Protocol of the Session on February 16, 2000

ten wir nicht aus den Augen verlieren und die Reform der Wirtschaftsverfassung nach den - Landtagswahlen im Jahr 2001 auf die politische Agenda setzen.

Meine Damen uhd Herren, lassen Sie mich die Schwerpunkte der F.D.P.-Fraktion bei der anstehenden Verfassungsreform näher erläutern. Herr Kollege Berg, Sie haben vom liberalen Verfassungsstaat gesprochen, den auch wir im Auge haben.

Es entspricht durchaus der herrschenden Meinung.eines liberalen Verfassungsstaates, dass Staatsziele umfassend reformiert werden können. Das schränkt das Handeln der Politik, der Gesellschaft und der Bürgerinnen und Bümer nicht ein. Es gibt jedoch einen Rahmen._

Wir stellen fest, d_?SS über 50 Jahre nach Schaffung der Landesverfassung eine gesellschaftliche Diskussion geführt_wird, die eine andere ist als nach dem Krieg und in der andere Probleme. und Fragestellungen erörtert werden.: Dazu gehören auch die Fragen: Wie organisiertsich heute eine Familie? Wie. stehen wir zu den Rechten der Kinder? Wie stehen wir zu

'Kunst und Kultur? Wie stehen wir zurri Sport? Wie-stehen wir

zur "sozialen Marktwirtschaft? Wie stehen wlr zur Frage der Wohnraumbeschaffung und -_versorgung? Wie gehen wir mit Behinderten, mit unserer Umwelt und mit dem Tierschutz um?

Sie können kritisieren, dass das sehr-viele Staatsziele sind, die teilweise neu aufgenommen und teilweise uniformuliert '!"orden sind; denn einige dieser Formulierungen befinden sich bereits in der Landesverfassung. Sie sind uns die Antwort_ schuldig geblieben, wenn Sie die Kritik üben, esseiEm zu viele Staatsziele, die Sie konkret nicht hahen möchten.

(Vereinzelt"Beifall bei F.D.P. und SPD)

Ich kann' mir nicht vorstellen, dass-Sie sich den so bedeutenden;Fragen der Behinderte'n, der Kunst, der Kultur und des Sports nichtstellen wollen, um nur einige exemplarische.Fragen zu nennen.

Ich verhehle nicht, dass es bei den Beratungen zu einem Kompromiss zwischen allen drei einbringenden Fraktionen gekommen ist. Ich verhehle, auch nicht, dass. meine Fraktion die eine oder andere Sache vielleicht nicht so gern gehabt hätte und dafür andere Schwerpunkt_e setzt;·wie zum Beispiel bei de!r Frage des Schutzes Behinderter, der sozialen Marktwirt

. schaft, der Verankerung des Sports und auch bei der Frage des Grundrechts auf Datenschutz.

Sie haben andere grundiegende Forderungen gestellt, und die SPD-Fraktion hat wiederum andere Forderungen gestellt.

Da zur Änderung der Landesverfassung eine Zweidrittelmehrheit erforderlich -ist, kommt diese Situation zustande. Das ist keine Inflation von StaatSzielen, sondern das ist ein breiter gesellschaftlicher Kompromiss, und ic;h bin der Meinung, dass wir damit auch gut fahren.

(Beifall der F.D.P. und der SPD)

Zu den Staatszielen.zähle ich genauso die Frage des Schutzes des ungeborenen Lebens. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts umfasst bereits das Grundrecht auf die Unantastbarkeit des Lebens auch das ungeborene Leben. Insoweit sind Aussagen zum ungeborenen Leben- überhaupt. nicht erforderlich. Wenn Sie schon andere Sachen als über

flüssig bezeichnen, müssen Sie slch diese Frage natürlich auch vorhalten lassen.

Werden diese Regelungen dann, wie VOI! Ihnen-gefordert und von uns zugestanden~ in die- Landesverfassung aufgenommen, können sie lediglich Zielsetzungen sein. Das ergibt sich auch durch aas Vl(ort "insbesondere", das wir in den ArtikE•I3 aufgenommen haben, wie der Schutz des ungeborenen Lebens bewirkt werden soll. Es handelt sich dabei um ein kl-assisches Staatsziel, wie der Staat diesen Schutz umsetzen will und nicht um einen Anspruch, den der Einzelne aus dieser Regelung hervorheben kann. Wenn Sie mit dem Kopf schütteln, kann ich nur sagen, dass es vielleicht irgendwann die Möglichkeit gibt, dass der Verfassungsgerichtshof auch unter der Berücksichtigung der Diskussionen, die.im politi

schen Raum geführt worden sind, dazu Stellung beziehen wird.

Die F.D.P.-Fraktion hätte es deshalb sehr begrüßt, wenn die Frage des Schutzes des ungeborenen Lebens nlcht wie von~lh m!n gefordert in Artikel 3, sondern in Artikel 23 (:!er Landesverfassung geregelt worden wäre. Diese Bestimmung stellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung und trifft Aussagen zur Frage des Schutzes c!er Fa

. milien mit Kindern, Müttern und auch allein Erziehenden. ln diesem Sachzusammenhang wäre es sinnvoll gewesen, dort auch den Schutz des ungeborenen Lebens Ul)terzubringen, ge!nauso wie es in Brandenburg auch erfolgt ist- übrigens mit der Zustimmung der CDU-Fraktion. ·

Einen weiteren Schwerpunkt sieht die F.D.P.-Fraktion in der Fr-age.der Staatsorganisation. Wir begrüßen es ausdrücklich,

dass endlich die Aufgabe des Lanqtags in der Landesverfas

sung näh~r definiert wird. Auch die Frage der Informations

rechte des Landtags gegenüber der Landesregierung· erhält nun endlich ein verfassungsrechtlich garantiertes Korsett. ln einem immer weiter zusammenwachsenden Europa ist es ferner wichtig, dass die Stellung unseres Bundeslandes in der Europäischen Union vertassungsrec_htlich definfert und abgesichert ist.

Ich habe bereits gesagt, dass die F.D.P.-Fraktion diesem Kompromiss zugestimmt hat. Bei einem Kompromiss gibt es Punk

te, die einem nichtsehr viel Freude machen. Das geht allen in diesem Hause genauso. Deshalb lege ich dar, was uns nicht so ganz passt, nämlich die Frage der Bestimmung über die verfassungsrechtliche Regelung der Opposition.

Wir sind der Meinung, dass diese Bestimmung in einem parla

. mentarischen System eigentlich überflüssig ist. Das Parlament

als Ganzes, nicht nur'die Opposition; kontrolliert die· Landesre!;lierung. Wir sind der Meinung, dass die Opposition keine besonderen Aufgaben, wie das in Artikel 85 b Abs. 2 ge

schrieben ist, sondern eine Kontrollfunktion genauso wie die anderen im Landtag vertretenen Fraktionen hat. Da uns diese Verfassungsänderung insgesamt am Herzen lag, haben wir diesem Kompromiss zugestimmt.

Für die F.D.P. von großer Bedeutung war hingegen die Frage der Normierung der Bürgerbeteiligung. Wir haben uns immer dafür eingesetzt, dass die Volksinitiative Eingang in die Landesverfassung findet. Dies wird n_un umgesetzt. Auch die Sen

kung der Quoren sowie die Frage der.Verankerung der Ver

fassungsbeschwerde beim Verfasssungsge.richtshof Rheinland-Pfalz waren immer unser Petitum. Insgesamt handelt es

sich um einen Kompromiss auf breiter Linie, der vori uns sehr begrüßt wird.

l,ch möchte· noch einige Worte zu den Änderungsanträgen sagen, die Sie, meine Damen und. Herren von der Fraktion

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vorgebracht haben. Ich sagte, dass

eine Verfassungsänderung nur im politischen und gesell

schaftlichen Konsens möglich ist. Dieser Konsens ist mit Ihren Vorschlägen nicht herzustellen. Sie haben erneut Forderungen erhoben,

(Zurufe der Abg. Frau Grützmacher und Rieth, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

die bereits in den Enqt,Iete-Kommissionen sowohl von· den Sachverständigen als auch von den anderen dort vertretenen Mitgliedern mitgroßer Meh_rheit abgelehntworden sind.

(Rieth, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie zu früheren Zeiten! - Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Ich lasse Ihre Kollegen nachher auch ausreden. Vielleicht können Sie dies auch tun.

Ich halte es nichtfür sinnvoll, Fragen, die in der Öffentlichkeit teilweise diskutiert werden, wie die Frage der nicht ehelidien Lebensgemeinschaften, verfassungsrechtlich zu normieren, wenn eine abschließende Diskussion noch nicht geführt worden ist. Ich kann and~re Beispiele nennen, die Sie gebracht haben, wie das Akteneinsichtsrecht und Ähnliches, die auf eine breite Ablehnung gestoßen sind.

Eine Verfassungsänderung kann nur im gesellschaftlichen Kons!:!nS erfolgen. Die Forderungen, die Sie überwiegend erhoben haben, würden zu einer Konfrontation und nicht zu einer Kooperation führen. Das muss man einmal festhalten.

· (Beifall der F.D.P. und der SPD)

Meine Damen und ·Herren, einige !etzte Bemerkungen zu dem Thema.. Konnexitätsprinzip". Die kommunalen Spitzen-· verbände haben dieses Thema in den letzten Tagen noch ein

mal in die Diskussion gebracht. Ich habe dafür Verständnis.

Ich bitte auch dafür um Verständnis, dass nicht nur eine Beziehung zwischen Land, Kommunen und Kreisen besteht, sondern dass wir ein föderales System mit einem drelst_ufigerl Aufbau haben, und zwar Bund, Laf)d und kommunale Seite.

Es kann nicht sein, dass wir einseitig das Verhältnis Land und kommunale Seite regeln. Wir brauchen eine Gesamtregelung zwischen Bund, Ländern und Kommunen.

(Beifall der F.D.P. und der SPD- Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da haben die Kommunen nichts dagegen!)