Protocol of the Session on February 16, 2000

teiensystem wahrscheinlich enorm verändern wird, in den Parlamenten fast Oberhaupt nicht vor, außer in Randbemerkungen, oder wie Sie es, Herr Schiffmann, in Ihren Sätzen am Schluss Ihrer Rede gesagt haben.

(Zuruf des Abg. Mertes, SPD)

c Herr Mertes, wir müssen den Diskurs auch in diesem Parla

me·nt führen. Ich glaube, dass gerade eine Debatte über eine Verfassung ein guter Platz ist, diesen Diskurs zu führen, und_ zwar unabhängig von Namen. Wir müssen die Tatsachen, wie sie vorhanden sind, nennen.

(Vereinzelt Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN- Vizepräsident Schuler Obernimmt denVorsitz)

WeiS hier passiert ist, z. B. die Verstöße gegen das Parteiengesetz, vielleicht auch gegen das Fraktionsgesetz, sind keine kri

minellen Machenschaften. Diese werden nicht mit dem Stafrecht verfolgt, Sie sind ganz eindeutig eine Beschädigung der politischen Machtübertragung, nämlich des politischen Man

dats, das wir v

ben.

Darum muss das Parlament als direkt betroffenes Gremium doch wohl Rechenschaft darüber'ablegen; was das für uns bedeutet. Ich bin der Meinung, dass gerade bei unserem Thema

.,Verfassungsänderung", wie sie uns h€ute vorliegt, dieser Diskurs geführt werden muss; denn die Verfassung gibt eine Antwort auf die Frage, wie der Missbrauch der palifischen

Macht-möglichst eingedämmt oder zurückgedrängt werden kann. Menschen sind schwach, Macht korrumpiert, d~s ist eine Binsenweisheit, die natürlich immer gerade die, die an der Macht sind, vehement abstreiten.

Aber Demokratie zeichnet sich nicht dadurch aus, dass unfehlbare Menschen an ihrer Spitze stehen, Demokratie zeich

net sich dadurch aus, dass die Fehler ans Tageslicht kommen und dass sie demokratisch l_egitimierte Folgen haben. Das heißt zum Beispiel, Verantwortung für eine Täuscht.,mg, für eine Lüge zu übernehmen, das heißtdann zum Beispiel Rück

tritt. Es hat zu anderen Zeiten Politiker gegeben, die dann, weil Fehler unter ihrer Ägide· passiert waren, zurückgetreten sind- ich denke nur an Willy Brandt -,oder es bedeutet, wenn

die Menschen, wenn die Politikerinnen und Politiker nicht be.. '

reit sind, das als ihre Veranwortung anzuerkennen, dass dan[l

die Wähler und die Wählerinnen das übernehmen werden, dass die Politiker zum Rücktritt· gezwungen· werden, das heißt, sie wurden abg_ewählt.

Meine Damen und Herren, die Demokratie als Regelwerk von

. Verfassung, von Gesetzen und Kontrollen ist eben das institu

tionelle Misstrauen in die Unfehlbarkeit des Menschen oder umgekehrt, es ist die Einsicht darin, dass Menschen fehlbar sind. ln einer Demokratie steht nie-mand, kein Herr Kohl, kein Herr Koch und keine Frau Wagner, über dem Gesetz.

(Zuruf von der CDU)

-Nein, der natürlich auch nicht, aber die Verhältnisse sind anders, Herr.Geimer.

Meine Damen und Herren, die. parlamentarische Plattform, auf der diese Fragen diskutiert werden müssen, ist die heutige Debatte um die Verfass-ung, sind die Fragen um das grund

. legende Demokratieprinzip, ist die Frage_ der Balance der Macht zwischen Regierung und Parlament, zwischen Exekutive und Leg_islative. Darauf wurde auch schon. hingewiesen. Dieses Parlament bestimmt heute verbindlich- bis zur näch

- sten Verfassungsänderung darüber, wie die Machtbalance in

Zukunft in Rheinland-Pfalz aussehen wird. Deshalb gehört diese Debatte auch unbedingt hierher.

Meine Damen und Herren, die Übereinkunft unter pemokra

tinnen und Demokraten besteht darin, dass EntscheidUngen

in einer Demokratie in einem konfliktreichen Aushandeln

. von Kompromiss(;!n gefällt werden, dass demokratisch verlie

hene Macht einem nur auf Zeit verliehen ist und dass der Wechsel das Grundprinzip der Demokratie ist. Ein Mannwie Helmut Kohl, der s-eine Partei als sein Eigentum betrachtet, eine Partei, die den Staat als ihr Eigentu-m betrachtet, was gut für die CDU ist, ist auch- gut für. Deutschland, so etwas

zeigt verdemokratische und unaufgeklärte Strukturen, die_ eindeutig nicht auf dem berüh-mten Boden der Verfassung stehen.

Vor dieser Kulisse läuft heute diese Verfassungsdiskussion äb. Deswegen, glaube ich, hat sie auch eine s_olche Brisanz. Deswegen wird sie auch sehr stark das lnt(;!resse in der Bevölkerung finden.

· Ich bedauere es außerordentlich, dass wir uns im Rechtsaus

schuss nicht auf eine Anhorung, wie wir es vorgeschlagen hatten, haben einigen können. Das war wirklich eine vertane Chance. Wir hätten einmal mit politischen Expertinnen, mit Politikerinnen über das Verständnis von Demokratie und die Rolle der Parteien, über Kontrolle und Machtbalance, Ober Missbrauchseindämmung und politische Verantwortung dis

. kutieren können. Da wär(;!n wir mit der Verfassungsdiskuss-sion wirklich auf der Höhe der Zeit gewesen, meine Damen und Herren; denn natürlich finden sich diese Fragen nach der Machtbalance und alle dem, was- ich gerade gesagt habe, wenn auch gewiss in bescheidener Form, in den vorliegenden Verfassungsänderungen wieder, zum Beispiel fn der Neuadjustierung der Machtverhältnisse zwischen Regierung und Parlament.

Herr Frey, ich bin ganz anderer Ansicht. Ich halte es für drin

gend notwendig, dass, wie in dem Vorschlag der drei Parteien, ein eigener Artikel über die Aufgabe und die Funktion der Opposition aufgenommen worden ist. Diesen Artikel un-·

terstützen wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausdrücklich, weil wir der Meinung sind, dass eine starke Opposition, die mit weitgehenden Kontrollrechten gegenüber der Regierung ausgestattet ist, das notwendige _Gegengewicht zur Übermacht der Exekutive darstellen kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine [)amen und Herren, darüber hinaus haben auch die Ereignisse der letztem Wochen und Monate noch eine zweite Funktion der Opposition in den Vordergund gerückt. Wenn das Wesen der Demokratie der Wechsel ist, dann ist die Zeit in der Opposition auch eine Vorbereitungszeit für die Rolle in. einer-zukünftigen Regierung. Auch darum darf das Regieren natürlich_ keine abgeschottete-Geheimsache werden, wo man mit allen Mitteln versucht, der Opposition möglichst wenig Einblick in das Regierungshandeln zu geben, sondern - das haben wir in der Enquete-Kommission intensiv diskutiert- es müssen Mechanismen festgelegt werden, die es auch der Opposition möglich machen, weitgehend über" das Regierungshandeln informiert zu werden.

Daher gibt es_in der vorliegenden Verfassungsänderung auch den deutlichen Auftrag, dass die Regierung das Parlament frühzeitig über ihr Handeln auf Bundes- und auf europäischer Ebene informieren muss. Ich finde, das ist ein Passus, der gerade in der heutigen Zeit mit der immer stärkeren Machtverschiebung auf Bund und v9r allem auf Europa besonders wichtig ist. Wir hätten uns noch einen eigenen Arti

kel gewünscht, aber dennoch unterstützen wir den ersten Schritt in die richtige Richtung zur Stärkung der Legislative

Jlegenüber der Exekutive. ·

(Bei!all bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, in der gegenwärtigen Situation

·sehen wir natürlich mit diesen ersten Vorschlägen zur stärke

ren Kontrolle der Macht· der Regierung im wahrsten Sinne des Wortes ein bisschen alt aus; denn Sie alle wissen, dass inzwischen schon viel drastischere Maßnahmen zur Machteindämmung.9iskutiert werden, zum Beispiel Begrenzung von Amtszeiten, besonders für Spitzenämter. Darüber haben wir in der Enquete-Kommission beispielsweise gar nicht aisku

tiert. Das wird jetzt landauf und landab diskutiert. Wenn die Kommission jetzt tagen würde~ dann wäre das sicher ein wichtiges Thema.

Ferner taucht il) d~r gegenwärtigen Debatte auch immer. wieder die Frage auf,_ ob das virtuose Hantieren mit Schwarz~