Meine Damen und Herren, die Landesregierung muss sich auch dafür einsetzen, dass die einschneidenden Umstrukturierungsmaßnahmen beim Zoll, beim Bundesgrenzschutz, aber auch bei der Bereitschaftspolizei rückgängig gemacht werden. Wenn man sich mit Fachleuten unterhält, sind gerade auch da Schlupflöcher, die unbedingt geschlossen werden müssen.
Zum Schutz des Luftverkehrs müssen bundeseinheitliche Regelungen geschaffen werden. Wir brauchen insbesondere eine Strategie gegen jede Form von Verbreitung extremistischen Gedankenguts im Internet. Wir müssen das Asylverfahrensgesetz ändern. Ich will jetzt nicht auf Einzelheiten eingehen, aber da sind mit Sicherheit auch noch einige Lücken im Rahmen der Sicherheit zu schließen. Im Rahmen der Einbürgerung brauchen wir die Regelanfrage beim Verfassungsschutz.
Was wir insbesondere auch feststellen müssen, ist, wir haben einen großen Nachholbedarf beim Zivil- und Katastrophenschutz, dies nicht nur auf Bundesebene, sondern auch auf Landesebene. Das trügerische Sicherheitsgefühl hat sicherlich dazu geführt, dass den Hilfsorganisationen immer weniger Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Wenn ich recht informiert bin, sind zwei Drittel der Mittel für den gesamten Bereich der Hilfsorganis ationen seit den 50er-Jahren gekürzt worden. Da müssen wir meines Erachtens alle wieder anpacken. Die Wiedereinführung von Katastrophenschutzplänen und auch von Konzepten im Unterricht ist zwingend erforderlich. In den letzten Jahren hat sich kein Mensch um diese Dinge gekümmert. Kein Mensch hat Konzepte im Bereich des Katastrophenschutzes an Schulen entwickelt.
Meine Damen und Herren, der Brandschutz ist sicherlich ein weiterer Punkt, mit dem wir uns zu befassen haben. Wir wissen, dass gerade seit dem Vorfall in New York die Feuerwehrmänner in den Vordergrund gestellt wurden, was Ehrenamt und Einsatz angeht. Wir haben in Rheinland-Pfalz sicherlich einen Nachholbedarf, was die Finanzierung angeht. Ich will das an dieser Stelle nur einmal sagen, wir haben einen Antragsstau von 50 Millionen DM.
Ich denke, das ist bei einem insgesamten Ansatz, der im Jahr weit darunter liegt, schon etwas Besorgnis erregend.
Meine Damen und Herren, die eigentlichen drei Punkte nach dem Polizei- und Ordnungsbehördengesetz sind relativ schnell genannt. Das ist einmal die Einführung der verdachtsunabhängigen Kontrolle. Das sind darüber hinaus die Videoüberwachung und der Vorbeugegewahrsam. Wir begrüßen es, dass die Landesregierung – es ist wohl noch nicht so ganz klar, wo der Gesetzentwurf herkommt – oder in diesem künftigen Gesetzentwurf des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes das eine oder andere umgesetzt werden soll. Es fehlt aber auf jeden Fall – das hat der Herr Innenminister expressis verbis gesagt – die verdachts- und ereignisunabhängige Personenkontrolle.
Herr Minister, da ist unter anderem auch von Ihnen gesagt worden, dass das andere Länder abschaffen würden. Ich kann das Gegenteil feststellen. Sie wissen genauso gut, wo überall verdachtsunabhängige Kontrollen durchgeführt werden. Das geschieht rund um Rheinland-Pfalz in Baden-Württemberg, Bayern, Thüringen, Hessen und Saarland. Sogar Nordrhein-Westfalen führt die verdachtsunabhängigen Kontrollen ein. Dann sagen Sie uns, das würde in verschiedenen Bundesländern mittlerweile eingestellt. Das hätte ich gern einmal gewusst. Das beweisen Sie mir bei Gelegenheit irgendwann einmal, wenn Sie es gefunden haben, oder wenn Sie irgendjemanden finden, der Ihnen das bestätigen kann.
Meine Damen und Herren, auch der Bundesgrenzschutz führt seit 1998 – also seit drei Jahren – diese Schleierfahndung oder die verdachtsunabhängige Personenkontrolle durch. Dies geschieht nicht nur in Grenzgebieten, wie wir wissen, sondern auch an Bahnhöfen und auf Flughäfen. Gerade bei der Polizei im praktischen Dienst wird immer darauf hingewiesen, dass diese gesetzliche Grundlage zwingend erforderlich ist, um entsprechend aus dem Grauzonenbereich bei der einen oder anderen Kontrolle herauszukommen.
Meine Damen und Herren, unsere Polizisten brauchen in diesen Fällen Sicherheit. Die Motivation der Einsatzkräfte kann nur durch klare rechtliche Verhältnisse gestärkt werden.
Um diese Fahndungstätigkeiten wirksam zu gestalten, muss für die Polizei die Möglichkeit geschaffen werden, Identitätsfeststellungen in diesen Bereichen ohne besonderen Grund durchzuführen. Allzu viel Liberalisierung, zu viel Kompromissbereitschaft und Nachsicht sind keine guten Ratgeber für die Kriminalitätsbekämpfung. Opferschutz geht vor Täterschutz. Noch immer ist dies meines Erachtens ein Slogan, hinter den wir uns bedingungslos stellen müssen.
Meine Damen und Herren, die Videoüberwachung von Kriminalitätsschwerpunkten im öffentlichen Raum ist ein wesentlicher Beitrag zur Bekämpfung der Straftaten. Herr Innenminister, hier weiß ich nicht, ob Sie das mit Ihrer Aussage in der Regierungserklärung gemeint haben. Wenn ja, wäre es gut. Wenn nein, muss ich noch einmal darauf hinweisen, dass auch da alle Bundesländer rundum diese Videoüberwachung mit großem Erfolg eingeführt haben. Die von uns vorgeschlagenen Vorschriften führen dazu, dass offene Bild- und Tonaufzeichnungen gemacht werden können und die entsprechende Rechtsgrundlage geschaffen wird.
Meine Damen und Herren, damit das ein für alle Mal klar wird, wir haben nie eine flächendeckende Videoüberwachung gefordert und uns nie in dieser Richtung artikuliert. Es geht lediglich um den Einsatz an Kriminalitätsschwerpunkten. Die Installation einer solchen Überwa
chungskamera stellt zweifelsohne eine Erfolg versprechende Hilfe bei der Schaffung von mehr Sicherheit auf Straßen und Plätzen dar. Selbstverständlich verkennen wir nicht, welche technischen Möglichkeiten moderne Videokameras heute bieten und welche Gefahren für die Freiheit der Bürger daraus erwachsen können. Entwicklungen wie in England lehnen wir deshalb natürlich ab. Das Freiheitsrecht der Bürger ist ein hohes Gut. Doch der Bürger hat mindestens ebenso ein Recht darauf, dass ihn der Staat vor Verbrechen schützt. Was nützt das höchste Freiheitsrecht, wenn man sich auf Straßen und Plätzen nicht mehr frei bewegen kann?
Meine Damen und Herren, im Übrigen haben wir Videoüberwachung mittlerweile an vielen Stellen – auch das muss einmal gesagt werden – im Privatbereich – da regt sich kein Mensch auf – bei Banken, in Tiefgaragen, in Kaufhäusern. Überall haben wir Videoüberwachungskameras. Die werden nicht so geprüft, wie wir das im Rahmen unseres Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes fordern. Das muss man sich auch einmal vor Augen führen. Deshalb gilt natürlich das Totschlagargument schon gar nicht: Wenn Sie das an einem Platz machen, dann verziehen sich Straftäter an andere Plätze –. Wenn wir danach vorgehen – das höre ich immer wieder –, dann bräuchten wir nirgendwo etwas zu machen. Dann wäre es am besten, sich die Straftäter querbeet verteilen zu lassen.
Meine Damen und Herren, zum Ende möchte ich jetzt auch noch die Feststellung machen, 80 % unserer Bevölkerung wollen Videoüberwachung. Damit wir uns richtig verstehen, das ist nicht nur eine Forderung von irgendjemandem, der im Bereich des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes etwas Neues machen will.
Meine Damen und Herren, ich wünsche mir nur, dass wir etwas sachlicher und konstruktiv über unsere Änderungsvorschläge diskutieren können. Da wird ganz schnell gesagt, das sei verfassungswidrig und Ähnliches mehr. In den früheren Diskussionen ist dies immer wieder behauptet worden. Wir sollten schon die positiven Erfahrungen aus den anderen Bundesländern mit heranziehen. Wir brauchen das Rad nicht neu zu erfinden. Das Rad der Geschichte muss nicht jedes Mal neu erfunden werden. Es gibt rundum die besten Beispiele.
Meine Damen und Herren, bevor ich schließe, lassen Sie mich aber noch ein besonderes Dankeschön der Polizei und dem Verfassungsschutz gerade in diesen schweren Zeiten, insbesondere aber auch den Hilfs- und Rettungsorganisationen sagen, die gerade in der derzeitigen Situation immer Gewehr bei Fuß stehen müssen. Sie sind alle stärker gefordert denn je. Deshalb: Noch einmal herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir alle stehen auch fünf Wochen nach den unvorstellbaren Terrorakten in den USA noch immer unter dem Eindruck der Hilflosigkeit gegenüber einem solch grausamen Vorgehen in unserer zivilisierten Welt.
Fast genau ein Jahr vor dem 11. September 2001 haben wir mit einigen Landtagskollegen auf einem der zerstörten Türme gestanden und den Blick über Manhattan und weit darüber hinaus genossen. Auch die Silhouette der Stadt mit den beiden Türmen, vom Schiff aus gesehen, war ein beeindruckendes Bild. Diese Silhouette gibt es nicht mehr.
Wir haben uns übrigens damals in New York über die neue Sicherheitspolitik und deren Erfolge informiert. Es ist mehr passiert in Amerika durch Terrorakte, die in todesverachtender Weise zwei Wolkenkratzer zum Einsturz gebracht und den Tod tausender von Menschen herbeigeführt haben.
Wir alle, auch diesseits des Atlantik, sind bis ins Mark getroffen, nicht nur weil offensichtlich auch bei uns im Land Täter gelebt haben, die die Wahnsinnstaten begangen haben. Die Welt ist von diesen skrupellosen Terroristen in Gut und Böse eingeteilt. Wir – da darf sich niemand täuschen und sich etwas vormachen, auch wenn es zurzeit etwas anders aussieht – gehören zu den Bösen, die es aus deren Sicht zu bekämpfen gilt.
Weltweit agierender Terrorismus, dessen Berufung auf eine Weltreligion eine Schande – ich sage „eine Schande“ – für die friedfertigen anderen dieser Religion ist,
stellt für die ganze Welt eine Bedrohung dar. Deshalb auch der Schulterschluss mit der UN. Dabei ist allen Ländern klar, dass mit Erklärungen der Kampf nicht gewonnen werden kann.
Skeptiker, deren Bedenken ich durchaus verstehe, ohne diese selbst zu teilen, sollten nicht vergessen, dass Amerikaner und Engländer zurzeit auch für uns gegen die Terroristen und deren Unterstützer kämpfen.
Neben der äußeren Sicherheit, auf die ich nachher noch einmal kurz eingehen werde, ist die Innere Sicherheit in all ihren Facetten ins Zentrum der politischen Diskussion und des Handelns geraten. Die Menschen wollen trotz aller Ohnmachtsgefühle wegen der Bedrohung durch Terroristen das Gefühl haben, dass der Staat sich um ihre Sicherheit bemüht und sie, soweit es nur geht, ge
währleistet. Deshalb ist die Debatte über den Zustand der Inneren Sicherheit in unserem Land und ihre möglichen Schwachstellen notwendig. Es müssen Schlussfolgerungen dort gezogen werden, wo Handlungsbedarf besteht.
Wir dürfen dabei nicht in eine Situation geraten, in der wir uns gegenseitig in unseren Vorschlägen verhakeln und Entscheidungsschwäche demonstrieren, das heißt nicht, Augen zu und durch, sondern nach einem Abwägungsprozess Entscheidungen umsetzen. Andere wie dieser unglaubliche Vereinfacher und Sicherheitsvorgaukler Schill würden sonst zu unser aller Schaden ihren Nutzen daraus ziehen.
Wir dürfen die Debatte aber auch nicht so führen, dass sie in einen Wettlauf um die weitestgehenden Vorschläge und Beschränkungen ausartet. So manchen beschleicht bereits das Gefühl, dass wir uns auf diesem Weg befinden. Deshalb halte ich es für wichtig, ebenfalls an den Ausspruch von Benjamin Franklin zu erinnern, wie es gerade eben Walter Zuber getan hat, der vor über 240 Jahren gesagt hat: „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“ Das ist 240 Jahre her.
Frau Kohnle-Gros, Sie können nachher reden. Lassen Sie mich ungestört ohne Ihre Schreiereien ausführen.
Zumindest befinden wir uns noch nicht auf diesem Weg. Aber gerade wir sollten uns der Gefahr bewusst sein, gerade wir Deutschen mit einer im Verhältnis zu anderen Staaten noch sehr jungen Demokratie.
Es ist nicht die einzelne Maßnahme. Es ist die Summe der Vorschläge zur Antiterrorbekämpfung, die uns wachsam sein lassen muss: drastisch verschärfte Kontrollen an Grenzen, Flughäfen und Gebäuden, Sky-Marshals in den Flugzeugen, Aufstockung des Bundesgrenzschutzes, Rasterfahndung, Regelanfrage, Lockerung des Bankgeheimnisses, Erfassung aller Konten, neuer Terrorismus-Paragraph, Aufhebung des Religionsprivilegs im Vereinsgesetz, Fingerabdruck in Ausweisen, Kronzeugenregelung, Vernetzung personenspezifischer Daten. Dabei habe ich noch gar nicht die Vorschläge der CDU mit aufgezählt.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Wir wollen und werden unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung gegen diese gewissenlosen Terroristen und ihre Helfershelfer verteidigen.
Wir sind für eine wehrhafte Demokratie. Dabei wissen wir sehr wohl, dass Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Sicherheit Freiheitsrechte Einzelner, von Gruppen
oder sogar von allen Bürgerinnen und Bürgern tangieren können, sogar tangieren müssen, um überhaupt Wirkung zu entfalten.
Freiheit bedingt auch Sicherheit. Dieses Spannungsfeld zwischen Erhalt der Freiheit und Gewährleistung von Sicherheit macht die Diskussion über die vorliegenden Vorschläge nicht einfach, zumal in der politischen Diskussion und Auseinandersetzung die Neigung sehr groß ist, mit Schwarz-Weiß-Argumenten zu arbeiten. Während zum Beispiel die Gegner eines Fingerabdrucks im Ausweis behaupten, durch diesen würden alle Bürgerinnen und Bürger per se in Generalverdacht genommen, betrachten ihn Befürworter als total harmlose, unbedeutende Maßnahme.