Ich möchte ein simples, aber wahres Beispiel hinzufügen. Wir müssen schauen, wo wir noch in den Schulund Kindertagesstättenbau investieren – ich rede vom Bau und nicht von den qualitativen Inhalten, die dort vermittelt werden – und wo es notwendig ist, eher zurückhaltend zu sein, weil die Tendenzwende hinsichtlich der Zahlen der jungen Menschen, die dorthin gehen, absehbar ist.
Das kann von Ort zu Ort immer noch schwanken. Das wird auch immer schwanken, weil in einem Neubaugebiet in einer bestimmten Gemeinde, die besonders zuzugsträchtig ist, zusätzlich ein neuer Bedarf entstehen kann. An anderen Stellen werden aber auch Bedarfe zurückgehen. Wir brauchen die Kraft und den Mut, aus diesen Angeboten Weiterentwicklungen geschehen zu lassen, die nicht das Beharren in den Vordergrund schieben, dass in jedem Fall die dritte Kindergartengruppe erhalten bleiben muss. Ich weiß, dass das für den einzelnen Kommunalpolitiker und die einzelne Kommunalpolitikerin nicht einfach ist. Wir müssen diesen Weg gehen.
Darüber hinaus dürfen wir neben diesen Orientierungen – soweit dies mit Planungen möglich ist – keine Fehlleitungen zulassen. Ich sage das immer einschränkend dazu. Wir müssen daneben unsere Hausaufgaben machen. Die Tatsache, dass Bremen an letzter Stelle steht, macht mir das ganze Ranking suspekt. Wenn ich sehe, dass wir in eine Welt hineinwachsen, in der Handel und Wandel immer intensiver werden, hätte ich meine Zweifel, eine Stadt, die vom Handel und Wandel geprägt ist, so zu positionieren. Lassen wir dies beiseite. Darauf kommt es nicht entscheidend an.
Ich denke, dass wir dieses Ranking insoweit annehmen können, um zu überprüfen, ob das, was wir auf den Weg gebracht haben, in die falsche Richtung geht oder tendenziell richtig ist, und zwar bei Ergänzungs- und Verstärkungsnotwendigkeiten oder an manchen Stellen bei einem Zurückfahren von investivem öffentlichem Verhalten.
Insoweit bleibt kein anderer Weg – das ist übereinstimmend und nicht alternativ diskutiert worden –, als für junge Menschen das Aufwachsen und Leben in der neu gegründeten jungen Familie mit Kindern attraktiver machen zu müssen. Wir können es uns vor dem Hintergrund der Demographie nicht leisten, dass wir Fähigkeiten von jungen Menschen – es ist immer noch so, dass dies im Regelfall jungen Frauen heißt – brach liegen lassen. Wir können uns nicht leisten, dass wir keine höhere Beschäftigungsquote haben. Wir werden sie brauchen, wenn wir vor dem Hintergrund der Alterszusammensetzung der Gesellschaft unseren Wohlstand bewahren wollen. Wir müssen natürlich auch daran denken, dass eine Gesellschaft nur dann lebendig bleibt, wenn die Zahl der Kinder in einer vertretbaren Relation zur Gesamtbevölkerung steht. Das hat weit über ökonomische Bereiche hinausführende Grundlagen, so etwas zu sagen.
Ich denke, es ist legitim anzustreben, eine Geburtenhäufigkeit wie Frankreich erreichen zu wollen. Wir müssen dies anstreben. Es ist in der Tat nicht so, dass man einen Schalter umlegen kann, und dann ist es so. In einer freiheitlichen Gesellschaft wollen wir es nicht, dass man den Einzelnen in diesem Maß bedrängt. Die Kinderfreundlichkeit und die Grundlagen, Kinder, Familie und Beruf miteinander verantwortlich zu vereinbaren, bleiben Schwerpunkte dieser Landesregierung. Ich sehe nicht, dass wir einen wirklichen Konflikt in diesem Haus haben.
Der zweite Punkt betrifft die Qualifikation und die Bildung über alle Bereiche hinweg, und zwar beginnend mit der Grundschule bis hin zu den höchsten Schulen, den Hochschulen. Ich finde, auch dort sind wir auf einem vertretbaren Weg. Es bestreitet niemand, dass wir finanzielle und materielle Mängel haben, wenn wir in die Hochschulen hineinschauen.
Insoweit muss mit solchen Forderungen immer auch die finanzpolitische Grundsatzdebatte geführt werden. Wir werden nicht daran vorbeikommen, über die Frage der Finanzausstattung der öffentlichen Hände miteinander zu reden. Ich sage in aller Offenheit und Klarheit: Mit einer Steuerlastquote von 20,7 %, wie wir sie derzeit haben, werden wir diese Aufgaben nicht erfüllen können. – Darüber muss debattiert werden. Es hat keinen Sinn, dass wir uns im Steuersenkungswettbewerb und in den Fragen, was alles geschehen muss, um unsere Gesellschaft attraktiv zu halten, gegenseitig überbieten. Ich sehe nicht, wie dort über ergänzende Funktionen hinaus, Privates zu investieren, Abhilfe geschaffen werden kann, bei der Kinderbetreuung, bei der Frage der Familienfreundlichkeit, bei der Frage, Bildungsgrundlagen für alle zu schaffen und die Schwächeren, diejenigen, die schlechtere Chancen haben, besser zu fördern – Stichwort „PISA“, Mängel, die dort aufgezeigt worden sind.
Ich denke, wir müssen uns darauf konzentrieren, dass wir das weiter vorantreiben, was wir begonnen haben. Wir sind sicher nicht auf einem falschen Weg. Da bin ich mir absolut sicher.
Dann kommt das Feld der beruflichen Bildung hinzu. Ich will das aus Zeitgründen nicht vertiefen. Aber das ist aktuell und muss auch bewältigt werden. Wir dürfen nicht zulassen, dass sehenden Auges jedes Jahr, bundesweit gesehen, 25.000, 30.000 junge Leute übrig bleiben, die dann von vornherein eine für das Leben nicht meisterbare Karriere vor sich haben.
Über diesen Bereich hinaus, der sicher höchste Priorität haben muss, geht es natürlich auch darum, dass wir der Wirtschaft Chancen bieten, Arbeitsplätze von heute zu halten und immer wieder auch Arbeitsplätze, die morgen benötigt werden, zu generieren. Das muss unsere Aufgabe sein. Ich stimme ausdrücklich zu, dass die mittelständischen Strukturen eine große Chance sind. Aber für uns hat das nie bedeutet, dass wir sozusagen wirtschaftsfördernde Politik machen nach dem Motto: Mittelstand ja, Großbetriebe nein. – Das wäre das Falscheste, was wir machen könnten, weil wir wissen, dass es unendlich viele Verflechtungen gibt. Wir haben nicht damals bei Opel in Kaiserslautern geholfen, weil wir ge
meint haben, General Motors würde weltweit zugrunde gehen, wenn Rheinland-Pfalz nicht 40 Millionen investiert, sondern wir haben geholfen, weil wir wussten, es geht um hunderte von Arbeitsplätzen in einer Teilregion unseres Landes, was ohnehin unendlich schwierig ist, und ferner geht es darum, dass dutzende von kleinen, kleinsten und mittleren Betrieben von einem solchen Kristallationspunkt abhängig sind. Deshalb wollen wir diese Verflechtung. Wir wollen Industriestandort bleiben. Das steht nicht in Widerspruch zu einer mittelstandsfreundlichen, zu einer handwerksfreundlichen Politik. Ich denke, das kann man auch an unserem Verhalten ablesen. (Beifall bei SPD und FDP)
Herr Kollege Gölter hat aus meiner Sicht Recht, dass darüber diskutiert werden muss, ob die Mechanismen, die bisher erfolgreich waren in der Wirtschaftsförderung, bei diesen veränderten weltweiten Entwicklungen und Konkurrenzsituationen noch genauso bleiben müssen, wie dies jetzt der Fall ist. Ich halte das für einen dynamischen Prozess. Ich glaube auch nicht, dass man einfach sagen kann, traditionelle Förderung, wie sie unsere Investitions- und Strukturbank macht, ist jetzt nicht mehr erforderlich. Ich halte sie in vielen Bereichen noch für erforderlich. Wenn ich meine Sonntagssprechstunde beendet habe und habe mit einer Reihe von Unternehmen, oft jungen Unternehmen in schwierigen Situationen, geredet, dann weiß ich, wie differenziert die Situation ist.
Sicher kommt dazu, dass wir sehr technologiefördernde, innovationsfördernde Instrumentarien entwickeln müssen. Das rheinland-pfälzische Kabinett wird sich am kommenden Dienstag mit einer Frage befassen, die einen solchen Ansatz zur Grundlage hat, erarbeitet in dem Institut von Professor Rombach. Unterstützt von anderen Untersuchungen und Studien werden wir uns diesem Weg zuwenden. Ich kann Ihnen auch nicht garantieren, dass jeder Detailschritt immer zielgenau sitzt. Das wissen wir vorher häufig nicht. Aber wir müssen uns, ohne jetzt einfach brachiale Schnitte zu machen, aus meiner Sicht in der Förderpolitik Stück für Stück weiterentwickeln und neue Felder der Entwicklung miteinander suchen und diese auch wieder – das haben wir in diesen Studien immer zugrunde gelegt – regional herunterbrechen, sodass man sehr wohl die besondere Situation in Ludwigshafen anders betrachtet als die Situation in der dünn besiedelten Eifel.
Dennoch braucht auch eine Region wie Ludwigshafen entsprechende Impulse, weil monostrukturelle Entwicklungen natürlich auch erhebliche Gefährdungen für eine solche Brot- und Butterregion, sage ich einmal, unseres Landes Bedeutung haben würden, und zwar nicht pos itiv.
Wenn man zu diesen stützenden, fördernden, investitionsfreundlichen, auch im Sinn von Bürokratieabbau von Freiräumen agierenden Politik nicht auch eine vernünftige Infrastrukturpolitik hinzufügt, dann springt man ebenso zu kurz. Deshalb: Es ist kein Straßenbaufetischismus, der uns umtreibt, wenn wir sagen, wir müssen be
stimmte große Einbindungen unseres Landes in die europäischen Entwicklungen voranbringen. Wir haben ordentliche, wenn auch nicht optimale – dort ist auch noch viel zu investieren – Nord-Süd-Verbindungen, aber alles andere als optimale Ost-West- oder West-OstVerbindungen. Das ist aufgrund der geographischen Lage, wie sie durch die Trennung Europas entstanden ist, so entstanden und hat sich so entwickelt, weil die Bedarfe so waren, aber sie sind anders geworden. Unsere Chancen liegen darin, wenn wir als Bindeglied in den westeuropäischen Raum wirken wollen und die Verbindung in den mittel- und osteuropäischen Raum darstellen wollen, dann müssen wir uns auch zu solchen Entscheidungen durchringen.
Ich will gar nicht dem Thema „B 10“ ausweichen. Ich rate nur dazu, dass, wenn man sich auf ein Mediationsverfahren verständigt hat, nicht beide Interessenseiten öffentlich versuchen, dieses Ding sturmreif zu schießen.
Dies gilt für diejenigen, die in Landau beispielsweise jetzt Klagen androhen, unabhängig davon, dass wir jetzt gerade bei der dritten Sitzung des Mediationsausschusses sind. Ich halte dies für keine verantwortliche Vorgehensweise.
Ich habe aber auch die herzliche Bitte an die kommunal Verantwortlichen in Pirmasens beispielsweise, dass es nichts hilft, einen internen Brief, in der abgestimmt zwischen Herrn Kollegen Bauckhage und mir die Landesregierung ihre bekannte Position noch einmal deutlich macht, damit keine Missverständnisse, weil sie öffentlich erzeugt worden sind, aufkommen, dazu zu nutzen, ihn schnell an die Presse zu geben, damit die Diskussion wieder losgeht nach dem Motto: Wir brauchen Glaubensbekenntnisse. – Wir brauchen Handeln und keine Glaubensbekenntnisse.
Da ist uns ein Bärendienst erwiesen worden. Auch eine Kommunalwahl rechtfertigt, wie ich finde, ein solches Vorgehen nicht.
Meine Damen und Herren, wir brauchen eine Verbesserung der Infrastruktur. Dazu bekennt sich die Landesregierung. Wir ringen derzeit darum, auch vom Bund so viel wie möglich zu erreichen bei einer insgesamt zu knappen Decke.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, dass wir mit einer solchen Herangehensweise insgesamt schon ein großes Stück weiterkommen. Ich will aber noch einen Punkt, ohne ihn auszuführen, hinzufügen. Lassen Sie uns gemeinsam dagegen argumentieren, dass eine Gesellschaft, die in ihrem Altersdurchschnitt nach oben geht, deswegen eine Gesellschaft ist, die nicht mehr innovationsfähig ist. Würden wir dies akzep
tieren, würden wir in der Tat all die Horrorszenarien akzeptieren, die von manchen Leuten verbreitet werden.
Ich gebe zu, dass man ein Buch oder einen Zeitungsartikel oder auch eine Veranstaltung vor Ort viel besser verkaufen kann, wenn man darüber schreibt: „Sterbende Dörfer?“ – Ich glaube nur nicht, dass wir damit einen Millimeter weiterkommen. Wir wollen gegen diesen Trend auch angehen. Es wird uns abverlangt werden. Wir haben die Chance, tendenziell, als Individuum – das wissen wir nicht, das hat der liebe Gott in der Hand, das ist auch gut so – älter zu werden als irgendeine Generation vor uns. Die nach uns haben noch einmal die Chance, älter zu werden. Wir haben so viel vor uns, dass wir nicht akzeptieren dürfen, auch was diese Yuppies in manchen Werbeagenturen sich ausdenken, dass es keinen Sinn mehr hat, 45-Jährige zu bewerben, weil sie ohnehin angeblich schon wissen, welche Zahnpasta sie für den Rest ihres Lebens, um nicht über Kukident zu reden, verwenden.
Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen. Wir müssen eine Gesellschaft werden, in der durch Weiterbildung, Anstrengungen, Anstöße und Interesse an der Zukunft auch Menschen in meinem Alter mit 55 oder alle anderen, die genauso alt oder älter sind, auch noch abgenommen bekommen, dass uns die Zukunft interessiert und wir dafür etwas tun wollen und nicht schon erstarrte Greisinnen oder Greise sind, meine Damen und Herren.
Abschließend will ich noch ein Wort zu den kommunalen Gebietskörperschaften sagen – der Herr Kollege Dr. Gölter hat in den Worten dieser Studie geredet –, die gelb oder rot in diesen Karten eingezeichnet sind.
Ich will ausdrücklich sagen, es wird unsere Aufgabe sein, bei denen, die grün eingezeichnet sind, um Verständnis zu werben, dass bei knapperen öffentlichen Mitteln die Finanzströme stärker in die Bereiche geleitet werden müssen, die mit gelben oder dunkleren Farben dort gekennzeichnet sind. Diese Kraft braucht unsere Gesellschaft.
Lassen Sie uns deshalb keine Diskussionen nach dem St.-Florians-Prinzip führen. Natürlich ist es Aufgabe jeder und jedes Abgeordneten, auch seine Region zu vertreten, völlig respektiert. Das mache ich genauso wie alle anderen. Da gibt es keinen Zweifel.
Gemeinsam müssen wir aber noch die Kraft haben, diese Grundströmung, diese Grundtendenzen einer solidarischen Vorgehensweise in einem Land miteinander zu führen.
Ich bin sehr dafür, dass wir auch über Teilregionen des Landes reden, über Landesgrenzen überschreitende Teilregionen wie den Rhein-Neckar-Raum, den RheinMain-Raum, den Bereich, der nach Bonn und Köln tendiert wie Eifel, Westerwald und Hunsrück, den Bereich, der nach Luxemburg und Ostbelgien und in den Bereich Saarland und Lothringen tendiert, und auch den Bereich am Oberrhein, Wörth und Karlsruhe, als einen Raum verstehen.
Aber lassen Sie uns dazu einen Beitrag leisten, dass dies Ergänzungsfunktionen sind und sich nicht dort neue Egoismen herausbilden. Wäre dies der Fall, dann würden wir es in der Tat nicht schaffen, einer Teilregion wie die in und um Pirmasens die notwendige Hilfe zukommen zu lassen.
Das wird unser Bemühen sein, meine Damen und Herren. Ich hoffe, dass in diesem Sinn uns in der Tat solche Studien und die Befassung mit ihnen ein Stück zusätzliche Orientierung und Unterstützung geben.
Bevor wir fortfahren, möchte ich auf der Zuschauertribüne einen weiteren Gast begrüßen, und zwar den Befehlshaber des Wehrbereichs II, Generalmajor Bernd Diepenhorst. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Aufgrund der Redezeit des Herrn Ministerpräsidenten hätten jetzt alle Fraktionen noch eine weitere Redezeit von fünf Minuten. Deshalb frage ich: Liegen weitere Wortmeldungen vor?