Die Grundschule vor Ort steigert für junge Familien erheblich die Attraktivität der Gemeinden. Oft stellt die Grundschule auch das kulturelle Zentrum kleiner Gemeinden dar. Wir sollten also die Grundschule möglichst im Dorf lassen.
Die FDP-Fraktion will die Grundschulen erhalten, ohne dass es zu unbezahlbaren Kleinstklassen kommt. Deshalb sollten wir allen Schulträgern und Grundschulen die Möglichkeit eröffnen, jahrgangsübergreifenden Unterricht anzubieten und eine oder mehrere Klassenstufen in einer Klasse zu unterrichten. In früheren Dorfschulen war dies schon einmal die Regel. Aktuelle Studien wie PISA oder IGLU belegen, dass ein erfolgreiches Schulsystem von einem so weit wie möglich individualisierten Unterricht abhängt.
Moderne Unterrichtsmethoden, die auch in vielen rheinland-pfälzischen Schulen bereits Anwendung finden, fördern und fordern jedes Kind möglichst individuell entsprechend seiner Fähigkeiten. Ein starker individualisierter Unterricht, der sich an Standards orientiert, ist gerade in jahrgangsübergreifenden Klassen möglich. Mancher Sechsjährige kann schon früh die Leistungen in Mathematik erbringen, die eigentlich in der 2. Klasse gefordert sind, während er sich vielleicht in Deutsch auf dem Niveau seiner gleichaltrigen Mitschüler bewegt. Das gilt auch umgekehrt. Ein jahrgangsübergreifender Unterricht kann in der Tat viele Vorteile bieten.
Auch die soziale Kompetenz wird deutlich gestärkt, meine Damen und Herren. Die Großen helfen den Kleinen. Die Kinder lernen frühzeitig, sich auf verschiedene soziale Rollen einzustellen. Das Modell der so genannten Dorfschule ist deshalb kein Defizitmodell aus der Vergangenheit, sondern bietet bei entsprechender Schulung der Lehrkräfte neue Vorteile. Die FDP-Fraktion will deshalb, dass die Fortführung einer zweiklassigen Grundschule in Zukunft nicht mehr als Ausnahme von der Regel definiert wird. Die Eltern, der Schulträger, die Schulleitungen und die betroffenen Ortsgemeinden sollten die Möglichkeit haben, die für sie günstigste Lösung zu finden.
Der Erhalt der Grundschulen ist auch notwendig, um die Verzahnung mit den Kindertagesstätten weiter zu gewährleisten. Der Übergang von der Kindertagesstätte zur Grundschule könnte durch bessere Zusammenarbeit in vielen Fällen optimiert werden. Die Erhaltung räumlicher Nähe würde sich so zusätzlich als Vorteil erweisen.
Meine Damen und Herren, der Ausbau einer qualitativ guten und auf die unterschiedlichen Lebenssituationen von Familien zugeschnittene Kindertagesbetreuung ist ein vordringliches politisches Ziel. Deshalb begrüßt die FDP-Fraktion auch im Grundsatz das Tagesbetreuungsausbaugesetz.
Ich habe an dieser Stelle einmal einen Vorschlag für die Finanzierung gemacht. Das ist etwas, was Sie soeben im Ganzen bestritten haben, Frau Thomas.
Wir halten jedoch die Finanzierung durch Hartz IV für keinen ausreichenden Weg zur Umsetzung des TAG. Die von der Bundesregierung prognostizierte Entlastung der Kommunen steht in der Tat auf tönernen Füßen. Wir begrüßen deshalb, dass die Landesregierung mit einem entsprechenden Änderungsantrag im Bundesrat auf diese Tatsache hingewiesen hat.
Lassen Sie uns einmal die Ergebnisse der Föderalismuskommission analysieren, wenn sie am Wochenende veröffentlicht werden. Wir sollten uns danach über mögliche Finanzierungsalternativen unterhalten.
Meine Damen und Herren, die strukturelle Unterrichtsversorgung in unserem Lande ist gut. Sie ist sogar mehr als gut. Das wird von der Opposition auch bestritten. Sie ist insgesamt gut.
Die Ganztagsschulangebote in Rheinland-Pfalz laufen ausgesprochen erfolgreich. Die große Akzeptanz bei Schülern, Lehrern und bei den Eltern hat dazu geführt, dass Ende 2005 inklusive einer Option von 76 neuen Standorten 306 Ganztagsschulen vorhanden sein werden. Das Programm wird über die Koalitionsvereinbarung hinaus erweitert. Im Jahr 2006 kommen noch einmal 65 Ganztagsschulen dazu, also wesentlich mehr als von der Landesregierung 2001 zugesagt.
Das ist der richtige Weg. Das bestätigen alle Lehrer, Eltern und Schüler. Alle bestätigen, dass die Landesregierung in der Tat den richtigen Weg eingeschlagen hat. Bezüglich der Hochbegabtenschule würde es zu weit führen, auf Ihre grundsätzlichen Bedenken einzugehen, Frau Thomas. Wir halten es für richtig. Auch die Hochbegabtenschulen in Kaiserslautern, Mainz und Trier
haben Vorbildcharakter für ganz Deutschland. Im Jahr 2006 wird die vierte Hochbegabtenschule in Koblenz folgen.
Wenn ich Frau Thomas sehe, muss ich sagen, sie ist ja Landespolitikerin, aber manchmal vertritt sie hier auch ein bisschen Bundespolitik, wenn es ihr passt. Im Übrigen brauchen wir in Rheinland-Pfalz keine Ratschläge vom Bund, wenn es um die größere Eigenständigkeit von Schulen geht. Da haben wir in Rheinland-Pfalz längst gehandelt.
Die FDP-Fraktion setzt sich für die Entflechtung von Bund- und Länderkompetenzen und für einen echten Wettbewerbsföderalismus ein. Ich gehe davon aus, dass die Föderalismuskommission das auch entsprechend umsetzen wird. Gleiches gilt auch in der Bildungspolitik. Zentralistischen Vorstellungen von Bundespolitikern aller Parteien erteilen wir auch heute eine klare Absage.
Ich sage auch ganz deutlich, die FDP-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag will keine von Berlin aus auf den Weg gebrachte nivellierte Einheitsschule für alle Schüler in ganz Deutschland, Frau Thomas, ob Sie das jetzt hören wollen oder nicht. Wir wollen das nicht.
Ich sage dies auch gerade im Hinblick auf die Forderung, die Sie heute Morgen erhoben haben. Wir wollen den föderalen Wettbewerb. In Rheinland-Pfalz wird dieser Wettbewerb angenommen. Wir werden diesen Wettbewerb in Zukunft erfolgreich bestehen. Wir wollen nicht nur unseren hervorragenden Platz halten, wir wollen diesen Platz und unsere Position in Deutschland weiter verbessern. Das ist das Ziel im Wettbewerb.
Wenn heute ein Bundesland bei PISA schlecht abschneidet, gerät die entsprechende Landesregierung unter enormen Druck. Das ist auch gut so. Neue Mischkompetenzen führen nur dazu, dass in Zukunft jeder und damit niemand verantwortlich ist. Notwendig sind neben der wechselseitigen Anerkennung von Schul- und Bildungsabschlüssen zur Sicherung von Mobilität auch bundesweite Qualitätsstandards. Auf diese Aufgaben wird sich künftig die reformierte Kultusministerkonferenz stärker konzentrieren. In diesem Zusammenhang möchte ich Frau Staatsministerin Ahnen Anerkennung aussprechen.
Nicht die Einmischung des Bundes macht den Ländern Beine, sondern nationale und internationale Vergleichsstudien wie TIMSS und PISA. Mehr Autonomie für Schulen und Hochschulen, Vergleichsarbeiten, Hochbegabten- und freiwillige Ganztagsschulen waren in Rheinland-Pfalz auch schon vor diesen Studien Thema.
Meine Damen und Herren, Erfolge in einem Land setzen Politiker in einem anderen Land unter Zugzwang. Bildung braucht die Freiheit des Wettbewerbs und nicht den nationalen Einheitsbrei.
Das gilt auch für den Bereich der Hochschulen. Mit dem von der FDP geforderten und heute mehrfach angesprochenen 125-Millionen-Hochschulprogramm für die kommenden fünf Jahre baut die SPD/FDP-Koalition den Wissenschafts- und Hochschulstandort Rheinland-Pfalz kräftig aus, während andere Länder ihre Mittel für die Hochschulen kürzen.
Das können Sie nicht vom Tisch wischen. Meine Damen und Herren, es sind insgesamt 50 Millionen Euro, mit denen zusätzlich die Grundausstattung der Hochschulen verbessert, ihr Profil weiter geschärft und Spitzenleistungen gefördert werden.
Gegen alle ihre Unkenrufe sage ich an dieser Stelle noch einmal wiederum ganz klar, was von anderen mit Sicherheit noch einmal unterstrichen werden wird: Das Geld für das Hochschulprogramm ist vorhanden.
Es wird in dem vereinbarten Umfang auch fließen. Wir achten dabei auch auf die Anhebung der Qualität der Lehre. Wir reagieren auch auf die wachsende Zahl der Studierenden.
Meine Damen und Herren, für dringend benötigtes Personal steht mehr Geld zur Verfügung. Erstmals schreibt das Land einen Wettbewerb „Lehre“ aus. Wir fördern Exzellenzen in Forschung und Lehre. Elite entsteht in der Tat nicht aus der Retorte, so, wie sich das manche in Berlin vorstellen. Elite entsteht im freien Wettbewerb. Die rheinland-pfälzischen Hochschulen sind für diesen Wettbewerb auch gut gerüstet.
Meine Damen und Herren, wenn Sie, was zum wiederholten Male geschehen ist, die Position der Präsidenten für mich in ein seltsames Licht rücken, habe ich dafür kein Verständnis.
Es sind Präsidenten der Hochschulen. Das heißt, sie vertreten die Gesamtinteressen der Hochschulen. Wenn diese Präsidenten unisono dieses Hochschulsonderprogramm in seiner Bedeutung besonders herausstellen, wenn sie damit die gesamte Hochschulpolitik des Landes positiv einschätzen, dann tun sie das für die gesamte Hochschule und nicht für einen Teil der Hochschule, nicht für sich selbst persönlich. Sie vertreten die Lehre und die Forschung. Sie vertreten alle Bereiche der
Hochschulen. Dann können Sie diesen Präsidenten durchaus Glauben schenken, wenn sie die Hochschulpolitik dieses Landes loben.
Meine Damen und Herren, die Erfolge der Forschungspolitik von Rheinland-Pfalz werden an einigen Beispielen besonders deutlich. Ich erwähne die Max-PlanckGesellschaft, die sich in einem Wettbewerbsverfahren für die Ansiedlung eines neuen Max-Planck-Instituts für Softwaresysteme in Kaiserslautern und Saarbrücken gegen härteste Konkurrenz entschieden hat. Damit wird ein Strukturwandel weiter unterstützt, gerade in diesem westpfälzischen Raum. Sie erkennen die Schwierigkeiten, die auf anderen Arbeitsmärkten bestehen. Wir müssen und werden auf Forschung und Innovation in diesem Land setzen. Gerade dieses Beispiel zeigt auch, dass damit strukturpolitische Erfolge erzielt werden.
Ich möchte dazu abschließend noch etwas Grundsätzliches sagen, gerade, weil wir im Zusammenhang mit Bildung, Forschung und Innovation so häufig auch von wirtschaftlichen Erfolgen sprechen. Es ist natürlich für uns äußerst wichtig, weil es um die Basis für die Entwicklung von Rheinland-Pfalz geht. Wissen ist aber in der Tat noch mehr. Lassen Sie mich das noch einmal deutlich machen.
Wissen schafft auch Freiheit. Bildung ist die elementare Voraussetzung für Freiheit, Toleranz und Leistungsfähigkeit des Individuums. Bildung schafft das ethische Gerüst für eine freie Gesellschaft. Gerade in einer immer komplexeren Welt geht ohne Bildung die Orientierung verloren.