Protocol of the Session on July 23, 2015

Ich komme zum nächsten Thema, zum öffentlichen Beschaffungswesen.

(Unruhe im Hause)

Meine Damen und Herren, mit dieser Lärmkulisse geht es nicht weiter, bitte.

(Hedi Thelen, CDU: Wie man in den Saal ruft...!)

... so schallt es raus.

(Julia Klöckner, CDU: Grüner Parteitag! Kreisparteitag! Gemeindeverband!)

Ich komme zum nächsten Punkt, dem öffentlichen Beschaffungswesen. Das ist auch eine Frage der Städte und der Gemeinden, der öffentlichen Hand. Während die EU-Märkte weiterhin offen sind, will die USA in den Verhandlungen – Herr Schmitt, das ist auch eine Information, die ich Ihnen gerne hier weitergeben will – den Hauptteil ihrer Märkte weiterhin verschließen, erwartet aber von Europa, dass wir die öffentliche Beschaffung für den USamerikanischen Markt öffnen. Es tut mir wirklich leid, das ist in keiner Weise ausbalanciert. Das können wir so nicht hinnehmen. Wir beschneiden uns selbst und lassen den Amerikanern den größeren Spielraum. Auch das ist für uns nicht zustimmungswürdig.

Ich möchte mit Ihnen gar nicht so sehr jetzt noch auf ISDS eingehen. Sie haben sehr ausführlich kritisiert. Das möchte ich nicht wiederholen. Ich möchte aber noch einen letzten Punkt ansprechen, bevor ich dann zum Ende komme.

(Dr. Adolf Weiland, CDU: Sie sind schon am Ende!)

Sie erwarten, dass die Landesregierung Einfluss nimmt. Dann könnte man sagen, die Beschlüsse des Bundesrates, also aller Länder, würden in der EU gehört. Sie werden nicht gehört. Wir haben in dem Beschluss ganz deutlich die Kultur aus dem Abkommen ausgenommen. Es wird trotzdem über die Kultur verhandelt.

Wir haben auch Fragestellungen der regulatorischen Kohärenz herausgenommen. Was bedeutet das? Das bedeutet, wenn wir hier ein Gesetz machen, egal, ob in Berlin oder hier im Landtag, dass wir in Zukunft bei der Abwägung im Gesetzgebungsverfahren die Gewinninteressen der USamerikanischen Unternehmen bei der Gesetzgebung berücksichtigen müssen. Diese Art von Besserstellung wird – anders und noch viel extremer, als wir jede Beihilferichtlinie innerhalb der EU einmal ausgelegt haben – dazu führen, dass sie immer besser gestellt sind als die Unternehmen, die wir hier im eigenen Land haben.

Das ist kein Schutz von Demokratie. Das ist kein Schutz der Wirtschaft in Rheinland-Pfalz. Das ist eine Aushöhlung aller unserer Rechte, die wir haben. Das wird es mit dieser Landesregierung nicht geben.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Schmitt das Wort. Bitte schön.

Danke schön, Herr Präsident. – Frau Ministerin, ich bin jetzt schon wirklich ein bisschen von Ihnen als Wirtschaftsministerin enttäuscht.

(Beifall der CDU – Staatsministerin Eveline Lemke: Ich verteidige die Wirtschaft!)

Sie sagen, wir stimmen nicht zu, und sagen gleichzeitig, wir wissen nicht, was drinsteht. Das ist eine Logik! Herr Kollege Guth hat es auch gesagt. Sie behaupten, Sie wissen nicht, was drinsteht, zählen aber alles auf, was angeblich alles drin ist und was nicht drin ist, sagen aber von vornherein, Sie stimmen nicht zu. Es ist also doch die Reduktion auf das Chlorhühnchen. Sonst würden Sie abwarten, was dort drinsteht. Vielleicht ist es gut für Rheinland-Pfalz. Vielleicht ist es noch einmal eine Exportstärkung. Aber Sie haben sich vorher festgelegt, Sie lehnen ab.

Frau Ministerin, das ist kein guter Umgang mit der rheinland-pfälzischen Wirtschaft!

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, wir kommen nun zur Abstimmung. Gibt es einen Antrag zur Überweisung an einen Ausschuss?

(Hans-Josef Bracht, CDU: Bitte!)

Verraten Sie mir bitte, an welchen?

(Julia Klöckner, CDU: Wirtschaftsausschuss und Landwirtschaftsausschuss!)

Also Wirtschaftsausschuss und Landwirtschaftsausschuss.

(Unruhe bei der CDU)

Meine Damen und Herren, hören Sie jetzt bitte zu. Zuerst wird darüber abgestimmt, ob der Antrag an die beiden genannten Ausschüsse überwiesen wird. Wer sich diesem Antrag auf Ausschussüberweisung anschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! –

(Julia Klöckner, CDU: Ihr wollt ein Transparenzgesetz und keine Information zur Demokratie?)

Die Gegenprobe! – Damit ist die Überweisung abgelehnt.

Wir stimmen jetzt über den Antrag insgesamt ab.

(Unruhe im Hause)

Meine Damen und Herren, wer stimmt dem Antrag zu? –

Die Gegenprobe! – Damit ist der Antrag mit der Mehrheit des Hauses abgelehnt.

(Hans-Josef Bracht, CDU: Ich denke, das ist so ein wichtiges Thema, über das man reden muss! – Weitere Zurufe im Hause)

Ich rufe Punkt 22 der Tagesordnung auf:

Debatte zum Thema Sterbebegleitung

dazu:

Menschenwürdig leben bis zuletzt Antrag der Fraktion der CDU – Entschließung – – Drucksache 16/5292 –

Gute ambulante und stationäre Hospiz- und Palliativversorgung in Rheinland-Pfalz weiter ausbauen Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Entschließung – – Drucksache 16/5299 –

Die Fraktionen haben untereinander eine Redezeit von 20 Minuten je Fraktion in Fünf-Minuten-Redebeiträgen vereinbart. Sie haben mir eine Liste gegeben, wer in welcher Reihenfolge wie beim letzten Mal auch gesprochen hat. Ich brauche keine Ausführungen mehr darüber zu machen, wie wir diese Orientierungsdebatte angelegt haben. Zuerst einmal war es in der Tat die Orientierung, danach die Anhörung der Sachverständigen. Heute haben wir sozusagen eine Schlussdebatte.

Die Schlussdebatte wird, wie gesagt, in Einzelbeiträge der Kollegen gegliedert. Wir bitten darum, wie bei der Orientierungsdebatte keine Zwischenfragen und keine blauen Karten einzusetzen. Wenn das Ihr Einverständnis findet, dann können wir so verfahren.

Wir beginnen mit der SPD, dann die CDU und die GRÜNEN.

Ich erteile Herrn Kollegen Schweitzer das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen des Landtages! Sehr geehrter Präsident, Sie haben schon darauf hingewiesen, wir befinden uns zumindest im vorläufigen Finale einer Orientierungsdebatte, eines Experimentes.

Als ich das zu Beginn des Jahres den Kolleginnen und Kollegen des Landtages vorgeschlagen habe, war mir bewusst, dass das ein ganzes Stück Neuland für dieses Parlament sein würde. Aber ich bin mir mit vielen Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich in den vergangenen Tagen gesprochen habe – auch fraktionsübergreifend –, einig, dass dieses Experiment gelungen ist.

Es ist uns gelungen, eine Debatte über eine inhaltlich schwere Materie zu führen, nämlich über die folgenden

Fragen: Wie gehen wir mit dem Leben um? Wie gehen wir mit dem um, was auch zum Leben gehört, nämlich dem Sterben, der Hinfälligkeit, der Krankheit und dem Tod? Wie gestalten wir gemeinsam in einer solidarischen Gesellschaft die letzten Schritte des Lebens?

Diese Debatte, zu der ich damals vorgeschlagen hatte, dass sie eigentlich jenseits der festgelegten Wege der Fraktionierung laufen soll, hat mir in der ersten Orientierungsdebatte viele Hinweise gegeben. Diese Hinweise sind durch die Ausschussanhörung verstärkt und stark unterstützt worden. Die Ausschussanhörung war ein parlamentarischer Höhepunkt, wie ich finde. Ich möchte deshalb den Sachverständigen, die im Plenarsaal Platz genommen hatten, Auskunft gegeben haben und zur Diskussion bereitstanden, ganz herzlich für ihre nachdenklichen und, wie ich finde, sehr bedeutsamen Einlassungen danken.

(Beifall der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich habe damals im März für mich einen Punkt deutlich gemacht, der mit der Frage der Menschenwürde und dem Wert des Lebens zu tun hat. Allzu oft, nicht nur in meiner Zeit als Sozialminister, sondern insgesamt, wenn man sich mit den Fragen der Pflege und der Gesundheitspolitik beschäftigt, begegnet einem die Frage, die vermeintlich volkswirtschaftlich begründet daherkommt: Was kostet das in einer Gesellschaft des langen Lebens? Was kostet es, wenn Menschen lange, aber vielleicht lange in Phasen der Pflegebedürftigkeit leben?

Ich habe mich immer auf den Standpunkt gestellt, dass das eine Frage ist, die eine seltsame Botschaft in sich trägt, nämlich dass die Gesellschaft das Recht hat, eine solche Rechnung aufzumachen. Ich halte es nicht für geboten, über diese Frage volkswirtschaftlich und mit Krämerseele nachzudenken. Für mich ist Menschenwürde und der Wert des Lebens nicht abhängig von der eigenen Stärke, von der vermeintlichen Autonomie. Sie ist nicht abhängig von der Lebensphase und der persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Stärke, in der sich ein Mensch befindet. Menschenwürde ist und bleibt unantastbar, egal in welchem persönlichen Zustand sich ein Mensch befindet.