Protocol of the Session on February 4, 2010

Auch dazu leistet dieser Gesetzentwurf eine entscheidende Hilfestellung, indem nämlich die Hochschulen mit weiterer Autonomie ausgestattet werden. Wir sind der Auffassung, dass die Hochschulen mit ihren Kompetenzen selbst ihre Profile entwickeln und das Studienangebot und Forschungsvorhaben entsprechend ausgestalten sollen; denn zweifelsohne ist es so, dass die Hochschulen einem zunehmenden Wettbewerb ausgesetzt sind, dem sie sich stellen müssen.

Es war schon eine kuriose Darstellung von einem Teil der Studierenden, dass sie glauben, mit diesem Gesetz würden die Hochschulen in einen Wettbewerb gedrängt. Sie übersehen dabei, dass es diesen Wettbewerb schon längst gibt und die Zukunftschancen unserer Hochschulen allein davon abhängen, dass sie in der Lage sind, sich diesen Anforderungen zu stellen.

Der Gesetzentwurf trägt unter anderem mit der Stärkung der Position des Präsidenten diesen Anforderungen Rechnung, ohne dass die demokratische Legitimation der hochschulischen Selbstverwaltung ausgehebelt wird. Gerade durch die Einbindung von Studierenden in den Hochschulrat wird die oftmals von Studierenden vorgetragene Sorge der zu geringen Einflussnahme oder der mangelnden Transparenz in konstruktiver Weise aufgenommen.

Insofern können wir schon jetzt konstatieren, dass der von der SPD-Fraktion eingebrachte Antrag, ohne dass er bisher abschließend im Landtag beraten wurde, im Gesetzentwurf seinen deutlichen Niederschlag gefunden hat und somit eine produktive Umsetzung der Diskussionen der vergangenen Monate darstellt.

Für die SPD war es stets ein Anliegen, die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung zu erhöhen. Auch diesem Ansatz trägt der Gesetzentwurf Rechnung. Der Hochschulzugang für beruflich Qualifi

zierte wird erheblich erleichtert. Meisterinnen und Meister sowie Gleichqualifizierte erhalten künftig einen fachlich unbeschränkten Zugang zu allen Hochschulen.

Personen, die eine berufliche Ausbildung mit einem qualifizierten Ergebnis abgeschlossen hatten, können nach mindestens zweijähriger beruflicher Tätigkeit ohne den Umweg über ein Probestudium jedes Studium an einer Fachhochschule aufnehmen. An Universitäten steht der Weg zu allen Studiengängen offen, die mit der Berufsausbildung verwandt sind. Damit betont die Landesregierung auch die Bedeutung der Ausbildung im dualen System. Das ist aus unserer Sicht ein sehr positives und wichtiges Signal.

(Beifall bei der SPD)

Eines der Probleme, die im Zusammenhang des Bologna-Prozesses diskutiert werden, ist die mangelnde Möglichkeit, einer ehrenamtlichen Arbeit nachgehen zu können. Wir begrüßen es daher ausdrücklich, dass die Landesregierung nun im Gesetz festschreibt, dass ehrenamtliches Engagement von Studierenden seitens der Hochschulen zu berücksichtigen ist. Das ist in unseren Augen ein wichtiger Schritt, dem Ehrenamt seine besondere Bedeutung zuzuweisen.

Auch für die Hochschulen sollte dies ein wichtiges Anliegen sein, weil die Qualifikation von Akademikern zunehmend auch an den sogenannten Soft Skills festgemacht wird. Die zentralen Aufgaben einer zukunftsweisenden Hochschulpolitik liegen einerseits darin, möglichst vielen geeigneten Menschen die Möglichkeit zu einem Studium zu eröffnen.

Die SPD-Fraktion in Rheinland-Pfalz sieht in dem gebührenfreien Erststudium nach wie vor einen entscheidenden Aspekt zur Bereitstellung guter Studienbedingungen. Sie ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, auch jungen Menschen aus finanzschwächeren Familien die Möglichkeit zum Studium überhaupt zu eröffnen.

Andererseits gehört aber auch der Aspekt der Spitzenforschung oder der exzellenten Forschung entscheidend mit dazu. Auch diesen wichtigen Aspekt finden wir mit dem Ansatz der Implementierung von Forschungskollegs im Gesetz wieder.

In diesem Zusammenhang ist auch die Aufhebung des besoldungsrechtlichen Vergaberahmens zu nennen, der durch ein neues Modell ersetzt wird. Dadurch erhalten die Hochschulen künftig mehr Spielraum, um das für die Vergabe von Leistungsbezügen zur Verfügung stehende Budget zu nutzen und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler durch attraktive Angebote an die Hochschulen zu binden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der vorgelegte Gesetzentwurf ist ausgewogen. Er berücksichtigt die unterschiedlichen Interessenlagen in Wissenschaft, Forschung und Studium, und er ermöglicht sowohl unseren Hochschulen als auch unseren Wissenschaftseinrichtungen, sich auf dem schwierigen Feld weiterhin erfolgreich zu platzieren. Die Rückmeldungen in unseren Gesprächen bestätigen uns in dieser Einschätzung.

Deshalb sehen wir der nun weiterzuführenden Diskussion zuversichtlich entgegen und hoffen, dass die ideologische Begleitmusik nicht zu laut wird und wir gemeinsam mit der Verabschiedung des Gesetzes einen positiven Impuls in unsere sehr gut aufgestellte Hochschul- und Wissenschaftslandschaft werden geben können.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Vielen Dank. Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich Weinköniginnen aus der Region Trier-Saarburg und Schülerinnen und Schüler der Privatschule Eberhard in Trier sowie das Lehrerkollegium der Esterauschule Holzappel. Herzlich willkommen in Mainz!

(Beifall im Hause)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Kuhn das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vergleichen wir das Hochschulgesetz von 2003 mit dem heutigen Gesetzentwurf sieben Jahre später, wird uns drastisch vor Augen geführt, in welch rasantem Wandel sich die Hochschullandschaft in Deutschland befindet.

Was 2003 noch auf der Höhe der Zeit war, zum Beispiel die Einführung der Hochschulräte, muss dringend ergänzt und weiterentwickelt werden. Ob man sich mit den durchaus erkennbaren Fortschritten zufriedengibt, die einem gesicherten Minimalkonsens in Deutschland entsprechen, oder aber mutiger und vorausschauender erkennbare Entwicklungen antizipiert, bleibt der politischen Beurteilung vorbehalten.

Um es gleich zu sagen, die FDP-Fraktion steht für ein mutigeres Voranschreiten im Interesse der Hochschulen in Rheinland-Pfalz und im Interesse der Entwicklung unseres Bundeslandes.

(Beifall der FDP)

Der Ausbau und die Entwicklung unserer Hochschulen sind die entscheidende Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg, Wohlstand und eine erfolgreiche regionale Strukturpolitik. Genauso beachtenswert aber ist der Zusammenhang mit einem positiven gesellschaftlichen Wandel. Bildung und Wissenschaft machen den Menschen freier. Sie befähigen ihn, mehr Verantwortung für sich und die Gesellschaft zu übernehmen.

(Beifall der FDP)

Freiheit und Verantwortung müssen demnach in den zukünftigen Hochschulstrukturen noch wesentlich stärker ausgeprägt sein.

Frau Ministerin, hier bleiben Sie auf halbem Wege stehen, aus welchen Gründen auch immer.

Um in diesem Bilde zu bleiben, muss zunächst anerkennend festgestellt werden, dass Sie eine gute Wegstrecke zurückgelegt haben. In der Tat werden Zuständigkeiten auf die Hochschulen verlagert. Die Hochschulleitungen werden deutlich gestärkt und institutionelle Vernetzungen, zum Beispiel die Gründung von Unternehmen, werden möglich. Es gibt eine ganze Reihe – Sie haben es selbst erwähnt – von positiven Teilen in Ihrem Hochschulgesetz. Das erkennen wir an.

Die Reform der Studienstruktur ist jedoch eine blanke Selbstverständlichkeit. Die dringend gewordenen Korrekturen sind kein Verdienst, sondern lediglich eine Reaktion auf selbstverschuldete Versäumnisse in ganz Deutschland. Dazu hätte man kein neues Hochschulgesetz gebraucht. Es ist nicht schlecht, dass es verankert ist, aber das hätte man anders machen können.

Frau Ministerin, die absurde Landeskinderregelung – hier habe ich geschmunzelt – werden Sie auf diesem Weg auf elegante Weise wieder los.

(Beifall des Abg. Eymael, FDP)

Das haben Sie elegant hinbekommen. Sind Sie froh, dass Sie das Ding los sind.

Herr Ministerpräsident, Sie können sich sicherlich noch an die Diskussionen erinnern, die wir hier geführt haben, als Herr Minister Zöllner die Verantwortung getragen hat. Ich habe ihm damals eine Wette über zwei Flaschen Wein angeboten, dass diese Regelung nie kommen wird. Aber gut, vielleicht sehen wir uns noch einmal. Sie sind sie erst einmal losgeworden.

Ich könnte noch eine Reihe anderer positiver Elemente aufzählen wie die Einrichtung von Forschungskollegs, die im Detail überprüft werden müssen. Da gibt es einige Fragen. Gehen sie möglicherweise zulasten der Lehre? Das gilt auch für die Rolle der Studierendenwerke. Sollen da neue Geschäftsfelder in Konkurrenz zur Privatwirtschaft erschlossen werden? Nur eine Frage. So könnte man es lesen.

Dennoch, vieles ist in Ordnung und entspricht auch unseren Forderungen, die wir schon seit Jahren erheben. Aber dann stellt sich immer wieder die Frage, warum bleiben Sie auf halbem Wege stehen. Ich will das an vier Beispielen erläutern.

(Pörksen, SPD: Es genügen auch drei!)

Zum einen, erstes Beispiel, Duale Studiengänge.

Herr Kollege Pörksen, leider konnten Sie an der Anhörung im Ausschuss nicht da sein. Aber ich sage es Ihnen.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Wenn sie sich schon einmischen, dann müssen wir uns im Dialog einmal auseinandersetzen.

Die FDP-Fraktion hat Ihnen – Duale Studiengänge – bis ins Detail deutlich gemacht, dass die Entwicklung Dualer Studiengänge in Rheinland-Pfalz hinter allen Erwartun

gen zurückbleibt und Chancen für unsere Studierenden und für den Bildungsstandort Rheinland-Pfalz kaum bzw. viel zu wenig genutzt werden. Auch hier führen wir das Tabellenende der Hochschulliga an.

Ihre Reaktion darauf ist kaum erkennbar. Anstatt eine Strukturreform in diesem Bereich mutig anzugehen, verharren Sie weitestgehend im Weiter so. Die Motivsuche erspare ich mir.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Zweites Beispiel, die Offene Hochschule. Zwar erleichtern Sie den Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte, was wir ausdrücklich begrüßen. Im Interesse der beruflichen Bildung muss es aber auch möglich sein, viel mehr Qualifizierte zu einem Hochschulabschluss zu führen. Das wird ein Zukunftsthema sein. Sie öffnen zwar die Türen, Sie haben aber kein erkennbares Konzept, diese Studierenden an der Tür abzuholen und zu begleiten. Diese Studienanfänger bedürfen einer ganz besonderen Betreuung.

Wissenschaftliche Arbeit – ich will das nicht weiter erläutern – ist eine Sache, die man entsprechend betreuen muss. Nur wenn Sie hier investieren, kann der Weg über die berufliche Bildung zum Hochschulabschluss ein wirklicher Erfolg werden, sonst bleiben die Zahlen so klein wie sie sind.

(Beifall des Abg. Eymael, FDP)

Das Potenzial ist groß. Die Frustration könnte wachsen. Wir brauchen eine Initiative „Offene Hochschule“ für Rheinland-Pfalz. Die Hochschulen müssen sich zum Beispiel für neue Zielgruppen durch die Entwicklung und Einrichtung spezieller Studienangebote für Berufstätige weiter öffnen.

Mehr Weiterbildungsangebote müssen zum Beispiel im Rahmen des Konzepts „Lebenslanges Lernen“ entwickelt und ausgeweitet werden. Auch bei diesem Thema ist mir zu wenig Bewegung erkennbar.

Drittes Beispiel, die Hochschulfinanzierung. Sie liefern glücklicherweise eine Steilvorlage. Sie ist zwar nicht Teil des Gesetzes, wird aber unter „D. Kosten“ angesprochen, in dem Sie stolz auf das Sondervermögen „Wissen schafft Zukunft“ verweisen. Wir aber wissen wohl alle von der strukturellen Unterfinanzierung der Hochschulen in Rheinland-Pfalz.