Protocol of the Session on September 26, 2002

(Zuruf von der CDU: Hörter!)

Entschuldigung.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Auf den ersten Blick erscheint das Ansinnen der GRÜNEN überhaupt nicht unplausibel, vor allem dann, wenn man die Erfahrungen der letzten Jahre berücksichtigt; denn unbestreitbar gibt es Versäumnisse. Auf dem Feld der Integration haben wir eine Vielzahl erkennbarer Mängel zu beklagen.

Herr Redmer hat vorhin auch davon gesprochen, dass zwingend die kommunalen Spitzenverbände mit an den Tisch müssen.

So hat der Deutsche Städtetag am 21. März dieses Jahres, vertreten durch die Frankfurter Oberbürgermeisterin Roth, darauf hingewiesen – Zitat –: „Integration spielt sich in den Städten ab, misslungene Integration ist deshalb dort am stärksten spürbar. Um diese Aufgabe jedoch wirklich gut zu lösen und eine Belastung der Kommunen zu vermeiden, müssten sich Bund und Länder schon jetzt für die Zukunft auf deutlich höhere Leistungen festlegen.“

Meine Damen und Herren, zwei Erkenntnisse können wir jetzt schon ziehen.

1. Die Integration der hier lebenden Ausländer ist nicht überall geglückt. In den vergangenen Jahren gibt es eine Reihe von Fehlern zu beklagen.

2. Zukünftig werden wir noch mehr Anstrengungen leisten. Das heißt, es werden auch höhere Kosten notwendig werden. Deshalb ist es umso unverständlicher, dass von der rotgrünen Bundesregierung die Zuwanderung auch noch ausgeweitet wird.

(Pörksen, SPD: Was für ein Unsinn! – Dr. Schiffmann, SPD: Deswegen kann man doch vernünftig reden!)

Eben. Deshalb kann man vernünftig reden. Deshalb erlaube ich mir ein Zitat. Hören Sie zu, dann reden wir danach weiter.

„Die Grenzen der Belastbarkeit durch Zuwanderung sind überschritten.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schily!)

Auch ein Zuwanderungsgesetz kann daran nichts ändern; denn die darin festzulegende Quote müsste auf

Null gesetzt werden.“ – Bundesinnenminister Schily am 18. November des Jahres 1998.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Schmitt, CDU: So ist das!)

Das ist die Situation. Dass daraus das geworden ist, was als Zuwanderungsgesetz vorgelegt wird, haben allemal wir nicht zu verantworten,

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

da entgegen aller Lippenbekenntnisse die Zuwanderung nicht begrenzt wird, weil das auch gar nicht gewollt ist,

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

und weitere neue gesetzliche Möglichkeiten geschaffen wurden, nach denen bei geschlechtsspezifischer Verfolgung ein Bleiberecht gewährt werden kann,

(Dr. Schiffmann, SPD: Sind Sie dagegen?)

nicht staatlicher Verfolgung. Ferner gibt es eine Aufhebung des Anwerbestopps.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Einmal langsam.

Ich will Ihnen gern dazu noch etwas sagen. Hierzu ein Interview, das Herr Innenminister Schily mit der „ZEIT“ geführt hat, in dem er ausgeführt hat – – –

(Zuruf des Ministerpräsidenten)

Entschuldigung, das ist ein Zitat, das können Sie gern nachlesen.

(Jullien, CDU: Das ist doch nur ein Zitat, das lässt sich nachlesen!)

Es handelt sich um ein Zitat aus einem Interview, das der Herr Innenminister mit der „ZEIT“ geführt hat. Er hat die Frage der nicht staatlichen Verfolgung angesprochen und gesagt, diese Sache droht auszuufern. Wo wollen Sie die Grenze für nicht staatliche Verfolgung ziehen? – Wie wahr, wie wahr.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Stattdessen wird es ausgeweitet.

Meine Damen und Herren, die Quote liegt eben nicht, wie Herr Schily richtig erkannt hat, bei null,

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sondern es wird ein Mehr an Zuwanderung geben. Dieses Mehr an Zuwanderung bedeutet doch, dass wir ein noch höheres Integrationsbedürfnis haben, noch höhere

Integrationsleistungen vornehmen müssen und natürlich noch höhere Integrationskosten haben.

Schauen Sie sich das Gesetz an.

(Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD – Zuruf des Ministerpräsidenten)

Das Thema „Integration“ wird im Zuwanderungsgesetz von den 105 Paragraphen dieses Gesetzes von ganzen drei Paragraphen ansatzweise gestreift.

(Zurufe von der SPD)

Anders gesagt: Auf zwei Seiten von insgesamt 114 Seiten dieses Zuwanderungsgesetzes taucht überhaupt das Thema „Integration“ auf.

(Beifall der CDU – Schmitt, CDU: So ist es!)

Wer so vorgeht, der will mehr Zuwanderung und letztendlich der Entwicklung von Parallelgesellschaften freien Lauf lassen

(Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

und tut nichts für die Integration der hier lebenden Zuwanderer.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was haben Sie denn 16 Jahre lang gemacht?)

So ist logischerweise im neuen Zuwanderungsgesetz lediglich und ausschließlich für Neuzuwanderer – – –

(Zuruf des Ministerpräsidenten)

Also, Herr Präsident, ich weiß nicht, wie die Regeln im Haus sind, wenn der Herr Ministerpräsident ständig mit Zwischenrufen die Rede eines Kollegen stört.

(Dr. Schiffmann, SPD: Eine arme Seele, so zart besaitet!)

Darf ich noch einmal ausführen?

Meine Damen und Herren, der Städtetag rechnet vor – es sind vorhin einige Länder genannt worden –, ausgehend von den Integrationsleistungen, die etwa in den Ländern wie Schweden oder den Niederlanden erbracht werden und die gern als Modell hinzugezogen werden, entstünden bei nur 220 Kursplätzen Kosten von jährlich 770 Millionen Euro. Dem stehen nach Kostenaufstellung der Bundesregierung Ausgaben von Bund und Ländern in Höhe von jährlich rund 279 Millionen Euro gegenüber, also nur rund ein Drittel der notwendigen Mittel.