Protocol of the Session on September 13, 2000

Natürlich kann alles zum Schlachtfeld der ironischen oder parteipolitischen Auseinandersetzung gemacht werden. Ich bin aber der Meinung. dass das nicht sein sollte. Es ist eine hoch sensible und hoch verantwortlich zu handhabende Materie.

Ich sage ganz offen: Ich möchte nicht ohne weiteres in der Haut derjenigem stecken, die das auf hesSlscher Seite zu behandeln haben. Deshalb gehe ich mit meinen Gesprächspartnern so um. wissend Ulll die Sensibilität dieser Frage. Das be

deutet aber auf keinen Fall, dass wir rheinland-pfälzische Interessen auch nur für einen Augenblick zurückstellen. Wir ha

ben mehr. zu bieten als nur Proteste. Wir haben richtige Hilfe bereits geboten und werden sie weiter anbieten. Das ist eine Grundlage für eine einvernehmliche, vernünftige und verantwortliche Regelung. Dabei bh~ibtes.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Meine Damen und Herren, den Fraktionen stehen noch jeweils zwei Minuten Redezeit zur Verfügung.

Ich erteile der Abgeordneten Frau Kiltz das Wort.

Ich bin froh, dass ich die Gelegenheit habe, noch einmal etwas zum Thema "Arbeitsplätze" zu sagen.

(Mertes, SPD: Das glaube ich!)

Meine Damen und Herren, wir wischen dieses Argum-ent nicht weg. Auch wir wissen, dass 60 000 direkte und 80 000 indirekte Arbeitsplätze die Existenzen von vielen Familien im Rhein-Main-Gebiet bedeuten.

Das Mediationsverfahren hatte aber unter anderem zum Ergebnis, dass diese Arbeitsplätze nicht nur _gehalten, sondern ihre Zahl noch gesteigert werden könnte, wenn die bestehende Infrastruktur am Frankfurter Flughafen effektiver genutzt worde, auc.h in Kooperation lllit dem Flughafen Hahn. Diesbezüglich haben wir andere Vorstellungen als Sie.

(Zuruf des Abg. Creutzmann, F.D.P.)

-Mit Hahn.

Ich sage Ihnen, wie unredlich-die Flughafen Frankfurt/Main AG rechnet.- Sie spricht von 39 000 Arbeitsplätzen, die ohne den Ausbau verloren gingen. Bei einer Weiterentwicklung bei ungebremster Nachfrage und weiter'bestehenden politi

schen Rahmenbedingungen würden 57 000 zusät~liche Ar

beitsplätze entstehen. Das rechnet die Flughafen Frank

furt/Main AG einfach zusammen und behauptet, es ginge um

100 000 Arbeitsplätze. Das ist eine unredliche Rechnung.

Sie wissen genauso gut wie ich, dass es Gutachten gibt, die die Arbeitsplatzeffekte in der behaupteten Höhe auch kritisch beleuchten und zu anderen Zahlen kommen.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Überaus kritisch!)

Ich bin der Meinung, dass man sich das zu Gemüte führen muss, anstattsich immersofort platt aufden Boden zu legen, wenn das Wort.. Arbeitsplatz" fällt. Es muss auch einmal dahinter geschaut und abgewägt werden, weil auf der anderen Seite die unerträgliche Steigerung der L.ärmbelastung, die zu

nehmende Umweltverschmutzung, die Gefährdung der Ge

sundheit und Unmengen von Hektarn Bannwald stehen.

(Glocke des Präsidenten} Es muss auch eine Abwägung erfolgen. Es kann riicht immer alles gemacht werden, wenn nur das Wort.. Arbeitsplatz" fällt. (Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Böhr das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Frankfurter Flughafen soll ausgebaut werden- diese Information ist nicht neu -, und Rheinland-Pfalz ist davon betroffen. RheinlandPfalz ist in positiver Hinsicht betroffen. Dazu ist bereits Vieles zutreffend gesagt worden. Ich vermute, dass wir die positiven Folgen im Moment eher noch unterschätzen als überschätzen. Rheinland-Pfalz ist aber leider auch in negativer Hinsicht betroffen.

Was macht die Landesregierung? Die Landesregierung war-_ tet darauf, dass sie zu einem Gespräch eingeladen wird. Herr

Ministerpräsident, ich muss ganz ehrlich sagen, dass mich die

se Schüchternheit überrascht.

(Beifall der CDU} Ich kenne weder den Terminkalender Ihres Kollegen Koch noch kenne ich Ihren Terminkalender, aber bei der existen- ziellen Betroffenheit in dieser Frage kann man sich nicht da- mit herausreden, dass man sagt: Wir warten seit Monaten auf eine Einladung zu einem Gespräch. (Beifall der CDU- Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will einmal ganz offen meine Vermutung sagen, wobei ich gern zugebe, dass es sich um eine Vermutung handelt: Sie waren voller Hoffnung, dass es zu dieser Enticheidung im Sommer dieses Jahres gar nicht erst kommen wird. Deshalb haben Sie in dieser Frage gar keinen Druck gemacht. Dann ist aber die Entscheidung gefallen, und jetzt stehen wir da, wo wir stehen.

Noch eine zweite Bemerkung in diesem Zusammenhang: Völlig unstrittig kann die Position für unser Land RheinlandPfalz, wenn wir ,auf der einen Seite die Lasten, die leider auf uns zukommen - ~ Herr Kollege Mertes und Herr Kollege Kuhn, es ist übrigens völlig gleich, welche Variante ausgewählt wird. Sie können nur wählen, ob die Stadt Mainz mehr oderdie umliegenden Gemeinden mehr betroffen sind. Darin besteht die Qual der Wahl. Eine Variante, von der RheinlandPfafz überhaupt nicht betroffen ist, müssen Sie zuerst noch erfinden.

(Kuhn, F.D.P.: Das hatauch keiner behauptet!)

Deshalb kann unsere Verhandlungsposition unstrittig nur die sein, dass wir ein Verhandlungsergebnis ansteuern wollen, mit dem wir die Lasten für unser Land reduzieren und die Nutzen für unser Land maximieren.

(Beifall der CDU)

Dazu gehört, dass man keine paternkinsehen Dörfer aufbaut; denn mit Blick auf eine Vielzahl von -Fragen ist es nicht so,

das~ die Hessen sich verweigern i1vürden, unserem Nutzen und unseren ·Erwartungen entgegenzukommen - im Gegen

teil. Man kann jeden Tag in der Zeitung lesen,.dass dem die Hessen gar nicht im Wege stehen. Deshalb ist es zwei Sekun

den vor zwölf, dass sie sich an den Verhandlungstisch setzen und die Interessen unseres Landes wahrnehmen.

(Anhaltend Beifall der CDU)

Ich.erteile noch einmal Her.rn Abgeordneten Mertes das Wort.

Abg. Mertes, SP~:

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der hessische Ministerpräsident geht entgegen allen Vereinbarungen vor und erklärt einseitig eine Variante zu seiner bevorzugten Variante. Das ist der Punkt. Für diesen Sonntagnachmittag war der Frieden zwischen zwei Ländern unwichtig geworden; um zu zeigen, wer Herr in Frankfurt ist.

(Beifall der SPD)

Sie haben sich das gar nicht angesehen. Ich sage: Der Ministerpräsident von Hessen hat die Rheinland-Pfälzerüberhaupt nicht zur Kenntn!s genommen. - Ich sehe ihn auf der Karte mit der Hand heruntermarschieren. Da gab es keinen Rhein

- und -kein Rheinland-Pfalz. Da gab es nur eins: Wie kann ich in meinem hessischen Wahlland dafür sorgen, dass die_Belastung bei mir gering und bei anderen anders ausfällt? - Das war der Bruch eines Konsenses zvvischen zwei Ländern um diesen Flughafen.

(Beifall der SPD)

Natürlich hat Herr: Kollege Böhr Recht, wenn er sagt, dass wir bei einem Ausbau so oder so in bestimmte Belastungen hineinkommen. Das bestreitet niemand. Der Punkt ist: aber, was den Ministerpräsidenten von Hessen bewegt hat, nach~ dem die Mediatoren, die teuer b~zahlt wurden und lange gearbeitet haben,- einen Vorschlag unterbreitet haben, selbst einen Vorschlag zu unterbreiten. Dafür reichen die mir verbleibenden 42 Sekunden nicht mehr aus. Ich sage Ihnen aber eins: Er musste einen wichtigen innenpolitischen Grund !laben, dies zu diesem Zeitpunkt sowohl zu Lasten der Rhein" Iand-Pfäizer als aud1 der Glaubwürdigkeit von solchen Untersuchungen in der ZuiCunft zu machen. ln Zukunft wird uns keiner mehr glauben, wenn wir Mediatoren einstellen. Es wird gesagt: Am Ende bestimmt irgendein politisch Verant

·wortlicher, welche Variante allein geprüft wird, koste es, was es wolle.

(Beifall der SPD und des Abg. Heinz, F.D.P.)