Protocol of the Session on July 23, 2015

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüßen wir ganz herzlich bei uns in Mainz den Tanzkreis der BASF in Ludwigshafen. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Ich erteile Herrn Kollegen Dr. Konrad von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! § 63, der für die meisten Unterbringungen neben § 64 maßgeblich ist, gibt vor, dass die Personen untergebracht werden, die bei der Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit waren, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, dass von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Das heißt, es werden mehrere Bedingungen vorgegeben. Diese Bedingungen werden augenscheinlich immer großzügiger ausgelegt, wofür spricht, dass die Zahl der untergebrachten Personen sowohl bundesweit als auch in Rheinland-Pfalz seit Anfang der 90er-Jahre stetig steigt.

Das Bundesverfassungsgericht hat zudem in seinem Urteil aus dem Jahr 2011 den hohen Wert der Beendigung dieses Freiheitsentzuges hervorgehoben; denn es hat sogar gesagt, dass dieser Freiheitsentzug so hochrangig anzusehen ist, dass zur Erreichung der Voraussetzungen, also zur Behandlung, auch Zwangsmaßnahmen angewendet werden können, selbst wenn diese Behandlung für sich schon einen Grundrechtseingriff bedeutet und für sich schon zu einer Gefährdung des Patienten führen kann.

Das heißt, auch hier muss der Grundgedanke des Maßregelvollzugsgesetzes der sein, diese Therapiedauer möglichst abzukürzen. Im Sinne dieses Urteils von 2011, Herr Kollege Wilke, ist es auch nachvollziehbar, dass dieser Behandlungsplan alle sechs Monate überprüft wird, weil das Verfassungsgericht ausdrücklich vorgegeben hat, dass all diese Maßnahmen, die einen körperlichen Eingriff bedeuten, auch zu einer Gefährdung des Patienten führen können, und zwar nicht nur dann, wenn es sich um einen direkten körperlichen Eingriff handelt, sondern auch dann, wenn beispielsweise nur Medikamente gegeben werden.

(Zuruf des Abg. Dr. Axel Wilke, CDU)

Ja doch, das steht dort. Lesen Sie es nach, ich glaube 992.

(Dr. Axel Wilke, CDU: Wir diskutieren noch darüber!)

Ja, wir werden es noch einmal diskutieren.

Wenn das Bundesverfassungsgericht in dieser Weise vorgibt, dass eine Befristung jeder Behandlungsmaßnahme vorzunehmen ist, ist auch nachvollziehbar, dass hier je

weils ein überschaubarer Zeitraum gewählt werden muss.

Was die Aufzeichnung des Besuchs angeht, die Sie erwähnt haben – ich habe auch das noch einmal nachgesehen –, so handelt es sich da um die Besuchsaufzeichnungen. Diese sind an die Bedingungen geknüpft, dass man Gefährdungen des Besuchers, der Person oder der anderen untergebrachten Personen in der Einrichtung vermeiden will. Da fragt man sich natürlich, warum man es dort länger aufheben soll. Es geht doch nicht um die Aufklärung von Straftaten oder Ähnlichem.

Wir sehen also, dass der Maßregelvollzug in eine Reihe von Grundrechten eingreift. Deswegen ist auch die Vorbereitungszeit für diese sorgfältige und vollständige Novellierung nachvollziehbar. Auch wir haben, Herr Dr. Wilke, nach einer Synopse gefragt. Ich habe jetzt alt und neu nebeneinander gelegt und habe erkannt, dass eine Synopse gar nicht möglich ist; denn wir haben eine Vielzahl von Paragrafen, für die eine Regelung vorher überhaupt nicht getroffen war. Das Gesetz hat mehr als den doppelten Umfang als das Ursprungsgesetz, sodass man im Prinzip eine Synopse in dem Sinne nicht herstellen konnte. Das musste ich leider auch nachvollziehen und mir die Arbeit machen, immer beides nebeneinander zu legen und alles noch einmal genau nachzusehen.

Für uns steht im Vordergrund, dass die verfassungsmäßigen Rechte der untergebrachten Personen gewahrt sind und gleichzeitig die Sicherheit der Öffentlichkeit gewahrt ist.

Im Vordergrund steht die Therapie, die den untergebrachten Personen zusteht. Das bedeutet, dass das Setting entsprechend sein muss. An einigen Stellen dieses Gesetzes würden wir uns noch stärker wünschen, dass man immer, wie auch in den Behandlungsvoraussetzungen, wie wir das in der Vorschaltnovelle entsprechend beschlossen haben, auf das Einverständnis der untergebrachten Person hinwirkt, bevor irgendwelche Maßnahmen durch die Einrichtung angeordnet werden. Das trifft insbesondere dann zu, wenn die Begründung durch die Einrichtung selbst erfolgt.

Das hat folgenden Grund: Das Einverständnis der psychisch erkrankten Person trägt zum Therapieerfolg bei. Wenn andere Maßnahmen der Einrichtung wie die Durchsetzung der Hausordnung und Ähnliches mit Zwangsmaßnahmen verbunden sind, trägt das eventuell nicht dazu bei. Wir würden uns wünschen, dass diese Prämisse, dass immer zunächst auf ein Einverständnis der untergebrachten Person hingewirkt werden soll, ebenso wie es bei der Zwangsbehandlung selbstverständlich geworden ist, auch bei den anderen Maßnahmen zur Durchsetzung der Ordnung in der Einrichtung erfolgt.

Wir freuen uns ebenfalls auf die gemeinsame Beratung in den Ausschüssen und auf die damit verbundene Anhörung.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/5254 – an den Sozialpolitischen Ausschuss – federführend – sowie an den Rechtsausschuss zu überweisen. Besteht Einverständnis? – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Ich rufe Punkt 17 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes und der Gemeindeordnung Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/5261 – Erste Beratung

Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. Zunächst erfolgt die Begründung durch ein Mitglied der Landesregierung.

Herr Staatssekretär Stich, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die wesentliche Änderung des von der Landesregierung eingebrachten Gesetzentwurfs besteht darin, dass zukünftig nicht nur Gemeinden mit der staatlichen Anerkennung als Fremdenverkehrsgemeinde, Erholungsort oder Kurort einen Fremdenverkehrsbeitrag und/oder einen Kurbeitrag zur Refinanzierung ihrer Aufwendung für die Herstellung, Verwaltung und Erhaltung ihrer Fremdenverkehrsund Kureinrichtungen erheben können, sondern alle Gemeinden, denen entsprechende Aufwendung entstehen. Der Kreis der Erhebungsberechtigten wird damit nicht unerheblich erweitert.

Der Gesetzentwurf trägt Forderungen aus dem kommunalen Bereich Rechnung, die vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur sogenannten Übernachtungssteuer erhoben wurden.

Die Gesetzesänderung berücksichtigt darüber hinaus die Tatsache, dass der Tourismus in Rheinland-Pfalz mit über 24 Millionen Übernachtungen in 2014, 166 Millionen Tagesgästen und einem Umsatz von 6,79 Milliarden Euro zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig gewachsen ist.

Anstelle des herkömmlichen Gesetzesbegriffs des Fremdenverkehrsbeitrags wird zukünftig der des Tourismusbeitrags und statt des Kurbeitrags der des Gästebeitrags eingeführt, ohne dass dies eine materiell-rechtliche Änderung bedeuten würde.

Insgesamt erhalten die Beiträge eine an die Tourismusstrategie angelehnte Neuregelung und eine zeitgemäße Bezeichnung.

Im Gegensatz zur Übernachtungssteuer dürfen die Tourismus- und Gästebeiträge nur zweckgebunden für den Tourismus verwendet werden. Voraussetzung für die Erhebung des Beitrags ist, dass tatsächlich ein gemeindlicher

Aufwand entstanden ist, der geeignet ist, die Einnahmen der Gemeinde aus dem Tourismus zu erhöhen.

Darüber hinaus können Tourismus- und Gästebeiträge nebeneinander erhoben werden, sodass der Kreis der Abgabepflichtigen unter Umständen größer ist als bei der Übernachtungssteuer und dabei je nach den Verhältnissen vor Ort angesichts der zu erwartenden Einnahmen den Verwaltungsaufwand rechtfertigt.

Da die Beitragspflicht für den Gästebeitrag nicht wie bisher an das Tatbestandsmerkmal „aufhalten“ anknüpft, sondern voraussetzt, dass der Beitragspflichtige in der Gemeinde Unterkunft nimmt, können Tagestouristen somit nicht mehr zu einem Gästebeitrag herangezogen werden. Die Kommunen werden jedoch verpflichtet, die Nutzungsmöglichkeit für die gemeindlichen touristischen Einrichtungen durch die Tagesgäste bei der Beitragskalkulation angemessen zu berücksichtigen.

Beitragspflichtig für den Tourismusbeitrag sind alle selbstständig tätigen Unternehmen und Personen, denen durch den Tourismus unmittelbar oder mittelbar wirtschaftliche Vorteile erwachsen. Unmittelbare Vorteile sind allen selbstständig Erwerbstätigen geboten, die zur Bedarfsdeckung von Touristen geeignete Leistungen anbieten. Mittelbare Vorteile sind denen geboten, die zur Bedarfsdeckung unmittelbar bevorteilter Unternehmen geeignete Leistungen anbieten.

Durch den neu eingefügten Absatz 1a in § 12 des Kommunalabgabengesetzes wird die Gemeinde erstmals ermächtigt, zeitlich vor Erlass der Satzung zum Tourismusbeitrag von den potenziell Beitragspflichtigen die zur Beschaffung der für die Beitragsbemessung notwendigen Auskünfte einzuholen.

Durch die Änderung von § 12 Kommunalabgabengesetz wird keine neue Abgabe eingeführt, sondern der Kreis der erhebungsberechtigten Kommunen wird erweitert.

Zudem sind die Kommunen nicht verpflichtet, die Beiträge zu erheben, die außerdem zweckgebunden nur für den Tourismus und nicht für Infrastrukturmaßnahmen verwendet werden dürfen.

Die gesetzliche Änderung widerspricht nicht der Tourismusstrategie 2015, zumal das fachlich zuständige Ministerium für Wirtschaft auf weitere Initiativen verweist und die Änderung begrüßt.

Soweit die Kammern und Verbände eine gesetzliche Festschreibung fordern, dass die betroffenen Betriebe in der Planung und bei der Verwendung der erhobenen Beiträge mitzubestimmen haben, wird den Kommunen in der Gesetzesbegründung nahegelegt, den Betrieben ein derartiges Mitbestimmungsrecht, beispielsweise über einen gemeindlichen Tourismusausschuss, einzuräumen.

Neben diesen den Tourismusbereich betreffenden Änderungen wird durch die Änderung des § 1 Abs. 3 auch den kommunalen Anstalten die Befugnis zur Erhebung kommunaler Abgaben eingeräumt.

Der eingebrachte Gesetzentwurf trägt den Wünschen aus

der kommunalen Familie Rechnung. Er wird einen Beitrag zur weiteren Verbesserung der touristischen Infrastruktur in Rheinland-Pfalz leisten.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Hüttner hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Tourismus hat für Rheinland-Pfalz eine herausragende Bedeutung. Wir haben Erhebungen, wonach im Tourismus etwa 200.000 Menschen beschäftigt sind. Also arbeiten 10 % aller Beschäftigten im Tourismusbereich.

Herr Stich hat es bereits angeführt, es gibt annähernd 25 Millionen Übernachtungen bei 9 Millionen Gästen. Das ist eine ganz stolze Leistung für ein Land wie Rheinland-Pfalz, das in der ursprünglichen Situation nicht so prädestiniert ist, dort Urlaub zu machen, wie das an der Nordsee, der Ostsee oder in Bayern der Fall ist. Dementsprechend ist es eine tolle Leistung, die von unseren Tourismusverbänden erbracht wird.

Wir haben in 2015 bereits erneute Steigerungen festzustellen.

Das Ganze bedeutet in der Konsequenz, dass wir im Wettbewerb um den Gast stehen. Sich um den Gast zu bemühen, ist das Wichtigste. Das erwarten wir von den Kommunen, die Ausgaben im großen Maße haben.

Die Ausgaben in den Kommunen sind jeweils unterschiedlich. Die einen investieren in große Parkanlagen, weil das wichtig ist und sie vielleicht Kurort sind. Die anderen legen einen Wanderweg an oder was auch immer, was dort Bedeutung hat. Dazu gehören auch Touristinformationen und Informationssysteme im Allgemeinen. Es sind große Investitionen zu leisten.