Protocol of the Session on January 24, 2002

Jetzt kommen wir zu der immer wieder angeführten Pauschale. Frau Grützmacher, Sie haben selbst dargelegt, dass wir im Augenblick keine Chance haben, das in allen Fraktionen gleichermaßen vorhandene aber unterschiedlich gewertete Problem zu lösen. Wenn dies so ist, verstehe ich die GRÜNEN nicht. Sie können dies doch nicht als Argument vor sich hertragen und somit die Diätenerhöhung, die Sie im Prinzip mittragen, ablehnen. Damit täuschen Sie doch die Öffentlichkeit, indem Sie ein falsches Argument vorhalten.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, damit fordern wir Sie zu ersten Schritten auf!)

(Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihren Vorschlag nehmen Sie als Argument, der Erhöhung der Abgeordnetenentschädigung um 2,3 % nicht zuzustimmen. Damit täuschen Sie etwas die Öffentlichkeit. Das ist nicht notwendig. Sie können ganz deutlich sagen, dass wir hier einen Konsens haben, an dieses Problem heranzugehen. Tragen Sie doch einmal in der Öffentlichkeit diese Entscheidung über die Diätenerhöhung mit, die Sie im Herzen befürworten.

Meine Damen und Herren, zur Erhöhung der Geldleistungen an die Fraktionen wurden die Gründe schon dargestellt. Man erachtet einen höheren Prozentsatz für notwendig. Die Personalkosten steigen in einem etwas höheren Ausmaß für die Fraktionen. 2,9 % sind mit

Sicherheit nicht zu hoch gegriffen. Es ist auch richtig, dass wir für die Arbeit in den Enquete-Kommissionen, die wir sehr ernst nehmen wollen und müssen, zusätzliche Arbeitskraft zur Verfügung gestellt bekommen. Diese Enquete-Kommissionen sind eine ganz entscheidende Grundlage für unsere Arbeit in dieser Legislaturperiode.

Zum Fraktionsgesetz gibt es zwei Änderungen. Bei § 3 ist die Flexibilisierung bei der Verwendung von Rücklagen überfällig. Das Vorhandene ist nicht zeitgemäß. Es ist klar, dass wir in unseren Wirtschaftsplänen nicht notwendigerweise gezwungen sein müssen, das umzusetzen, was man im Jahr zuvor als richtig erachtet hat. An dieser Stelle wird ein Stück mehr Flexibilität benötigt. Diese wird durch die Änderung des § 3 ermöglicht.

Herr Kollege Hartloff hat es schon dargestellt, bei § 6 gibt es kein Missverständnis. Natürlich wird es auch weiterhin bei Auftreten solcher Fälle Rückerstattungen geben. Es geht nur um die Klarstellung, dass die allgemeinen verwaltungsrechtlichen und haushaltsrechtlichen Vorschriften gelten. Nach unserer Einschätzung ist das die Veränderung, die vorgenommen wird. Dazu stehen wir. Selbstverständlich werden wir wie die CDU und die SPD der Änderung des Fraktionsgesetzes und des Abgeordnetengesetzes zustimmen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Zu einer Kurzintervention erteile ich der Frau Abgeordneten Thomas das Wort.

Meine Damen und Herren! Herr Kuhn, es kann so nicht stehen bleiben. Sie haben in den Raum gestellt, wir würden die Öffentlichkeit mit unserer Argumentation täuschen, es wäre typisch für die GRÜNEN.

(Zuruf des Abg. Kuhn, FDP)

Ich will Ihnen etwas auch zur Geschichte sagen. Sie wissen genau, es gab vor vielen Jahren eine Klage beim Bundesverfassungsgericht von Frau Abgeordneter Friedel Grützmacher. Diese richtet sich gegen viele verschiedene Punkte des rheinland-pfälzischen Abgeordnetengesetzes. Bevor diese Klage nicht entschieden wurde, haben wir genau mit dieser Argumentation an verschiedenen Punkten das Abgeordnetengesetz kritisiert. Die Entscheidung kam erst letztes Jahr. Wenn wir diese Argumentation verfolgen, dann werden wir auch an einzelnen punktuellen Änderungen mit einem Änderungsantrag nicht das gesamte Gesetz mit unserer Zustimmung absegnen, gegen das gerade eines unserer Mitglieder beim Bundesverfassungsgericht geklagt hat.

(Zuruf des Abg. Creutzmann, FDP)

Wir haben unsere Forderungen nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in verschiedenen

Punkten konkretisiert. Es geht nicht nur um die Steigerungsrate, um die Handhabung der Pauschalen, um die Frage der Höhe und Gestaltung der Diäten und Abgeordnetenentschädigung, sondern es geht auch um die Frage, welche zusätzlichen Leistungen oder welche zusätzlichen Bezahlungen sollen oder können einzelne Abgeordnete in bestimmten Funktionen noch zusätzlich erhalten. Zu diesen Punkten wollen wir in diesem Jahr und in dieser Situation Änderungsvorschläge vorbringen.

Ich komme zur Frage der Pauschale oder Behandlung wie jeder normale Steuerzahler, wie jede normale Steuerzahlerin. Das hat Frau Grützmacher gesagt. Es gibt Einschränkungen für Abgeordnete. Das ist ein Quas iverbot im Einkommensteuergesetz. Das können wir – wie Sie – so hinnehmen. Ich könnte auch sagen, Sie ändern nichts, weil Sie sich auf das Einkommensteuergesetz verlassen, das Ihre Freunde und Freundinnen im Bundestag nie ändern. Wir haben Vertreter in diesem Hause in vielen Fraktionen gehabt, die unsere Intention einer Normalisierung und eine solche Veränderung unterstützen.

Wir könnten gemeinsam mit einer entsprechenden Entschließung, mit einer entsprechenden Initiative an den Bundestag herantreten, Sie an Ihre Fraktion, wir an unsere Fraktion usw. Damit wären wir ein ganzes Stück weiter. Das ist eine Gestaltungsmöglichkeit, die wir haben, ohne dass wir dieses Gesetz konkret ändern können. Wir werden Ihnen noch Vorschläge unterbreiten, wie wir andere Gestaltungsmöglichkeiten ausnutzen können. Das hat nichts mit Täuschung der Öffentlichkeit zu tun, nichts mit Zurückziehen auf irgendwelche bequeme Positionen, sondern das hat etwas mit Standfestigkeit zu tun, Herr Kuhn.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Kuhn erwidert auf die Kurzintervention.

Liebe Frau Kollegin, wir haben schon mehrere Jahre dieses Verfahren. Jedes Jahr wurde deutlich gemacht, dass Kooperationsbereitschaft in dieser Frage besteht. Wenn Sie einen Vorschlag machen, wie wir bei der Pauschale weiterkommen, ist das in Ordnung. Sie machen jetzt einen Vorschlag, der nicht einmal abgelehnt worden ist. Es ist nicht mehr als ein Vorschlag; dennoch lehnen Sie die Erhöhung der Abgeordnetenentschädigung um 2,3 % ab. So habe ich Sie verstanden.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich habe gesagt, wir bringen einen Änderungsantrag ein!)

Sie koppeln dieses mit der Frage der Pauschale. Sie erwecken aber gleichzeitig den Eindruck in der Öffentlichkeit, als wären Sie auch gegen die Erhöhung der

Abgeordnetenentschädigung. Dann erzählen Sie noch von Spenden und Gutherzigkeit und sonst etwas.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wissen Sie, die Öffentlichkeit ist nicht so missverständlich wie Sie!)

Das ist etwas, was mich am allermeisten an Ihnen ärgert.

(Beifall bei der FDP)

Keiner von uns wird sagen, wie viel er spendet. Meinen Sie, die Kollegen spenden nicht? Sie tragen das vor sich her. Sie sagen in der Öffentlichkeit, wir wollen es eigentlich nicht, insgesamt nehmen Sie es, Sie müssen es nehmen. Dann erzählen Sie noch der Öffentlichkeit, dass Sie spenden. Ich erspare mir dieses, weil ich es auch nicht für anständig halte, hier darzulegen, wie viel jeder einzelne Abgeordnete auch der anderen Fraktionen spendet, ohne dies an die große Glocke zu hängen.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei SPD und CDU – Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir sind damit am Schluss der ersten Beratung des Landesgesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes Rheinland-Pfalz und des Fraktionsgesetzes Rheinland-Pfalz.

Ich schlage Ihnen vor, dass wir diesen Gesetzentwurf an den Haushalts- und Finanzausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss überweisen. Weitergehende Vorschläge sehe ich nicht.

Wir stimmen darüber ab. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Überweisung ist einstimmig beschlossen.

Ich rufe Punkt 17 der Tagesordnung auf:

Abfallbilanz Rheinland-Pfalz 2000 Besprechung des Berichts der Landesregierung (Vorlage 14/255) auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 14/313 –

Die Fraktionen haben sich dahingehend verständigt, dass wir diesen Tagesordnungspunkt ohne Aussprache an den Ausschuss für Umwelt und Forsten überweisen. Wer dieser Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist das so beschlossen.

Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 18 der Tagesordnung auf:

Unterrichtseinheit „Schülerwahlen“ an rheinland-pfälzischen Schulen Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 14/242 –

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung und Jugend – Drucksache 14/496 –

Wird eine Berichterstattung gewünscht? –

(Zuruf aus dem Hause: Nein!)

Nein. Vereinbart worden ist eine Redezeit von fünf Minuten pro Fraktion.

Frau Morsblech, Sie haben für die Antrag stellende Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Neben den Aufgaben, die sich uns auch in Rheinland-Pfalz im Rahmen der PISA-Studie stellen, liegen auch die Ergebnisse einer zweiten, etwas weniger beachten Studie vor, nämlich der „civic education study“ der „international association for the evaluation of educational achievement“. Das ist ein toller Zungenbrecher. Es geht aber grundsätzlich darum, dass in 28 Ländern die politische Bildung, der Stellenwert der politischen Bildung in der Schule und die Einstellung von 14bis 15-jähren Jugendlichen zu politischem Engagement und zur Demokratie erfasst wurden. Insgesamt wurden 94.000 Jugendliche befragt, in Deutschland knapp 4.000. Die Ergebnisse gibt es schon in englischer Sprache. Bei meinem Englisch heute erspare ich Ihnen dies. In deutscher Sprache liegen die dann im Februar vor. Ich kann aber schon ein paar Ergebnisse nennen:

67 % der deutschen Achtklässler wollen als Erwachsene zur Wahl gehen. 68 % lesen manchmal Artikel über das, was in Deutschland passiert. Das kann man jetzt als überdurchschnittlich betrachten, wenn man sich die Wahlbeteiligung ansieht. Damit liegt aber Deutschland auch in der zu erwartenden politischen Aktivität der Jugendlichen ganz hinten im internationalen Durchschnitt.

Ein interessantes Ergebnis der Studie ist – zentriert auf die Schule –: Wenn sie in Entscheidungsprozesse oder politische Diskussionen an ihren Schulen stärker einbezogen werden und dazu angeregt werden, sind sie automatisch auch erheblich mehr an Politik interessiert.

(Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bravo!)

Ja richtig, darum geht es hier. Deshalb stellen wir diesen Antrag. Allerdings liegt Deutschland auch in dieser Studie, was diese Möglichkeiten betrifft, leider relativ weit zurück. Deutsche Bildungsexperten kom

mentieren in den ersten Kommentaren diese Ergebnisse erst einmal so, dass gerade der Sozialkundeunterricht – ich denke, das wissen wir alle – anspruchsvoller werden muss, aber auch erheblich handlungsorientierter werden müsste. Das wird sich im Ländervergleich aber sicherlich auch noch einmal unterschiedlich betrachten lassen.

(Vizepräsident Creutzmann übernimmt den Vorsitz)

Gerade wenn wichtige Ergebnisse wie Wahlen anstünden, müsste auch automatisch vom Lehrplan abgewichen und diese wichtigen Ereignisse aktiv und interessant im Unterricht aufbereitet werden. Wir kennen die Shell-Studie. Die hatten wir das letzte Mal auch schon als Beispiel für die Diskrepanz gerade zwischen Parteien und Politik und Schülerinnen und Schülern. Wir kennen die Wahlbeteiligung bei den Erst- und Jungwählern bei den letzten Landtagswahlen.