Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist ein Energiekonzept, welches industriepolitisch rückwärts gewandt ist.
Es setzt vor allen Dingen auf abgeschriebene veraltete Technologien, sagt „Vorrang für das, was abgeschrieben und billig ist“ und bestraft neue und Zukunftstechnologien im Markt.
Es ist auch kein Energiekonzept. Es ist im Kern ein Laufzeitverlängerungskonzept. Insofern sind die Akzente auch hier in der Debatte richtig gesetzt. Wissen Sie, man hätte zuerst einmal die Frage stellen müssen und prüfen müssen – aber das durfte gar nicht sein –, ob eine Laufzeitverlängerung tatsächlich notwendig ist, um eine
Brücke für die erneuerbaren Energien bauen zu müssen. Sie haben es verhindert, dass dies überhaupt geprüft wurde.
Ich will Sie damit konfrontieren, dass Sie damit noch nicht einmal in den eigenen Reihen die Leute überzeugt haben. Herr Lammert, immerhin der Präsident des Deutschen Bundestages, der Ihrer Partei angehört, sagt, dass Laufzeitverlängerungen seiner Meinung nach nicht sachlich begründet sind,
Sie können nachlesen, was Herr Goppel, CSU, dazu gesagt hat. Er hat gesagt, wenn man redlich darüber diskutiert hätte, dann hätte man vielleicht 2018 oder 2019 die Frage stellen müssen, ob Laufzeitverlängerungen notwendig sind. All das wird nicht gemacht, sondern es war eine politische Entscheidung. Das weiß jeder, der Politik in dieser Republik beobachtet.
Erste Bemerkung: Es ist kein Energiekonzept mit Zukunftsperspektive, weil es dazu zu widersprüchlich ist.
Zweite Bemerkung: Man könnte sagen, Papier ist geduldig. Zwar werden wahrlich ambitionierte Ziele formuliert, Frau Schellhaaß, aber sie sind durch nichts unterfüttert, und sie werden sie mit diesen Akzenten auch todsicher nicht erreichen.
Neben all dem, was an negativen Konsequenzen für die erneuerbaren Energien zu sagen wäre – das will ich heute nicht tun –, will ich Ihnen das an zwei Punkten deutlich machen. Es geht um den Anspruch in dem Konzept, dass Sie die Energieeffizienz verdoppelt wollten. Jeder weiß, dass ein Schlüssel für die Verdoppelung von Energieeffizienz die Kraft-Wärme-Kopplung ist, das heißt, höhere Effizienz und Wirkungsgrade schon bei der Stromproduktion. Vor allen Dingen: Kraft-WärmeKopplung kommt in diesem Energiekonzept nicht vor.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dann müssen wir feststellen, dass sogar Schwarz-Gelb im Haushaltsausschuss in Verbindung mit dem Haushaltsbegleitgesetz und so auch im Bundestag beschlossen hat, die Fernwärme in Zukunft mit einer Ökosteuer zu belasten.
Ich will nur sagen, was das konkret für Rheinland-Pfalz bedeutet. In Rheinland-Pfalz haben Stadtwerke im Süden von Mannheim 18 Millionen Euro in den Ausbau der
Fernwärme von Mannheim Richtung Speyer investiert. Damit könnten 4.000 Haushalte mit Energie, mit Wärme versorgt werden, 8.000 Tonnen CO2 könnten eingespart werden. Diese Investition müsste jetzt im Markt mit attraktiven Preisen untergebracht werden, wo es zum Beispiel um Wettbewerb gegen Gas und Öl oder andere Energieträger geht. Diese Umweltenergie, wie sie früher bezeichnet worden ist – Umweltenergie, weil sie den Rhein und die Luft nicht belastet –, belasten Sie mit Ökosteuer. So weit Ihre Äußerungen und so weit Ihre konkrete und belastbare Politik, wenn es um Energieeffizienz geht.
Ein zweiter Punkt. Sie reden von der Verdopplung der Sanierungsrate bei Gebäuden. So nachzulesen im Ener- giekonzept. Wenn man aber jetzt die praktische Politik betrachtet, sagen Sie auf der einen Seite Verdopplung der Sanierungsrate. Konkret halbieren Sie aber die Mittel für die CO2-Gebäudesanierung über die KfW. So, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir uns Faktor 4 nicht vorgestellt, als wir darüber geredet haben.
Das wird Ihnen ja auch vom Handwerk vorgeworfen. Reden Sie doch einmal mit dem Handwerk, gerade mit dem gebäudebezogenen Handwerk, was die von diesem Energiekonzept halten. Die Diskussion geht weit über das gebäudebezogene Handwerk hinaus.
Es gibt einen anderen Vorwurf, der sich im Übrigen im Energiekonzept durchzieht; denn Sie setzen – Sie haben es eben durch einige Zitate bestätigt – wieder rückwärts gewandt in die 90er-Jahre auf eine zentrale Energieversorgung durch große Konzerne, und Sie unterbinden die Entwicklung zunehmender Dezentralität. Damit ist das Energiekonzept vom Ansatz her mittelstandsfeindlich. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist auch nicht so, dass das nur unsere Auffassung ist.
Ich will Ihnen einmal zitieren, was der Fachverband Elektroinformationstechnik Hessen/Rheinland-Pfalz mir dazu geschrieben hat. Er sagt – zwei Sätze daraus –: „In seiner derzeitigen Ausgestaltung droht das Konzept dagegen das Oligopol der großen Energieversorger noch zu stärken. Ansätze, den Mittelstand stärker einzubeziehen, sind im vorgelegten Energiekonzept, besonders aber auch im 10-Punkte-Sofortprogramm allerdings kaum vorhanden.“
So weit die Äußerung aus dem Mittelstand in RheinlandPfalz, was die Auswirkungen auf ihre Geschäftsfelder bei diesem Energiekonzept betrifft.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt auch andere Auswirkungen. Reden Sie einmal mit Ihren Landräten in den Regionen. Wir haben mehrere Regionen in Rheinland-Pfalz, die sich als 100 % regenerative Regionen entwickeln, die heimische Ressourcen, regionale Ressourcen nach dem Motto „Aus der Region für die Region“ nutzen und damit Wertschöpfung und Arbeitsplätze schaffen.
In dem Energiekonzept der Bundesregierung hat man an keiner Stelle den Eindruck, dass diese Bundesregierung überhaupt erkannt hat, was sich in den letzten zehn Jahren in der Energielandschaft getan hat, nämlich genau diese Entwicklung dezentraler Ressourcennutzung und damit natürlich auch Stärkung der ländlichen Räume. Das kommt nicht vor.
Insofern, Herr Weiner, ehrlich: Wir haben eine Vereinbarung mit der RWE Netzgesellschaft getroffen, dass unsere Windparks in der Eifel, im Hunsrück oder im Westerwald auf der Verteilnetzebene abgefangen werden. Dort muss die Integration der erneuerbaren Energien passieren. Aber dieses Energiekonzept – Frau Schellhaaß hat es zitiert – setzt auf große Transportnetze. Ja, wir brauchen deren Ausbau, aber wir brauchen ihn vor allen Dingen deswegen, weil wir zu viel Strom in Zukunft im Netz haben, weil Atomkraftwerke und erneuerbare Energien abgefangen werden. Diese Mengen müssen Sie dann im europäischen Netz verteilen. Deswegen die teuren Investitionen in die Transportnetze.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zwei kleine Informationen noch zusätzlich, weil immer behauptet wird, dass Sie die Gewinne aus der Laufzeitverlängerung abschöpfen. Schauen Sie an dieser Stelle nach Biblis, was sich dort abspielt. Sie behaupten, 30 Milliarden Euro von den 100 Milliarden Euro mehr Gewinne für vier Atomkonzerne würden Sie abschöpfen, und ein Baustein dabei ist die Brennelementesteuer. Vielleicht beobachten Sie einmal, was aktuell in Biblis passiert. In Biblis wird eine große Menge von Brennelementen jetzt vorzeitig ausgetauscht, weil das Brennelementesteuergesetz erst ab Januar greift. Durch diesen vorgezogenen Austausch der Brennelemente spart RWE sage und schreibe allein in Biblis 280 Millionen Euro.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt schon fast eine Wette darauf – ich weiß nicht, ob der Bundesfinanzminister das weiß –:
2,3 Milliarden Euro Brennelementesteuer im nächsten Jahr, ich glaube, das ist eher Fiktion als Realität, wie so vieles Fiktion in diesem Gesetz ist und wenig mit der Energierealität zu tun hat.
Natürlich bedeutet das ganz konkret – ich habe es am Anfang gesagt – weniger Sicherheit für die Menschen, auch in unseren Regionen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bundesregierung hat versprochen, dass, wenn es eine Laufzeitverlängerung gibt, Sicherheitsaspekte berücksichtigt werden. Nicht nur Herr Lammert, sondern auch andere haben festgestellt – das war nicht Gegenstand der Verhandlungen; der für Sicherheit zuständige Umweltminister war bei den Verhandlungen erst zum Schluss da-
Natürlich – jetzt beginnt das, was auch Herr Langner gesagt hat – haben Sie dafür auch keinen Konsens in und mit der Bevölkerung. Die Proteste, die wir am vorletzten Wochenende in Gorleben erlebt haben, waren nicht nur Proteste gegen Atomtransporte, es waren die Proteste gegen diese Atompolitik der Bundesregierung. Dagegen haben sich die Menschen gewehrt.
Wenn man dann sieht, dass infolge dieser Proteste die Bundesregierung jetzt eine neue Debatte vom Zaun bricht und vorschlägt, dass bei Biblis oder vielleicht auch bei Philippsburg ein Castorzwischenlager eingerichtet werden müsste, dann ist das auf der einen Seite zwar fachlich totaler Unsinn, weil man ausreichende Kapazitäten in Gorleben hat – an dieser Stelle warte ich eigentlich auf Ihren Aufschrei –, sicherheitspolitisch aber unsinnig, wenn man daran denkt, dass Biblis in einem Ballungsraum liegt und dort ein Zwischenlager zusätzlich eingerichtet werden soll. Vor allen Dingen ist es bezeichnend für die Not, die jetzt entsteht, weil wir mit dieser Atompolitik, mit der Laufzeitverlängerung mehr Atommüll produzieren, ohne dass überhaupt nur absehbar ist, dass wir ein atomares Endlager haben.