Es wurden verschiedene Regelungen zur Stärkung von Patientenrechten aufgenommen wie beispielsweise die Einrichtung eines außergerichtlichen Beschwerdemanagements und das Beschleunigungsgebot. Lassen Sie mich das Beschleunigungsgebot kurz erläutern. Die im Maßregelvollzug untergebrachten Personen erbringen mit der ihnen ohne Schuldzurechnung entzogenen Freiheit ein Sonderopfer zur Sicherung der Allgemeinheit. Das Beschleunigungsgebot besagt, dass ein Freiheitseingriff, der über das in Dauer und Eingriffstiefe erforderliche Maß zur Abwehr weiterer erheblicher rechtswidriger Taten hinausgeht, nicht gerechtfertigt ist.
Aus dieser etwas sperrigen Formulierung folgt die Pflicht, den mit der Unterbringung angestrebten individuellen und gesellschaftlichen Zweck ohne größeren Zeitverlust und vermeidbaren Kostenaufwand zu erreichen. Unter anderem ist daher seitens des Staates eine strukturierte Behandlungsplanung als klares Angebot zur Kompensation dieses Sonderopfers erforderlich und als Beitrag zur Erreichung des individuellen Ziels der Unterbringung vorzulegen. Der Gesetzentwurf normiert außerdem die überaus wichtige nachsorgende Behandlung in forensischpsychiatrischen Ambulanzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, darüber hinaus wird im bisherigen Maßregelvollzugsgesetz noch nicht zwischen dem Maßregelvollzug für Jugendliche und Erwachsene differenziert. Dies ist aber fachlich und rechtlich absolut notwendig. Es wird deshalb an verschiedenen Stellen im Gesetzentwurf auf die besonderen Anforderungen für Jugend
liche verwiesen, beispielsweise was die Unterbringung in organisatorisch selbstständigen Einrichtungen oder Abteilungen angeht, die Anwendung aktueller kinder- und jugendpsychiatrischer Standards hinsichtlich Behandlung, Nachsorge und Wiedereingliederung.
Wichtig ist für mich aber auch, dass wir im Gesetzentwurf eine Anpassung der Zuwendungen und Entgelte für die im Maßregelvollzug untergebrachten Personen in Höhe von ca. 200.000 Euro jährlich vorgesehen haben und zukünftig eine Anpassung der Zuwendungen und Entgelte analog der Anpassung des Barbetrags zur persönlichen Verfügung entsprechend des § 27 b Abs. 2 Satz 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vorsehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Hintergrund dieser Anpassung ist, dass die Zuwendungen und Entgelte seit dem Jahr 1989 unverändert geblieben sind. Das heißt, inflationsbedingt ist in den letzten 25 Jahren ein erheblicher Kaufkraftverlust eingetreten, und der Abstand zu den Entgelten, die die rheinland-pfälzischen Strafgefangenen nach der Landesverordnung über die Vergütungsstufen in Justizvollzug und Sicherungsverwahrung erhalten, ist jedes Jahr gestiegen. Auch dieser Ungleichbehandlung wirken wir mit unserem Gesetzentwurf entgegen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Maßregelvollzug braucht ein gesellschaftliches Klima von Sachlichkeit und Akzeptanz bei der Erfüllung seiner wichtigen und anspruchsvollen Aufgaben. Es ist deshalb ein wichtiges Anliegen, Akzeptanz und Verständnis der Gesellschaft insgesamt sowie auch speziell der in der Nähe der Einrichtung lebenden Bevölkerung zu erreichen. Hierzu sollen die nach dem Gesetzentwurf neu zu bildenden Beiräte zur Unterstützung der Kommunikation der Unterbringungseinrichtungen nach außen in die Gesellschaft, in die Öffentlichkeit beitragen. Ihr Auftrag ist es auch, in der Öffentlichkeit um Verständnis für den Auftrag der Wiedereingliederung psychisch kranker Täterinnen und Täter in die Gesellschaft zu werben.
Ich bin sicher, dass wir mit dem Gesetzentwurf einen modernen und auch ausgewogenen Entwurf vorlegen, einen Entwurf, liebe Kolleginnen und Kollegen, der die Sicherheit der Bevölkerung und die Behandlungsmöglichkeiten der Patientinnen und Patienten gleichermaßen zum Ziel hat. Beides hängt auch eng miteinander zusammen; denn neben den baulichen Sicherheitsvorkehrungen stellt eine erfolgreiche Therapie den besten Schutz für die Bevölkerung vor erneuten Straftaten dar.
Unser Gesetzentwurf wurde im Übrigen in der externen Anhörung grundsätzlich und ganz überwiegend begrüßt. So äußerte beispielsweise der Landesverband der Angehörigen psychisch Kranker, dass mit dem Gesetzentwurf die positive Entwicklung des Maßregelvollzugs in RheinlandPfalz aufgegriffen und für die Zukunft fortgeschrieben würde; denn insbesondere schaffe der Gesetzentwurf Rahmenbedingungen, um den Auftrag des Maßregelvollzugs „Sicherung und Besserung“ zu erfüllen und gleichzeitig die Rechte der untergebrachten Personen und ihrer Bezugspersonen zu stärken und verbindlicher zu regeln. In diesem Sinne ist die Neufassung des Maßregelvollzugsgesetzes sinnvoll und notwendig.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Schon der Justizvollzug erfreut sich keiner großen öffentlichen Aufmerksamkeit, jedenfalls solange er geräuschlos funktioniert und nichts Dramatisches passiert. Noch mehr scheint mir der Maßregelvollzug ein Schattendasein zu führen; jedenfalls, soweit es um die Maßregel geht, die heute Gegenstand dieses Gesetzes ist, nämlich die Unterbringung in psychiatrischen Krankenhäusern. Weitgehend unbemerkt von der Allgemeinheit sind dort die Menschen untergebracht, die straffällig geworden sind, ohne hierfür strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden zu können, weil sie im Zustand der Schuldunfähigkeit oder erheblich geminderter Schuldfähigkeit gehandelt haben.
Nicht zur Sühne, sondern zur Abwendung der von der betroffenen Person ausgehenden Gefahren für die Gesellschaft sieht das Strafgesetzbuch die Verhängung dieser Maßregel vor. Dabei muss es sich schon um ein erhebliches kriminelles Tun gehandelt haben; denn § 62 Strafgesetzbuch besagt in nicht zu überbietender Klarheit: Diese Maßregel darf nur verhängt werden, wenn sie zur Bedeutung der vom Täter begangenen Tat sowie zum Grad der von ihm ausgehenden Gefahr nicht außer Verhältnis steht.
Meine Damen und Herren, der Gesetzesbegründung entnehmen wir – Frau Ministerin, Sie haben es auch noch einmal erwähnt –, dass die Unterbringung in einem der drei Maßregelvollzugskrankenhäuser in Rheinland-Pfalz eine zunehmend größere Zahl von Menschen betrifft, derzeit ca. 600. Die Verweildauern haben sich verlängert, was bedauerlich ist und die Frage aufwirft, wie wir diesen Trend umkehren können.
Den Strafvollzug haben wir – Sie werden sich daran erinnern – durch mehrere Gesetze in dieser Wahlperiode stärker in Richtung eines Behandlungsvollzuges ausgerichtet. Wir wollen, dass Häftlinge noch besser darauf vorbereitet werden, nach der Haftzeit straffrei zu leben. Denselben Anspruch müssen wir auch an den Maßregelvollzug erheben, auch und gerade bei der Unterbringung in der Psychiatrie.
Der uns vorgelegte Gesetzentwurf ist aus einer breiten Praxisbefragung hervorgegangen, was hoffen lässt, dass er seinem Anspruch gerecht wird – dazu zitiere ich aus der Gesetzesbegründung –, „die Behandlung und Wiedereingliederung untergebrachter Personen als wirksamste Grundlage zum Schutz der Allgemeinheit und nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu optimieren. Drehund Angelpunkt ist der Anspruch der Untergebrachten auf individuelle Behandlung der Anlasserkrankung entsprechend der aktuell anerkannten Standards.“ Das unterstützt die CDU nachhaltig.
Ob es dazu eines Behandlungs- und Wiedereingliederungsplans bedarf, der spätestens alle sechs Monate fortgeschrieben werden muss, ist eine andere Frage. Erfahrungen aus dem Strafvollzug, wo ähnliche Regelungen existieren, deuten auf eine Überbürokratisierung hin, die hiermit verbunden ist. Wir werden das zu vertiefen haben.
Grundsätzlich zutreffend im Gesetzentwurf ist auch die Vorgabe an die Unterbringungseinrichtungen, geeignete Bildungs- und Arbeitsangebote zu unterbreiten. Dass gleichzeitig die Arbeitsentgelte steigen, ist angesichts der Tatsache, dass diese seit 1989 nicht erhöht wurden, nicht zu kritisieren; auch dabei haben Sie unsere volle Unterstützung.
Wichtig aus Sicht der CDU ist auch eine Besuchsregelung, die eine vernünftige Balance hält zwischen dem selbstverständlichen Anspruch des Untergebrachten auf Erhalt und Pflege sozialer Beziehungen nach draußen und natürlich auch zu beachtenden Sicherheitsbelangen. Dabei finde ich es fragwürdig, dass in den Fällen, in denen aus Sicherheitsgründen eine Bildaufzeichnung stattfindet, diese schon am nächsten Tag gelöscht werden soll. – Was soll das, fragt man sich. Entweder die Aufzeichnung findet statt, wenn man Sicherheitsbedenken hat, dann muss man sie auch länger dokumentieren, oder es gibt eben keine Sicherheitsbedenken, dann braucht man es auch nicht aufzuzeichnen. Aber es nach einem Tag wieder zu löschen – was soll das?
Ein weiterer Aspekt, der unsere besondere Aufmerksamkeit verdient, ist die Gestaltung des Übergangs in ein Leben in Freiheit. Hierbei spielt die Ausgestaltung der forensischen Nachsorgeambulanzen eine ganz große Rolle, aber auch eine angemessene finanzielle Ausstattung der Untergebrachten.
Da stellen wir mit Freude fest, Frau Ministerin, dass Ihr Gesetz etwas vorsieht, für das wir uns beim Strafvollzug vergeblich eingesetzt hatten, nämlich das Überbrückungsgeld, das der Untergebrachte für die Zeit in Freiheit ansparen muss. Dies begrüßen wir ausdrücklich.
Vieles von dem, was ich angesprochen habe, aber auch Weiteres sollten wir gemeinsam im Sozial- und im Rechtsausschuss in einer Anhörung vertiefen, zu deren Vorbereitung es sehr hilfreich wäre, eine Synopse zu bekommen, um vergleichen zu können, wo genau eigentlich die Fortschreibungen der neuen Gesetzgebung gegenüber der alten liegen. Wir hatten das gegenüber der Landtagsverwaltung schon angeregt. Ich möchte es gerne an dieser Stelle noch einmal machen.
Einen Punkt allerdings gibt es – dann komme ich auch schon zum Schluss meiner Ausführungen in dieser ersten Lesung –, von dem ich mir auch nach einer Sachverständigenanhörung nicht vorstellen kann, dass ihn die CDU gutheißen wird, nämlich die paritätische Besetzung der Fachkommission zur Überwachung der Anstalten durch
Männer und Frauen. Zu glauben, dass die Fachkommission nur dann zutreffend die Situation untergebrachter Männer (95 %) und Frauen (5 %) beurteilen kann, wenn die aus ganz unterschiedlichen Seiten entsandten Mitglieder hälftig Frauen und hälftig Männer sind, ist aus meiner Sicht grober postfeministischer Unfug. Mal wieder siegt die Ideologie über Sachkompetenz.
Das ist der Punkt, mit dem wir wirklich ein Problem haben. Alles Weitere lässt sich in der Sachverständigenanhörung gut vertiefen und erörtern. Auf diese freuen wir uns schon als CDU.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Zur heutigen ersten Beratung des Gesetzes über die Durchführung strafrechtlicher Unterbringungen verurteilter Menschen in psychiatrischen Krankenhäusern und Erziehungsanstalten möchte ich wie folgt ausführen:
Das vorliegende Gesetz, das wir heute in der Beratung haben, ist etwa 28 Jahre alt und wird nun nicht nur verfassungsrechtlich, sondern auch landesrechtlich auf eine moderne Grundlage gestellt.
Seit 1986 gab es eine Vielzahl von veränderten Rahmenbedingungen im Maßregelvollzug. Ziel ist und muss es sein, die Behandlung und Wiedereingliederung der untergebrachten Personen als wirksamen Schutz für die Allgemeinheit während der stationären Behandlung als auch bei der Unterstützung durch nachgehende Kontrollen im Rahmen der Wiedereingliederung auch und gerade besonders durch die forensischen Nachsorgeambulanzen zu optimieren.
In Rheinland-Pfalz – das ist schon mehrfach gesagt worden – befinden sich derzeit deutlich mehr Männer als Frauen in der Behandlung und Wiedereingliederung. Etwa 600 Patientinnen und Patienten sind es.
Darunter sind Jugendliche und Heranwachsende. Diese leben in selbstständigen Einrichtungen oder Abteilungen unter den aktuellen Standards jugendpsychiatrischer und therapeutischer Bedingungen.
Die Zusammenarbeit mit der wissenschaftlichen Forschung und der Lehre, insbesondere in der Medizin, in der Pflegewissenschaft und auch in der Pädagogik unterstützt die Qualitätssicherung und die Sicherheitsstandards, aber auch die Weiterentwicklung in der Behandlung. Deswegen ist uns diese sechsköpfige Fachkommission nach § 10
besonders wichtig. Diese unterscheidet nicht, ob das mehr Frauen oder mehr Männer sind, sondern es ist der Blick dieser Fachkommission. Wir unterscheiden auch nicht nach der Ursache der Straftaten, sondern schauen uns diese Menschen an.
Diese unabhängige Kommission wird für fünf Jahre gewählt und überprüft die Einrichtungen einmal im Jahr, mindestens alle zwei Jahre. Sie kann Hinweise von dritten Personen aufgreifen und auch einbeziehen. Der Bericht wird dem Landesamt für Versorgung vorgelegt.
Die Kommission kann Anregungen, Wünsche, aber auch klare Empfehlungen aussprechen. Ich finde es sehr vernünftig, dass in dieser Kommission ein Arzt mit Weiterbildung oder Berufserfahrung in Psychiatrie oder Psychotherapie, ein psychotherapeutischer Kollege, eine Fachkraft, männlich oder weiblich, je nachdem, mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Psychiatrie und je ein Mitglied der Selbsthilfegruppe und ein Vertreter der Angehörigengruppe vertreten ist.
Das dient zur Behandlung und Wiedereingliederungsplanung. Jeder Patient hat das Recht auf ein Beschleunigungsgebot. Die Verweildauern werden als zu lang beklagt. Aber genau deswegen müssen die Behandlungspläne am besten direkt nach Eintritt innerhalb der ersten sechs Wochen und dann fortschreibend jedes halbe Jahr ergänzt werden.
Es war ein Wunsch der Liga – wenn ich es richtig weiß, sind 17 im Ministerium angehört worden –, dass dieser Behandlungsplan mit den betroffenen Personen erstellt wird, und zwar immer wieder, damit diese einbezogen werden.
Erfolge in der Behandlung ergeben Lockerungen. Misserfolge bedeuten zum Beispiel freiheitseinschränkende Maßnahmen. Die Gesellschaft zu schützen, Straftäter mit psychischen Erkrankungen für die Zukunft zu befähigen, muss Ziel sein, Wiederholungstaten zu verhindern und den untergebrachten Personen die Möglichkeit zum Schulabschluss, zur Ausbildung oder zur Alltagsselbstständigkeit zu ermöglichen. Deswegen setzen wir ein besonderes Augenmerk auf diese Anstrengung der Nachsorge, des Übergangs und des Entlassmanagements.
§ 35 und § 36 – ich glaube, da sind wir uns einig, Herr Kollege Dr. Wilke – regeln Arbeit und Taschengeld und die Entlohnung und die Rücklage, um damit ein Leben nach den freiheitsentziehenden Maßnahmen zu ermöglichen. Die Zuwendungen sind seit 1998 unverändert geblieben. Es ist weiß Gott ein kleiner Betrag, der verdient wird, aber der wirklich befähigen kann, aus der Tätigkeit in den Werkstätten und aus dem Taschengeld.
Der vor uns liegende Gesetzentwurf erfüllt die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts. Kosten kommen auf das Land in Höhe von rund 200.000 Euro zu.
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüßen wir ganz herzlich bei uns in Mainz den Tanzkreis der BASF in Ludwigshafen. Herzlich willkommen!