Protocol of the Session on February 11, 2004

Auf die Festlegung bestimmter Fristen haben wir dabei ausdrücklich verzichtet.

Die Gewaltschutzvorschriften sind in Übereinstimmung mit den Vertreterinnen und Vertretern des Ausschusses für Gleichstellung und Frauenförderung ins Gesetz genommen worden, zumal auch deren Interesse groß war, diese Regelungslücke zu schließen.

(Beifall bei der SPD)

Eine Information an die einzurichtenden Interventionsstellen auch ohne Zustimmung der Betroffenen lehnen wir ab. Informiert werden soll über das Bestehen und die Möglichkeit dieser Stellen. Die besonders von der Polizei gewünschte Information über Gewaltschutzfälle von den Gerichten an die Polizei halten auch wir für sinnvoll und erforderlich. Dies ist aber nur möglich durch eine Regelung auf Bundesebene, für die wir uns einsetzen werden.

Das allgemeine Aufenthaltsverbot kann im Übrigen nur ausgesprochen werden, wenn, wie in anderen Fällen auch, Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person dort eine Straftat begehen wolle.

Das zunächst enger gefasste Recht der Polizei zum Betreten der Wohnung wurde aufgrund überzeugender Ausführungen, sowohl in der Anhörung als auch in den weiteren Gesprächen, insoweit verändert, als auf die in dem bisherigen Polizei- und Ordnungsbehördengesetz enthaltene Formulierung zurückgegriffen wird, nach der Wohnungen zur Abwehr dringender Gefahren jederzeit betreten werden dürfen, wenn die Abwehr der Gefahr nur dadurch ermöglicht wird. Diese Vorschrift hat in der Vergangenheit nicht zu Problemen geführt, gleichzeitig aber der Polizei auch bei ruhestörendem Lärm eine Handhabe gegeben. Für Vermisstensuche gilt im Übrigen das Gleiche.

Völlig überrascht und sozusagen kalt erwischt wurden wir von der Diskussion über die Dauervideoüberwachung in anderen Bundesländern.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Sie war weder von uns noch von anderen und auch vom Ministerium überhaupt angedacht. Es ist natürlich so, dass man es in § 27 hineininterpretieren könnte. Um das zu verhindern, haben wir ausdrücklich in unseren Änderungsantrag aufgenommen, dass das nicht geschehen soll, nur anlassbezogen und nicht frei.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ließen wir anderes zu – so sind die Bedenken zu Recht geäußert worden –, wäre das nur ein kurzer Schritt zur Erstellung von Bewegungsprofilen derjenigen, die die überwachten Straßen benutzen. Das wollen wir nicht.

(Beifall bei SPD und FDP)

Sehr eingehend beschäftigt haben wir uns mit dem Thema „Datenerhebung durch besondere Mittel“ und der „präventiven Telekommunikationsüberwachung“ insbesondere in Bezug auf Personen, die nach § 53 und § 53 a der Strafprozessordnung einen besonderen

Schutz genießen. Dabei handelt es sich um einen Personenkreis, der einem besonderen Amts- und Berufsgeheimnis unterliegt, also zum Beispiel Pfarrer, Ärzte, Verteidiger und Juristen.

Diesen wurde nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf nicht der umfassende Schutz zugebilligt, wie er nach der Strafprozessordnung vorgesehen ist. Insbesondere die Kirchenvertreter haben sich vehement dafür eingesetzt, dass dies geändert wird, und – wie wir aufgrund der Anhörung und der weiteren Gespräche anerkannt haben – zu Recht.

Dem seelsorgerischen Gespräch, dem Arztgeheimnis, der Tätigkeit eines Rechtsanwalts, insbesondere eines Verteidigers, und dem Vertrauensverhältnis zwischen Journalisten und ihren Informanten wäre die Grundlage, das besondere Vertrauensverhältnis, weitgehend entzogen, wenn die Betroffenen befürchten müssten, durch verdeckte Maßnahmen abgehört, aber auch durch Auskunftspflichten in ihrer Aufgabenwahrnehmung einschneidend behindert zu werden.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haben Sie das erst jetzt erkannt?)

Hören Sie doch zu. Ich habe doch gesagt, wer uns sensibilisiert hat. Nicht Sie, die Kirchen haben das gemacht.

(Beifall der SPD und der FDP – Zurufe der Abg. Frau Grützmacher und Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben uns dafür entschieden, in diesen Fällen entsprechend der Strafprozessordnung festzulegen, dass die Datenerhebung nach § 28 in ein durch Amts- oder Berufsgeheimnis geschütztes Vertrauensverhältnis unzulässig ist. Das ist eine klare Regelung.

Der Schutz des Amts- und Berufsgeheimnisses greift selbstverständlich dann nicht – dies nur zur Klarstellung –, wenn von diesem Personenkreis selbst die Gefahr für Leib und Leben einer Person ausgeht, wenn also ein Amts- oder Berufsgeheimnisträger mit der sich ihm anvertrauenden Person zusammenwirkt, auf deutsch gesagt, Straftaten verabreden oder als Mittelsmann agieren will.

Diese Verhaltensweisen sind übrigens nicht schutzwürdig, wie der Bundesgerichtshof mehrfach festgestellt hat. Die jetzige Regelung wird von den Kirchenvertretern ausdrücklich begrüßt und findet auch bei der Polizei großes Verständnis.

(Beifall der SPD und der FDP – Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Polizei ist auch damit einverstanden, dass die Ermächtigung für den Einsatz besonderer Mittel der verdeckten Datenermittlung auf die Fälle der Abwehr einer Gefahr für Leib und Leben einer betroffenen Person

beschränkt wird. Zuvor waren auch Sach- und Vermögenswerte vorgesehen.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und Freiheit!)

Mit der jetzigen Begrenzung wird den bürgerlichen Freiheitsrechten Rechnung getragen, ohne dass dadurch die vorbeugende Verbrechensbekämpfung unvertretbar erschwert wird.

(Beifall der SPD und der FDP – Schweitzer, SPD: So ist es!)

Ein freiheitlicher Rechtsstaat, den zu erhalten unser aller Anliegen ist, lebt nicht zuletzt von dem Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in eine Staatsgewalt, die nicht auch noch in den letzten Winkeln gesellschaftlichen Zusammenlebens seine Fühler ausstreckt. Das deutlich zu machen, hat uns veranlasst, enge Grenzen festzulegen.

Dass das möglicherweise nicht populär ist, weil nach potenziellem Täterschutz aussehend, ist nachzuvollziehen, aber es ist notwendig gewesen.

Lassen Sie mich an dieser Stelle auch noch einmal sehr deutlich sagen, dass wir – dabei schließe ich grundsätzlich alle im Parlament ein – überzeugt davon sind, dass unsere Polizei gewillt und in der Lage ist, den für sie oftmals schwierigen Abwägungsprozess zwischen notwendigem Eingriff in Grundrechte einerseits und dem Schutz der Grundrechte andererseits verantwortungsvoll zu meistern.

(Beifall der SPD und der FDP)

Die Beschränkung der präventiven Telekommunikationsüberwachung auf die Fälle, in denen die Datenerhebung zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben einer Person zwingend erforderlich ist, betrifft vor allem Stand und Feststellung, um vermisste Pers onen ausfindig zu machen und ihnen Hilfe leisten zu können. Ich denke, für diesen Bereich ist diese Maßnahme vertretbar.

Bezüglich der parlamentarischen Kontrolle, die auf Basis des jährlich von der Landesregierung abzugebenden Berichts erfolgen soll, halten wir es für ausreichend, dass diese Aufgabe der Parlamentarischen Kontrollkommission übertragen wird.

Einer Einschätzung des sächsischen Verfassungsgerichtshofs folgend, haben wir uns trotz nicht zu Unrecht vorgetragener Bedenken aus Kreisen der Polizei dafür entschieden, die Unterrichtung des Betroffenen über gespeicherte Daten bei Einsatz verdeckter Ermittler zu ermöglichen.

Nach der ergänzten Vorschrift soll in Fällen, in denen die weitere Verwendung eines verdeckten Ermittlers oder einer Vertrauensperson gefährdet wird, der Betroffene zumindest über die Tatsache der erfolgten verdeckten Datenerhebung unter Verzicht auf die Darstellung der näheren Umstände unterrichtet werden. Damit bewegen wir uns auf der verfassungsrechtlich sicheren Seite.

Auf Wunsch der kommunalen Spitzenverbände haben wir schließlich bezüglich des Einsatzes von Hilfspolizeibeamten die einschlägige Vorschrift dahin gehend geändert, dass auch die örtlichen Ordnungsbehörden das Recht haben bzw. behalten, Hilfspolizeibeamte zu bestellen.

Wir wollen damit nicht unbedingt Entscheidungen, wie sie vor wenigen Tagen in Trier getroffen worden sind, Vorschub leisten. Aber wir wollen genauso wenig per Gesetz den Kommunen diese Möglichkeit nehmen, die sie heute haben.

Zusammenfassend möchte ich für die SPD-Fraktion feststellen, dass wir mit den eingebrachten Änderungen nach der heutigen Entscheidung des Landtags der Polizei mit dem neuen Polizei- und Ordnungsbehördengesetz eine Arbeitsgrundlage zur Hand geben, die sie in die Lage versetzt, sich den ständig und mit großer Geschwindigkeit ändernden Bedingungen auf dem Feld der Verbrechensbekämpfung zu stellen.

Die schlimmen Ereignisse am 11. September 2001 haben die Welt verändert. Aber wir müssen uns davor hüten, durch überzogene und der Sache selbst, die Innere Sicherheit nicht oder unzureichend fördernde Eingriffe in die Freiheitsrechte unserer Bürgerinnen und Bürger den Veränderungsprozess noch zu verschärfen.

Abschließend nur ein Satz zu dem uns heute Mittag vorgelegten Entschließungsantrag der GRÜNEN.

(Schweitzer, SPD: Das ist eine Frechheit!)

Ich denke, so gehen wir nicht miteinander um – drei Seiten lang. (Beifall der SPD und der FDP)

Dann hätten wir besser Ihren gesetzten Antrag bestehen lassen, dann hätten wir über die Punkte diskutiert; denn nichts anderes ist es. Es ist im Grunde das, was Sie aus Ihrem Vorschlag herausgeholt und jetzt in einen Entschließungsantrag umgewandelt haben.

(Zuruf der Abg. Frau Elsner, SPD)

Dem können wir nicht zustimmen, zumal vieles von dem, was dort drin steht, bereits gemacht wird und wir nichts anders machen wollen.

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Insofern wird dieser Antrag keine Zustimmung von uns erhalten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und der FDP)