Protocol of the Session on January 16, 2003

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Sie hätten nichts davon, wenn wir für alle Kinder Hortplätze hätten und alle Frauen arbeiten könnten, die das jetzt nicht können, weil dann kein zusätzlicher Arbeitsplatz vorhanden wäre.

(Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir reden zu viel von Arbeitsverwaltung und Strukturen, die das Elend begleiten und zu wenig über Arbeitsplätze und wie sie entstehen. Auf das Thema des Punkts der Tagesordnung werde ich noch eingehen.

(Beifall der FDP und der CDU)

Ich bedanke mich herzlich für den freundlichen Beifall von der CDU-Opposition.

(Zuruf des Abg. Kramer, CDU)

Der Vorwurf ging auch in Ihre Richtung. Ich werde noch ein paar Worte für Ihren Parteifreund Kramer übrig behalten.

(Zurufe von der CDU)

Schließen Sie bitte nicht an die Turbulenzen von gestern an. Das war doch peinlich genug. Wir bewahren heute die Ruhe.

(Vereinzelt Beifall bei FDP und SPD)

Arbeitsplätze sind immer entstanden und werden weiter entstehen durch Unternehmer, die Geld in die Hand nehmen und marktfähige Produkte herstellen.

(Zuruf des Abg. Keller, CDU)

Wenn wir Strukturen einfordern, die solche Arbeitsplätze in wahrnehmbarer Zahl zustande bringen und wie der Kollege Marz zu Recht auf Konjunktur und Wirtschaftspolitik verweisen, dann würde ich Sie bitten, das kurz zusammenzufassen und Ihren Parteifreunden in Berlin zukommen zu lassen, Herr Marz.

(Beifall bei der FDP – Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben wir von denen gekriegt! – Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie nehmen das bloß nicht wahr! – Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Thema verfehlt auf der ganzen Linie!)

Es gibt noch zwei Kleinigkeiten, und dann komme ich zum eigentlichen Tagesordnungspunkt. Liebe Frau Grosse, ich glaube, dass Frauen fast alles können. Ich

glaube nicht, dass sie alles können, genau wie umgekehrt.

(Zuruf von der SPD: Ich teile Ihre Auffassung!)

Fürs Protokoll.

Ich bin auch der Meinung, dass nicht alle Arbeitslosen – genau wie alle anderen, die arbeiten – gleich fleißig sind. Auch das ist meine Überzeugung. Aber auch das ist nicht das Thema, weil wir auch damit keine Arbeitsplätze bekommen. Auch wenn alle überaus fleißig wären und von frühmorgens bis spät in die Nacht nichts anderes tun würden, als Arbeit zu suchen, bekämen wir die Geschichte auch nicht in Schwung.

Jetzt komme ich zu dem, was die Landesregierung tut, um im Rahmen dieser schlimmen Zustände von über 4 Millionen Arbeitslosen mit zunehmender Tendenz, an denen wir alle einen kleinen Teil Mitverantwortung tragen, auf Landesebene das Schlimmste zu verhindern. Nur darum kann es gehen.

Herr Kramer, dann kommt es mir in der Art und Weise, wie die Große Anfrage formuliert ist – das ist eine Frage, die fast emotional herüberkommt –, manchmal so vor, als ob Sie sich darüber freuen würden, wie die Zustände sind. Ich hoffe, dass wir uns einig sind, dass wir uns alle – auch in Oppositionsfunktion – immer wieder deutlich machen sollten, wie tief uns diese Situation betroffen macht.

(Kramer, CDU: Wir wollten Informationen!)

(Kramer, CDU: Das haben wir erreicht!)

Dass man Informationen haben will und Evaluationen einfordert, ist in Ordnung, aber Honig zu saugen aus dem Elend der Betroffenen, sollte man auch vom Zungenschlag her vermeiden.

(Vereinzelt Beifall bei FDP und SPD – Kramer, CDU: Passen Sie auf! Sagen Sie nichts Falsches! Vorsicht!)

Meine Damen und Herren, wir wollen nicht vergessen, dass Rheinland-Pfalz im Vergleich der Bundesländer auf einer sehr beachtlichen vierten Position – wie ich glaube – liegt.

(Kuhn, FDP: Dritte, vierte! – Frau Thelen, CDU: Wir waren auch schon auf der dritten!)

Frau Thelen, das ist richtig, und auch das ist bedauerlich. Vielleicht schaffen wir es mit der konstruktiven Hilfe der Opposition in unserer Enquete-Kommission, das wieder zu erreichen. Ich bin sehr gespannt.

Meine Damen und Herren, ich freue mich auch darüber, dass Sie die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen des

Landes durch Ihre Große Anfrage zum Thema gemacht haben. Diese Maßnahmen haben das verdient. Wir sollten nicht immer nur auf die Bundesebene schauen. Wir sollten in der Tat sehen, was in Rheinland-Pfalz an Ideen produziert wird, die immer noch besser sein könnten. Ich bin aber auch der Meinung, 2.800 Leute ist eine Zahl, die nicht nur wahrnehmbar ist, sondern von Bedeutung ist.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

Um diese Problematik aufzuklären, die immer wieder durch den Raum geistert – Florian Gerster ist nicht mehr unter uns und kann sich dagegen schlecht wehren –, wenn alle Bundesländer – Herr Kramer, auch die CDUgeführten – fast 3.000 Menschen über solche Maßnahmen in Arbeit hätten, dann müssten Sie das Ganze mal 16 nehmen. Dann kommen Zahlen zustande, die in der Tat dem entsprechen, was Florian Gerster als Hoffnung skizziert hatte.

(Beifall bei FDP und SPD)

Meine Damen und Herren, es stimmt mich froh, dass es insbesondere in dem höchst problematischen Bereich der Langzeitarbeitslosigkeit gelungen ist, mit den Maßnahmen der Landesregierung entscheidende Erfolge zu erzielen. Wir haben die Zahl der Langzeitarbeitslosen im Vergleich zu 1997 um 15.000 Personen verringert. Das ist ein Grund zur Freude, weil dieses Segment sicherlich das schwierigste Segment aller Betroffenen ist.

Meine Damen und Herren, wenn Sie auch das wiederum im Ton und in der Anlage Ihrer Großen Anfrage vorwegnehmen, dass im Land keine Evaluation und Qualitätskontrolle und kein Controlling stattfinden, dann kann ich das nicht nachvollziehen, Herr Kramer.

(Kramer, CDU: Das habe ich auch nicht gesagt! Sagen Sie nichts Falsches!)

Ich erspare mir Zitate. Im Duktus der Großen Anfrage kommt es zum Ausdruck, dass Sie unterstellen, dass die Evaluation und die Kontrolle zumindest nicht ausreichend sind. Das mutmaßen Sie. Deshalb fragen Sie nach. Ich kann nur sagen, dass wir seit Mitte der 90erJahre eine Kontrolle und Evaluierung haben. Ich kann mir auch nicht vorstellen, wie die Landesregierung in der Lage gewesen wäre, diese Große Anfrage – Herr Marz, was immer man von den Inhalten halten mag – ohne entsprechendes evaluatorisches Regelwerk und Handwerkszeug hätte beantworten können.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren, natürlich zwingen die knappen Haushaltskassen aber auch hier zur Überprüfung aller Maßnahmen.

(Lelle, CDU: Aha!)

Selbstverständlich, Herr Lelle. Wir können füglich mit jedem Haushaltstitel ins Gericht gehen. Wir werden immer in diesem Land Betroffene finden, die gute Grün

de anführen, dass man just in diesem Bereich nicht hätte sparen sollen. Dann hätten wir am Ende einen nicht ausgeglichenen Haushalt wie unsere Parteifreunde der FDP in Hessen, die mit Ihren Parteifreunden, der CDU, drüben regieren. Das wollten wir nicht. Das haben wir für uns als nicht verantwortungsvoll angenommen. Das ist etwas, was auch zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit über eine zurückgenommene Staatsquote auf Dauer Wirkung entfalten wird. Davon bin ich überzeugt.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir werden in der schon angesprochenen Enquete-Kommission über viele Dinge ergebnisoffen sprechen, zumindest die drei Parteien, die sich vom Einsetzungsbeschluss her zu dieser EnqueteKommission durchringen konnten. Dass es mit den Positionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bedauerlicherweise keine Übereinstimmung gab und viel zu wenig Gemeinsamkeiten, weil man sich auf exotische Felder begeben wollte, bedauere ich. Das ist schade für die Arbeit, aber ich glaube, dem Ergebnis wird es gut tun.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dass wir nicht mit Ihnen gleich reden, das wird sehr interessant für das Ergebnis sein!)

Meine Damen und Herren, es gibt einige Punkte – Frau Thomas, auch für Sie interessante Punkte; das können Sie mitschreiben –, die wir immer wieder vorgestellt haben, bei denen uns wahrscheinlich auch in Zukunft niemand die Urheberschaft wird streitig machen können, Herr Kramer. Das sind Themen wie Öffnung des Tarifvertragsrechts, Öffnungsklauseln, mehr Selbstbestimmung für die Betriebsräte. Wir haben uns für Lockerungen des Kündigungsschutzes ausgesprochen.

(Mertes, SPD: Die Abschaffung der VOB, die Abschaffung der VOL, die Abschaffung der HOAI! Bravo!)

Nein, nicht für die Abschaffung, für die Lockerung. Ich kenne genügend Leute, die Mitarbeiter einstellen würden, wenn sie nicht die Angst hätten, sie nicht mehr loszuwerden. Der Verweis auf komplizierte befristete Einstellungen hilft da nicht weiter.

(Mertes, SPD: Zwangsmitgliedschaft bei der IHK!)