Protocol of the Session on January 16, 2003

(Beifall der CDU)

Ich komme zunächst zu der Reduzierung der Erstattungen des Landes bei der Jugendhilfe um rund 20 %.

(Staatsministerin Dreyer: 5%!)

Das mit der Mathematik müssen wir zunächst einmal klären. (Heiterkeit im Hause)

Sie haben heute 25 % und zahlen in Zukunft nur noch 20 %. Das sind fünf Prozentpunkte. Aber von 25 % auf 20 % herunter gerechnet ist ein Fünftel. Hochverehrte Frau Ministerin, das sind 20 %.

(Beifall der CDU – Mertes, SPD: So klar habe ich das noch nie gehört!)

Ja, aber vielleicht müssen Sie es ab und zu einmal hören.

Diese Reduzierung um 20 % ist nichts anderes als eine Maßnahme zur Entlastung des Landeshaushalts, meine Damen und Herren. Es wäre viel ehrlicher gewesen, wenn Sie Ihren Gesetzentwurf einfach nur mit dem Titel: „Maßnahmen zur Entlastung des Landeshaushalts auf Kosten anderer“ überschrieben hätten;

(Beifall der CDU)

denn nichts anderes tun Sie.

Wenn der Kollege Mertes schon mit großer Freude Norbert Blüm zitiert, möchte ich ihn nun auch bemühen. Herr Mertes, was ist es denn anderes als das Fummeln am Gürtel anderer?

(Beifall der CDU)

Ich will Ihnen nur einmal mit einigen wenigen Zahlen die Auswirkungen genau dieses Vorgangs für einen anderen, dessen Gürtel Sie enger schnallen, demonstrieren. Allein dieser einzige Punkt bedeutet für die Stadt Koblenz in den Folgejahren ca. eine Dreiviertelmillion Euro mehr an Kosten. Mit dieser Maßnahme ermöglichen Sie – so in Ihrer Begründung – den Kommunen – dies hören Sie sich bitte einmal genau an –, „ihre Verantwortung für eine bedarfsgerechte und wirtschaftliche Gestaltung der Hilfen wirksamer vornehmen zu können“. Meine Damen und Herren, das ist blanker Zynismus!

(Beifall der CDU)

In Artikel 8 Ihres Gesetzentwurfs errechnen Sie sich durch die Abschaffung der Förderung betriebsnotwendiger Investitionen bei den Alteneinrichtungen Einsparungen für das Land in Millionenhöhe. Aber was passiert dabei wirklich?

Bei der Sanierung eines Altenheims wird der ausbleibende Landeszuschuss – das haben Sie soeben beschrieben, das ist völlig richtig – auf den Pflegesatz umgelegt. Die Pflegesätze – das ist doch die logische Konsequenz daraus – steigen erneut an, und bei den Kommunen steigen somit die Sozialhilfeausgaben an. Was ist das denn anderes als das Fummeln am Gürtel eines anderen?

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Itzek, SPD)

Die andere Variante wäre, dass dringend notwendige Sanierungsinvestitionen ausbleiben. Die alten Menschen, die ihr Leben lang ihren Beitrag für unser Ge

meinwesen geleistet haben, fristen dann in irgendeiner Bruchbude ihren Lebensabend!

(Beifall der CDU – Itzek, SPD: Wie in Ruanda!)

Die Kürzung des Landesblindengeldes setzt die Reihe der Entlastungen auf Kosten anderer fort. Passend zum Jahr der Menschen mit Behinderungen können wenigstens die Blinden in Rheinland-Pfalz jetzt schon, mit den Worten des Ministerpräsidenten, „das Fazit über das Jahr 2003 ziehen“. Sie brauchen das Jahresende nicht abzuwarten.

Zitat: „2002 hieß nicht nur das Jahr der Behinderten, sondern hier ist auch auf ihre Belange in besonderer Weise eingegangen worden.“ – Meine Damen und Herren, auf diese besondere Weise, wie auf die Belange der blinden Mitmenschen eingegangen ist, können diese gut verzichten.

(Beifall der CDU)

Ich möchte zu dem Thema „Gürtel“ noch etwas sagen. Sie hätten nur fünf Stellen im Sozialministerium einsparen müssen und hätten den gleichen Spareffekt wie mit Ihrem Vorschlag erzielt, nur ausnahmsweise einmal nicht auf Kosten anderer. Aber da bleibt sich die Landesregierung wirklich treu.

Das Landesgesetz über Maßnahmen zur Entlastung des Landeshaushalts auf Kosten anderer hat sich dann noch eine Gruppe Menschen vorgenommen, die es nach Meinung der Landesregierung besonders verdient, gebeutelt zu werden, nämlich die rheinland-pfälzische Polizei.

Unser Staat, unser Land braucht motivierte und gesunde Polizeibeamte in ausreichender Zahl. Diese Landesregierung tut alles, damit das Gegenteil erreicht wird.

(Itzek, SPD: Mir kommen die Tränen!)

Sie ignoriert die hohe psychische und physische Belastung der Polizeibeamten. Sie belastet die aktiven Beamten mit Mehrarbeit durch Reduzierung der Neueinstellungen um ein Drittel. Sie raubt ihnen durch ihre Beförderungsversprechen, die ständig gebrochen werden, jede Motivation. Sie zockt letztendlich bei der Beihilfe nach Meinung vieler verfassungswidrig die Beamten ab.

(Itzek, SPD: Da gibt es aber viele Länder, die das schon lange haben! – Dr. Weiland, CDU: Abzocker!)

Die neueste Rezeptur aus der Giftküche der Landesregierung verlängert in unverantwortlicher Weise die Lebensarbeitszeit der Beamten. Aber vielleicht wird es gar nicht dazu kommen, dass die Beamten so lange arbeiten müssen, weil sie vielleicht gar nicht mehr können. Dann ist das erreicht, was Sie in Wirklichkeit wollen, dass sie mit 60 Jahren in Pension gehen, aber zu geringeren

Pensionsansprüchen. Dann haben Sie Ihre Einsparungen.

(Beifall der CDU – Dr. Schmitz, FDP: Populist!)

Meine Damen und Herren der Regierung, was hat Ihnen eigentlich die Polizei getan? Kommen wir noch einmal auf die Kommunen zurück, denen Sie eine Sicherung ihrer Leistungsfähigkeit versprechen.

(Mertes, SPD: Mit Zustimmung der Spitzenverbände!)

Darauf komme ich gleich noch einmal. In dem Zusammenhang haben sich der Ministerpräsident und der Finanzminister sehr kritisch zum Tarifabschluss geäußert. Der Finanzminister erwägt den Ausstieg aus der Tarifgemeinschaft. Deshalb frage ich Sie, Herr Minister: Welche zusätzlichen Belastungen kommen durch diesen Tarifabschluss auf das Land und die rheinlandpfälzischen Kommunen zu? Wie sieht der Spielraum für unser Land aus, wenn es aus der Tarifgemeinschaft ausschert? – Wenn dann, wie eben gehört, die kommunalen Spitzenverbände Artikel 6 des Gesetzentwurfs zustimmen, dann belegt dies doch nur, dass den Kommunen das Wasser bis zum Hals steht. Ertrinkende greifen bekanntlich nach jedem, nach wirklich jedem Strohhalm.

(Beifall der CDU)

Sie halten sich für einen Moment dann noch über Wasser.

Ich habe mit Freude gehört, Herr Kollege Mertes, wir bieten den Kommunen einen Pakt an, den sie auf Kosten des Landes angenommen haben. Sagen Sie einmal, für wie bescheuert Sie uns eigentlich halten?

(Mertes, SPD: Das kann ich nicht sagen, das wäre beleidigend!)

Man muss das wirklich einmal fragen. All dies läuft doch auf die Frage des Jahres 2007 hinaus. Wir wissen heute doch alle, wie sich nach den Prognosen, die wir haben, die Lage dann darstellen wird. Das heißt doch dann nur, dass die Kommunen im Jahr 2007 alles zurückzahlen müssen. Wenn die Berechnungen nur halbwegs realistisch und gar nicht so pessimistisch sind, heißt dies für das Jahr 2007, dass sich die Finanzausgleichsmasse um fast ein Drittel reduzieren wird. Dann gehen die Kommunen endgültig unter.

(Beifall der CDU – Mertes, SPD: Das ist eine absolute Fehlrechnung! Absolut!)

Meine Damen und Herren, wer so vorgeht, der weiß, dass er 2007 keine Verantwortung mehr in diesem Land tragen wird.

(Mertes, SPD: Sie bestimmt nicht!)

Sie hinterlassen letztendlich verbrannte Erde bei den Kommunen. Sie hinterlassen auch bei der Polizei verbrannte Erde. Genau das wissen Sie.

(Beifall der CDU – Glocke des Präsidenten)

Ich bin sofort fertig. „Augen zu und durch“ ist Ihre Devise. Deshalb ist dieser Gesetzentwurf der Landesregierung den Fraktionen zugeschoben worden. Wir haben jetzt einiges zu den Anhörungen gehört, die Sie jetzt nachgebessert haben. Sie wollten das Ding durchpeitschen, damit sich kein Mensch dagegen wehren kann.

(Mertes, SPD: Unsinn! Bösartige Verleumdung!)

Genau das werden Sie mit uns nicht machen.

Vielen Dank.

(Anhaltend Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Kuhn.