den sicheren Herkunftsstaaten verabschiedet, dann muss die CDU hier im Hause nach einem neuen Thema suchen. Schon dumm gelaufen!
Ihnen geht es offensichtlich nicht um das Schicksal der Flüchtlinge, sondern um die Inszenierung eines Details im Rahmen der Asylpolitik, das Sie zum rot-grünen Konflikt aufbauschen wollen.
Mir ist nicht bekannt, was die CDU unter dem Begriff Partnerschaft versteht. Ich möchte das Thema auch gar nicht vertiefen. Aber Koalitionspartner dürfen selbstverständlich – wie in jeder guten Ehe – eine eigene Meinung haben. Auch dazu stehen wir.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam zum Schluss einen Blick nach Berlin richten. Auch Sie, Frau Klöckner, werden mir bestätigen, dass sich in der Großen Koalition Schwarz und Rot nicht immer grün sind.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es sind natürlich tagesaktuell neue Entwicklungen und Zahlen im Bereich der Flüchtlingspolitik, die uns alle beschäftigen. Insofern versuche ich, ein bisschen nachsichtig zu sein, Herr Lammert, dass Sie veraltete Zahlen verwendet haben. Ich möchte Ihnen da gerne auf die Sprünge helfen, was die Westbalkanstaaten angeht.
Sie haben scheinbar Zahlen genommen, die vor einigen Monaten erhoben worden sind. Ich kann Ihnen sagen, dass Ende August die Zahl der Personen, die aus Albanien zu uns gekommen sind, bei unter 10 % lag.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Rheinland-Pfalz steht, wie alle anderen Bundesländer auch, in der Flüchtlingspolitik vor enormen Herausforderungen. Wir gehen diese Herausforderungen auf allen Ebenen an.
Entschuldigung, über absolute und relative Zahlen können wir uns gleich noch unterhalten. Ich würde jetzt gerne meine Rede halten. Danke schön.
Gemeinsam mit den Kommunen und natürlich gemeinsam mit den vielen helfenden Händen in der Zivilgesellschaft nehmen wir als Land diese Herausforderungen an. Wir schaffen täglich – ich betone, täglich – neue Kapazitäten zur Unterbringung. Wir gehen diese Herausforderungen engagiert, pragmatisch, mit voller Überzeugung und mit viel Herzblut für die zu uns kommenden Menschen an.
Zugleich sind wir aber darauf angewiesen, dass alle politischen Ebenen ihrer Verantwortung nachkommen und die Rahmenbedingungen schaffen, um diese Herausforderungen meistern zu können.
Herr Lammert, ich möchte Ihnen sagen, was meines Erachtens die Hauptprobleme sind, um diese Herausforderungen gut meistern zu können.
Anfang des neuen Jahres haben weit über 100.000 Asylanträge der Bearbeitung geharrt. Die Betroffenen haben teilweise mehr als zwei Jahre darauf warten müssen, dass sie ihren Asylantrag bearbeitet bekommen haben. Wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit Blick auf 400.000 zu erwartende Flüchtlinge im vierstelligen Bereich Stellen aufstocken möchte, dann ist das zunächst ein gutes Signal. Wenn aber einige Monate später diese Zahl verdoppelt wird, die Prognose 800.000 nach Deutschland kommende Flüchtlinge lautet und man vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nichts, aber auch gar nichts zu einer weiteren Aufstockung des Personals hört, dann, meine Damen und Herren, ist das eine sehr, sehr schlechtes Signal für die Meisterung der Probleme.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Hans-Joesef Bracht, CDU: Das entspricht auch nicht der Wahrheit!)
Die Herausforderung ist zu groß. Wir können es uns nicht leisten zu warten, bis das BAMF irgendwann aus seiner Schockstarre erwacht und die Realität zur Kenntnis nimmt. Wir brauchen jetzt und dringend mehr Personal.
Wir haben mittlerweile 300.000 unbearbeitete Asylanträge. Das liegt ganz sicherlich nicht an den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAMF. Ehrlich gesagt möchte ich nicht in deren Haut stecken; denn sie fühlen sich von ihrem Arbeitgeber im Stich gelassen.
Meine Damen und Herren, wenn Sie mit den Leuten, die in der Flüchtlingspolitik arbeiten, reden, dann sagen die Ihnen alle unisono: Dieses Problem beim BAMF, dieses Nadelöhr ist unser Problem. Wir brauchen dringend eine schnellere, eine zügigere Bearbeitung der Asylanträge. Wir müssen diesen Antragsstau abarbeiten. Wir brauchen neue Lösungen. Wir müssen über eine Stichtagsregelung reden. Wir müssen darüber reden, wie wir die Bürgerkriegsflüchtlinge beispielsweise, wie das damals bei Sri Lanka war, etwa als Kontingentflüchtlinge aus dem Antragsstau herausnehmen.
Wir müssen darüber reden, wie wir bei den Flüchtlingen, die entpriorisiert werden, und zwar aus dem Irak, aus Afghanistan, aus Pakistan, Somalia, Eritrea, die hohe Anerkennungsquoten haben, die Verfahren beschleunigen können. Das sind die Probleme, die wir beim BAMF bewältigen müssen, damit wir die Herausforderungen, vor denen wir stehen, gut meistern können, meine Damen und Herren.
Im Übrigen ist Ihnen die ablehnende Position unserer Partei zu den sicheren Herkunftsstaaten bekannt. Das möchte ich hier an dieser Stelle nicht näher ausführen. An dieser Position hat sich auch nichts geändert. Wenn wir aber eben alle hier skizzierten Probleme beim BAMF mit den Asylanträgen und der Dauer der Asylverfahren anpacken, dann erübrigt sich eine Debatte über die sicheren Herkunftsstaaten sowieso.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Rheinland-Pfalz setzt geltendes Recht konsequent um. Ich wiederhole es gerne immer wieder: Wir setzen in Rheinland-Pfalz geltendes Recht um.
Ich sage insbesondere auch noch einmal in Richtung der CDU-Kolleginnen und -Kollegen auch mit aller Deutlichkeit: Vollziehbar Ausreisepflichtige werden in Rheinland-Pfalz konsequent zurückgeführt. Das Schöne daran ist, dass rund 90 % dieser Menschen freiwillig zurückgehen und nur 10 % aus Rheinland-Pfalz abgeschoben werden.
Jeder Mensch, der hier in Deutschland einen Asylantrag stellt, hat das Recht auf eine sorgfältige Prüfung seines Antrags. Er hat das Recht, im Falle einer Ablehnung hiergegen Rechtsmittel einzulegen. Erst wenn das Asylverfahren abgeschlossen ist und eine Ablehnung des Antrags vorliegt, kann der betreffende Mensch zurückgeführt werden.
Ich bitte auch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, dies zur Kenntnis zu nehmen. Ihr wiederholter Ruf nach einer schnelleren Abschiebung von Menschen aus den Westbalkanstaaten missachtet dieses Recht der Antragstellerinnen und Antragsteller, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Erst wenn es eine endgültige Entscheidung gibt, kann es eine Rückführung geben. Das ist geltendes Asylrecht. Der Flaschenhals an dieser Stelle ist eindeutig das BAMF. Er liegt bei den Verfahren im BAMF, die viel zu lang dauern.
Die jüngsten Zahlen zur Rückführung aus Rheinland-Pfalz von Ende letzter Woche belegen, unsere Beratung zur freiwilligen Rückkehr ist äußerst erfolgreich.
Von Anfang des Jahres an bis Ende August wurden insgesamt 2.846 Menschen zurückgeführt. 2.570 Menschen von ihnen verließen unser Land freiwillig. Das sind 90 %. 276 Menschen, also knapp 10 %, wurden abgeschoben.
Für die Flüchtlinge vom Westbalkan lesen sich diese Zahlen wie folgt: Von den insgesamt 2.846 ausgereisten Menschen waren 2.598 Menschen aus dem Westbalkan. Knapp 8 % von ihnen, also 207 Menschen, wurden abgeschoben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Abschiebungen sind vielfach traumatisch und in der Regel um einiges teurer als eine freiwillige oder auch eine freiwillig geförderte Rückkehr. Ich bin daher sehr froh, dass sich neun von zehn Menschen nicht dieser Zwangsmaßnahme unterziehen müssen.
Ich will auch noch einmal sagen, was eben schon einmal gesagt worden ist: Die Zahl der Asylanträge von Menschen aus Albanien ist im Laufe des Augusts nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge wieder auf unter 10 % gesunken. – Hierfür hat es ausgereicht, die Menschen zu informieren und aufzuklären.
Die geringen Chancen auf Anerkennung auf Asyl, das Risiko, das eigene Geld an Schlepperbanden zu verlieren, haben offenbar den gewünschen Effekt in Albanien erzielt.
Auch hat die Einstufung zu sicheren Herkunftsstaaten nicht dazu geführt, dass die Asylverfahren schneller abgeschlossen wurden. Diese Auswirkung hängt alleine davon ab, ob das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Anträge aus bestimmten Staaten priorisiert oder nicht. Am Beispiel Albaniens und am Beispiel des Kosovos haben wir in diesem Frühjahr und Sommer gesehen, dass dies auch möglich ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Fazit: Die Haltung dieser Landesregierung zu Fragen der sicheren Herkunftsstaaten ist klar. Wir prüfen alle Instrumente, die zur Beschleunigung der Asylverfahren geeignet und verhältnismäßig sind.
Bisher hat die Bundesregierung nicht den Nachweis erbracht, dass das Instrument der sicheren Herkunftsstaaten die Verfahren beschleunigt. Im Gegenteil, die Einstufung als sicherer Herkunftsstaat bringt für ein schnelleres Asylverfahren nichts.
Das ist eine reflexhafte Reaktion auf hohe Asylbewerberzahlen aus Ländern mit geringer Bleibeperspektive. Das ist reine Symbolpolitik, und für Symbolpolitik haben wir keine Zeit, meine sehr geehrten Damen und Herren.