Protocol of the Session on June 21, 2001

(Zuruf von der SPD: Lobt uns doch! – Zuruf des Abg. Itzek, SPD)

Herr Itzek, dazu haben Sie auch allen Grund;

(Beifall bei der CDU)

denn die Gesundbeterei des Wahlkampfs ging gerade bei diesem Thema weit an der Wirklichkeit vorbei.

Täglich wächst der Unmut in der mittelständischen Wirtschaft über die Wirtschaftspolitik der rotgrünen Bundesregierung, und die vom SPD-Vorsitzenden und Bundeskanzler energisch vorangetriebene Volksfront in Berlin als Entree für neue Konstellationen in der Bundespolitik muss jedem mittelständischen Unternehmen kalte Schauer über den Rücken jagen.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, Grund genug also, die Politik für den Mittelstand ganz an den Anfang der Arbeit in der neuen Legislaturperiode des Landtags zu stellen.

Doch was sich die Koalition hat einfallen lassen, ist – das müssen Sie zugeben – relativ einfach gestrickt. Um die unangenehmen Fragen der Berliner Wirtschaftspolitik beispielsweise machen Sie einen großen Bogen. Nichts, was die Bundesregierung mit ihrer Mitwirkung oder Duldung zu verantworten hat, wird angesprochen: die Steuerreform für die Konzerne und gegen den Mittelstand, die Neuregelung des 630-DM-Jobs, die Reglementierung durch verschärftes Arbeitsrecht, die Betriebsverfassung für den DGB und gegen Pluralismus in der Arbeitnehmerschaft und auf Kosten des Mittelstands, die Belastung durch die Ökosteuer usw., usw. Es fällt kein Ton dazu.

Stattdessen weichen Sie auf Themen aus, die Ihrer Landesregierung nicht wehtun können. Es ist nicht falsch, was Sie im Hinblick auf das Recht der EU fordern. Nur, es ist wohlfeil. Niemand wird Sie dafür haftbar machen, wenn es nicht gelingt, diese Forderungen in der EU durchzusetzen. Sie werden für diesen Fall wohl heute schon einen geeigneten Schuldigen gefunden haben. (Zuruf der Abg. Dr. Schmitz und Frau Morsblech, FDP: Märchen! – Zurufe von der SPD: So ein Quatsch!)

Meine Damen und Herren von der Koalition, Ihr Einsatz für den Mittelstand wäre sehr viel glaubwürdiger, wenn Sie Themen und Maßnahmen angesprochen hätten, die in Ihrer eigenen landespolitischen Verantwortung oder auch bundespolitischen Mitverantwortung liegen,

(Beifall der CDU)

an denen Ihre Ernsthaftigkeit und Ihre Durchsetzungsfähigkeit wirklich zu messen wäre.

(Böhr, CDU: Sehr wahr!)

Unsere Wirtschaftspolitik für eine mittelständische Wirtschaft braucht in der Tat neue Impulse. Es wäre schon interessant gewesen, dazu etwas zu hören.

Unser Fraktionsvorsitzender Christoph Böhr hat in der Debatte um die Regierungserklärung dazu deutliche

Worte gesagt, die eine gute Resonanz in Wirtschaft und Öffentlichkeit gefunden haben, wie Sie aus den Pressekommentaren entnehmen konnten.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren von der Koalition, umso mehr muss es erstaunen, dass Sie meinen, Sie könnten sich mit einem solchen Antrag des Themas „Mittelstand“ in Rheinland-Pfalz entledigen.

Die CDU-Fraktion hat deshalb mit einem eigenen Antrag auf wenigstens zwei Problembereiche aufmerksam gemacht,

(Staatsminister Bauckhage: Ja!)

die diese Landesregierung dort in die Verantwortung nehmen, wo sie eigene Gestaltungsaufträge hat, Herr Bauckhage. Den Forderungen an die Europäische Union stellen Sie zwei Feststellungen voran, mit denen Sie beweisen, wie wenig Sie eigentlich bereit sind, die Wirtschaftspolitik unseres Landes selbst einer kritischen Betrachtung zu unterziehen.

Ich konzediere Ihnen, dass Sie die Landesregierung, die Sie selbst gerade erst gewählt haben, nicht gleich mit Kritik überkübeln wollen. Niemand erwartet das von Ihnen. Aber müssen Sie denn jetzt schon wieder Ihre Devotionsadressen an den heiligen Kurt und seinen Schildknappen Hans-Artur in diesem Landtag zelebrieren?

(Beifall der CDU und des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Weiland, CDU: Sehr gut! – Itzek, SPD: Was wärt Ihr froh, wenn Ihr einen heiligen Kurt hättet!)

Herr Itzek, der Wahlkampf ist doch gerade erst vorbei. Jetzt wäre doch wirklich Gelegenheit, neue Pflöcke einzuschlagen und neue Akzente zu setzen. Stattdessen ignorieren Sie im ersten Teil Ihres Antrags unkritische Lobeshymnen, die auch noch an der Situation unserer Wirtschaft im Lande Rheinland-Pfalz total vorbeigehen.

(Frau Morsblech, FDP: Märchen!)

Ach wissen Sie, Frau Morsblech, wenn Sie von Märchen reden, würden Sie uns zwar gern in die Geschichte Ali Babas verbannen. Aber das passt nicht. Wir sind dann keine 40 Räuber, sondern wir sind nur 38 Räuber. Aber genauso gut könnten wir es umgekehrt machen. Ich könnte Sie als Schneewittchen mit Ihren 7 Zwergen darstellen. Auch dies würde dann in die Märchenlandschaft passen. (Heiterkeit im Hause – Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie rühmen die großartige Entbürokratisierungspolitik dieser Landesregierung, die unbedingt fortgesetzt werden müsse. Haben Sie eigentlich nicht gelesen, was erst zu Beginn dieses Jahres alle drei Industrie- und Handelskammern unseres Landes in ihren Studien „Mittelstand 2010“ ermittelt haben?

Von der Entbürokratisierung scheinen die Betriebe uns eres Landes so viel noch nicht gespürt zu haben. Wie anders sind denn die Sätze zu verstehen wie dieser aus der Studie der IHK Pfalz? Ich zitiere:

„An dritter Stelle“ – ich ergänze, der bestehenden Mängel – „rangiert die Einschätzung, dass in der Region zu viel Bürokratie praktiziert wird und die Verwaltung wirtschaftsunfreundlich sei.“

Meine Damen und Herren, diese Einschätzung lässt vermuten, dass die Bemühungen der Landesregierung, die Verwaltung zu vereinfachen, zu beschleunigen und bürgernah zu gestalten, noch sehr nachbesserungsbedürftig sind.

(Zuruf des Abg. Itzek, SPD)

Herr Itzek, – Herr Itzek, die Zerschlagung der Bezirksregierung hat Sie offenbar nicht sehr viel weitergebracht. Ich zitiere die IHK Tier: So sehen die meisten Unternehmen Handlungsbedarf beim Themenfeld „Wirtschaftsfreundliche Verwaltung“. – Dies steht auf der Seite 5. Um den Reigen zu schließen, zitiere ich die IHK Koblenz: Vor allem hinsichtlich der Wirtschaftsfreundlichkeit der Verwaltungen sehen die Unternehmen starken Handlungsbedarf.

(Zuruf des Staatsministers Bauckhage)

Herr Bauckhage, Sie werden doch wohl nicht unterstellen, dass die CDU die Hände im Spiel hatte, wo doch eindeutig klar ist, zu wessen politischer Couleur die Oberen der IHK zu rechnen sind. Da werden Sie uns doch diese Dinge nicht unterstellen wollen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Die Verwaltungsmodernisierung war in den vergangenen Jahren Chefsache des Ministerpräsidenten. Das Urteil der Wirtschaft zu Beginn dieses Jahres ist aber vernichtend. Ich meine, da müssen Sie sich schon etwas mehr einfallen lassen, als eine so genannte Deregulierungs- und Entbürokratisierungsoffensive der Landesregierung zu begrüßen.

All das, was in der Verantwortung von SPD und FDP bisher in Rheinland-Pfalz auf diesem Feld geschehen ist, entpuppte sich in der Tat als grandioser Fehlschlag. Sie tun immer noch so, als sei alles in Butter.

Genauso überflüssig und irreführend ist die Behauptung über die ach so vorbildliche Technologieförderung der Landesregierung. Die Technologieförderung legt noch immer das Konzept zugrunde, das der frühere Wirtschaftsminister Rudi Geil 1988 nach intensiven Beratungen mit Experten entworfen und umgesetzt hat. Dieses Konzept setzte von Anfang an auf einen Wissenstransfer von Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen zu den Unternehmen. Dieses im Ansatz bewährte Konzept müsste jetzt weiterentwickelt werden. Unser Antrag enthält dazu Vorschläge.

Sie müssten aber nun vor allem auch die Probleme aufgreifen, die die mittelständische Wirtschaft in erster Linie für ihre technologische Entwicklung und deren Umsetzung sieht. Auch hierzu können Sie in den schon

zitierten Studien der Industrie- und Handelskammern Bemerkenswertes lesen.

(Böhr, CDU: Sehr wahr!)

Unisono klagen die Unternehmen über zwei Probleme, nämlich die Finanzierung von Innovation und die Qualifizierung des Personals. Lesen Sie doch bitte einmal genau nach, wie dringlich diese Probleme von den Betroffenen selbst gesehen werden. Sie sollten sich auch zu Herzen nehmen, was verschiedene Untersuchungen zum Stellenwert und zur finanziellen Ausstattung von Forschung und Entwicklung in Rheinland-Pfalz sagen. Hier sind wir das Schlusslicht unter den westdeutschen Bundesländern.

Es geht neben der Verkehrserschließung unserer ländlichen Räume um das entscheidende wirtschaftliche Manko unseres Landes. Meine Damen und Herren, zu diesen vordringlichsten Aufgaben der Landespolitik gehört es eben nicht, Aufgabenerledigung an andere zu delegieren, sondern das zu tun, was in unserer Kompetenz selbst liegt.

So sehen wir eine zentrale Aufgabe rheinlandpfälzischer Wirtschaftspolitik auch darin, neben der Schaffung neuer Arbeitsplätze den Erhalt der bestehenden Arbeitsplätze zu sichern. Wir verstehen unseren Antrag als Ergänzung des vorliegenden Koalitionsantrags. Wir setzen voraus, dass die Politik bereit ist, – –

(Glocke der Präsidentin)

Ich komme zum Schluss.

neben den administrativ möglichen Regelungen insbesondere dafür zu sorgen, dass die Rahmenbedingungen für eine florierende und prosperierende Wirtschaft endlich geschaffen werden. Zu diesen Rahmenbedingungen zählen neben dem Arbeits- und Steuerrecht auch die Serviceleistungen, die der Staat, das Land in diesem Zusammenhang für die Wirtschaft leisten kann. Wir sind der Auffassung, dass es nötig ist, an Sie zu appellieren, unserem Antrag zuzustimmen, wenn Ihnen mehr an Sachlichkeit als an Selbstdarstellung liegt.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Ich erteile der Abgeordneten Frau Morsblech das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Manche Prozesse in diesem Haus sind sehr durchsichtig. Nachdem der Ältestenrat in diesem Hause getagt hat, kommt die CDU noch mit einem Antrag, der unbedingt auf die Tagesordnung muss, nicht, weil er dringlich oder interessant wäre, sondern allein deshalb,