Es gab durchaus Themenfelder, bei denen wir überein kamen. Es ist eben gesagt worden, bei der Doppik konnten wir parteiübergreifende Empfehlungen aussprechen. Hoch problematisch wurde es allerdings jedes Mal dann, wenn es ans Eingemachte ging, wenn wir also die Ursachenforschung betrieben oder nach Lösungen gesucht haben.
Hier haben wir dann bei den Kollegen von Rot-Grün regelmäßig erlebt, wie man den Schalter umgelegt hat und der Regierungsverteidigungsmodus eingeschaltet wurde. Es gab in der gesamten Zeit kein Mea culpa für die Vergangenheit. Bei der Suche nach Hilfen für die Zukunft gingen die Finger in zwei Richtungen, zunächst nach oben zum Bund, dass von da mehr Geld kommen soll, und dann natürlich nach unten zu den Kommunen, dass man dort gefälligst mehr einsparen möge oder sich mittels Anhebung der Hebesätze das Geld vom Bürger holen soll.
Deshalb, meine Damen und Herren, gilt für den Abschlussbericht eines: Wer ernsthafte und sinnvolle Vorschläge für die Lösung der katastrophalen Situation der Kommunalfinanzen sucht, der schaut sich die Eckpunkte und das Papier der CDU an.
Wir sind sehr strukturiert an das Problem herangegangen nach der Devise: Zunächst die Ursache der Krankheit erforschen, dann die Krankheit benennen und schließlich die Medizin zur Heilung suchen.
Ich komme zur Ursachenforschung. Es war für alle – ich glaube in der gesamten Enquete-Kommission – keine wirkliche Überraschung, dass die Hauptursache in dem hohen Anstieg der Sozialausgaben zu sehen ist. Da aber alle anderen Bundesländer die gleiche Bundessozialgesetzgebung umzusetzen haben,
war auch klar, dass es vor allem landesspezifische Ursachen haben muss, warum gerade die rheinland-pfälzischen Kommunen so schlecht dastehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Gründe gab es auch. In den zweieinhalb Jahrzehnten der Vergangenheit hat man unter SPD-Regierungen immer wieder Kostenbeteiligungen des Landes gedeckelt, Einnahmen gestrichen oder auch den kommunalen Finanzausgleich mit vielen zusätzlichen Ausgaben befrachtet. Ich nenne zum Beispiel die Hilfen zur Erziehung, einen der größten Kostentreiber. Hier wurde der Landesanteil gedeckelt. Im Jahr 2000 betrug er mal 25 %,
zwischenzeitlich sind es maximal 11 %, den Rest haben eben die Kommunen zu tragen. Das heißt, man hat sich auf dem Rücken der Kommunen entlastet.
Ich nenne die Grunderwerbsteuer. Von deren Aufkommen stand ein Viersiebtelanteil den Kommunen zu, inzwischen bleibt das Ganze alles beim Land.
Die Schülerbeförderung hat man an die Landkreise übergeben. Sie laufen schon lange hoch defizitär. Nicht zuletzt nenne ich Kita und U3-Plätzeausbau.
Wir haben zwischenzeitlich Investitionen in Höhe von über 600 Millionen Euro, und der Landesanteil beträgt gerade
Ich komme zum zweiten Schritt, der Benennung der Krankheit. Hierzu war es unerlässlich, dass man zunächst einmal feststellt, über welche Größenordnung wir überhaupt sprechen, wenn wir eine Lücke deckeln wollen. Es gab unterschiedliche Ansätze und Herangehensweisen, und die Spreizungen in diesem Punkt reichten von 400 Millionen Euro bis hin zu 1,6 Milliarden Euro. Für uns war die sachliche Herleitung durch Herrn Professor Junkernheinrich die überzeugendste und auch die fundierteste Methode.
Danach beläuft sich die strukturelle Lücke auf jährlich rund 900 Millionen Euro, die es dann zu schließen gilt.
Für uns kommt jetzt der dritte Schritt, nämlich die Heilung. Für uns stand fest, dass das allein nicht nur vom Land getragen werden kann. Das wollen wir gar nicht. Das kann nur in einer gemeinschaftlichen Aktion passieren. Hier müssen drei Säulen mithelfen, nämlich der Bund, das Land und die Kommunen. So viel zu unserem Grundansatz.
Ich komme zu einem weiteren Punkt unseres Eckpunktepapiers, der sehr wichtig ist. Wir haben vorgeschlagen, den Hauptausgabentreiber, nämlich die Sozialausgaben, quasi vor die Klammer des kommunalen Finanzausgleichs zu ziehen und ihn dort mittels einer prozentualen Aufteilung zwischen Land und Kommunen bereits abzuarbeiten. Das würde zum einen für Transparenz sorgen. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Sowohl das Land als auch die Kommunen wären dann an der weiteren Entwicklung beteiligt, und zwar positiv wie negativ.
Leider sind weder die Landesregierung noch Rot-Grün auf unseren Vorschlag eingegangen, sondern sie haben stattdessen das neue Landesfinanzausgleichsgesetz erlassen, das aber nicht zur Problemlösung beiträgt. Betrachten wir uns einmal die bisherigen Aktivitäten der drei Säulen. Wir beginnen beim Bund. Hier wurden bereits erhebliche Vorausleistungen erbracht. Ich erinnere nur an die vollständige Übernahme der Grundsicherung, an die Vorabmilliarde zur Entlastung der Soziallastenträger, die Aufstockung des Sondervermögens „Kinderbetreuungsausbau“ und aktuell auch die neuen Mittel im Zusammenhang mit den Investitionen für die Kommunen.
Ich mache bei der zweiten Säule, nämlich den Kommunen, weiter. Es gibt zwei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit ist die Einnahmeerhöhung. Die zweite Möglichkeit wären die Ausgabeneinsparungen. Bei der Einnahmeerhöhung kann man feststellen, dass die Kommunen zwischenzeitlich ihrer Pflicht deutlich nachgekommen sind. Sie haben zum Teil mehrfach die Hebesätze angezogen. In dieser Praxis gibt es auch natürliche Grenzen.
Herr Lewentz, ich vergesse nicht den Rechnungshof. Die Grenzen sind in einer Größenordnung von rund 100 Mil
Bei den Einsparmöglichkeiten muss ich ganz ehrlich sagen, dass die Situation so ist, wie sie ist. Ich glaube, wer kommunal aktiv ist, weiß, dass die Kommunen jeden Eurocent dreimal umdrehen. Man kann natürlich immer noch weiter sparen, ob das beim ÖPNV, bei den Volkshochschulen oder bei den Unterstützungen für Vereine ist. Die Schraube dreht man immer eine Runde weiter. Irgendwann wird der Punkt kommen, an dem man sie überdreht hat. Dann geht der Kopf ab.
Letztendlich sage ich ganz klar: Das VGH-Urteil hat gesagt, dass es noch eine Möglichkeit geben muss, freiwillig tätig zu sein.
Deswegen kommen wir jetzt zur dritten Säule, nämlich dem Land. In seiner grenzenlosen Güte hat Rot-Grün mit dem neuen Landesfinanzausgleichsgesetz 50 Millionen Euro mehr zugeschossen. Ich bitte Sie an dieser Stelle ganz ehrlich, nicht noch einmal von der Mär mit diesen 500 Millionen Euro anzufangen.
Was haben die Experten hierzu gesagt? Herr Reitzel hat gesagt, das ist ganz klar zu wenig. Hiermit wird man dem VGH-Urteil nicht Genüge tun. Herr Kissel stellte fest, dass das gerade einmal 2,5 % der aktuellen Verstetigungsmasse sind. Ansonsten finden überwiegend nur Umschichtungen statt. Dabei bezog er sich auf die Schlüsselzuweisungen C. Herr Professor Junkernheinrich verglich 50 Millionen Euro im Verhältnis zu 2 Milliarden Euro. Das ist in der Gesamtfinanzmasse kaum merklich. Das ist eher ein kleines Rauschen. So hat er es genannt.
Gleichzeitig hat Rot-Grün neue Tatbestände geschaffen, mit denen diese 50 Millionen Euro wieder aufgefressen wurden. Ich erinnere an die zusätzliche Entnahme von 10 Millionen Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich für Landesforsten oder an die 6 Millionen Euro zum Beispiel für den Winterdienst an Ortsdurchfahrten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, so ganz nebenher sind auch noch neue Aufgaben auf die Kommunen zugekommen, ganz aktuell das Thema Asyl und Flüchtlinge. Wenn ich das Thema Flüchtlinge heute anschneide, dann fokussiere ich mich nicht auf die menschliche Hilfe und Unterstützung, die ohne Frage aus unserem christlichen Verständnis heraus für Menschen in Not gegeben sein muss und die die Kommunen auch gemeinsam mit vielen Ehrenamtlichen in Netzwerken meistern.
Ich möchte in dieser Finanzdebatte allein den Blick auch auf die Finanzen werfen. Das darf kein Tabu sein. Es gehört zur Ehrlichkeit mit dazu. Wir hatten 2014 rund 10.000 Menschen, die zu uns gekommen sind. Die Kommunen haben mit Blick auf die Pauschale von 513 Euro pro Monat ein Defizit von 50 Millionen Euro verzeichnet. Für 2015 lautet die Prognose 25.000 Menschen. Eine einfache Rechnung ist möglich. Das wird zu einer Belastung von 125 Millionen Euro führen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von Rot-Grün – ich richte meinen Blick auf Frau Ahnen; sie ist nicht da –, hier wird auch ihr gestriger Nachtragshaushalt nicht helfen. In diesen Nachtragshaushalt haben Sie nämlich lediglich die Planansätze für die Landespauschalen erhöht, aber nicht die Pauschalen selbst. Deswegen wird es weiterhin bei dieser hohen Unterdeckung bleiben. Lediglich die 19 Millionen Euro vom Bund kommen jetzt bei den Kommunen on top. Somit wird eine Unterdeckung von rund 106 Millionen Euro in diesem Jahr bei den Kommunen verbleiben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb appelliere ich an dieser Stelle an Sie, Frau Dreyer, an Frau Alt und Frau Ahnen. Wenn Sie überall Willkommenskultur rufen und diese auch ernst meinen, dann stellen Sie bitte auch die erforderlichen Finanzmittel dafür zur Verfügung;
denn allein mit wohlfeilen Worten bekommen die Menschen weder ein Dach über dem Kopf noch Essen, ärztliche Hilfe oder auch einen Sprachkurs. Ich möchte nicht, dass die Bereitschaft, die derzeit in der Gesellschaft vorhanden ist, irgendwann kippt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Dreiklang Bund, Land und Kommune hat das Land bisher sehr kläglich versagt, um diese aktuelle Lücke zu schließen. Es gibt kein Erkenntnisproblem, aber sehr wohl ein Handlungsproblem.
Ich komme zum Schluss. Wo stehen wir heute, und zwar zunächst einmal bundesweit allein auch bedingt durch die Bundeshilfe in den letzten Jahren? Die einwohnerbezogenen Liquiditätskredite aller Länder beliefen sich 2010 auf 607 Euro pro Einwohner, und die fielen in 2014 auf 601 Euro pro Einwohner. Betrachten wir die Bundesebene, stellen wir einen Rückgang fest. Das ist in Rheinland-Pfalz mitnichten so. Hier sind die Liquiditätskredite deutlich gestiegen. Auch der kommunale Entschuldungsfonds greift nicht. Der Rechnungshof hat in seinem letzten Kommunalbericht sehr deutlich gemacht, dass dieser das Ziel verfehlen wird und voraussichtlich auch der Kreditbestand der teilnehmenden Kommunen mangels ausgeglichener Haushalte bis zum Ende der Laufzeit nicht ab-, sondern dagegen sogar noch zunehmen wird.
Deswegen komme ich zum Gesamtfazit. Die Kommunen stehen am Ende der Enquete-Kommission und nach dem neuen LFAG schlechter da als zuvor. Ich sehe hier auch Parallelen zur Kommunal- und Verwaltungsreform. Auch hier hatte im Übrigen die CDU ein sehr gutes Konzept.
Auch hier werden Sie darauf einschwenken. Deswegen appelliere ich noch einmal ganz klar: Schauen Sie sich die Vorschläge unseres Eckpunktepapiers an. Warten Sie bitte nicht diese drei Jahre ab, bis eine Evaluation erfolgen soll. Unsere Kommunen sollen nicht weiter im Schuldensumpf