Hier muss wirklich Ehrlichkeit her. Wenn Sie eine durchgängige Linie zwischen Bund, Land und Kommunen bei der Gestaltung ihrer Ausgaben- und Einnahmesituation herstellen, dann bitte schön komplett und nicht immer an dem Tag das eine und an dem Tag das andere fordern. Das ist nicht ehrlich, das ist kein ehrliches Verhalten, das letztendlich dazu dient, die Probleme zu lösen, die wir haben.
Das Thema „Hätte und könnte“ und wie sich das bei den Hebesätzen auswirkt, können wir gerne mit dem Landesrechnungshof weiter diskutieren. Ich kann zum Thema „Hätte und könnte“ auch noch etwas anderes anführen.
Wir hatten gestern das Thema Betreuungsgeld unter der obersten Fragestellung, wofür Geld da ist, aber wofür man es auch verwenden könnte, und wo es fehlt. Da hat der Sachverständige der CDU in der Anhörung im Mai 2013 – da ging es um die Finanzierung der Kindertagesstätten – ein Thema angeschnitten, das man durchaus auch in Zusammenhang mit dem Betreuungsgeld setzen kann. Da ging es aber um das Thema Rentenversicherung, nämlich
für die Eltern, deren Kinder nach 1992 geboren worden sind. Der Sachverständige der CDU hat im Zusammenhang mit der Frage, inwieweit sich der Bund stärker an der Finanzierung der Kinderbetreuung vor Ort beteiligen könnte, einen Betrag von 13 Milliarden Euro in den Raum gestellt, den das kostet.
Der Sachverständige der CDU sagt – Frau Präsidentin, ich darf mit Ihrer Erlaubnis zitieren –: In der sozialpolitischen Debatte würden die Mittel vervespert, die man eigentlich noch anderweitig brauchte; denn jeder in der Gesellschaft wisse sehr gut, dass ohne die steigende Erwerbsarbeit von Frauen der Wohlstand in dieser Gesellschaft niemals zu halten sei. Wenn man gleichzeitig noch für die Nichterwerbstätigkeit im Nachhinein Ansprüche bediene, dann erwachse daraus ein fettes Problem. – So viel dazu.
Da das Stichwort Willkommenskultur fiel, ist mir noch ein Hinweis wichtig. Wenn Sie sich das Minderheitsvotum – ich glaube, so heißt das – der CDU zum Thema Unterbringung und Aufnahme von Flüchtlingen anschauen, lautet die erste Empfehlung, die der CDU an dieser Stelle einfällt: „Die Landesregierung ergreift gemeinsam mit den anderen Bundesländern und dem Bund Maßnahmen, die den Missbrauch des Asylrechts eindämmen.“ Das ist das Erste, was Ihnen unter dem Stichwort Willkommenskultur und unter dem Stichwort Aufnahme von Flüchtlingen einfällt. Das ist schade. Ich dachte, wir seien weiter. Die Kommunen, viele CDU-Bürgermeister vor Ort, sind da sehr viel weiter, aber einige können wohl offenbar nicht aus ihrer Haut. Schade!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Thema Willkommenskultur will ich mich meinen beiden Vorrednern ausdrücklich anschließen.
Zur Enquete-Kommission selbst will ich sagen: Natürlich hat das Innenministerium die engagierte Arbeit der fleißigen Mitglieder der Enquete-Kommission gerne begleitet. Namentlich will ich Herrn Staatssekretär a. D. Jürgen Häfner und Herrn Staatssekretär Günter Kern nennen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu Beginn der Arbeit der Kommission wurde beschlossen, sich zunächst einer Grundlagenarbeit zu widmen, um die Ursachen und Auswirkungen der finanziellen Situation der Kommunen gebündelt darstellen zu können. Unter anderem wurde eine detaillierte Einnahmen- und Ausgabeanalyse mit Bewertung des Konsolidierungspotenzials der rheinlandpfälzischen Kommunen erstellt. Hierauf aufbauend fand dann die weitere Arbeit der Kommission statt.
Von Ende 2011 bis Anfang Juli 2015 wurden einschließlich des Entwurfs des Abschlussberichts insgesamt 207 Vorlagen bearbeitet. Ich haben eben im besten Sinne von fleißigen Kommissionsmitgliedern gesprochen. Von diesen
207 Vorlagen kamen allein 50 aus dem Innenministerium. Deswegen will ich Herrn Wagenführer und den Kolleginnen und Kollegen, die daran mitgearbeitet haben, ganz herzlich danken.
Die Erstellung der Vorlagen war auch für uns – das will ich ausdrücklich betonen – wertvoll, da wir uns mit einigen Themen aktuell und intensiv auseinandersetzen konnten und mussten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Frau Beilstein, in diesem Zusammenhang finde ich es sehr schade, dass Sie die parlamentarischen Mitglieder der Kommission sozusagen geteilt und dann den Kolleginnen und Kollegen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Art Verteidigungsauftrag für die Landesregierung zugewiesen haben.
Ich habe die Kolleginnen und Kollegen – auch das im wahrsten Sinne des Wortes – als so selbstbewusst erlebt, auch bei den Ansprüchen an das Ministerium des Innern, dass ich so etwas überhaupt nicht nachvollziehen kann.
Meine Damen und Herren, hinzu kommt, wenn das so gewesen wäre, wäre das auch eine Kritik am Vorsitzenden gewesen; denn das hätte Herr Kollege Henter wahrscheinlich gar nicht zugelassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man sich insbesondere die von SPD und GRÜNEN vorgelegten Eckpunkte anschaut, woraus Anfang 2013 ein Gesetzentwurf zur Reform des kommunalen Finanzausgleichs erwachsen ist, dessen Verwirklichung unter anderem zu einem erheblichen Anstieg der Finanzausgleichsmasse führte und den Kommunen ab 2014 deutlich mehr Geld zur Verfügung stellte und weiterhin stellen wird, zeigt das, dass die Empfehlungen der Kommission einen wertvollen Beitrag für die künftige Sicherung der kommunalen Finanzen geleistet haben.
Besonders zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang – das ist vorhin schon angesprochen worden – die neue Schlüsselzuweisung C, welche Belastungen der Soziallastenträger abfedert, sowie die Anhebung der Nivellierungssätze und die Beschränkung des Anlagevermögens im Stabilisierungsfonds.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal kurz einige Fakten zur Reform des kommunalen Finanzausgleichs nennen. Es ist für mich völlig unbestritten, dass den Kommunen viel mehr Geld als vor der Reform des KFA zur Verfügung steht und künftig stehen wird. Der kommunale Finanzausgleich leistete im vergangenen Jahr rund 262 Millionen Euro mehr an die Kommunen als im Vorjahr. Die Finanzausgleichsmasse belief sich auf 2,263 Milliarden Euro. Sowohl im aktuellen Jahr 2015 als auch in 2016 wird die Finanzausgleichsmasse jeweils um weitere ca. 150 Millionen Euro netto ansteigen. Insgesamt wird die Finanzausstattung der Kommunen somit innerhalb von drei Jahren um knapp eine halbe Milliarde Euro gestärkt. Dies entspricht 25 v. H.
Bis zum Jahr 2017 wird sich die Finanzausgleichsmasse nach der aktuellen Finanzplanung auf über 2,7 Milliarden Euro erhöhen. In einem Zeitraum von zehn Jahren bedeutet dies einen Anstieg von 1 Milliarde Euro bzw. 57 v. H.
Diese Zahlen dürften auf Bundesebene wohl so manchem Vergleich mit den Zahlungen anderer Länder an ihre Kommunen standhalten bzw. diese deutlich übertreffen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zur Wahrheit gehört aber auch, wie zum Beispiel im Kommunalbericht des Rechnungshofs ausdrücklich ausgeführt, trotz der historisch höchsten Steuereinnahmen des Jahres 2014 mit 3,7 Milliarden Euro und einem Höchststand seit Bestehen des Landes der Schlüsselzuweisungen, plus 204 Millionen Euro, bzw. der gesamten Landeszuweisung haben es die Kommunen in der Gesamtheit auch im vergangenen Jahr nicht schaffen können, positive Finanzierungssalden zu erwirtschaften und die Verschuldung mit Liquiditätskrediten insgesamt zurückzuführen.
Die Ursachen für die angespannte kommunale Haushaltsund Finanzsituation sind vielfältig, viele Gründe sind angesprochen. Ich will noch einmal auf Folgendes hinweisen: Im vergangenen Jahr reichten die Mehreinnahmen, beispielsweise aus Steuern, plus 65 Millionen Euro, sowie aus Schlüsselzuweisungen, plus rund 204 Millionen Euro, nicht aus, um die Mehrausgaben für Personal, 121 Millionen Euro, und soziale Leistungen, 138 Millionen Euro, zu kompensieren.
Die Zuschussbedarfe bei den Sozial- und Jugendhilfeausgaben der Kommunen haben sich in den vergangen Jahren wesentlich stärker ausgeweitet, als das vorhersehbar war. Die bisherigen vom Bund vorgenommenen Entlastungsleistungen an die Kommunen reichen nicht aus, um die kommunale Verschuldungsspirale zu stoppen.
Die Umsetzung des Ziels der Verbesserung der kommunalen Finanzen erfordert die Übernahme von zusätzlicher Finanzverantwortung des Bundes für die von ihm verursachten finanzintensiven Sozial- und Jugendhilfeausgaben, beispielsweise bei der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, und den Erstattungsleistungen für Asylsuchende und Flüchtlinge.
Noch vor einer grundlegenden Neuordnung des BundLänder-Finanzausgleichs in 2019 ist ein stärkeres finanzielles Engagement des Bundes notwendig, um zu einer deutlich besseren Finanzausstattung der Kommunen beizutragen.
Auch das gehört zur Wahrheit: Der Rechnungshof Rheinland-Pfalz macht in seinem Kommunalbericht 2015 erneut darauf aufmerksam, dass die kommunalen Einnahmen pro Einwohner – Herr Noss hat auch darauf hingewiesen – in Rheinland-Pfalz nur 3.018 Euro betragen, während es im Bundesdurchschnitt 3.305 Euro sind. Ein Unterschied von 287 Euro je Einwohner macht landesweit jährliche kommunale Mindereinnahmen – wir haben es heute schon gehört – in Höhe von 1,15 Milliarden Euro aus.
Der aktuelle Kommunalbericht macht abermals deutlich – Frau Beilstein, es ist der Rechnungshof, der das formuliert –, im Bereich der Realsteuerhebesätze besteht ein deutlicher Nachholbedarf bei den Kommunen, da diese im Bundesvergleich teilweise ein stark unterdurchschnittliches Niveau aufweisen. Allein für die Gruppe der kreisfreien Städte beziffert der Rechnungshof mögliche Mehreinnah
men bei der Angleichung der Hebesätze an den Durchschnitt der anderen Flächenländer mit über 100 Millionen Euro jährlich. Auch damit müssen wir künftig umgehen.
Trotz der oben erwähnten Unterstellung der Opposition freut es mich sehr, dass einige Empfehlungen im Abschlussbericht parteiübergreifend verabschiedet wurden. Insgesamt enthält der Bericht nämlich vielfältige Anregungen und Empfehlungen, deren Realisierbarkeit und Umsetzung die Landesregierung aufgreifen wird.
Auch deshalb noch einmal ein herzliches Dankeschön an die Mitglieder der Enquete-Kommission „Kommunale Finanzen“, an die Parlamentarier, aber auch an diejenigen, die mit Rat und Tat und Expertise zur Seite standen.
Wir wollen hoffen, dass wir möglichst viele der dort niedergelegten Ideen und Anregungen gemeinsam umsetzen und damit weiterhin dazu beitragen können, dass sich die kommunale Finanzsituation in Rheinland-Pfalz mit hoffentlich kräftigster Unterstützung des Bundes deutlich verbessern wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bericht der EnqueteKommission „Kommunale Finanzen“ ist mit seiner Besprechung erledigt.
Landesgesetz über den Vollzug freiheitsentziehender Maßregeln (Maßregelvollzugsgesetz – MVollzG –) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/5254 – Erste Beratung
Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. Zunächst erfolgt die Begründung durch die Landesregierung. – Frau Ministerin Bätzing-Lichtenthäler, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Neufassung unseres Maßregelvollzugsgesetzes ist notwendig, weil sich seit Inkrafttreten der bisher geltenden Regelung im Jahr 1987 die rechtlichen und empirischen Rahmenbedingungen des Maßregelvollzugs im erheblichen Maß geändert haben.
Aufgrund der Vielzahl an vorzunehmenden Änderungen und einzufügenden Neuerungen wurde auf eine Überarbeitung des bisher geltenden Gesetzes verzichtet, und stattdessen wurde aus Gründen der Übersichtlichkeit und der Klarheit das Gesetz neu gegliedert und formuliert.
Ab Ende der 1990er-Jahre kam es in Rheinland-Pfalz wie auch bundesweit zu signifikant erhöhten Zahlen von nach
§ 63 bzw. § 64 des Strafgesetzbuches unterzubringenden Personen. So befanden sich 1994 knapp 300 Patientinnen und Patienten in rheinland-pfälzischen Maßregelvollzugseinrichtungen. Derzeit sind es ca. 625 Patientinnen und Patienten.
Mit der Ausweitung der Infrastruktur ging auch eine Zunahme an Komplexität in der inneren Organisation der Einrichtungen sowie der Ablauforganisation von der Aufnahme unterzubringender Personen bis zur Beendigung der Unterbringung einher.
Der Gesetzentwurf der Landesregierung zielt darauf ab, die Behandlung und Wiedereingliederung der untergebrachten Personen als wirksamste Grundlage zum Schutz der Allgemeinheit weiter zu verbessern. Hierzu wurden Neuregelungen zur Qualitätssicherung und zur Organisation von Behandlung und Wiedereingliederung aufgenommen.
Den betroffenen Personen soll hiermit die Chance auf eine frühestmögliche Beendigung der Unterbringung gegeben werden, und damit trägt der Gesetzentwurf auch dazu bei, die Kosten der Unterbringung zu reduzieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Außerdem regelt der Gesetzentwurf Verantwortungszuständigkeiten klarer und Handlungsmöglichkeiten eindeutiger als bisher. Zu den zentralen Inhalten gehört die Präzisierung von Eingriffstatbeständen unter anderem hinsichtlich der Anwendung von Zwangsmaßnahmen und Sicherungsmaßnahmen, zum Leben und der Ordnung in der Einrichtung und zum Umgang mit Kenntnissen und Daten.
Es wurden verschiedene Regelungen zur Stärkung von Patientenrechten aufgenommen wie beispielsweise die Einrichtung eines außergerichtlichen Beschwerdemanagements und das Beschleunigungsgebot. Lassen Sie mich das Beschleunigungsgebot kurz erläutern. Die im Maßregelvollzug untergebrachten Personen erbringen mit der ihnen ohne Schuldzurechnung entzogenen Freiheit ein Sonderopfer zur Sicherung der Allgemeinheit. Das Beschleunigungsgebot besagt, dass ein Freiheitseingriff, der über das in Dauer und Eingriffstiefe erforderliche Maß zur Abwehr weiterer erheblicher rechtswidriger Taten hinausgeht, nicht gerechtfertigt ist.