Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich versuche, auf die wesentlichen Dinge einzugehen. In den Beiträgen ist deutlich geworden, wir stochern noch im Nebel, weil wir nicht genau wissen, was geregelt wird und was nicht.
Liebe Frau Kollegin Ebli, wenn Sie davon sprechen, dass man den Eindruck gewinnen könne, als dass es Beitragssenkungen gebe, dann weiß ich nicht, woher Sie das nehmen. Das ist mir völlig schleierhaft. Noch im August gab es vom zuständigen Minister Bahr Pressemeldungen, dass die Pflege ohne Beitragssteigerungen nicht zu finanzieren sein wird. Das können Sie in zahlreichen Zeitungen nachlesen. Also lassen Sie weitere Nebelkerzen.
Frau Dreyer, Sie beklagen das Chaos der Diskussion. Diskussionen haben es an sich, dass verschiedene Aspekte zur Lösung eines Themas vorgeschlagen werden. Manche kommen etwas überraschend. Auch für mich kam das Seehofer-Papier überraschend. Wir haben keine Denkverbote, weder in der Partei noch in der Koalition. (Beifall bei der CDU)
Ich bin immer noch optimistisch. Wenn man sich die Koalitionsvereinbarung dieser Bundesregierung anschaut, dann sehe ich, dass es zu vielen Fragen, die Sie hier gestellt haben, Lösungen geben wird. Schon in dieser Koalitionsvereinbarung steht, dass man die Familien besser entlasten muss, man das Berufsbild der Altenpfleger attraktiver gestalten muss und man dazu beitragen will, Bürokratie auf das notwendige Maß zu begrenzen, damit mehr Zeit für die Arbeit am Menschen bleibt. Es soll mehr Transparenz bei den Leistungsangeboten geben. Das ist in Teilen schon geschehen. Es soll eine differenzierte Definition der Pflegebedürftigkeit geschaffen werden, mit der wir alle zurechtkommen können. Das gilt insbesondere mit Blick auf die Betreuung von Menschen mit Demenz. Das ist ausdrücklich in dieser Koalitionsvereinbarung benannt.
Man muss neue Wege bezüglich der Wohngemeinschaften beschreiten. Das gilt auch für viele andere Bereiche.
Es wird einen Punkt geben, bei dem wir uns nie einig werden. Das ist die Frage der Finanzierung. Sie bleiben bei Ihrer Bürgerversicherung und blenden immer aus, dass die jetzigen vielen Einzahler später auch zu mehr Leistungsempfängern werden.
Wir sind gespannt auf die Eckpunkte. Dann besteht die Möglichkeit, eine weniger mit Nebel belastete Diskussion zu führen.
Frau Kollegin Thelen, es ist so, dass Äußerungen von der FDP und vor allem von der CSU in den Medien stehen. Die Menschen lesen das und machen sich Gedanken darüber. Wenn ich in der „WELT ONLINE“ lese, dass Herr Seehofer verlautbaren lässt, dass er darüber nachdenkt, dafür zu sorgen, dass die Pflegestufe I abgeschafft wird, dann Prost Mahlzeit. Die meisten Menschen mit Pflegestufe I werden zu Hause gepflegt. Das kommt dem Motto „ambulant vor stationär“ entgegen. Das darf einfach nicht passieren, sonst schaffen es die Angehörigen nicht mehr, weil ihnen über die Pflegestufe nicht mehr geholfen werden kann. Ich hoffe, dass Sie mit dem Optimismus, den Sie hier verbreitet haben, recht haben. Das wünsche ich Ihnen, weil wir alle etwas davon haben.
Frau Ministerin Dreyer ist darauf eingegangen, dass es ein Papier der Sozialministerinnen und Sozialminister und der SPD-Bundestagsfraktion gibt. Ich habe mir das angeschaut. Das ist ein sehr umfassendes und gutes Papier. Die Bundesregierung bräuchte es nur zu übernehmen. Es ist sehr differenziert und finanzierbar. Es ist einfach, sozial und gerecht. Schauen Sie es sich einfach an.
„Haltung der Landesregierung zu aktuellen Plänen der Bundesregierung zur Bekämpfung der Altersarmut“ auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 16/324 –
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau von der Leyen hat am 09.09. einen „Regierungsdialog Rente“ vorgestellt. Ziel ist die Bekämpfung der Altersarmut. Zu den Schwerpunkten gehört ein Projekt „Zuschussrente“. Diese sollen generell Personen erhalten, die wenig verdient, aber lange gearbeitet haben. Da soll ein Nettoeinkommen von 850 Euro garantiert werden.
Ein dritter Schwerpunkt ist die Einführung einer Kombirente, die ab dem 63. Lebensjahr eine höhere Zuverdienstgrenze ermöglicht.
Wir haben das zum Anlass genommen, eine Aktuelle Stunde zu beantragen. Wir sind der Meinung, dass das Konzept von Frau von der Leyen aus verschiedenen Gründen zu kurz greift.
Bekämpfung von Altersarmut, das ist zunächst die Erfolgsgeschichte einer gezielten Sozialpolitik der Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg. Heute zählen die meisten älteren Menschen nicht mehr zu den von Armut betroffenen Personengruppen. Das Armutsrisiko der über 65 Jährigen liegt auch in Rheinland-Pfalz mit etwa 15 % auf dem Niveau des Gesamtdurchschnitts. Ergänzende oder volle Grundsicherung nehmen im Moment nur knapp 2,5 % der über 65 Jährigen in Anspruch.
Aber das Thema „Altersarmut“ kehrt zurück. Insofern sind die Bemühungen der Bundesregierung schon vom Anlass her in Ordnung.
Bereits vor 25 Jahren veröffentlichte das Deutsche Zentrum für Altersfragen eine ganz einfache Prognose, die auch von der Grafik her ganz einfach war. Aufgrund der demografischen Entwicklung werde das Rentenniveau langfristig auf 40 % absinken. Alternativ müssten die Beiträge auf 40 % steigen, um das zu verhindern. Wir liegen aktuell etwa bei 50 % bis 51 % vor Steuern. Ab 2011 gilt eine gesetzliche Untergrenze von 43 %. Die Richtung ist schon in Ordnung. Das gilt aber nur für Rentner, die ihre 45 Jahre voll haben. An der Eckrente kann man das sehr schön nachvollziehen. Das gilt im Moment nur für 25 % der Männer und weniger als 10 % der Frauen, die diesen Anspruch haben.
Wesentliche Ursachen für die drohende Altersarmut zukünftiger Rentnergenerationen, also sehr naher zukünftiger Rentnergenerationen, Menschen, die jetzt beginnen, in Rente zu gehen, liegen im Erwerbsleben. Vor allem die Ausweitung prekärer, niedrig entlohnter Arbeitsverhältnisse oder Erwerbsbiografien mit langen Zeiten der Arbeitslosigkeit beginnt in den 90er-Jahren. Darüber hinaus fehlen bei uns in Deutschland ausgleichende Mechanismen für Geringverdiener. Wenn man das mit den anderen OECD-Ländern vergleicht, dann stehen wir nicht sehr gut da. Es gibt genug Anlass, sich in diese Richtung zu bewegen.
Die Reaktionen auf das Konzept geben uns als Sozialdemokraten recht. Sie sind vernichtend. Der DGB formuliert, dass die Zuschussrente nicht gegen Altersarmut helfe und ein Placebo sei. Der VdK nennt es pure Kosmetik. Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband spricht von einer Mogelpackung, weil die Hürden zu hoch seien, an diese Gelder zu gelangen. Das Gleiche sagt übrigens auch die CSU-Sozialministerin Frau Haderthauer.
Als Fazit ist zu nennen, dass es eine nicht grundsätzlich verkehrte Sache ist, sich um die zukünftige Altersarmut zu kümmern. Das führt aber dazu, dass bei diesem
Das, was Frau von der Leyen vorgelegt hat, der „Regierungsdialog Rente“, erinnert mich fatal an die Projekte „Bildungspaket“ oder noch eher an die „Instrumentenreform“.
An Ende steht einem Riesenaufwand ein erbärmliches Resultat gegenüber, wenn wir nicht weiter ins Gespräch kommen.
Die eigentlichen Ursachen des Problems werden von dem bisher vorliegenden Entwurf wieder einmal nicht angegangen.
Ich werde im zweiten Teil noch einige Ziele, die wir uns als Sozialdemokraten vorstellen und die wir gerne gemeinsam mit der Bundesregierung umsetzen würden, vorstellen, wobei die ursprüngliche Absicht, diesen Dialog gemeinsam mit den Ländern zu führen, von der Bundesministerin nicht verfolgt wird. Ich denke, darauf können wir im zweiten Teil eingehen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Dröscher, „Das deutsche Alterssicherungssystem ist stabil“ habe ich meinen ersten Absatz überschrieben. Reformen haben die Rente demografie- und zukunftsfest gemacht. Um die Rente finanzierbar zu halten und die junge, arbeitende Generation nicht zu überfordern, sinkt das Rentenniveau – darauf haben Sie auch Bezug genommen – wie seit dem Ende der 70er-Jahre – auch dieses Schaubild haben Sie vor Augen geführt – auch in den kommenden Jahrzehnten behutsam und in festgelegten Grenzen. Dies muss mit zusätzlicher Altersvorsorge ausgeglichen werden, die der Staat mit beträchtlichen Mitteln fördert.
Heute haben 97,6 % aller Menschen ab 65 Jahre eine ausreichende Versorgung. Von rund 16,8 Millionen Personen in diesem Alter sind rund 400.000 oder 2,4 % – Sie sprachen von 2,5 % – auf Leistungen der Grundsicherung im Alter angewiesen. Diese Zahl hat sich seit 2007 nicht erhöht, sondern ganz im Gegenteil, zuletzt ist sie sogar leicht gesunken.
Wie sich die Bedürftigkeit im Alter in Zukunft entwickeln wird, lässt sich heute nicht seriös vorhersagen; denn es hängt entscheidend von der langfristigen Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Einkommensentwicklung sowie vom Erwerbs- und Vorsorgeverhalten der Menschen ab.
Renten sind und bleiben der Spiegel der Erwerbsphase. Der Verlauf des Erwerbslebens kann durch die Rentenzahlung nicht im Nachhinein auf den Kopf gestellt werden. Die Grundsicherung im Alter ist eine weitreichende, steuerfinanzierte Fürsorgeleistung für alle, die aus welchem Grund auch immer im Alter nicht über ausreichende eigene Mittel verfügen. Mit der umfassenden Reform vor zehn Jahren wurde der Empfängerkreis deutlich ausgeweitet. Der Bund übernimmt in den nächsten drei Jahren die Finanzierung komplett. Aktuell werden hierfür 4 Milliarden Euro pro Jahr aufgewendet.
Dennoch muss es Änderungen geben, damit Menschen, die etwas geleistet und vorgesorgt haben, im Alter besser dastehen als die, die das nicht gemacht haben. Frau Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hat in Gesprächen mit Rentenversicherern, Fachpolitikern, Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften und Arbeitgebern den „Regierungsdialog Rente“ gestartet. In diesem breit angelegten, offenen Diskussionsprozess sollen Vorschläge für mögliche Änderungen im Rentenrecht daraufhin überprüft werden, ob sie Lebensleistung gerecht belohnen und Bedürftigkeitsrisiken wirksam entgegenwirken – so die Bundesarbeitsministerin.
Das Gesetzgebungsverfahren soll Anfang 2012 starten und vor der Sommerpause 2012 abgeschlossen werden. Die Neuregelungen sollen dann zum 1. Januar 2013 in Kraft treten.