Protocol of the Session on June 20, 2002

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich meine, es bedarf einer konsequenten, neuen curricularen Anordnung der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern.

Ich freue mich, dass Sie nicht nur mit dem Kopf schütteln, sondern auch ein bisschen in die Vertikale gehen, Herr Lelle. Wir müssen es von den Rahmenvorgaben schaffen, weil es doch menschlich völlig verständlich ist, dass man sich nicht darum reißt, alle Lehrpläne neu zu machen. Deswegen muss man von den Rahmenvorgaben eine Bedingung schaffen, dass es die Hochschulen tatsächlich auf sich nehmen, den Gewaltakt der Neugestaltung aller Lehrpläne durchzuführen. Meine Damen und Herren, aber wenn wir diesen Mut nicht haben, werden keine der Bedeutung des Lehrerberufs gerecht werdende Reformschritte realisierbar sein.

Die nächsten Schritte muss man sicherlich diskutieren; ob sie durchführbar sind, liegt aber in der Trendentwicklung. Dies ist eine starke Modularisierung und der Versuch, dies in einer zukunftsgemäßen Form von Hochschulangeboten zu konstruieren. Das ist der Bachelor

und der Master; denn die attraktiven Studiengänge werden an den Hochschulen schon heute in Form von Bachelor- und Masterstudiengängen angeboten.

Vor diesem Hintergrund glaube ich, dass es vernünftig ist, nun in einen Dialog mit den Betroffenen einzutreten. Ich höre mir gern Anregungen und Kritik an. Ich bin überzeugt, dass man etwas Neues nur dadurch schaffen kann, indem man einen konkreten Vorschlag macht und bereit ist, in der Diskussion zu lernen, aber die Kernpunkte und die Glaubhaftigkeit, dass man wirklich etwas verändern will, dabei nicht aus den Augen verlieren darf.

Ich möchte in diesem Zusammenhang mit den Worten schließen, die mir bei meiner Kollegin Ahnen so gut gefallen haben:

„Meine Damen und Herren, wenn es um wichtige Reformen geht, dann dürfen wir nicht in eine Situation kommen, dass wir die großen Sonntagsreden halten und uns am Montag wundern, dass tatsächlich etwas anders geworden ist.“

Ich bedanke mich.

(Beifall der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Lelle, CDU)

Meine Damen und Herren, der Minister hat seine Redezeit drei Minuten überzogen. Bei Bedarf haben die Fraktionen die Möglichkeit, dies auch zu machen.

Zu einer Kurzintervention erteile ich der Abgeordneten Frau Thomas das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte noch zu zwei Punkten etwas sagen. Ich möchte den Antrag und die Zielrichtung der CDU nicht verteidigen. Herr Minister, ich kenne Sie als jemanden, bei dem ich sagen würde, Sie spielen in Ihrer Freizeit oft Billard. Ich glaube, es ist nicht so, aber zumindest können Sie gut über die Bande spielen. Wenn Sie aus Artikeln in Zeitungen von Lehrerverbänden zitieren, dann hätten Sie sehr gut mit gleichem Inhalt ein Interview Ihres Koalitionspartners Kuhn mit dem zitieren können, was Sie eben der CDU vorgehalten haben. Es war geschickt und in die Mitte gespielt, aber es traf eigentlich in die andere Ecke. Natürlich wird es bei dem Leitbild, aber vor allem bei den strukturellen Fragen massiven Widerstand aus der Seite der FDP geben. Wenn sich die FDP an die Spitze des Philologenverbandes stellt, um eine schulartspezifische Ausbildung und ähnliche Dinge vehement zu verteidigen, dann sehen wir doch, wo Nähen und wo auch Feindschaften und Gegnerschaften bestehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Wofür brauchen wir ein Leitbild? Herr Minister, Sie waren bei der Anhörung komplett dabei. Für mich hat sich in der Anhörung ergeben, dass es unterschiedliche Vorstellungen über das, was vermittelt wird, gibt, also nicht nur über das Wie in der Struktur, sondern auch, auf welchen Wegen es erreicht werden soll.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Mein Gott, da sind wir uns doch einig! Das ist überhaupt kein Problem!)

Es reicht doch nicht, wenn Sie innerhalb des Ministeriums oder auch in Arbeitsgruppen dieses Leitbild formulieren, sondern es muss von den Beteiligten mitgetragen werden, also von denen, die Bildung und Ausbildung sowie die Studiengestaltung durchführen. Deswegen ist es für uns ein wichtiges Anliegen, dass wir sagen, diese Debatte darf nicht nur über das Wie geführt werden. Ich gebe Ihnen Recht, dass die strukturelle Frage eine ganz wesentliche ist. Dazu haben wir auch in vielen Fragen eine große Nähe.

Das andere ist, zu was ausgebildet werden soll und wie dies geschehen soll. Da fand ich die Einwendungen von zwei Hochschulprofessoren, die nicht für die Professoren und die Hochschulen, sondern als Fachwissenschaftler geredet haben, sehr wichtig. Sie haben gesagt, es geht um professionelle Handlungskompetenz. Es geht auch um erlebte Pädagogik, wie also Bildung auch in Hochschulen praktiziert wird. Das ist eine Einigung, die wir herbeiführen müssen.

Sprechen Sie einmal mit verschiedenen Fachdozenten und anderen, welchen Eindruck und Stellenwert sie erlebter Pädagogik einräumen. Sie sollten die Frage stellen, welchen Stellenwert gerade die Fachwissenschaftler der erlebten Pädagogik für die Studierenden einräumen, die später in den Schulen aktiv werden und nicht nur Fachwissen haben müssen, sondern auch eine Lernatmosphäre vermitteln sollten, eine kreative Atmosphäre. In diesem Punkt gibt es keine Einigkeit. Sie müssen eine Einigkeit mit den Beteiligten herstellen. Es reicht keine Änderung der Struktur, wenn wir die gleichen Lernwege in neuen Strukturen haben. Damit kommen wir nicht weiter.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Lelle das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Minister, wenn Sie in einer angeblich offenen Diskussion die Gesprächspartner als Lordsiegelbewahrer abqualifizieren, dann ist dies kein Beitrag zu einer sachlichen Diskussion des Themas.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich auch ein Wort zu der Ehrlichkeit von Ihnen sagen. Sie haben darauf hingewiesen, dass Sie

Ihr Modell vorgestellt haben, bevor die Anhörung stattfand. Das ist richtig. Die Anzuhörenden hatten aber nur acht Tage Zeit, sich darauf einzustellen.

Wir haben in der Anhörung gemerkt, dass sie veruns ichert waren, sollen sie jetzt zu den vorliegenden Anträgen Stellung nehmen oder zu Ihren Anträgen. Die Entscheidung der allermeisten war, dass sie mehr oder weniger auf Ihr Modell eingingen, weil sie natürlich wussten, dass das, was die Landesregierung vorhat, von größerer Bedeutung als das ist, was die Regierungskoalitionen vorher als Antrag eingebracht haben.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Das widerspricht sich auch gar nicht!)

So war der Verlauf, Frau Brede-Hoffmann. Im Nachhinein muss man sagen, es war schon eine Ohrfeige für Sie, Frau Brede-Hoffmann, wie das Ganze abgelaufen ist.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Es war hervorragend!)

Wir hätten uns schon gewünscht, dass Sie Ihr Modell entsprechend früher vorgelegt hätten. Das war ohne Zweifel schon fertig in der Schublade.

Frau Brede-Hoffmann, ich möchte zu Ihnen noch eine Anmerkung machen. Sie werfen uns vor, dass wir voreilig Pflöcke gesetzt hätten.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Setzen wollen!)

Ich möchte darauf hinweisen, dass die Pflöcke, die der Minister mit seinem Modell gesetzt hat, wesentlich dicker sind. Er möchte neue Strukturen schaffen und hat dies auch im Ausschuss zum Ausdruck gebracht, als er gesagt hat, es sei nun genug geredet worden und nun müssten Veränderungen her und neue Strukturen geschaffen werden. Herr Minister, so gut, aber ich darf Sie darauf hinweisen, dass Sie in diesem Land seit elf Jahren regieren und längst Zeit gehabt hätten, Defizite aufzuarbeiten.

(Beifall bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Anhörung hat unserer Meinung nach festgestellt, dass bei der Umsetzung Ihres Modells erhebliche Qualitätseinbrüche zu befürchten sind und Ihr Vorschlag weder zielführend noch qualitätsverbessernd ist.

Meine Damen und Herren, wir haben aufgrund der Anhörung unsererseits Konsequenzen gezogen und diese in unserem Antrag eingearbeitet.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Und diese wollen Sie heute beschließen lassen!)

Ich möchte diese Konsequenzen hier nennen:

1. Die bekannten Defizite lassen sich durch die Optimierung des bestehenden Ausbildungssystems beheben. Dies steht ohne Zweifel fest. Das hat auch die Anhörung

so ergeben. Ich komme nachher noch auf diese Defizite zu sprechen.

(Mertes, SPD: Nachher?)

2. An der Qualität der fachwissenschaftlichen Ausbildung darf es keine Abstriche geben.

3. Ein zielgerichtetes Studium ist bei Festlegung von Kerncurricula, Zwischenprüfungen und Zertifizierungen erworbener Kenntnisse möglich.

4. Die Berufsberatung und die Praktika sind erheblich zu intensivieren. Sie haben Recht, dies ist das Kerngeschäft. Das ist auch mehrmals als Defizit der bisherigen Lehrerausbildung angesprochen worden.

5. Der pädagogischen und fachdidaktischen Ausbildung ist breiterer Raum als bisher einzuräumen.

6. Die Lehrerfort- und -weiterbildung muss Pflicht werden. Es hat sich gezeigt, dass die bisherige Regelung nicht ausreichend ist.

7. Wir sind davon überzeugt, dass wir für die Grundschule einen eigenen Studiengang einrichten müssen, um der Problematik besser gerecht zu werden.

Meine Damen und Herren, zur Einführung von Bachelorund Master-Studiengängen hat meine Kollegin Frau Kohnle-Gros bereits auf die Bedenken hingewiesen. Ich möchte noch ergänzen, dass es in Bezug auf die Universität Koblenz-Landau seitens des Wissenschaftsrates eine Analyse gibt, die Ihnen bekannt ist, in der davon die Rede ist, dass sich diese Universität auf dem Weg befindet, sich zu verzetteln. Ich befürchte, diese Tendenz wird noch mehr verstärkt werden, wenn man das umsetzt, was Sie fordern, nämlich an allen Universitäten alle Lehrämter entsprechend als Studiengänge anzubieten.

Die Anhörung hat auch eindeutig gezeigt, dass die erkannten Mängel problemlos im bestehenden System zu korrigieren sind. Es ist auch deutlich geworden, dass erhebliche Zweifel bestehen, dass die fachwissenschaftliche Ausbildung in der Qualität wie bisher weitergeführt werden kann. Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, wenn das Gymnasium weiterhin die Grundlage für ein Studium schaffen soll, dann müssen die Lehrerinnen und Lehrer dieser Schule auch fachwissenschaftlich dazu in der Lage sein.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Sind sie das denn heute nicht? – Sie wollen das in wesentlichen Punkten verändern. (Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wir wollen die Fachwissenschaft nicht verändern!)