Protocol of the Session on June 15, 2000

Die GRÜNEN haben sich als Teil des aktiven Widerstands gegen die Atomenergie gegründet. Sie alle kennen unsere historischen· Wurzeln. Der Ausstieg aus der Atomenergie und der Einstieg in eine re~sourcenschonende Energiewirtschaft ist eines der zentralen Anl.iegen grüner Regierungsbeteiligung.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann r:nöchte ich einmal auf die vergangenen anderthalb Jahre zurückschauen.- in denen diese Verhandlungen gelaufen sind, oder noch w~iter zurück in die Koalitionsverhand

lungen. Da haben wi~- der grüne Partner- innerhalb der Bundesregierung bei diesem Thema den Part der Mittelstürmer übernommen.

(Dr. Altherr, CDU: Deswegen ist unsere Nationalmannschaft so schlecht!- Mertes, SPD: So eine Art Matthäus!)

-Wir sind gerade in einer sehr fussballfreudigen Zeit. Wir haben wichtige politische und fachliche Vorlagen gegeben. Herr Mertes, Sie wissen aber, dieses Spiel kommt ohne Abwehr nicht aus. Die war nicht in bester Besetzung; Das kann ich Ihnen sagen. Da beziehe ich Herrn Ministerpräsidenten

Beck und auch Frau Martini mit ~in; denn die Abwehr hat Ge_. gentorezugelassen und den Schusskanal dafür aufgemacht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN- Schwarz, SPD: Am Ende muss man ein Tor mehr haben, um zu gewinnen!)

Wir hatten ehrgeizige Ziele bei den Verhandlungen und in ·

unserer Aufgabenwahrnehmung in der Bundesregierung. Unserer Meinung nach gibt es heute keinen Grund, euphorische Freude zu äußern, sondern zu konstatieren, dass mit diesen Ausstiegsverhandlungen und mit dem Ergebnis der Ver

handlungskommission der Einstieg in den Ausstieg gelingt, den wir auch besiegeln können. Aber es muss nüchtern Bilanz gezogen werden.

(Schwarz; SPD: Nun freu dich doch ein kleines bisschen!)

- Herr Schwarz, natür,lich kommt, je früher der Ausstieg erfolgt, der überfällige Strukturwandel der Energiewirtschaft desto schneller in Gang. Deswegen ist es auch wichtig, dass lange an dieser Verhandlung nach einem Konsens festgehalten wu.rde; denn nur dieser Konsens sichert uns, dass diese Vereinbarung die Unumkehrbarkeit mit einschließt; denn mit einer Vereinbarung, in die die Stromwirtschaft mit eingeschlossen ist und die auch das Engagement der Stromwirtschaft in anderen Bereichen der Energieerzeugung mit besiegelt, ist klar, dass die Atom- und die Energiewirtschaft dort

·nicht einfach aussteigen kann, wir mit einem Gesetz diese Bedingungen festlegen können, wir nicht mit Gerichtsverhandlungen seitens der Energieversorgungsunternehmen konfrontiert werden und wir mit 'der Umsetzung jetzt beginnen können.

(Dr. Schiffmann, SPD: Das hat Herr Sehröder alles erreicht!)

Eine Fahrt auf dem Dissens würde uns viellänger auf der gesamten Zeitperspektive fahren lassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wenn man sich die Ergebnisse der' Verhandlungen in einer ersten Bewertung anschaut, dann. haben wir diesen unumkehrbaren Ausstieg. Dann haben wir eine Beendigung der Wiederaufarbeitung, eines der wesentlichen Ziele, mit denen wir in diese Regierung hineingegangen sind. Dann haben wir die Risikofreistellung für die Setrei

ber überwunden, weil die Deckungsvorsorge erhöht wird. Wir haben auch keinen Rabatt in Sicherheitsfragen zugestanden, sondern die Fortführung der Sicherheitsüberprüfungen mit dem Ziel, einen optimalen Sicherheitsstandard für. jede Anlage zu gewährleisten.

Ich glaube, das sind Ergebnisse, die man in der Gesamtbewertung berücksichtigen muss und die für diese Verhandlungen und für dasVerhandlungsergebnis sprechen.

... Meine bamen und Herren, aber der Atomausstieg war für das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nie ein Thema, das wir aus Kirchturmsicht betreiben wollten. Wir waren immer davon überzeugt, dass wir das nur bundesweit betreiben und nicht nur aus einem Landesinteresse heraus verfolgen können.

Wenn ein zentrales Ergebnis der ,Konsensverhandlungen ist, dass·Mülheim-Kärlich nie wieder ans Netz geht, dann ist das ein Ergebnis, über das wir uns mit den Menschen im Neuwieder Becken,. mit denen wir gemeinsam gegen diesen

.,Schrottreaktor" gekämpft haben, freuen.

Dieses Teil steht quasi vor meiner Haustür, und natürlich bin ich mit vielen anderen, die dort oben wohnen, heilfroh, dass dieser Atomreaktor nie wiederans Netz geht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Mertes, Sie haben übrigens vorhin Andernach vergessen.

(Zuruf des Abg. Mertes, SPD)

Die Menschen inAndernach freuen sich über di.eses Ergebnis.

(Schwarz, SPD: Altenkirchen freut sich auch!)

Das Ergebnis und das ,;Experiment an der Bevölkerung"- wie Herr Gaddum, der eher:nalige Wiitschaftsminister, es einmal

g~nannt hat

(Schöneberg, CDU: Finanzminister!)

werden durch eine rotgrüne Regierungsentscheidung in Berlin ihrendgültiges Ergebnis finden.

Meine Damen und Herren, der Abriss dieses Atomreaktors kann beantragt werden.

Im Ziel sind wir mit großen Teilen der SPD in diesem Land ei

nig gewesen, dass wir diesen Reaktor nie wieder ans Netz gehen lassen wollen. Aber über den Weg waren wir nicht einig·. Da waren wir streitig. Deswegen werden wir diesen Weg und diese Offenheit--

(Schwarz, SPD: Wirsind angekommen!- Mertes, SPD: Sie haben nur theoretisiert!)

-Was, wir haben theoretisiert? Herr Mertes, was glauben Sie eigentlich? Unsere Argumentation und unser öffentlicher Widerstand haben nicht nur den grünen Verhandlungsführern in Berlin den Rücken gestärkt, sondern auch eine Gegenposition zu den maßlosen Forderungen der RWE aufgebaut.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN- Zuruf des Abg. Schwarz, SPD)

Wenn es nach Frau Martini gegangen wäre, wären die Forderungen von Herrn Kuhnt (RWE) ohne einen Abstrich durchge- ·

~ommen.

(Staatsministerin Frau Martini: Woher wissen Sie denn das?)

Da sagen Sie, wir hätten nur theoretisiert.

Wenn Frau Martini heute in einer öffentlichen Presseerklärung sagt, es sei einmal" Zeit, danke zu sagen, dann gebe ich. das prompt zurück. Es ist auch einmal Zeit für diese Landesregierung, danke zu sage~:-dass wir unsere Position gehalten haben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE G~ÜNEN)

Zu danken ist an dieser Stelle auch den Klägerinnen und Klägern, die dies überhaupt erst ermöglicht haben. Auch davon habe ich heute von Ihnen wenig gehört.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Klägerinnen und Kläger haben dafür gesorgt, dass dieses. ' AKW seit zwölf Jahren kalt ist und letztendlich auch kalt