Protocol of the Session on June 25, 2009

(Beifall im Hause)

Des Weiteren begrüße ich Schülerinnen und Schüler der St. Laurentiusschule in Herxheim und Mitglieder des Sport-Clubs Ramberg. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Kohnle-Gros.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Dreyer, lassen Sie mich mit Ihrem Schlusssatz noch einmal beginnen. Wir als CDU-Fraktion glauben nicht, dass die derzeitige Regelung, nämlich die aus Artikel 6 des Grundgesetzes oder aus Artikel 23 des Gesetzentwurfs der Landesre

gierung, in der Familie und Ehe den besonderen Schutz unserer Rechtsordnung genießen, wirklich als Diskriminierungstatbestand für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften gelten kann.

(Beifall der CDU)

Das ist eine etwas verfehlte Darstellung der Situation, denke ich.

Was ich heute zum Gesetzentwurf der Landesregierung sagen möchte, ist eigentlich die Kontinuität dessen, was wir als CDU-Fraktion seit 1999 – ich habe es extra noch einmal nachgeschaut –, als es eine Große Anfrage zur Situation von Lesben und Schwulen in Rheinland-Pfalz gab, gesagt haben.

Selbstverständlich kann es nicht zulässig sein, dass Diskriminierung, in welcher Form auch immer, bis hin zur Gewalt – das hat es auch immer gegeben –, stattfinden darf. Das ist nicht zu tolerieren. Selbstverständlich sind wir auch als CDU-Fraktion absolut auf der Seite derjenigen, die im Vertrauen zueinander und in Verantwortung zueinander eine Partnerschaft begründen wollen.

Die Frage war immer, in welcher rechtlichen Form das stattfinden soll und welches Herantasten an die Institution der Ehe damit verbunden ist. Da waren wir – das sage ich heute auch noch einmal ganz deutlich – immer der Meinung, der Abstand zur Ehe muss gewahrt bleiben. Das gebietet schon Artikel 6 des Grundgesetzes. Der hat auch Ewigkeitsgarantie, wenn Sie das einmal aus dem Grundgesetz heraus betrachten.

(Beifall der CDU)

Frau Dreyer, wenn Sie sagen, Sie haben viel Zustimmung bekommen von den Anzuhörenden, dann denke ich, müssen Sie auch sagen, dass es auch andere Stimmen gegeben hat. Sie können das auch noch einmal in der Begründung Ihres Gesetzentwurfes nachlesen. Unter anderem hat sich auch die katholische Kirche dahin gehend geäußert, glaube ich, dass das historische Bild der Ehe, wie es auch im Grundgesetz seinen Niederschlag gefunden hat, ein anderes ist, als Sie das jetzt hier darzustellen versuchen.

Die Ehe war nie eine Symbiose von zwei Menschen, die sich nur auf Liebe begründet hat und aus dieser Liebe entsprechende Regelungen abgeleitet hat, sondern sie war als Kernzelle dieser Gesellschaft, in der die Kinder, die wir für die nachwachsenden Generationen aufziehen, zu Hause sind und das auf den Weg mitbekommen, was sie befähigt, auch die nächste Generation wieder zu erziehen. Diese Keimzelle der Gesellschaft ist unabdingbar für das Zusammenleben dieser Gesellschaft und für die Aufgaben, die zu bewältigen sind.

(Beifall der CDU)

Diese Ehe und die Ausgestaltung im Grundgesetz und auch darüber hinaus hat sich nicht auf geschlechtliche oder sexuelle Dinge beschränkt, sondern eben auf diesen Zustand, dass wir dieses Instrumentarium brauchen, das wir übernommen haben und das es schon gegeben hat, bevor es Rechte und Gesetze gegeben hat.

Vielleicht darf ich die Sozialdemokraten einmal daran erinnern, dass ihre Vorgänger in den Arbeitervereinen und -parteien, als sie darum gekämpft haben, dass Witwen Versorgungsansprüche erhalten, nicht aufgrund von Liebesbeziehungen oder sexuellen Beziehungen gekämpft haben, sondern sie wollten die Frauen und ihre Kinder, die durch Unfall oder Tod den Mann verloren haben, absichern in dieser Gesellschaft, in der Arbeiterwelt, die sich entwickelt hat. Ich glaube, daran sollten Sie gelegentlich doch einmal denken, wenn Sie jetzt diese Dinge alle auf den Kopf stellen.

(Beifall der CDU – Hartloff, SPD: Wir wollen diese Dinge nicht auf den Kopf stellen! – Zuruf der Abg. Frau Schleicher-Rothmund, SPD)

Diese Ausgestaltung, die Sie jetzt in dem Gesetz vornehmen, geht einfach – das müssen Sie sich einfach anschauen – ein Stückchen zu weit. Wenn Sie alles, was bisher für die Ehe und die Familie und die Kinder, die daraus hervorgehen, für die Lebenspartnerschaften übernehmen, dann gehen Sie einen Schritt zu weit. Ich bin mir nicht sicher, ob das, was Sie vorhaben, tatsächlich letztendlich unserer Rechtsordnung entspricht.

(Pörksen, SPD: Ihre Rede geht zu weit!)

Ich denke, wir sollten darüber auch noch einmal intensiv in den Ausschüssen miteinander sprechen.

Es wurde eben darauf hingewiesen, dass es jetzt darum geht, Menschen mit einer bestimmten sexuellen Ausrichtung an die Ehe heranzuführen, an ihre Rechte und die Vorteile, die man daraus zieht. Ich glaube, dass man noch einmal zum Schluss sagen muss, wir waren froh – das haben Sie auch erwähnt –, dass diese Frage der Geschlechtlichkeit und der Sexualität aus unseren Gesetzen verschwunden ist. Jetzt kommt sie durch die Hintertür wieder herein. Ich denke, darüber müssen wir reden.

(Beifall der CDU – Dr. Weiland, CDU: Sehr gut! – Hartloff, SPD: Eine sehr eigene Sichtweise!)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Pepper.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Kohnle-Gros, wir haben des Öfteren zu diesem Thema in diesem Hause schon gesprochen. Ich finde es eigentlich schade, dass es vonseiten der CDU-Fraktion keine Weiterentwicklung zu einem Thema gibt, das sich in der realen Welt tatsächlich massiv verändert hat.

(Beifall der SPD und der FDP – Harald Schweitzer, SPD: Sehr richtig! – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Ich zitiere noch einmal die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die man nicht ohne Weiteres igno

rieren kann. Das Bundesverfassungsgericht spricht in keiner Weise von Ehe, sondern „der besondere Schutz der Ehe in Artikel 6 Abs. 1“, den Sie erwähnt haben, „hindert den Gesetzgeber nicht, für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften Rechte und Pflichten vorzusehen, die denen der Ehe gleich- oder nahekommen.“

(Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren, wir Sozialdemokraten haben in den letzten Jahren Schritt für Schritt versucht, eine mögliche Diskriminierung von Schwulen und Lesben in Rheinland-Pfalz durch gesetzliche Rahmenbedingungen abzubauen. – So auch heute.

(Beifall der SPD)

Frau Ministerin Dreyer hat daran erinnert, dass wir im Februar 2001 die Voraussetzungen für Personen gleichen Geschlechts geschaffen haben, eine Lebenspartnerschaft zu begründen. Wir haben darüber hinaus versucht, im Jahr 2008 zu ermöglichen, dass die Begründung der Lebenspartnerschaft auf dem Standesamt erfolgt. Dies war ein wichtiger Baustein auf dem Weg gegen eine mögliche Diskriminierung.

Mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf soll eine umfassende Einbeziehung der Lebenspartnerschaften in das Landesrecht erfolgen. Es geht vor allen Dingen um die Einbeziehung der Lebenspartnerschaften in das finanzielle öffentliche Dienstrecht und die Hinterbliebenenversorgung. Wie umfassend der Gesetzentwurf ist, zeigt, dass das Beihilferecht, die Beamtenbesoldung, die Beamtenversorgung sowie Reise- und Umzugskostenregelungen betroffen sind. Meine Damen und Herren, dies ist eine wahrhaft trockene Materie, die eigentlich ein wenig den Blick von der Frage ablenkt, worum es im Kern geht.

Ich würde Ihnen gern von einem Fall erzählen, der mir sehr vertraut ist. Ein altes Paar – ich nenne sie Gunter und Fritz – leben seit Jahrzehnten zusammen. 2003 haben sie ihre Lebenspartnerschaft auf der Kreisverwaltung ihrer Heimatgemeinde vollzogen, bis heute im Übrigen laut der Statistik von 2007 zusammen mit 838 Paaren, von denen mittlerweile einige auch schon wieder geschieden sind.

Das Paar hat ein gemeinsames Haus. Fritz ist noch selbstständig, und Gunter bezieht bereits Pension. In guten wie in schlechten Zeiten leben sie zusammen. Auf eine „Regenbogenfamilie“ haben sie verzichtet.

Liebe Frau Kohnle-Gros, Sie haben das Thema „Kinder“ angesprochen. Wir haben in der Enquete-Kommission des rheinland-pfälzischen Landtags irgendwann einmal formuliert: Familie ist da, wo Kinder sind. – Mittlerweile gibt es in vielen Lebenspartnerschaften Kinder, die dort aufwachsen und die dort eine genauso gute Zukunft haben wie Kinder in den klassischen Familien, wie wir sie in der Vergangenheit erlebt haben.

(Beifall der SPD)

Wie gesagt, das Paar, das ich im Hinterkopf hatte, hat in jungen Elternjahren, als sie sich noch dafür hätten ent

scheiden können, auf Kinder verzichtet, weil die Vorstellung, dass gleichgeschlechtliche Paare Kinder haben oder adoptieren, vor vielen Jahren einfach undenkbar war. Heute ist dies ein Weg, den viele gleichgeschlechtliche Paare mit Erfolg suchen.

Die beiden, Fritz und Gunter, denken heute: Schade eigentlich, dass wir dies nicht machen konnten; denn sie fühlen sich ihrem Partner gegenüber verpflichtet, sie sorgen füreinander, sie helfen sich gegenseitig und machen sich natürlich auch Gedanken über ihre Zukunft: Was passiert eigentlich mit meinem Partner, wenn ich krank werde oder sogar sterbe? Ist er versorgt, oder müssen wir mehr dafür tun?

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dies ist ein ganz gewöhnliches Paar mit ganz gewöhnlichen Alltagssorgen. Der vorliegende Gesetzentwurf hilft ihnen nicht mehr und nicht weniger, und zwar so wie auch bei anderen Paaren, die sich durch das Institut der Ehe verpflichtet haben, füreinander zu sorgen. Auch dies ist bei meinem Beispiel-Paar der Fall.

Ich freue mich, dass wir in Rheinland-Pfalz diesen Weg nicht allein gehen. Frau Ministerin Dreyer hat darauf hingewiesen, dass in vielen Bundesländern dieser Weg schon eine Zeitlang gegangen worden ist. Ich würde mich freuen, wenn wir irgendwann einmal in dem bunten, föderalistischen Teppich des Landes Deutschland sagen könnten, dass diese Möglichkeit in ganz Deutschland gesetzlich geregelt werden kann;

(Beifall der SPD)

denn nach vielen Jahrhunderten der Ächtung und der Diskriminierung fordern wir Sozialdemokraten politisch eine Kultur der Anerkennung und Toleranz. Diskriminierung hat keinen Platz in unseren Reihen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wundert mich schon ein bisschen, dass man eben einmal die Rechtsprechung offensichtlich ganz außen vorlässt. Das Bundesverfassungsgericht – ich habe es bereits erwähnt – hat im Jahr 2008 ein Urteil auch auf europäischer Ebene gefällt, in dem klargemacht wurde, dass die Diskriminierung der eingetragenen Partnerschaften gegenüber der Ehe gegen europäisches Recht verstoßen würde. Dies bedeutet also, wir haben zum einen bundesgesetzlich eine Klarstellung, und wir haben europäisch eine Klarstellung, die wir heute nachvollziehen.

Meine Damen und Herren, ich könnte verstehen, wenn nun viele von Ihnen sagen würden: Na ja, alles gut und schön, jetzt haben wir das Thema Gleichberechtigung gesetzlich umgesetzt, und nun kann das Thema endlich wieder aus der öffentlichen Diskussion verschwinden. – Es tut mir leid, wenn ich Sie enttäuschen muss. Ich glaube, dass die nächsten Schritte des Landes nicht unbedingt rechtliche Schritte sein müssen, aber Politik bedeutet auch noch etwas anderes.

Nehmen wir das Beispiel der Homophobie an Schulen oder an Stammtischen. Dabei liegt, ähnlich wie bei der Ausländerdiskriminierung, noch ein weiter Weg vor uns.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, solange Menschen andere Menschen mit dem Hinweis auf ihre sexuelle Neigung verunglimpfen, ächten oder beleidigen, dürfen wir nicht wegsehen. Solange das Coming-Out von Jugendlichen in ihren Lebensräumen wie Schulen nicht als eine von vielen Lebensformen akzeptiert wird, solange ist unsere Gesellschaft nicht tolerant genug. Wenn Schimpfwörter wie „Du schwule …“ – Herr Präsident, keine Angst! Ich werde das Schimpfwort nicht aussprechen, aber jeder weiß, was danach folgt – immer noch in der Gegenwart von Betroffenen auf Schulhöfen gebraucht werden, müssen wir auch weiterhin etwas tun; denn die Diskriminierung hat nicht nur rechtlich ihre Bedeutung, sondern die Lebensform der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft muss auch in unserer Gesellschaft eine andere Akzeptanz finden.

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind in Rheinland-Pfalz auf einem guten Weg. Ich bedanke mich bei den Kollegen von QueerNet,

(Glocke des Präsidenten)

die in der Vergangenheit immer wieder versucht haben, Unterstützung auch im politischen Bereich zu geben.