Meine Damen und Herren, es ist ein Unterschied, ob wir über diese Welt reden oder über eine andere Welt.
Wenn wir über diese Welt reden, dann müssen wir uns der Probleme annehmen, so wie wir sie jetzt in Rheinland-Pfalz haben. Uns Liberalen wäre eine Lohnzusatzkostenbelastung von 30 % auch lieber als die 42,3 %, die zur Zeit durch die Medien wabern. Aber die haben wir nicht. Solange wir die nicht haben, haben wir auch das Problem beispielsweise der Langzeitarbeitslosen, dem sich die Landesregierung in beispielhafter Weise in der Vergangenheit angenommen hat. Darauf bin ich auch als liberaler Abgeordneter stolz.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Bereich des Erziehungsgeldes. Wir haben doch bei den Gesundheitsämtern erlebt, wie viele Effizienzreserven eine Kommunalisierung erreicht. Wir haben es doch erlebt. Wir haben vor einem Jahr darüber gestritten, wie weit das Land an diesen Erfolgen partizipieren darf oder kann. Wenn wir jetzt ähnliche Modelle in einer subsidiären kommunalen Struktur versuchen, dann ist das für mich der richtige Weg. Ich bin überzeugt davon, dass die Kommunen den besseren Einblick in diese Strukturen haben als eine Landesverwaltung, die zentral in Mainz sitzt.
Frau Thomas, das ist doch nicht wahr. Sie wissen doch wie ich, dass diese Bemühungen dahin zielen – wir haben es eben doch gehört, und ich wiederhole es gern –, über eine 20%ige Bezuschussung des Landes Mittel in die Kommunen zu bringen und den Kommunen mehr Entscheidungsfreiheit zu geben. Das finde ich gut.
Meine Damen und Herren, der nächste Bereich: Paradigmenwechsel in der Investitionsförderung von Pflegeeinrichtungen. Wir hatten am Freitag eine hochinteressante Diskussion zur Pflegeversicherung und werden morgen in der Aktuellen Stunde noch einmal darauf eingehen. Es war doch höchste Zeit, dass man diese Investitionsstrukturen umgestellt hat.
Ich hätte ein Lob der Opposition erwartet. Entweder waren Sie sich zu fein dafür oder Sie haben das Modell nicht verstanden.
Letztlich sind wir uns alle in den Sonntagsreden einig, dass die Staatsquote gesenkt werden soll. Meine Damen und Herren, auch der Sozialbereich gehört zur Staatsquote, und zwar nicht zuletzt. Die Probleme, die wir in Deutschland haben, hängen mit diesen hohen Staatsquoten zusammen. Wir müssen auch in der Sozialpolitik die Bereitschaft zeigen, ohne mit dem Finger auf Betroffene zu zeigen und ohne unsere Hilfsbereitschaft vom Grundsatz her einzuschränken, genau im Sinn dessen, was Sie eingefordert haben, im Sinn einer Evaluierung, eines Erhalts bewährter Strukturen hinzugehen und die Dinge auf ein Maß zurückzuschneiden, das die Erfolgssicherheit gewährleistet, ohne Streuverluste zu bringen.
Meine Damen und Herren, in diesem Sinn kann ich mich als sozialpolitischer Sprecher meiner Fraktion den Sparvorschlägen des Sozialministeriums in hundertprozentiger Art und Weise anschließen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In aller Kürze möchte ich auf einige wenige Aspekte eingehen, die heute in der Debatte eine Rolle gespielt haben, insbesondere bei dem Vorsitzenden der CDU-Fraktion, bei Ihnen, Herr Böhr.
Die erste Anmerkung, die ich machen will, hängt mit der Verschuldung zusammen, wenn davon gesprochen wird, dass das Land aufgrund der Verschuldung der letzten Jahre handlungsunfähig geworden sei. Es gibt keine Debatte darüber, dass die Verschuldung bei uns und bei anderen Ländern, übrigens auch im Bund und bei einer Vielzahl von Kommunen, zu hoch ist. Aber inwieweit drückt sich Verschuldung auf die Handlungsfähigkeit des aktuellen Haushalts aus? Das tut sie allein über die Zinslast, die wir zu tragen haben.
Meine Damen und Herren, ich darf in Erinnerung rufen, dass diese Zinsausgabenquote zu Zeiten früherer Regierungsverantwortung bereits beträchtlich höher gelegen hat. Ich darf daran erinnern, in den Jahren 1985 lag sie bei 9,8 %, 1986 bei 9,7 % und 1987/1988 bei 9,6 %.
Auch im letzten Jahr der Regierungsverantwortung der Union lag sie bei 9,0 %, also 0,4 % niedriger als heute. Bezogen auf unser Haushaltsvolumen macht dies eine Größenordnung von etwa 45 Millionen Euro aus. 0,4 % bezogen auf das gesamte Haushaltsvolumen: Dies ist das Ergebnis der Verschuldungspolitik bezogen auf aktuelle Werte.
Meine Damen und Herren, ich weiß auch, dass uns bei diesen Werten das niedrige Zinsniveau zugute kommt. Das weiß ich sehr wohl. Aber hier so tun, als seien die 9,0 % Ihres letzten Regierungsjahres das Heil und 0,4 % mehr der Untergang des Landes Rheinland-Pfalz, ist doch neben aller Realität.
Die zweite Anmerkung: Herr Dr. Böhr, Sie haben davon gesprochen, dass durch Berlin das Phänomen „Niedrigsteuerland“ geistere. So in etwa haben Sie es formuliert.
Entschuldigung. Die ist heute auch nicht höher als im letzten Jahr der Regierung Kohl. Das wollen wir doch einmal festhalten.
Ich will nur auf Folgendes aufmerksam machen: Die volkswirtschaftliche Steuerquote war im Jahr 2002 die niedrigste seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland.
Dies macht einen effektiven Entlastungsbetrag für die Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger in der Größenordnung von 45 Milliarden Euro aus. In diesem Kontext ständig von Steuererhöhungen zu reden, die durchgeführt würden, ist ebenso neben der Realität.
Nun will ich eine dritte und letzte Anmerkung machen, die mit den Steuereinnahmen in diesem Jahr und den Erwartungen, die wir für die restlichen neun Monate haben, zu tun hat.
Ich muss mich schon wundern, dass dieses Thema heute – bislang jedenfalls – keine Rolle gespielt hat.
Ich will jedenfalls darauf aufmerksam machen, dass wir bei der Veranschlagung der Steuereinnahmen höchst vorsichtig vorgegangen sind. Wir haben gegenüber der Steuerschätzung November 2002 zu einem Zeitpunkt Abschläge vorgenommen, als andere, auch die Sachverständigen, noch an ihren alten Zuwachsprognosen festgehalten haben. Wir haben für die Steuererhöhungen, die für dieses Jahr geplant sind, keinen Cent angesetzt, weder aufgrund des Steuervergünstigungsabbaugesetzes noch aufgrund des geplanten Zinsabgeltungssteuergesetzes und auch nicht für die Phasenverschie
bung im Länderfinanzausgleich, die uns in diesem Jahr noch etwa 40 Millionen Euro in die Kasse bringen wird.
Wir haben für all dies null angesetzt. Ich sage nicht, damit sind wir auf der absolut sicheren Seite. Das kann zu dieser Zeit niemand sagen. Ich sage aber auch, wir haben auf der Einnahmenseite des Haushalts nicht nur Risiken, sondern durchaus auch Chancen.
Die Gespräche der letzten Tage, seit der letzten Sitzung des Vermittlungsausschusses bis in die letzte Nacht hinein, zwischen Ministerpräsident Steinbrück und Ministerpräsident Koch – der eine SPD und der andere CDU, wie man weiß – lassen durchaus erwarten, dass es bereits in der nächsten Sitzung des Vermittlungsausschusses zu einer deutlichen Präzisierung dessen kommt, was in gemeinsamer Mehrheit von Bundestag und Bundesrat möglich sein wird.
Was die Ergebnisse bis einschließlich März angeht: Die Hälfte des Betrags, den wir in diesem Jahr als Plus, als Zuwachs gegenüber dem vergangenen Jahr bei den Steuereinnahmen veranschlagt haben, haben wir bereits bis zum 31. März in der Tasche.
Ich weiß, dass sich diese Entwicklung in der Form nicht fortsetzen wird. Ich will aber deutlich machen, dass wir durchaus eine realistische Chance haben, mit den geplanten Werten – wobei sie vorsichtig kalkuliert sind – das Jahresende zu erreichen.