Protocol of the Session on December 14, 2001

Wir haben mit Herrn Trittin vereinbart, dass ein Szenario durchgespielt werden soll und wir uns verständigen, und zwar rechtzeitig.

Wenn sich die Sicherheitslage ändert, wenn wir eine Bedrohungssituation vorfinden, in der wir Reaktoren sicherheitshalber vorher abschalten müssen – wir wissen, ein kalter, nicht in Betrieb befindlicher Reaktor ist besser zu handhaben und stellt eine geringere Gefahr als ein in Betrieb befindlicher Reaktor dar, was die Freisetzung von Radioaktivität anbelangt, wenngleich sie auch dann nicht ausgeschlossen werden kann –, werden wir Szenarien entwickeln, um bei einer entsprechenden Bedrohungssituation, die wir heute gar nicht mehr ausschließen können, schnell, effektiv und abgestimmt Reaktoren vom Netz nehmen zu können. Es gibt eine Arbeitsgruppe des Bundesumweltministeriums mit dem Bundesinnenministerium unter Beteiligung der Länder. Wir möchten ebenfalls in diese Arbeitsgruppe aufgenommen werden. Herr Trittin sprach sich ursprünglich dafür aus, nur Bundesländer aufzunehmen, in denen sich aktive Reaktoren befinden, was bei uns derzeit nicht der Fall ist. Wir wollen eine enge Abstimmung im Interesse der Sicherheit nicht nur der Reaktoren in Rheinland-Pfalz, sondern insbesondere auch der Reaktoren außerhalb des Landes.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir diese Debatte heute abschließen, wünsche ich mir, dass diejenigen, die heute in Berlin und Baden-Württemberg entscheiden, diese Entscheidungen nicht im Interesse der Wirtschaftlichkeit von EnBW treffen, sondern im Interesse der Sicherheit der Menschen in der gesamten Region und damit auch der Sicherheit der Menschen in Rheinland-Pfalz.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, Frau Ministerin Conrad hat länger geredet. Jede Fraktion hat noch eineinhalb Minuten Redezeit. Wer wünscht das Wort? – Es wird verzichtet. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann ist dieser Teil der Aktuellen Stunde beendet.

(Jullien, CDU: Das ist Zeitökonomie!)

Ich rufe das zweite Thema der

AKTUELLEN STUNDE auf:

„Entwicklung der Gewerbesteuer und ihre Auswirkungen auf die rheinland-pfälzischen Kommunen“ auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 14/524 –

Ich erteile Herrn Abgeordneten Michael Hörter das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In einer Zeit schwierigster finanzieller Situation der Städte, an der auch die Landesregierung ihren Anteil trägt, bricht die Gewerbesteuer weg. In Koblenz etwa sind für das Jahr 2002 um 30 Millionen DM geringere Gewerbesteuereinnahmen zu verzeichnen als prognostiziert. In den gesamten rheinland-pfälzischen kreisfreien Städten sind es 300 Millionen DM. Einzelne Städte haben Rückgänge von 50 % und mehr zu verkraften.

Selbst hartgesottene Sozialdemokraten geben mittlerweile zu, dass diese so genannte Steuerreform deutliche Mängel aufweist.

(Creutzmann, FDP: So ein Schwachsinn!)

Sie ist für die Großunternehmen gemacht und geht zulasten des Mittelstands und vor allem der Kommunen.

(Beifall der CDU – Hartloff, SPD: Ein viel wieder- holtes Wort!)

Die Kommunen tragen die Lasten einer verfehlten Steuerpolitik und allein bei der Gewerbesteuer einen Verlust in Milliardenhöhe.

Die finanzpolitische Chaossuppe, die Bund und Land angerührt haben, müssen zunehmend die Kommunen auslöffeln. Deshalb liegt es auf der Hand, dass eine Gemeindefinanzreform erarbeitet werden muss.

Dabei haben die Oberstrategen der Steuerreform im Gesetzgebungsverfahren zur Steuerreform im Jahr 2000 noch Mehreinnahmen der Gemeinden prognostiziert. Wenn man Mehreinnahmen prognostiziert, erlegt man natürlich den Gemeinden eine erhöhte Gewerbesteuerumlage auf. So soll vom Jahr 2001 bis zum Jahr 2004 der Anteil von Bund und Ländern an der Gewerbesteuer von 20 % auf knapp 30 % steigen.

Das bedeutet für die Gemeinden, dass sie trotz sinkender Gewerbesteuereinnahmen im folgenden Jahr eine erhöhte Umlage zu verkraften haben. Dies gilt es auszusetzen. (Beifall der CDU)

Der Griff in die kommunalen Kassen kommt dem Versuch gleich, einem nackten Mann den Geldbeutel aus der Hosentasche zu ziehen.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Gestern hat Herr Mertes die Mär vom kommunalen Füllhorn vorgetragen, als seien kommunale Investitionen das Alltäglichste auf der Welt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Situation ist eine andere.

Dies sieht man allein daran, dass selbst kleine Ausbauinvestitionen schon zum herausragenden Ereignis geraten. Es muss schon etwas Wunderbares und ganz Besonderes sein, wenn – wie in meiner Heimatstadt geschehen – in Koblenz vor wenigen Tagen bei der Fertigstellung eines Drittels der Koblenzer Schlossstraße die Bedeutung dieses Ereignisses dadurch unterstrichen wurde, dass zwei Staatsminister anwesend waren. Sogar der Ministerpräsident war angekündigt, aber er ist nicht gekommen.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Der kommt beim zweiten Drittel!)

Wenn schon eine solch bescheidene Investition durch die Anwesenheit zweier Minister zu einem Großereignis wird, weiß man, wie wenig in Wirklichkeit bei den Kommunen noch investiert werden kann.

(Beifall der CDU – Frau Kohnle-Gros, CDU: Armes Deutschland!)

Was die Gewerbesteuereinnahmen anbelangt, stimmt auch der Satz des verehrten Herrn Finanzministers vom Einnahmenproblem. Für die Kommunen stimmt er wirklich; denn sie haben keine Chance, selbst zu ihrer Einnahmensituation irgendetwas beizutragen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Ramsauer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben soeben zur Kenntnis genommen, dass die rheinland-pfälzische CDU offenbar die K-Frage gelöst hat, indem Sie glaubten, die unrichtigen Behauptungen von Herrn Stoiber noch einmal wiederholen zu müssen, Herr Hörter. Jeder, der sich mit der Materie befasst, weiß, dass es unwahr ist, dass die

Auswirkungen der jüngsten Steuerreform an den Gewerbesteuereinnahmen abzulesen sind. Jeder weiß, dass die Auswirkungen der Steuerreform erst im Jahr 2002 und in den Folgejahren, nicht jedoch im laufenden Jahr, spürbar werden.

(Zuruf des Abg. Hörter, CDU)

Auch die Behauptung, dass die Gegenrechnung der Dividendenversteuerung dazu führe, ist falsch. Auch dies kommt erst im Jahr 2002, und das wissen Sie sehr genau.

Auch die kommunalen Spitzenverbände, denen ich ausdrücklich zustimme, sehen im Augenblick nur unterschiedliche Ursachen im konjunkturellen Bereich, meine Damen und Herren.

Sie haben natürlich Recht, dass die kreisfreien Städte in unserem Land im Augenblick in besonderer Weise gebeutelt sind. Wer sollte das anders empfinden als jemand, der aus der Stadt kommt, die einen Rückgang an Gewerbesteuereinnahmen zu verzeichnen hat, der so drastisch ist, dass man kaum noch weiß, wie man zukünftig so etwas politisch gestalten kann? - Das ist nicht wegzudiskutieren. Aber die Ursachen sind zu prüfen.

Ich empfehle Ihnen einen Blick in die Rundschreiben der kommunalen Spitzenverbände, die sagen, dass eine Vielzahl von konjunkturellen Einflüssen maßgebend sind.

(Zuruf des Abg. Hörter, CDU)

Ich möchte Ihnen diese Einflüsse noch einmal vor Augen führen; denn in besonderen Wirtschaftsbereichen gibt es besondere Probleme:

Bei den Energieversorgern war ein erheblicher Preisverfall aufgrund des verstärkten Wettbewerbs festzustellen.

(Zuruf des Abg. Hörter, CDU)

Sie müssen doch wissen, was sich in der Versicherungswirtschaft abgespielt hat und wie dort die entsprechenden Gewinne und die Umsätze zurückgegangen sind.

Bei den Banken veränderte sich das Gewerbesteueraufkommen maßgeblich aus anderen Gründen. Im Baubereich kennen wir den Rückgang, und wir wissen, was mit dem Organschaftsgesetz möglich ist. Wir wissen, wie die Instrumente der Gewerbesteuerorganschaft genutzt werden. Das kennen wir gerade auch aus der Chemischen Industrie. Wir kennen die Auswirkungen.

Es hat doch keinen Zweck, dass Sie jetzt sagen, dass dieses Problem, das uns wirklich alle betrifft, das auch nach Lösungen ruft, durch eine Reform verursacht sei, die erst im nächsten Jahr greift.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich sagte, das Problem ruft in der Tat nach einer Lösung. Es ist nicht so, als hätten wir

das in Rheinland-Pfalz noch nicht bemerkt, Sie wissen, wir haben eine Enquete-Kommission beschlossen. Sie wissen, dass wir uns intensiv mit den Gemeindefinanzen beschäftigen wollen. Sie wissen auch, dass der Bundeskanzler erklärt hat und sich das Bundesfinanzministerium und das Wirtschaftsministerium darin einig sind, dass die Frage der Gewerbesteuer in der nächsten Legislaturperiode angegangen werden muss und das Strukturproblem der Gewerbesteuer, dass einzelne Kommunen von einem Steuerzahler maßgeblich abhängig sind, wie zum Beispiel Ludwigshafen, das ein Paradefall für ganz Deutschland ist, gelöst werden muss. Wir sind natürlich Ihrer Meinung. Aber hören Sie doch bitte mit Legendenbildungen auf. Wenn Sie genau nachrechnen, wissen Sie natürlich auch, dass viele Veränderungen bei manchen Kommunen auch zu Vorteilen geführt haben.

Herr Mertes hat gestern darauf hingewiesen, es gibt nicht die Finanzlage rheinland-pfälzischer Kommunen. Es gibt eine sehr unterschiedliche Finanzlage rheinlandpfälzischer Kommunen. In den letzten Tagen mussten wir dies auch bitter bei der Diskussion um das neue Unternehmensteuerreformgesetz feststellen, bei der man uns vorgerechnet hat, dass die Kommunen dabei insgesamt einen guten Schnitt machen. Wir wissen aber, dass Kommunen in unserem Land unmittelbar negativ betroffen sind. Das schmerzt uns sehr. Deswegen sind wir der Meinung, dass dieses Problem gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden, die unsere Meinung teilen, grundsätzlich angegangen werden muss. Dies bedeutet, dass das System der Gewerbesteuer überdacht werden muss. Da haben Sie uns an Ihrer Seite.