Protocol of the Session on November 15, 2001

(Jullien, CDU: Nach Ihrer Auffassung!)

Meine Damen und Herren, ich mache eine letzte Anmerkung, was das aktuelle Erfordernis aus wirtschaftspolitischer Sicht angeht. Ich denke, dass es ein gutes Zeichen war, dass die Europäische Zentralbank in der vergangenen Woche die Zinsen gesenkt hat und damit ein wichtiges Signal gegeben hat, insbesondere für die Bauwirtschaft. Wir hören gern die Botschaft. Wir werden sehen, wie das Leben es richten wird. Wir werden sehen, was aus der Einschätzung wird. Aber die Bauwirtschaft selbst – ich verweise auf die entsprechende Erklärung des Präsidenten der Bauwirtschaft, Professor Walther, aus München aus der vergangenen Woche – hat eine verhalten positive Einschätzung der Entwicklung am Bau für das Jahr 2002 prognostiziert. Wie gesagt, wir sind, was Prognosen angeht, gebrannte Kinder.

(Jullien, CDU: Das erste richtige Wort!)

Wir sollten vorsichtig sein in unserer Gläubigkeit und zurückhaltend sein in unserer Prognosegläubigkeit.

(Jullien, CDU: Das war das Wort zum Sonntag!)

Ich denke aber, wenn es gelingt, durch eine Vielzahl positiver wirtschaftspolitischer Maßnahmen ein Stück Vertrauen zu vermitteln, und dies auch in der Wirtschaft selbst aufgenommen wird, dann könnte das eine gute Bedingung dafür sein, dass es konjunkturell alsbald wieder nach oben geht.

Vielen Dank. (Beifall der SPD und des Abg. Kuhn, FDP)

Den Fraktionen stünde noch eine Redezeit von einer Minute je Fraktion zur Verfügung, sofern Sie das wünschen. Wenn nicht, kämen wir zu dem nächsten Tagesordnungspunkt.

Dann kommen wir zur Aussprache über die Mündliche Anfrage, „Geplante Änderungen zu Lasten der Kommunen im Doppelhaushalt 2002/2003“ betreffend.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Schnabel das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gemeinden, Städte und Landkreise gehen katastrophalen Zeiten in Rheinland-Pfalz entgegen. Wir hatten zwar in den vergangenen Jahren festzustellen, dass die Kommunen zahlreiche Probleme hatten, aber was sich jetzt anbahnt, ist eigentlich für jeden Kommunalpolitiker unvorstellbar. So etwas hatten wir in Rheinland-Pfalz noch nie. Es mag sein, dass die eine oder andere Klage von den einzelnen Landespolitikern nie so ganz ernst genommen wurde, wenn sie aus dem kommunalen Bereich kam. Wir sind an einem Punkt angelangt, wo wir die Signale jetzt aber aufnehmen müssen, insbesondere die Landesregierung und die die Landesregierung tragenden Parteien, denke ich.

In den nächsten beiden Jahren werden den Kommunen jeweils 140 Millionen DM fehlen. Dann wird vollmundig von einer Erhöhung des Verbundsatzes gesprochen. Im Gegenzug wird dann die Grunderwerbsteuer eingezogen bzw. kassiert bzw. nicht mehr bei den Kommunen belassen.

Meine Damen und Herren, vielleicht auch dazu ein deutliches Wort, weil wiederholt in den vorhergehenden Diskussionen darauf hingewiesen wurde, wir können im Bereich der Kommunalpolitik und im Bereich der Länder untereinander nicht vergleichen. Es wäre so, als wenn wir Äpfel mit Birnen vergleichen. Das wissen eigentlich alle. Deswegen ist es unredlich, immer wieder darauf hinzuweisen, dass wir hier in Rheinland-Pfalz als Einzige Grunderwerbssteuer im Bereich der Kommunen hätten. Die Anteile werden dann zwar aus den 240 Millionen DM, die kassiert werden, wieder zurück genommen, und unter dem Strich fehlen dann doch letztendlich die 140 Millionen DM.

(Staatsminister Mittler: Schon wieder falsche Zahlen!)

Über diese Zahlen können wir uns streiten, ob das jetzt 123 Millionen DM sind oder 140 Millionen DM sind. Herr Minister, Sie wissen genauso gut wie ich, dass das bisher zwischen den Spitzenverbänden und Ihnen noch nie zu klären war, welche Zahl richtig ist.

(Schmitt, CDU: So ist das! – Jullien, CDU: Im Zweifelsfall immer für die Spitzenverbände!)

Aber bei der Umsetzung der neuen Steuerschätzung – meine Damen und Herren, das ist wieder so ein Trick – wird lauthals verkündet, die Kommunen werden entlastet, der Haushalt 2002/2003 wird nicht davon berücksichtigt. Was stellen wir fest? Das war ganz klar. Der Kollege Mertes hat darauf hingewiesen. Natürlich müssen nach zwei Jahren diese Mindereinnahmen entsprechend von den Kommunen ausgeglichen werden.

Wir schieben wieder eine Bugwelle vor uns her. Es wird immer wieder davon gesprochen, dass die kreisfreien Städte eine Bugwelle vor sich herschieben würden und man versuche, über Stadt und Land das Ganze ein Stück weit zu entzerren. Das fangen wir damit neu an. Wir werden aufgrund dieser Situation eine Bugwelle aller Gemeinden, Landkreise und Städte bekommen.

Meine Damen und Herren, am Ende wird den Kommunen – ich habe dies vorhin schon einmal gesagt – das Geld fehlen. Sie werden es nicht in der Kasse haben. Sie werden aufgrund dieser Situation ihre Haushalte aufstellen müsse.

Was muss in diesem Land eigentlich noch alles passieren, dass die Landesregierung in Bezug auf die Behandlung der Kommunen aufwacht? – Wir haben – dies ist mittlerweile zigmal gesagt worden – zurzeit 600 unausgeglichene Haushalte. Ich muss Herrn Finanzminister Mittler berichtigen. Wir haben derzeit 600, und wir werden weit über die Hälfte bekommen. Wir hatten schon einmal in Rheinland-Pfalz, aber zu Ihren Zeiten in einer von SPD und FDP geführten Landesregierung, so um die 1.000. Da werden wir wieder hinkommen, bzw. wir werden noch darüber hinauskommen. Wir werden – das gab es auch noch nicht in Rheinland-Pfalz – demnächst in Rheinland-Pfalz fast alle Landkreise mit unausgeglichenen Haushalten fahren. Da bin ich ganz sicher.

Wenn ich meinen Landkreis anschaue: Da werden auf der einen Seite 8 Millionen Grunderwerbsteuer kassiert. Auf der anderen Seite werden 3 Millionen kompensiert. Damit sind wir nach wie vor mit 5 Millionen unterdeckt.

(Schweitzer, SPD: Das ist falsch!)

Natürlich ist es so. Das ist völlig richtig. Wir haben dann eine Unterdeckung von 5 Millionen.

Der Landkreis hatte bei der Aufstellung eines Haushalts in diesem Zusammenhang selten irgendwelche Unterdeckungen oder Defizite.

Meine Damen und Herren, Sie sehen allein schon daran, wie das weitergeht. Was perfide ist, ist, dass sich künftig

Landkreise, Verbandsgemeinden und Ortsgemeinden im Bereich der Umlage streiten.

(Glocke des Präsidenten)

Meines Erachtens wird da bewusst vonseiten der Landesregierung eine Situation geschaffen, mit der letztendlich nur die Kommunalen vor Ort zurechtkommen müssen.

Ich bedanke mich. (Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, ich möchte Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen, und zwar Mitglieder der Arbeiterwohlfahrt Remagen. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag! (Beifall im Hause)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Schweitzer das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kommunen sind in einer schwierigen Finanzs ituation. (Zuruf von der CDU: Das ist wahr!)

Das ist wahr. Das Land ist es auch.

Es liegt in der Natur der Sache, dass der kommunale Finanzausgleich bei Beratungen des Landeshaushalts immer umstritten ist, übrigens auch immer umstritten war, auch zu Zeiten, als die CDU an der Regierung war, nur mit umgekehrten Vorzeichen,

(Schmitt, CDU: Obwohl es den Kommunen besser ging!)

weil es darum geht, einerseits Landes- und andererseits kommunale Interessen unter einen Hut zu bringen.

Ich sage in allem Freimut, dass ich mir einen kommunalen Finanzausgleich wünschen würde, der die Kommunen besser aussehen lässt. Das gilt übrigens für alle meine Kollegen. Nur, eines ist auch klar: Wir sitzen hier und sind nach Mainz geschickt worden, weil wir nicht zuletzt auch Landesinteressen zu vertreten haben.

Herr Kollege Schnabel, die Heuchelei, die Sie und die CDU regelmäßig veranstalten, machen wir nicht mit.

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Alle zwei Jahre gibt es das gleiche Spiel. Sie versprechen den Kommunen das Blaue vom Himmel, und dann, wenn es konkret um Anträge bei Haushaltsberatungen geht, haben die Kommunen von Ihnen nichts zu erwarten, keine einzige „müde Mark“. Im Gegenteil.

(Beifall des Abg. Mertes, SPD – Zurufe von der CDU)

Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, hätten wir in den letzten vier Jahren weniger Mittel für den Schulbau und die Wasserwirtschaft an die Kommunen geben können. Das wäre das Ergebnis Ihrer konkreten Politik gewesen.

(Beifall bei SPD und FDP – Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, von verbaler Kommunalfreundlichkeit können sich die Kommunen nichts kaufen. Wie kommunalfreundlich Sie wären, haben wir alle in Ihrer Regierungszeit erleben dürfen. Sie waren diejenigen, die wie keine andere Regierung vorher oder nachher den Verbundsatz gnadenlos von 23 % auf 20,25 % gesenkt haben und damit den größten Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich vorgenommen haben, der jemals gemacht wurde.

(Beifall des Abg. Mertes, SPD – Zurufe von der CDU)

Herr Kollege Schmitt, ich kann verstehen, dass Sie jetzt bellen, weil Sie dabei waren und mit die Hand gehoben haben, dass es so gekommen ist, wie es gekommen ist.

(Beifall der SPD – Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, im Übrigen: Wenn wir als Regierungsfraktionen allen Ihren Anträgen auf mehr Ausgaben zustimmen würden, hätten wir überhaupt kein Geld mehr, das wir an die Kommunen weitergeben könnten.

(Beifall bei SPD und FDP – Zuruf des Abg. Jullien, CDU)

Nun haben wir durch die CDU eine Alternative, eine schlechte zwar, aber immerhin wir haben eine. Wir werden Sie hier im Hause, in keinem Landkreis und in keiner Stadt herauslassen. Wir werden Sie mit der Alternative der CDU konfrontieren. Wie sieht diese aus? – Die Alternative ist die, dass Sie auf all Ihren Parteitagen, in allen Parteigremien beschließen, Sie wollen die Steuerreform auf das Jahr 2002 vorziehen. Ihre Alternative bedeutet für die Kommunen in Rheinland-Pfalz im nächsten Jahr schlicht 527 Millionen weniger Geld.