Protocol of the Session on February 17, 2006

(Beifall bei der CDU)

Dann muss man über die Zusammensetzung nachdenken. Der Titel „Bioethik-Kommission des Landes Rheinland-Pfalz“ ist irreführend.

(Glocke der Präsidentin)

Er vermittelt den Eindruck, dass das Plenum beteiligt worden wäre. Dies ist nicht der Fall. Eines bedrückt mich ganz besonders und bestätigt eigentlich die These, die ich eben vorgetragen habe. Wenn von der evangelischen Kirche ein Sachverständiger vorgeschlagen wird und dieser abgelehnt wird, weil man im Voraus schon weiß, dass er diese Position nicht mitgetragen hat, dann frage ich: Ist dies wirklich eine Bioethik-Kommission dieses Landes.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Schleicher-Rothmund.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Rosenbauer, mit Ihrem Ansatz, dass hier Parteipolitik über die Bioethik-Kommission gemacht würde, haben Sie meiner Ansicht nach Ihren Weg der letzten Tage fortgesetzt, dass Sie mit Ihrer Wahlkampfthemenwünschelrute durch einen Morast der Ungebührlichkeiten stapfen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Jetzt schauen wir uns einmal an, was die BioethikKommission ist. Sie ist 1986 gegründet worden. Darin

sitzen Wissenschaftler, Vertreter der Wirtschaft, der Gewerkschaft und auch der Landesministerien. Es ist eine üble Unterstellung an die Verantwortung dieser Personen, ihnen hier zu unterstellen, sie würden in einer gewissen Willfährigkeit ihrem Minister das Wort reden. Dann kommt allenfalls der Satz zum Tragen: Jede Aussage ist eine Selbstaussage.

(Beifall bei SPD und FDP)

Diese Kommission berät die Landesregierung über ethische, rechtliche, soziale und wirtschaftliche Einordnungen neuer Technologien und ihrer Folgewirkung. Vorsitzender der Kommission ist der Justizminister. Die Kommission hat uns schon zu vielen Themen Berichte vorgelegt. Es hat auch in der Vergangenheit Berichte gegeben, in denen die Kommission weiter hinausgegangen ist als das, was tatsächlich in diesem Haus besprochen worden ist. Aber die Arbeit dieser Kommission sowie auch die Arbeit der anderen Kommissionen auf Bundesebene ist sehr wichtig; denn die Bioethik können wir nicht in einem engen Rahmen diskutieren. Wir brauchen für diese grundlegenden Fragestellungen unseres Lebens eine breite Abwägung. Deswegen ist es richtig und wichtig, dass es hier auch eine Vielzahl der Meinungen gibt. Man muss sie sich doch nicht zu Eigen machen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Die im Dezember in dem von Ihnen angesprochenen Bericht veröffentlichten Empfehlungen betreffen die Stammzellenforschung, die Präimplantationsdiagnostik und das Klonen. Sie zielen tatsächlich auf eine Änderung des Stammzellengesetzes und des Embryonenschutzgesetzes ab. Das ist ein Fakt.

Jetzt schauen wir uns einmal den zweiten für uns – denke ich – sehr relevanten Fakt an. Der rheinlandpfälzische Ministerrat hat den vorgelegten Bericht – das möchte ich jetzt einmal wörtlich zitieren – „mit Respekt zur Kenntnis genommen“ und macht ihn sich aber nicht zu Eigen. Diese Position der Landesregierung ist mehr als deutlich.

(Beifall bei SPD und FDP)

Jetzt kommen wir zum Dritten. Das haben Sie selbst angesprochen. Für die rheinland-pfälzische SPD kann ich Ihnen sagen, dass wir uns in unseren beiden Anträgen, einmal zu dem Antrag zur Stammzellforschung und in unserem Antrag zur Präimplantationsdiagnostik, ganz klar für das Embryonenschutzgesetz in seiner derzeitigen Form und für das Stammzellengesetz in seiner derzeitigen Form ausgesprochen haben. Wir halten das deutsche Embryonenschutzgesetz für ein gutes Regelwerk, das die Bedürfnisse von Paaren nach einer leiblichen Elternschaft und die Teilhabe am medizinischen Fortschritt unter Wahrung ethischer Grundsätze miteinander verbindet. Unser Embryonenschutzgesetz ist so geregelt, dass es bei uns nicht wie im Gegensatz zu anderen Ländern zu einer Vielzahl überzähliger Embryonen kommt. Für das Embryonenschutzgesetz ist die Zielsetzung der Herbeiführung einer Schwangerschaft unabdingbare Voraussetzung für die Vornahme einer künstlichen Befruchtung. Damit, indem wir uns ganz klar zu dieser Zielsetzung bekennen, erteilen wir auch eine

ganz klare Absage an eine Verzweckung menschlichen Lebens.

(Beifall bei SPD und FDP)

Auch das vom Bund im Januar 2003 beschlossene Stammzellengesetz begrüßen wir weiterhin. Wir halten es für einen ethisch und rechtlich vertretbaren Kompromiss. Dieser Kompromiss achtet die Würde des Menschen und den Schutz des Lebens. Es erkennt die Freiheit der Wissenschaft und den Nutzen wissenschaftlichen Arbeitens an. Das Gesetz regelt die Ausnahmen, unter denen eine Einfuhr von Stammzellen zulässig ist, und es verlangt die Hochrangigkeit eines Forschungsvorhabens.

(Beifall bei SPD und FDP)

Mit der im Gesetz verankerten Stichtagsregelung wird die Gewinnung von embryonalen Stammzellen zu Forschungszwecken ausgeschlossen. Die teilweise vorgetragenen Nachteile aus der Stichtagsregelung sind meines Erachtens nicht ausreichend erkennbar. Vor allem glaube ich, das ist ein wichtiger Punkt, dass wir diese Aussage mit unserem neuen Kenntnisstand beurteilen müssen. Damit meine ich nämlich, dass die angeblichen Forschungserfolge aus Korea, die sicherlich die Betrachtung über die unterschiedlichen Forschungsbedingungen noch unheimlich angeheizt haben, ein unsäglicher Betrug an der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft und an den Hoffnungen kranker Menschen waren.

(Beifall bei SPD und FDP)

In der Summe sind wir gut beraten, diese Themen weiterhin sorgfältig und behutsam zu diskutieren. Dabei sollten wir eines nicht vergessen, Herr Dr. Rosenbauer: Es ist der Bund, der die genannten Gesetze macht. Auch aus Berlin gibt es keinerlei Signal für Änderungen.

(Glocke der Präsidentin)

Ich möchte zum Schluss kommen. Johannes Rau hat im Mai 2003 zur Ethik in der Forschung hier in Mainz gesagt: „Nur das Parlament habe das Recht, die Grenzen wissenschaftlicher Forschung und die Grenze für die Anwendung von Forschungsergebnissen festzulegen.“ Dieser Verantwortung sind wir meiner Ansicht nach bisher gerecht geworden. Eine Aktuelle Stunde halte ich persönlich nicht für den geeigneten Rahmen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Thomas das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich finde es auch schwierig, eine bioethische Fragestellung und einen Bericht der Kommission, die unter dem Vorsitz von

Herrn Mertin tagt, innerhalb von fünf Minuten zu kommentieren oder zu diskutieren.

Ich will aber trotzdem sagen, dass, nachdem der Bericht vorgelegt wurde, ich mir auch überlegt habe, wie wir eine Debatte im Parlament hinbekommen. Sie haben gesagt, diese Kommission würde uns beraten. Ich habe es noch nie erlebt, dass uns diese Kommission im Parlament berät, sondern ich habe immer nur erlebt, dass es fix und fertig abgeschlossene Berichte gab und sie dann irgendwann aufgeschlagen sind, hier noch nicht einmal in Form einer Debatte und Beschlussfindung, sondern das immer aufgrund einer Initiative einer Fraktion in diesem Landtag getan werden musste.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Es war übrigens auch nie die FDP-Fraktion, die in diesem Punkt immer weit nach vorn springen will.

Meine Damen und Herren, ich will auch nicht so weit gehen, wie der Leitartikelverfasser in der „Frankfurter Rundschau“, der gesagt hat, es gibt Dinge, die ihren Namen nicht verdienen.

Ich würde nicht sagen, das ist eine BioethikKommission, aber ich möchte zumindest feststellen, dass ich glaube, dass eine Kommission unter dem Vorsitz eines Ministers in dieser Form – wir finden Vergleichbares auf der Bundesebene nicht, sondern dort finden wir wirklich unabhängige Kommissionen – keine Bioethik-Kommission des Landes ist, sondern dass es wie eine merkwürdige Zwischenkonstruktion anmutet.

Meine Damen und Herren, ich habe das Bedürfnis, dass wir uns im Parlament Zeit nehmen und das, was Sie beschrieben haben, mit- und untereinander abwägen.

(Dr. Rosenbauer, CDU: So ist es!)

Ich möchte Ihnen den Vorschlag machen und bitte Sie, das einfach für den Zeitpunkt nach der Wahl zu überlegen, ob wir es zur zentralen bioethischen Fragestellung in der Humanmedizin nicht schaffen, eine EnqueteKommission in der nächsten Legislaturperiode einzuberufen und mit entsprechender Breite, aber auch mit entsprechender breiter Vertretung zu beraten, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU)

Wir haben nicht die Absicht, die Kommission aufzulösen, aber wir hätten die Möglichkeit, als Parlament mit dieser Thematik anders umzugehen und diese Themen anders zu würdigen.

Meine Damen und Herren, ich habe diesen Kommissionsbericht mit besonderer Aufmerksamkeit gelesen, weil ich Monate vorher mit besonderer Aufmerksamkeit gelesen habe, was die FDP in ihrem Wahlprogramm geschrieben hat. Ich möchte Ihnen schon vorlesen, was im Wahlprogramm steht.

(Dr. Rosenbauer, CDU: 1 zu 1!)

Die FDP fordert, die Verwendung so genannter überzähliger Embryonen unter strengen gesetzlichen Auflagen für Forschungszwecke zuzulassen, um einen sachgerechten Ausgleich herbeizuführen. Herr Dr. Schmitz, ich bin sicher, Sie werden nachher erklären, was das heißt, um einen sachgerechten Ausgleich herbeizuführen.

Diese überzähligen Embryonen gibt es im Moment überhaupt nicht in dem Umfang, in dem Sie darauf zurückgreifen wollen. Das finde ich das Fragwürdige an dieser Kommissionsempfehlung und an dem, was dort quasi als Reputat kommt.

Sie schaffen die Voraussetzungen und versuchen, es ethisch zu untermauern, warum man jetzt überzählige Embryonen herstellen muss: Damit Sie zum einen für Forschungszwecke benutzt und zum anderen aber auch zur Adoption freigegeben werden können.

Das ist aber doch keine von der ethischen Grundlage her herausentwickelte Position und Argumentation, sondern das ist der Versuch, Ihren forschungspolitischen Zielsetzungen ein Stück näher zu kommen.

Sie wollen überzählige Embryonen bekommen, damit Sie sie beforschen können, weil Sie sagen, das ist für uns ein wichtiger Standortfaktor in Deutschland.

(Dr. Schmitz, FDP: Das ist eine Unverschämtheit!)

Das ist doch so, Herr Schmitz. Ich habe Sie doch schon so argumentieren hören bei der einen oder anderen Debatte.

Das ist das Schwierige an dieser gesamten Empfehlung.