Protocol of the Session on February 14, 2001

- ginneh und Kollegen gehöre; die bedauern, dass Sie, Frau

Kollegin, dass du, liebe lngrid, ausscheidest.

(Beifall des Hauses)

Auch die letzte Rede war ein Beispiel für das unabh_ängige, sachkundige und mutige Urteil, das wir immer an dir ge- _ schätzt haben, die Eigenständigkeit deiner Persönlichkeit und deine Liebenswürdigkeit als Kollegin. Alles Gute für dich, vor allen Dingen natürlich Gesundheit.

(Beifall im Hause)

Herr Präsident, meine Damen und Herren, mehrfach ist-der Bundesgesundheitsminister einer C-Partei genannt worden,

_ - der die Budgets im Wese_ntlichen im Lauf der 90er-Jahre ein

geführt hat. Derselbe G~sundheitsminister, Horst Seehofer,

hat dann allerdings ungefähr um 1996 herum seinen 'Frieden mit_ den Anbietern gesdilossen und gesagt:· Es muss mehr Geld iils System, damit endlich der unfruchtbare Streit auf

hört, dass sich der Gesundheitsminister mit den Ärzten, den Krankenkassen; den Krankenhäusern und der Pharmaindu

- strie -herumschlagen muss._- ~Er hat seine Lösung für dieses Problem gefunden ·und sie teilweise umgesetzt. Er hat nämliCh die Mehrausgaben des Gesundheitswesens im Wesentlichen durch_ ZuzahlunlJen und durch Herausnahme _aus dein

- Leistungskatalog bei den Prhiathaushalten, bei vielen Men

schen, bei den Versicherten abgeladen.

WE:!nn Sie einmal die Statistik der z~veiten Hälfte der 90er~ Jahre genau lesen, werden Sie feststellen, dass zwar die Beitragsbelastung in- der gesetzlichen Krankenver;ich-erung _durchaus moderat war, also nicht deutlich angestiegen ist,

dass aber die Gesamtbelastung der Haushalte durch Gesund

heitsausgaben so gestiegen ist wie- noch nie._ Di(! Privatisierung ist eine Entwicklung, die wir meiner Meinung nach nicht hinnehmen können. Das passt dann auch mit bestimmten ge

sellschaftspolitisch~n Vorstellungen zusammen, beispielsweise den Arbeitgeberbeitrag einzufrieren und den Arbeitneh,

merbeitrag demgegenüber jloaten zu lassen, ihn also \.Veiter steigen zu lassen. Wer das macht, hat ein Problem gelöst - ohne ZIJI!eifel ~. das ist nämlich das Problem der Lohnneben~

_kosten für den Wirtschaftsstandort, aber er hat die- Problem

lösung ausschließlich bei denen abgeladen, die sich nicht

wehr~!'! können, nämlich bei den einzelnen Krankenversi· cherten. (Beifall der.SPD und der F.b.P.)

Meiner Meinung nach kann das keine moderne Marktwirt

·schaft sein, wenn der Einzelne nicht überschaut, welche Leis

tu_ngen gut für ihn sind. Gesundheitliche Leistunge!l sind so

komplizjert, dass selbst Fachleute oft überfordert sind; wenn sle sich außerhalb _ihres ·Schwerpunkts bewegen._ Es_ kann nicht sein, dass künftig der Einzelne entscheiden muss, o-b_ der Herzkatheter für·ihn not\'vendig ist oder nicht. Das entschei

den immer noch andere für ihn. Da es andere entscheiden- in der Regel Ärztinnen und Ärzte-, muss es bestimmte Regel~n gen geben, die das Leistungsgeschehen in Grenzen halten.

Es gibt gute, es gibt schlechte. Es ki:mn auch bessere geben als zurzeit. Budgetgr~nzen aufzugeben, ohne im gleichen Augenblick sagen zu können,_ wie das Leistungsgeschehen auf andere Weise iri Grenzen gehalten werden kann, ist schlicht verantwortungslos.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Noch etwas. Budget heißt nicht, dass es kein Geld mehr gibt -oder eine KassenärztlicheVereinigung die Budgets klug steu

ert, auch solche in Rheinlanc!-Pfalz. Ich nehme als Beispiel eine große Flächim-KV, nämlich die hessische, die das Maß der Arzneimittelberatung_ ·für die Ärzteschaft, das heißt, der Beratung des Verordnungsverhaltens, optimiert hat.

Dort, wo die Beraturig der Ärzteschaft über notwendige Innovationen, über die Möglichkeit, Generika einzusetzen, andere Packungsgrößen zu verwenden, nicht medikamentöse Therapie, wo sie sinnvoll ist, stattdessen anzuwenden, wo solche Beratungssysteme aufgebaut und optimiert worden sind, we-rden in der Regerauch die Budgets nicht überschritten.

Ich rede nicht von_ den Folgen fürdie Heilmittel, für Massagepraxen ufid Ähnliches mehr: Das ist ein eigenes Thema_. Daskönnen wir gern diskutieren. Dazu fällt mir eine Menge ein. Ich bleibe einmal bei den.Medikamenten im Kern. Ich habe nicht gehört, dass dort, wo die Budgetgrenzen eingehalten worden sind.- das ist weitgehend in Rheinland-Pfalzder Fall; es ist zum Beispiel in Hessen und in anderen Kassenärztlichen Vereinigungen, die das sorgfältig gesteuert hab~n. der-Fall-, die Menschen schlechter mit Arzneimitteln versorgt-wären. Das stimmt einfach nicht.

Wer so etwas behauptet, muss auch einmal in die Statistik der 90er-Jahre schauen. Wir-haben 1993 in der gesetzlichen Kran

kenversicherung ArzneimittelaUsgaben von 31 Milliarden-DM -gehabt. Sie sind im Jahr 1998 auf 40 Milliarden DM g~stiegen.

Das ist ein Zuwachs von 30 % in etwa fünf, sechs Jahren. Wer

weismachen will, dass 30 % mehr notwendig sind, um die Menschen zufrieden zu stellen und sie gesundheitlich aufder Höhe der Zeit mit Medikamenten zu versorgen, der erliegt einem Trugschluss und den Verführungen der Anbieterseite. Er

-schlägtsich auf eine Seite und sagt: Wir müssen alles tun, was

dieser Seite zugute kommt, ohne die Qualität beim Verbrau

·cher,-beim Patienten, beim Versicherten in den Vordergrund

zu· stellen.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Der Arzt ist im Übrigen in jeder Kassenärztlichen Vereinigung und die KassenärZtliche Vereinigung _für ihn-verpflichtet, die Versorgung der Versicherten, der Patientinnen und Patienten! sicherzustellen. Das ist der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung. Ein Kassenarzt, ger zum Bei

spiel im Oktober oder November sagt, das Budget ist überschritten, hat nicht das Recht, einfach die Patientemiersorgung für dieses Jahr zu beenden. Meistens sind die Alarmmeldungen falsch gewesen. ln der Kassenärztlichen Vereini

_ ·gung Kobl:nz waren sie zum Beispiel immer falsch, nämlich

immerzu früh und immer auf Kosten Dritter.

Jetztsind wir bei dem "Thema "Massagepraxen". Schauen Sie • sichdie Jahresendabschlüsse an. Die Arzneimittelbudgets wa

ren imm~r eingehalten. Sie wurden ein Vierteljahr vorher-als überschritten gekennzeichnet, damit das Verordnurigsverhal- _

teh sozusagen durch EinSchüchterung unter dem Soll bleiot.

Ein Arzt, der im Einze_lfall sagt-- es -ist so gut wie nie vorgekommen; wo es Grenzfälle gab, sind wir tätig gewesen-, das Budget ist erschöpft; ich kann Ihnen entweder nicht das optimale Mittel verschreiben oder gar kein Mittel, weil das ver

sch~ebbar ist; was Sie mir vortragen, und Sie nicht einen _pku

ten Notfall darstellen, und mit dieser Begründung eine Leistung verweigert, widerspricht dem Sicherstellungsauftrag und begeht gewissermaß_en Rechtsbruch; damit das völlig klar ist.