Protocol of the Session on October 19, 2000

rung, die dafür gesorgt hat, dass die Kapazität der Müllverbrennungsanlage in Pirmasens durch Bescheid der Bezirhre

gierung in Neustadt um ein Drittel verringert wurde. Vergessen Sie doch bitte nicht die Wirklichkeit, wenn Sie hier pole

misch argumentieren.

Sie machen die Landesregierung dafür- veranüvortlich, dass angeblich die Anlage in r~lainz überdimensionTert geplant

s_ei. Die Landesregierung hat dafür keine Zust3ndigkeit. Sie wird die>E Entscheidungen auch nicht treffen, weil es sich um kommunalpolitische Entscheidungen handelt. Nach meiner Information ist diese geplante Anlage im Übrigen a.uch ausgelastet.

Wir wissen, dass es Ihnen weniger um die rheinlandpfälzische Wirklichkeit als um eine ideologische Position geht, die ausschließlich von Ihrer Ein-Punkte-Argumentation gegen Müllverbrennung gespeist wird.

(Zuruf des Abg. ltzek, SPD)

Ich bin sehr dafür, dass wir differenziErt argumentieren. Es

geht um schwierige Sachverhalte. Wir sind an der Seite der

Kommunen, wenn es darum geht, sie aus einer schwierigen Position herauszubringen und bei Lqsungen mitzuwirken.

Meine Damen und Herren, in Rheinland-Pfalz i~t es vor allemin den Neunzigerjahren erfreulicherwei~e gelungen, das Aufkommen an Abfällen auf den Deponien drastisch zu reduzieren. Wir sind froh darüber, dass wir in Rheinland-Pfalz übEr ein Netz hoch\•Jertiger Abfallverwertungsanlagen für nahezu alle Bereiche der Abfallwirtschaft verfügen, da;: Zug um Zug weiter verdichtet wird.

Die Verwertungsquote bei Abfällen aus privaten Haushalten konnte in Rheinland-Pfalz in den Neunzigerjahren fast verdreifacht werden. Das ist ein gemeinsamer Erfolg der Bürgerinnen undBOrger, derzuständigen kommunalen Gebietskörperschaften und der Lande5regierung.

Wir wissen, dass die Abgabenbela;:tung insgesamt bundesweit ein kritisches Maß erreicht hat. Die rheinland-pfälzischen Kommunen erbringen ihre Leistungen im Schnitt aber für Entsorgungsgebühren, deren Höhe sich im bundesweiten Vergleich tatsächlich sehen lassen kann.

Die Erfolge in der rheinland-pfälzischen Abfallwirtschaft wurden möglich, obwohl die tatsächlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen zunehmend schwieriger wurden.

Meine Damen und Herren, jede Planung braucht verlässliche Grundlagen. Der Planung~pflichtige.muss wissen, was von ihm verlangt ist. Wie soll aber eine Kommune in Rheinland- Pfalz eine unter ökologischen wie ökonomischen Gesichtspunkten vernünftige Anlagenplanung betreiben, wenn weder ldar ist, für welche Abfälle sie die Entsorgungspflicht

8950. Lancltag Rheinland-Pfalz -13. Wahlperiode -119. Sitzung, 19. Oktober2000

trifft, noch welche technischen und rechtlichen Anforderungen an die Abfallvorbehandlung nun wirklich in der Bundes

republik gelten?

Gerade in dieser letztgenannten Frage ist seit Jahr und Tag ein erhebliches Maß an Verunsicherung in den Kommunen zu beobachten, weiltrotz der klaren Vorgaben der noch immer geltenden TA Siedlungsabfall die thermische Verwertung im Streit geblieben ist. Dies hat die notwendigen l~vestitions entscheidungen für einen besseren-umweltschutz nicht erleichtert.

Meine Damen und Herren von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, auch unter dem grünen Umweltminister Trittinsoll aie Müllverbrennung keineswegs verboten werden. Sie soll Alternativen erhalten.

Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schon jetzt ist aber klar, dass sich die von den Alternativen behaupteten ökonomischen Vorteile sehr relativieren, wenn die Anforderungen an die Technik auf das Niveau gebracht werden, das die Grünen- im Übrigen zu Recht- immer bei der Müllverbrennung eingefordert haben.

Meine Darrien und Herren, seit dem ln-Kraft-Treten des

Xreislauntviri.Schafts- und Abfallgesetzes ist bundesweit ins

beso_ndere ein Rückgang der den Kommunen überlassenen Gewerbeabfälle zu verzeichnen. Das führt- zu erbeblichen Auslastungsproblemen der öffentlichen Entsorgungseinrichtungen, auch der dem Stand der Technik entsprechenden hochmodernen Anlagen.

Dieses Phänomen, das.,Weg brechen der Gewerbeabfälle", macht sich auch bei uns im Land an nüchternen Zahlen fest. So haben wir 1992 in Rheinland-Pfalz iQ:;gesamt 611 000 Tonnen hausmüllähnliche Gewerbeabfälle gehabt. Diese Menge hat sich in 1999 auf rund 200 000 Tonnen reduziert.

Für diese Abfallgemische gibt es keine neuen revolutionären Verwertungstechniken auf dem freien Markt. Sie können, wenn überhaupt, nur mit einem erheblichen Sortier- und Aufbereitungsaufwand verwertet werden.

Ein Großteil dieser Abfälle, die dem Abfallwiri.Schaftsbetrieb.,

vor Ort nicht mehr überlas~en wird, müsste eigentlich der Beseitigung zugeführt werden. Er wird es wohl auch, nur nicht in den vor Ort vorhandenen Anlagen. Damit sind wir bei einem weiteren Kernproblem·, nämlich bei der Planung der Ab

fallwirtschaft, das letztlich aus einem viel zu weiten Interpretationsspielräume eröffnenden Verwertungsbegriff im Kreis

laufwirtschaftsgesetz erwächst.

Meine Damen und Herreri, das sind die Fakten, die an die Substanz der kommunalen Entsorgungsinfrastruktur gehen. Sie hätten es, wenn ich mich noch einmal an Sie wenden darf,

in Gestalt Ihres Bundesumweltministers in der Hand, für Abhilfe zu sorgen.

Fest steht, dass der _Entwurf einer Bundesverwaltungsvorschrift, die aus der Sichtdes Umweltministeriums praktisch je

den Entsorgungsvorgang als Verwertung etikettiert, die verloren gegangene Planungssicherheit nicht wieder herzustellen vermag- ganz im Gegenteil.

Wenn man weiß, dass verbindliche Festlegungen im Abfallentsorgungsplan nur für Beseitigungsabfälle und nicht für Verwertungsabfälle rechtlich möglich sind, sind auch die Konsequenzen für die Landesplanung klar: Die Entsorgungsplanung •vird auf einen Entsorgungsbereich reduziert, der aus den genannten Gründen immer weniger praktische Bedeutung hat.

Wer von den Kommunen verlangt, dass sie Entsorgungssicherheit gewährleisten, muss ihnen klar sagen, für welche Abfälle sie zuständig sind. Nur so können sie eine vernünftige Kapazitätsplanung betreiben.

Die Kommunen haben die Abfallentsorgung als Pflichtaufgabe der Daseinsvorsorge auszuführen. Sie können sich nicht wie die Privaten auf lukrative Geschäftsfelder beschränken oder die Entsorgung mangels Rentabili~ät einfach unterlassen.

Die Umweltministerkonferenz hat dieses drängende Problem bereits mehrfach-beraten und durch eine Arbeitsgruppe Vor

schläge ausarbeiten lassen, mit denen durch die Änderung -des Bundesgesetzes die kommunale Entsorgungsverantwortung für Hausmull und hausmüllähnlichen Gewerbemüll sichergestellt werden kann.

Natürlich sind wir als Land Rheinland-Pfalzfür jede Lösung offen, wenn sie eine noch bessere Substanz enthält. Mit einer Gesetzesänderung allein ist es nicht getan.

Seit Jahr und Tag bemühen wir uns um vernünftige kommunale Kooperationen zur gemeinsamen Bewältigung der an

stehenden Aufgaben. GemeinsalTI kann man die Risiken besser tra!;!en. Die Kommunen tun gut daran, die EntSorgungsaufgabe in Kooperation mitder Wirtschaft zu erledigen.

Noch einige Worte zur Pirmasenser Anlage.· Die Pirmasenser Anlage kann mit Abfällen aus anderen Kreisen und Städten gefüllt werden, was auch geschieht. Zu welchem Preis dies geschieht, ist eine Frage konkreter Verhandlungen und der Marktstrukturen, die wir kennen. Nicht nur im Interesse der Gebührenreduzierung im ZAS-Gebiet, sondern auch im Interesse der Umwelt wäre es Wünschenswert, wenn wir alle gemeinsam mithelfen würden, dass das Deponieren von Abfällen in der Republik eingestellt würde.

Der Aspekt, dass die Pirmasenser Anlage auch für Fremdan

- lieferer genutzt werden kann, ist nicht neu. Ihn hat auch schon das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz gesehen,

das noch 1997 die Entscheidung auch über die Dimensionierung dEr Anlage· bestätigt und in seiner vorangegangenen Entscheidung 1994 unter anderem ausge,führt hat, dass der ZAS hinsichtlich _der Größe der Anl:~ge einen Entscheidungsspielraum gehabt habe, der es auch umfasst, die Anlage im Zweifel eher etwas zu groß als zu klein zu dimensionieren.

Weiter führt das OberveiV'Jaltungsgericht wörtlich aus:.,Das

mit einer derartigen Grundeinstellung verbundene wirt

schaftliche Risiko erscheint relativ gering, da eine möglicher- weise sich ergebende.freie Verbrennungskapazität gegebe

nenfallsdurch andere Kommunen genutztwerden kann."