Protocol of the Session on August 18, 2000

Ich kann auch insoweit an die Ausführungen des Kollegen Bisehel anknüpfen, dass- ich auch für meine Fraktion ausdrücklich dem Datenschutzbeauftragten, den wir im letzten Jahr in seinem Amt bestätigt haben, und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken möchte.

(Beifall der SPD)

In seinem Haus wird, was den Datenschutz anbetrifft, ganz •

hervorragende Arbeit geleistet. Bei einer solchen Gelegenheit darf man auch ruhig einmal darauf hinweisen, dass er - das S!'arland ausgenommen - den kleinsten Stab in allen

Bun~esländern hat. Alle anderen Länder haben einen größeren Stab. Vor diesem Hintergrund ist die Arbeit, die dort geleiStet wird, umso bemerkenswerter.

Datenschutz hat in Rheinland-Pfalz eine lange und gute Tradition. Wer die Berichterstattung in den- Medien verfolgt, wird feststellen, dass es bei uns iin Datenschutz weniger Zwischenfälle, Skandale und Affären als in anderen Bundesländern gibt, und zwar ni_cht deshalb, weil bei uns Datenschutz kein Thema wäre, sondern weil die Zusammenarbeit sehr gut funktioniert und der Datenschutzbeauftragte sehr früh eingeschaltet und zurate gezogen wird. Andere basteln erst nach eigenem Gusto an Lösungen und verstoßen prompt gegen den Datenschutz, bevor eingegriffen werden kann.

Die Kehrseite dieser guten alten Tradition ist, dass wir vergleichsweise alte Gesetze haben, weil wir so früh mit dem Datenschutz angefangen haben. Diese alten Gesetze werden_ der Beschreibung der heutigen Vlfirklichkeit im Datenschutz nicht in jedem Fall gerecht. Nicht umsonst gibt es eine EURichtlinie. Dazu erfolgt· mit Sicherheit in den nächsten Monaten eine bundesdeutsche Anpassung. Es g_ibt einen Referelltenentwurf, der in Berlin vorliegt. Wenn dies Gesetz geworden ist, was im Moment in Berlin ausgearbeitet wird, Herr Kollege Bische I, dann scheint es mir erst Sinn zu machen, dass wir auch unser Landesdatenschutzgesetz anpassen, und zwar im Sinne einer Gleichheit der einzelnen Bundesländer. Wenn jetzt jeder etl:vas- bastelt, wird daraus am Ende ein Flickenteppich. Das Bundesgesetz nützt herzlich wenig, wenn die ganzen Bundesländer unterschiedliche l'.egelungen haben.

Wie es in Berlin bei der Gesetzesberatung aussieht, wird bei der anstehenden Novellierung·nur die Anpassung an die EURichtlinie erfolgen. All d~s, was ich schon angedeutet habe, dass eine gesetzliche Novellierung allein deshalb erforde-rlich

ist, weil uns die technische.Weiterentwicklung dazu zwingt, wird in einem- zweiten Schritt erfolgen. Diesen werden wir auch noch in diesem Land vollziehenmüssen.

Videoüberwachung, lntefnetnutzung, E-Mailing, Chipkarten, DNA-Analyseverfahren usw. sind alles technologische Entwicklungen, die uns vor neue datenschutzrechtliche Herausforderungen stellen. Ich möchte ein einfaches Beispiel nen

nen, das zwar nicht im Datenschutzbericht, wohl aber in der letzten Sitzung, die wir vor wenigen Tagen hatten, seinen Niederschlag gefunden hat.

Wenn eine Stadt in Rheinland-Pfalz einen öffentlichen Platz -_mit einer Videokamera_ bestückt und das Bild, das sie gewinnt, in das Internet stellt, ist das eine schöne und nette Werbemaßnahme für diese Stadt, jedoch werden die Passanten, die_ an der Kamera ahnungslos vorbeigehen und sich möglicherweise wider ihren Willen im l~ternet wiederfinden, nicht ganz so begeistert sein. Das ist nachvollziehbar, je nach

dem, in welchem Zustand sie vor der Kamera stehen.

Solche Dinge 21.vingen uns dazu, zu neuen Regelungen zu kommen und genauer hinzusehen, was noch geklärt werden muss, damit wir Menschen entsprechend schützen können.

(Beifall der SPD)

Wir müssen auch das Spannungsverhältnis zwische-n wissenschaftlicher Forsc~ung und Datenschutz regeln. Wiralle kennen das Arztgeheimnis. Was wir benötigen,- ist_ ein Forschungsgetieimnis, damit im Forschungsbereich Daten entsprechend vertraulich behandel! werden und nicht weitergereicht werden müssen, ohne dass die B_etroffenen den not-wendigen Schutz erfahren.

' Wir müssen uns ebenfalls vornehmefl,.bei der bisher vorgenommenen Abgrenzung zwischen öffentlichem und priva

- tem Bereich genauer hinzusehen. Wir haben das unterschiedlich geregelt. Unser Datenschutzbeauftragter ist für den öffentlichen Bereich und die ADD für den privaten Bereich zuständig. Nordrhein-Westfal~n und andere Bundesländer-haben oder hatten das genauso geregelt.

Bei der zunehmenden Verwischung der Linien zwischen öf- _ fentlichen Verwaltungen und Privaten muss man genau über

-legen, ob das noch Sinn-macht; denn im Moment fordern wir von manchen Personen~ erst einmal herumzulaufen und zu s-chauen. wer zuständig_ ist. Unter Umständen sind für die gleiche Firma, je nachdem, wie sie arbeitet, zwei verschiedene Stellen zuständig. Darüber ~üsste man n?chdenken und dies eventuell abbauen.

Ich komme zum letzten Punkt. Was nutzt uns im Gesetz und in der Technik der schönste Datenschutz, wenn er für die Menschen nicht praktikabel ist? Was hat der Nutzer vom In

ternet und neuen Technologien, wenn wir Schutzmaßnah

men für ihn geschaffen haben und er mit diesen überhaupt nicht umgehen kann oder diese überhaupt nicht kennt? Hier gibt es Pro_bleme bei den Programmen.

Von daher ist die Aufklärung in Sachen Datenschutz wichtig und muss weiterbetrieben ~verden. Genauso- wichtig sind ein-__ fache Lösun-gen. Diese müssen wir im Datenschutzbereich schaffen. Jeder, der Datenschutz benötigt, muss auch wissen, wie er zu diesem Datenschutz kommt. Nur dann kann er ihn praktizieren.

Das sollten wir uns bei der weiteren Arbeit im Datenschutz und den gesetzlichen Änderungen, die die nächsten Jahre an

stehen, vornehmen. Wenn uns das gelingt, sind wir weiterauf einem guten, aber unspektakulären Weg des Datenschutzes in Rheinland-Pfalz.

Danke. (Beifall derSPD und der F.D.P.) _

Ich erteile der Abgeordneten Frau Grützmacher das Wort.

Meine Damen und Herren! Mit dem Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten liegt ein sehr umfangreiches Nachschlagewerk über die Lage des öffentlichen Datenschutzes in Rheinland-Pfalz vor. Herr" Redmer ·hat dies ausgeführt. Man kann aus der Fülle aieser 166 Seiten folgern, dass der-Datenschutz in Rheinland-Pfalzrichtig in Sch~vung kommt und der Bedarf an Kontrolle steigend ist.

Deswegen möchte ich zuerst meinen Dank für die engagierte Arbeit des Datenschutzbeauftragten aussprechen. Bedanken möchte ich mich auch bei seinem Team aus Männern -und Frauen, die ihm sehr engagiert zur Seite stehen.

(Beifall der SPD und der F.D.P.}

ln dieser kurzen Zeit k~nn ich nicht auf viele Punkte dieses dicken Wälzers eingehen. Ich möchte mit dem Thema ,.Video

überwachung" anfangen, das Herr Redmer auch kurz ge

streift hat.

Wir-wissen, da~s es inzwischen die moderne Technik möglich macht, gestochen scharfe Porträts von Passantinnen und Passanten, zum Beispiel auf der Straße, anzufertigen und diese gespeichert aufzuzeichnen._ Wir glauben, dass die Einführung derartiger Maßnahmen vor allem wegen der Kritik der Datenschützerinnen doch zu einer sehr. großen und breiten öffentlichen Diskussion geführt hat.

Die CDU war der Meinung, man könnte auf vielen Plätzen solche gr~ßen Überwachungssysteme installieren. Ich bin der

Meinung, die Argumente· und Bedenken der Datenschutzbeauftragten haben dazu geführt, dass man mit solchen Forderungen sehr vorsiChtig geworden ist. Das Hauptargument dabei ist: Das Recht auf informationeile Selbstbestimmung für den Einzelnen bedeutet das Recht auf unkontrollierte Bewegung im öffentlichen Raum;- Wichtig ist, dies festzuhalten.

Meine Damen und Herren, das zeigt natürlich auch, dass die. Aufgabe des Datenschutzbeauftragten nicht statisch ist. Es kommen ständig neue Aufgaben dazu. Ich möchte erst von den traditionellen und dann von den neuen sprechen. Die bürgerrechtliche Funktion des Datenschutzbeauftragten wird in vielen Fällen auch in diesem Bericht sehr deutlich. Ich möchte vor allem auf die Kontrolle im Strafvol~zug - das ist ein sehr wichtiger Punkt - und die Hilfe bei Eingaben von Strafgefangenen hinweisen. Wichtig istauch die Kontrolle im Bereich der Schulen und der Wissenschaft und die Hilfe für El

tern im Schulbereich. Hier sind Datenschutzbelange aller Altersstufen - von Schülerinnen bis zu älteren Personen - tangiert. Wenn sie verletzt wurden, wurden sie durch die Tätig

keit des Datenschutzbeauftragten wiederhergestellt, manch

mal kontrovers, aber oft auch im Konsens mit den Betroffe. nen.

Ich bin auch der Meinung, wenn die Arbeit des Datenschutzbeauftragten mehr und weiter bekannt wäre, würden mehr Hilfeersuchen von Schulen oder von Einrichtungen im Ge

sundheitsbereich oder im Strafvollzug gestellt werden,

Meine Damen und Herren, ich möchte einen weiteren Punkt aufnehmen, der uns besonders am Herzen liegt, nämlich das Recht auf informationeile Selbstbestimmung im Sozial- und im Ausländerbereich. Das Sozialgeheimnis ist in letzter Zeit gesetzlich weiter relativiert worden. Ich sage dabei ausdrück-· lieh, wir sind nicht der Meinung, dass der Datenschutz der Prüfung der Bedürftigkeit bei Sozialhilfeempfängern entgegensteht und gar die Aufdeckung von Betrug verhindert, wie dies immer wieder gesagt wird. Aber Sozialhilfeempfängerinnen haben auch Anspruch auf Fairness und Achtung ihrer Privatsphäre, und deshalb unterstützen wir ganz eindeutig die Haltung des Datenschutzbeauftragten.

Im Bericht steht, dass die politische Diskussion des Themas, al

so des Datenschutzes von Sozialhilfeempfängern, zu sehr auf die polizeiliche Effektivität konzentriert ist und andere, gleichermaßen bedeutsame Ziele staatlichen Handeins zurück

stehen. Dem können wir uns nur anschließen. ·

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich komme nun zu der Zukunft des Datenschutzes. Die Themen, die wir he4.te besprechen, fallen natürlich allesamt nur unter den Datenschutz des öf~ fentlichen Bereichs, da nur dies in die Kompetenz 9es Datenschutzbeauftragten fällt. Wenn wir aber von der Zukunft des Datenschutzes sprechen, so müssten wir auch den privaten Datenschutz mit einbeziehen. Herr Redmer hat dies ebenfalls bereits angesprochen.