Dort, wo Reichtum dazu beiträgt, dass sich die Gesellschaft weiterentwickelt, also gewissermaßen produktiver Reichtum, ist das alles andere als ein Skandal, den man in grellsten Farben beschreiben muss. Etwas ganz anderes istes-da werden
den, nicht wo Betriebsvermögen vererbt wird - auch das ist arbeitendes Vermögen; da 'bin ich auch für äußerst großzügige Regelungen-, sondern wie wir Erbschaften behandeln, die im Grunde genommen nicht Werte schaffen, sondern eine Startposition vermitteln, die ein anderer nicht entfernt erzielen kann, auch wenn er äußerst fleißig ist und mit besten Ergebnissen mit BAföG studiert und dann irgendwann mit 50 Jahren einmal sechsstellig verdient. Wie man diese Art von Ungleichheit behandelt, die nichts mit unmittelbarem Lei
stungsergebnis zi.J tun hat und die der GeseUschaft auch nicht unmittelbar zugute kommt, ist ein anderes Thema. Deswegen bin ich wirklich dafür, auch wenn ich j~tzt ohne Zweifel den Rahmen sprenge - ich will es auch nicht beliebig fortsetzen -,
aber ich bin dafür,'die Debatten über Armut und Reichtum dann so zu führen, dass wir über Armut und Reichtum reden und nicht über die Berichterstattung dazu.
stilttung geht,. dann sind wir wieder gewissermaßen bei der Sozialpolitik im engeren Sinne, Armutsvermeidung als tägliche Aufgabe der Sozialpolitik, Dann stehe ich zu der Aussage - über diese können wir dann streiten-, wer in Deutschla,nd alle Möglichkeiten der Armutsvermeidung, die vorgesehen sind, in Anspruch nimmt, ist nicht von menschenunwürdiger Armut betroffen. Das ist so in unserem Land.
Deswegen müssen wir über die sprechen, die diese Möglichkeiten nicht in Anspruch nehmen, aber zum Beispiel nicht darüber, dass nun das Sozialhilfeniveau völlig unzumutbar ist und dass Menschen, denen wir' Regelsätze in Höhe von 600 DM, dann noch einmal für den Haushaltsvorstand, für die Miete und dies und das zutrauen, die eigentliche Armutsbevölkerung ist. Die eigentliche Armutsbevölkerung ist die, die die Leistungen des Sozialstaats aus Unkenntnis, aus Scham, aus welchen Gründen auch immer nicht in Anspruch nimmt.
locher" in ·unserer Gesellschaft, die unwesentlich mehr verdienen, als sie bekommen könnten, wenn sie nicht arbeiten würden, tatsächlich so wenig mehr haben, als wenn sie arbeiten würden, und ob nicht der Unterschied zum Beispiel zwischen Einfachjobs und der Sozialhilfe größer werden muss.
Da sind wir dann bei dem ,.Mainzer Modell". Dann bin ich mit voller Überzeugung der Auffassung, dies ist einer der entscheidendsten Schritte in der Gesellschaftspolitik, der in den·
letzten Jahren gegangen worden ist. Wir müssen den Lohnabstand dort wieder neu bestimmen, wo Familiengröße und verschiedene Systemgrenzen zwischen der Steuerpolitik, der Abgabenbelastung und der Sozialhilferegelung nicht mehr zusammenpassen und es sich desweg,en in bestimmten, ganz nüchtern kalkulierten Fällen lohnt, nicht arbeiten zu gehen,weil man ohne Arbeit genausogut leben kann. Wenn wir diesen Kurs weiter zulassen, unterhöhlen wir den Sozialstaat. Das darf nicht sein.
Meine Damen und Herren, wir haben versucht, in diesem Bericht diese Konsequenzen besonders deutlich aufzuzeigen, damit die Verbindung zwischen Wahrnehmung von Armut,.
Schlussfolgerung und praktischer -Politik deutlich wird. Wir sind auch mit vielen der Meinung, dass die Datenlage nicht befriedigend ist. Deswegen haben wir zum Beispiel Professor
suchen. Wir haben Professor Baum beauftragt, die Situation der Wohnungslosen genauer _zu beleuchten, als wir dies bisher wissen. Dies alles wird in den weiteren Prozess einfließen. Wir werden dann Gelegenheit haben, darüber zu sprechen.
Ich bin sehr zufrieden, dass wir dies als eine fortzuschreibende Wahrnehmung von gesellschaftlichen Problemen begrei-. fen:-in der ein Armutsbericht eigentlich immer nur eine Stich-· tagsbetrachtung ist, die deutlich macht, wo stehen wir heute, was können wir tun und wie muss es weiterentwickelt wer" den. ln diesem Sinn bin ich mit Ihnen der Meinung; dass wir dies noch besser machen können, ohne jeden Zweifel. Aber wir sind wesentlich weiter, und in der praktischen Armutsbekämpfung - ich habe aus Zeitgründen manches nicht genannt, was zu nennen wäre- lässt sich diese Landesregierung von keiner Vorgängerregierung und von keiner anderen Regierung in einem deutschen Land übertreffen. Da können wir nachweisen, dass die praktische Armutsbekämpfung in Rheinland-Pfalz stimmt, nicht zuretzt- dies ist vielleicht das Wichtigste- weil wir in der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit besonders erfolgreich sind. Wir sind die Nummer 3 unter 16 Ländern, 7,3 %.
Sie haben eine allgemeine sozialpolitische Debatte aufgemacht, auf die wir nur sehr mäßig reagieren können. Ich habe jetzt noch ein paar Minuten Redezeit. Dies ist schwierig, weil unser Tagesordnungspunkt heute.,Armutsberichterstattung und Reichtumsberichterstattung" heißt und was dazu gehört. Daranhaben wir uns als Parlament gehalten. Sie haben dies sehr ausgedehnt.
Ich kann nur eines machen und auf ein paar Punkte reagieren. Frau Pahler hat eben so schön gesagt, Unvollkommenheit regt an. pasist ein Grund, warum viele in die Politik gehen, da Unvollkommenheit anregt.
Ein solch unvollkommener Armutsbericht regt einen an, über dieses Phänomen zu diskutieren. Sie haben unter anderem gesagt, dass es doch wunderbar ist, wenn die Wirtschaft wieder boomt, vor allem im IT-Bereich, und Sie nichts dagegen haben, wenn quasi ein produktiver Reichtum entsteht, der darin letztendlich die Armut bekämpft.
So sieht es aber in unserem Land nicht aus, sondern es ist genau umgekehrt. Es ist so, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander gegangen ist und weiterhin auseinander geht. Was ist denn mit den jungen Leuten, die zum Beispiel in den IT-Bereich gehen?- Diese verdienen unwahrscheinlich viel Geld. _Es sind qualifizierte Leute. Was machen die mit dem Gel,d?- Die legen es unter anderem in Aktien an, weil ihnen das im Augenblick von allen Seiten her eingeredet wird, und dieses Geld; das sie gewinnen, kommt beileibe nicht der Armut zugute. Da können Sie ganz sicher sein.
Wenn Sie hinschauen, wie es bei den jungen Leuten aussieht, die weniger qualifiziert sind, dann ist es bedauerlicherweis.e bei aller wohlwollenden Betrachtung ihrer Arbeitsmarktpolitik und vor allem ihrer Beschäftigungspolitik so, dass diese Sockellangzeitarbeitslosigkeit leider nicht- durchbrachen· wird, die weiterhin sehr hoch ist und weiterhin steigt. Für diese Leute setzen wir uns ein, weil diese Leute gefährdet sind, arm zu werden.
Sie haben Recht, und es ist Gott sei Dank so, dass die meisten aus Sozialhilfe und Arbeitslosigkeit wieder herauskommen.
·Aber diese Gruppe, die klein ist, aber leider _immer größer wird, hat in dem Moment, gerade wo es boonit, wo so getan wird, als würde das Geld auf der Straße liegen und man müsste es nur aufheben, so große Schwierigkeiten. Diese Menschen sind umso ärmer dran. Für ~iese ist es uns wichtig, deutlich zu machen und auch - Frau Ebli -zu skandalisieren,
dass gerade dann, wenn es wieder boomt, Reichtum erfasst werden muss. ln Zeiten, in denen wir die öffentlichen Kassen nicht füllen kö.nnen, ,in denen wir nicht wissen, wovon wir was bezahlen sollen, ist es wichtig, Reichtum zu erfassen und den entsprechenden Anteil zu holen und zu zeigen, dass die breiten Schultern mehrtragen müssen als die schmalen Schul