Protocol of the Session on November 16, 2000

- gestellt- der BUND -, dass ein Zwangspfand kein adäquates Mittel darstellt, um die deutschen Mehrwegsysteme zu schützen und zu fördern. Der BUND Deutschland erwartet vielmehr, dass der gegenteilige Effekt eintreten wird. Der BUND ist aus diesem Grund von sich aus konsequent für eine Abgabe, aber nicht für ein generelles Pflichtpfand. Das muss deutiich werde_n.

Auch der Rat der Sachverständigen für Umweltfragen hat in seinem im" März_ vorgelegten Umweltgutachten 2000 ausgeführt, dass bezweifelt \!'Jerden müsse, dass die Einführung des Pflichtpfands zu_ einer Stützung der Mehrwegverpackungen führt.

Aufgrund der angeführten Schwierigkeiten, eine Quotel'llösung so zu gestalten, dass Mehrwegverp

packungsform darstellen, empfiehlt der Sachverständigenrat für Umweltfragen, auf Instrumente zur Durchsetzung einer

- Mindestquote für Mehrwegverpackungen zu verzichten.

Meine Damen und Herren, auch das zentrale Argument, dass gern angeführt wird, dass die Einführung eines Pflichtpfands die Vermüllung der Landschaft stoppen würde, trifft nicht zu. Dazu wurde von Herrn Kollegen Nagel und von Fra_u Kollegin Hatzmann bereits das Entsprechende gesagt. Bei Getränkeverpackungen stellt der Anteil am Verschmutzungs- und Vermüllungsaufkommen lediglich 6% dar.

Ich übermittle Ihnen einige Zahlen aus Rheinland-Pfalz, die bei unserem Littering-Symposium dargestellt wurden. lm Lanakreis Birkenfeld sind in einem Jahr zum Beispiel in der Landschaft 30 Tonnen Hausmüll, 160 Tonnen Sperrmüll, 1 600 PKW-Reifen, 45 LKW-Reifen und 20 Kühlgeräte gesammelt w6rden. Wenn wir der Meinung sind, 9äs LitteringProblern mit einer generellen Pfandpflicht lösen zu können, ist das schlicht falsch.

(Creutzmann, F.D.P.: So ist es!)

Im Übrigen gebe ich denjenigen, die meinen, das LitteringPröblem mit der Verpackungsverordnung lösen zu wollen, zu bedenken, dass, vvenn Kartonverpackungen als ökologisch vorteilhafte Verpackungen vom Bundesumweltamt anerkannt werden, eine Umsteuerung der Verpackung einiger

~etränke von der Dose in die Kartonverpackung stattfindet. Die Kartonverpackung unterliegt riicht der Pfandpflicht. Jetzt frage ich Sie, wer die Leute, die Dosen aus dem Fenster in die

Landschaft werfen, davon abhalten soll, das später mit Kartonverpackungen zu machen?

(Beifall bei der SPD und der F.D:P.)

Sie sehen also, dass das Littering-Argument kein Argument für eine generelle Pfandpflichtsein kann. Wer dies weiter be

hauptet, nährt nur Vorurteile, ohne dass es dem Inhalt entsprechend gerecht wird.

Ein zweites großes Problem ist, dass, wenn ;eine generelle Pfandpflicht für ökologisch nicht vorteilhafte Verpackungen eingeführt würde, so wie· es seitens der Grünen gefordert wird, das zum Beispiel die Konsequenz nach sich ziehen würde, dass dann für PET-Flaschen eine Pfandpflich-t bestünde, weil PET-Einwegflaschen noch nicht als ökologisch vorteilhaft in der Studie d.es Umweltbundesamts erfasst worden sind. Es gibt aber Hinweise aus der Ökobilanzstudie des Umweltbundesamts, dass PET-Flaschen sehr wohl bei der nächsten Ökobilanzstudie als okologisch vort~ilhaft betrachtet werden können.

ln der Lebenswirklichkeit müsste dann Folgendes passieren:

Es müssten nicht nur Dosenautomaten und Einwegflaschenautomaten aufgestellt werden, sondern es müssten auch PETEinwegflaschenautomaten aufgestellt werden. Das würde ein giga-ntisches Investitionsvolumen in Höhe von 3 bis 4 Milli

arden Dlltl b-edeuten. An diesen Zahlen gibt es nichts zu rütteln. Im nächsten halben Jahr oder im nächsten Jahr würde dann das Um~veltbundesamt vielleicht feststellen, dass PET~

Flaschen ökologisch einwandfrei sind. Dann wäre der ganze Aufwand für die Katz; denn diese Flaschen unterlägen dann plötzlich nicht mehr der Pfandpflicht und würden aus dem gesamten Rücknahmesystem herausfallen.

Meine.Damen und Herren, cver einen solchen U-nfug sehenden Auges befürwortet, den kann ich davor nur warnen;_. denn er verschwendet Geld, ohne dass ökologische Vorteile eintreten.

(Beifall der F.D.p.- Zuruf der Abg. Frau Grützmacher,. BÜNDNlS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt eine Menge Argumente, die in Zukunft--

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DlE GRÜf\!Ef'!)

-Herr Dr. Braun, regen Sie sich doch nicht so auf. Ich erinnere mich an eine Sitzung des Bundesrats; in der üb_er BSE und das Importverbot von Rindern diskutiert worden ist. Das Abstim

. mungsverhalten war eins zu 15. Wir sind mit 15 Stimmen unterlegen. Heute gibt es eine einheitliche Meinung, die sogar bis zur Europäischen Kommission nach Brüssel reicht. Unsere damalige Position war rithtig. Sie werdenerleben, dass das

bei der Pfandpflichtgenauso sein wird.

(Beifall der F.D.P.)

Meine Damen und Herren, die geplante Regelung, die jetzt zur Diskussion steht- ich füge hinzu, dass der Vorschlag zur Änderung der Verpackungsverordnung lediglich ein Vorschlag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und noch keine abgestimmte Kabinettsvorlage ist, und ich benötige keine allzu große \iveissagungskraft, um zu sagen, dass das nie eine abgestimmte Kabinet'"LSvorlage wird-, ist lediglich efn Diskussionsvorschlag, über den und viele andere Aspekte es sich zu diskutieren lohnt. Dazu benötigen wir aber Zeit. Wenn der Zwangsmechanismus, der jetzt in der Verpackungsverordnung enthalten ist, in Kraft treten würde, stünde uns die Zeit zur Diskussion nicht zur Verfügung. Angesichts der Vielzahl von Problemen, die damit verbunden sind, ,-;erden wir bis iviitte nächsten Jahres keine Verpackungsverordnung geschaffen haben. Deshalb benötigen wir das Moratorium, um sinnvolle Wege zu gehen.

Aus ökologischen Gründen muss auch auf eine andere Zahl hingewiesen werden. Allein durch die jetzigen Altglas- und

We~L.Stoffsammlungen und durch den gelben Sack werden heute bereits mehr als drei Viertel aller-Einweggetränkeverpackungen- nicnt nur erfasst, _sondern auch in Recyclingsystemen verarbeitet. Nach den Ermittlungen des BUND dürf: te die Rücklaufquote, wenn ein generelles Pfand eingeführt würde, in den ersten zwei·Jahren 80 % unter keinen Umst_än

den überschreiten. Das heißt, eine generelle Pfandpflicht würde maximal- auch nach Auffassung des BUND- eine Erhöhung der Rücklaufquote von höchstens 5 Prozent bedeuten: Für diesen höchstens fünfprozentigen ökologischen Vorteil wollen Sie 3 bis 4 Milliarden DM ausgeben?

Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt soHte Ihnen zu denken geben. Wenn wir eine geschätzte Rücklaufquote bei

Pfandverpackungim von ca. 80 % erzielen würden, würden

~vir, wenn man ein Pfand in Höhe von 50 % unterstellt, rund 600 Millionen DM Pfandgewinne im Handel erzielen. Das heißt, die Verbraucherinnen und Verbraucher hätten 100 % Pfand, nämlich 50 Pfennig pro· Behältnis, bezahlt, die Rücklaufquote ist aber maximal 80 %; also würden 600 Millionen DM bei den Abfüllern und Betreibern als positives Ergebnis in den Kassen zu Buche schlagen. Das würden wir den Menschen im Land wegnehmen und umverteilen, ohne dass ein ökologischer Vorteil damit verbunden ist. Wenn Sie das wollen, müssen Sie das sagen.

(Beifall bei SPD und F.D.P.)

Meine Damen und Herren, es gibt noch viele andere Probleme. Denken Sie zum Beispiel an den gelben Sack.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh, Ihr Lieblingsthema!)

- Herr Dr. Braun, Sie müssen lernen, in Zusammenhängen zu denken. Sie können sich nicht immer ein Thema heraussuchen und den Rest nicht sehen wollen.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sonstwären wir nicht bei den Grünen!)

Wenn Sie den gelben Sack so beibehalten, wie er heute ist, bestrafen Sie die Menschen, die heute ihre Einwegver-. packungordentlich in dem gelben Sack entsorgen;

(Zuruf des Abg. Dr. 3raun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

denn sie müssten künftig ihre Dose, ihre Einwegflasche oder ihr Pellegrino-Wasser aus Italien wieder zurück in den Laden tragen, anstatt es zu Hause entvveder in dem Glascontainer oder in dem gelben Sack zu en~orgen, das heißt, Sie bestrafen mit einer generellen Pfandpflicht genau diejenigen, die ökologisch richtig handeln und ihre Einwegverpackungen in Getränkesammelcontainer geben.

· (Beifall der F.D.P.)

Wenn Sie das wollen,- mussen Sie bei dieser Linie des generellen Pfands bleiben.

Meine Damen und Herren, zum Thema des Pfands bei Wein

flaschen ist schon eine Menge gesagt worden. Durch den Antrag aus Rheinland-Pfalz hätten wir die Möglichkeit, Zeit zu

haben, um sämtliche anstehenden Probleme zu lösen und anzupacken. Ferner hätten wir Zeit, generell in der Abfallpolitik neue Wege zu beschreiten.

Für mich ist es umweltpolitisch nicht nachvollziehbar, weshalb ich auf eine Einweg-Cola-Dose Pfand zahien soll, aber auf eine Einweg-Tomatendose kein Pfand zahlen soll und weshalb wir ein gigantisches System mit 4,2 Milliarden DM jährlich bezuschussen, das sich Duales System Deutschland nennt, nur um Tomatendosen, leere Glasflachen und Fischdosen einzusammeln und gleichzeitig ein -Parallelsystem der Bepfandung aufbauen sollen, das dann auch noch die leere Cola-Dose mit 3 bis 4 Milliarden DM im System erfassen soll.

Beifall der SPD und der F.D.P.)

Dafür gibt es aus ökologischer Sicht keine einzige Begründung. Alles muss stofflich in die entsprechenden Bahnen gelenkt werden, unabhängig davon, was einmal in der Verpackung drin war. Das ist der. einzig richtige Weg. Deshalb ·benötigen wir Zeit, um diese Fragen zu lösen. D~shalb wollen

wir mit.dem Antrag aus Rheinland-Pfalzein Moratorium erreichen, damit wir in der Republik diese Möglichkeit haben