewicht in Europa zerstören soll. Diese Modernisierung gefährdet die Abrüstungsverhandlungen zwischen Russland und der NATO. Deshalb heißt es auch nicht ganz zu Unrecht aus dem russischen Außenministerium, dass dies auch eine Verletzung der Artikel 1 und 2 der Verträge zur Nichtverbreitung von Atomwaffen darstellt. Russland könne – das haben wir heute Morgen alle in der Zeitung lesen können – als Reaktion auf diese Pläne seine Manöver in der Ostsee oder auch im Schwarzen Meer verstärken.
Meine Damen und Herren, wir alle – ich hoffe, dass wir da ganz nah beieinander sind – müssen diese Logik des Kalten Kriegs endlich überwinden. Eine Aufrüstung zum Zweck der Abschreckung ist lange überholt. Wir brauchen eine weltweite Abrüstung.
Die Nachricht von der Modernisierung der Atomwaffen in Büchel löst verständlicherweise gerade auch bei vielen Menschen in der Region Besorgnis und Unverständnis aus. Seit Jahrzehnten gefährden die mutmaßlich in Büchel gelagerten Waffen die rheinland-pfälzische Bevölkerung und unsere Umwelt. Damit muss endlich Schluss sein.
Es gab ein Fenster als Gelegenheit. Das wissen Sie alle. Kurz nach der Bundestagswahl 2009 versprach die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung, sich innerhalb der NATO für den Abzug der noch verbliebenen US-Atomwaffen aus Deutschland einzusetzen. Was ist passiert? – Gar nichts!
Als 2010 zum Beispiel das neue strategische Konzept der NATO verabschiedet wurde oder 2012 beim NATO-Gipfel in Chicago – überall – hat es die Bundesregierung versäumt, dem parteiübergreifenden Bundestagsbeschluss Rechnung zu tragen, in Deutschland die verbliebenen Atomwaffen abzuziehen und die strategische Bedeutung der Atomwaffen im NATO-Bündnis zu reduzieren.
Erstens: Die Modernisierung der Atomwaffen in Büchel ist ein falsches und ein sehr gefährliches Signal an die Welt. Sie widerspricht den Beschlüssen der Parlamente in diesem Land, und sie widerspricht dem Willen der Bevölkerung.
Zweitens – das ist für mich das wichtigste Anliegen, und ich hoffe, dass Sie dem gleich in Ihrem Redebeitrag zustimmen –: Wir fordern die Bundesregierung unmissverständlich auf, sich für eine weltweite und vollständige Abschaffung nuklearer Waffen einzusetzen. Wir wollen diese Waffen nicht. Nicht in der Eifel, aber auch nicht anderswo!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich mache es jetzt wie Herr Kollege Wiechmann. Ich nehme auch die Versatzstücke meiner Reden der vergangenen Jahre, die wir regelmäßig hier abhalten, und sage das, was ich immer sage.
Ich fange wieder damit an, dass ich mich auf die Antworten der Landesregierung auf entsprechende Anfragen, aber auch auf Redebeiträge von Innenministern – von Herrn Bruch und Herrn Lewentz – beziehe, dass nämlich die Bundesregierung über diese Dinge aus Gründen der Geheimhaltung – das ist auch eine Frage der Sicherheit des ganzen Systems – keine Auskünfte gibt und es deswegen keine Möglichkeit gibt, über die Frage, wo und welche Waffen tatsächlich stationiert sind, zu diskutieren.
(Nils Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das muss sie auch! Wir müssen aber darüber diskutieren können!)
Herr Kollege, das ist die Haltung der Landesregierung. Das schreibt sie auch in der Antwort auf die Anfrage vom vergangenen Herbst. Die Landesregierung verfügt über keine Informationen hinsichtlich der Lagerung von Atomwaffen, da sich die Bundesregierung in ihrer Informationspolitik Geheimhaltungsregelungen verpflichtet sieht.
Lieber Herr Kollege Wiechmann, Sie haben die Argumentation gewechselt, weil es eine neue Erkenntnis gibt. Offensichtlich hat irgendeine Gruppe sich den Haushaltsplan aus den USA betrachtet.
Im letzten bzw. im vorletzten Jahr haben wir darüber diskutiert, dass tatsächlich jemand eine Kommission gefunden hat, die sich mit der Modernisierung der Waffen beschäftigt. Immer wieder wird irgendetwas hochgeholt. Aus diesen Festschreibungen im Haushalt, aus einem Thinktank oder wo auch immer wird hergeleitet, dass es vermutlich in Rheinland-Pfalz in Büchel wieder Veränderungen gibt. Es gibt dafür keinerlei tatsächliche Hinweise. Das wissen Sie ganz genau. Deswegen ist es unredlich, hier so zu reden und diesen Antrag zu stellen.
(Nils Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Positionieren Sie sich doch mal! Sagen Sie doch mal, was Sie wollen!)
Meine Damen und Herren, das ist wirklich Kaffeesatzleserei. Das ist Common Sense, wie wir das hier schon x-mal gesagt haben, dass die Zuständigkeit für den NATOVertrag, für die Außen- und Verteidigungspolitik im Bund liegt und nicht hier bei uns im Landesparlament. Deswegen spekulieren wir darüber nicht.
Um die Redezeit auszufüllen, habe ich letztes Mal versucht, etwas über Ihr Verhältnis zu den amerikanischen Streitkräften zu sagen.
(Carsten Pörksen, SPD: Das brauchen Sie heute nicht zu machen! – Alexander Fuhr, SPD: Das ist sehr freundlich!)
Heute nehme ich ein anderes Beispiel. Ich habe mir jedes Mal etwas einfallen lassen. Heute nenne ich den früheren Ministerpräsidenten Kurt Beck, der damals einen CDUAbgeordneten im Bundeskanzleramt angeschwärzt hat, weil er sich dazu geäußert hat. Inzwischen haben wir hier die Regelung, dass die stellvertretende Ministerpräsidentin – als Privatperson, hat Lewentz gesagt – zu den Demonstranten geht, die vor dem Tor ihren Missmut zum Ausdruck bringen.
Das ist der graduelle Unterschied. Früher hat der Ministerpräsident gesagt, das geht überhaupt nicht. Jetzt geht die stellvertretende Ministerpräsidentin zu den Abrüstungsfreunden.
(Carsten Pörksen, SPD: Meinen Sie nicht, dass das ziemlicher Quatsch ist, was Sie da erzählen? Es tut mir leid!)