Protocol of the Session on January 20, 2000

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber Sie machen Presseerklärungen I)

Von daher muss ich auch hier wieder sagen, mir erscheint das Produkt zu t~ue'r. Aber beweisen kann ich es nicht. Ich bin darauf angewiesen und hoffe sehr, dass sich der gute Weg bewährt, den das Umweltininisterium· geht, Daten transparenterzumachen und Produkte zu formulieren.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie wollen sie doch abschaffen!) ·

- Ich möchte nicht die Verwaltungsaufgaben abschaffen. Ich

überlege es mir, ob es sinnvoll ist. Herr Dr. Braun, es ist so ein

fach, der Vermutung nachzugehen. Entweder sitzen 117 Menschen da und drehen Däumchen, um 40 Millio-. nen DM zu verwa.lten. Das istdie eine Vermutung. ·

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haben Sie Ihre Presseerklärung gelesen?)

Da ich aber annehme, dass diese Vermutung nicht zutrifft

- ich gehe davon aus, dass das Umweltministerium gut verwaltetwird -,vermute ich, dass e? ineffizient ist, die 40 Millionen DM von 117 Menschen verwalten zu lassen. Dann muss man darüber nachdenken, ob die Rechtsvorgaben nicht viel zu kompliziert, komplex und nicht steuerungsgerecht sind. Also muss ich an _der Schraube drehen. Das ist übrigens nicht Land esaufgabe, sondern Bundesaufgabe.

Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, in die Materie einzu- steigen. Wenn Sie einma~dort hineingehen und sehen, nach welchen Parametern dort Minimalunterschiede aufgezeigt werden, dann steigt ein Klärkraftwerk plötzlich aus, dann muss es plötzlich den ganzen Beitrag l:)ezahlen usw. Das Gan

ze ist nicht verursachergerecht. Es ist nicht leistungsger.echt, was das Bundesgesetz an dieser Stelle vorgibt. Ich bin der Meinung, wenn so wenig herumkommt und sich so viele Menschen damit beschäftigen müssen, dann ist es mehr als sinnvoll, es abzuschaffen. Die gute Lenkungswirkung,-die die Abwasserabgabe einmal hatte, ist unbestritten, aber erfüllt.

(Beifall der F.D.P.)

Frau Kolleg_in, Ihre Redezeit ist beendet.

Es spricht nun die Umweltministerin Frau Klaudia Martini.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren ;Abgeordneten! Nach der heutigen Debatte, aber nicht nur nach der heutigen Debatte, sondern doch auch nach nunmehr achteinhalb Jahren Umweltpolitik in Rheinland-Pfalz bin ich geneigt, die Schlussdebatte von meiner Seite.aus f!!it.,Reiz und Schwierigkeitder Umweltpolitik" zu überschreiben. Reiz -zum einen deshalb, weil es, wie ich meine, neben dem einen oder anderen Politil

mit dem Boh!en sehr dicker Bretter verbunden ist.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie. mir auch, darauf hinzuweisen, dass unsere gemeinsame Schwierigkeit, die wir, die wir im umweltpolitischen Bereich tätig sind, haben- ich nehme alle, di·e heute dazu gesprochen haben, herzlich mit ein -, die ist, dass sich die dic~en Bretter sehr häufig vor den Köpfen vieler Menschen befinden. Das heißt, Umweltpolitik, Umsteuern, bedeutet Umdenken, etwas in den Köpfen der Menschen zu verändern, in deren Einsichtsfähigkeit, in der Anerkennung dessen, wie sich Abläufe entwickeln bzw. wie sie sich nicht entwickeln sollen.

Genau bei diesem Thema Umdenken, das in vielen anderen Politikfeldern genauso anQebracht ist, wie wir in den letzten

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Tagen und sicher auch noch morgen hören werden, ist es not

wendig, dass aufgeklärt wird, dass informiert wird, dass wir Daten zur Verfügung stellen, f!ie wir zunächst-einmal zusammentragen und sammeln müssen, dass wir wissenschaftliche Erkenntnisse aufbereiten, verteilen und dann in den gesell

schaftlichen Diskurs und Dialog einbringen.

' Die Schwierigkeit der Umweltp.olitik besteht sicher auch deshalb - das erleben wir alle im umweltpolitischen Bereich -,·. weil man den Eindruck hat, Umweltpolitik habe zurzeit nicht den Stellenwert, den sie nach unserer Meinung zu haben hätte. Man spricht nicht mehr so viel in der Politik darüber. Herr Braun hat das gestern kurz skizziert.

Was mich und u·ns alle miteinander hoffnungsfroh stimmt, das ist eine Umfrage, die kürzlich im "Spiegel" zur Jahrtausendwende veröffentlicht wurde. Auf die Frage nach alten und neuen Ängsten - "Was fürchten Sie in der Z~kunft am meisten?" -sind unter den ersten acht genannten Bereichen sieben, die zur Umwelt gehören. Atomkrieg steht an erster Stelle, schon gefolgt von Klimakatastrophe an zweiter Stelle.

·Alle folgenden Themen_ sind umweltpolitische Themen, vor denen sich die Menschen im neuen Jahrtausend am meisten fürchten.

... Meine Damen und Herren, allein daraus wird deutlich, dass die Umwelt kein Thema ist, das niemanden mehr interessiert oder-gar uns politische Menschen nicht mehr interessieren sollte, sondern dass Umwelt- urid Nachhaltigkeitspolitik ein Thema ist, das die Menschen überall sehr wohl sehr sensibel weiter aufnehmen, dass sie alles geoau und konkret beobachten.

Meine Damen und Herren;warum ist aber die Umweltpolitik in der politischen Debatte ein Stückehen ins Hh;tertreffem geraten? Das hängt, so behau~te ich, auch damit zusammen, dass umweltpolitisch in den vergangeneo Jahren und Jahrzehnten eine Menge Positives erreicht wurde. Die Flüsse sind sauberer geworden. Der Rhein hat Gewässergüteklasse 2. Die Luftschadstoffbelastung ist immens zurückgegangen. Wir ha- · bennur BrucHteile von Luftschadstoffbelastungen, ob·es S02 oder NOx ist, im Vergleich zu dem,, was wir vor 20 oder 30 Jahren in der Luft hatten. Wir sind sensibler geworden im Umgang mit der Natur. Artenschutz ist ein Thema, das sich durch viele Bereiche zieht. ·wir haben Techniken entwickelt, High-Tech-Wissenschaft, die heute in der Lage sind, umweltpolitische Probleme zu handhaben, zu lösen, zu organisieren. Deshalb gibt es siCher auch viele, die meinen, es sei in Ordnung, wir br~uchten nicht jeden Tag darüber zu sprechen.

Meine Damen und Herren, die Erfolge in der Umweltpolitik haben sehr viel mit technischen lnnovationen.zu tun: Klär

technik, Luftreinhaltetechnik,. Kraft-Wär.me-Kopplungsanlagen im Bereich der Energie, um nur einige wenige Bereiche zu nennen. Deshalb meine ich tmd will das auch aus den Reden; die meine Vorredner gehalten haben, als Punkt herausgreifen: Ohne High-Tech, ohne Wissenschaft und Technik,

ohne Fortentwicklung in diesen technischen Bereichen wird Umwelt-, Umweltschutz- und Nachhaltigkeitspolitik in der Zukunft nicht möglich sein. ·

(Zuruf cler Abg. Frau Grützmach er, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und. Herren, genauso wie ohne High-Tech und Fortschritt in Technik und Wissenschaft keine Umweltpolitik möglich sein wird, genauso wenig werdEm_dann Arbeitsplatzsicherung, Wirts~haftsstruktur und Aufrechterhaltung von Produktsicherheit in der Zukunft möglich sein.

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Umweltschutztechnik ist ein Exportschlager aus Deutschland. Ich füg.e hinzu: ein l;xportschlager aus Rheinland-Pfalz. Gera

·de im kleinen und mittelständischen Bereich finden wir eine Vielzahl von hoch innovativen und - Herr Braun, höreh Sie zu - sehr fantasiebegabten Unternehmerinnen und Unternehmern, die mit Ihren Produkten im Bereich Umweltsektor nicht nur neu auf.den Markt kommen, sondern den Markt auch ausbauen Uf'!d zum Wohle aller vorantreiben.

(Frau Grützmach er, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:... Vorsorglich oder nach,s.orglich?)

Deshalb·: Zwischen der Ökonomie und der Ökologie oder, wenn Sie es so wollen, der Ökologie und der Ökonomie gibt es, wenn es überhaupt je so gewesen sein sollte, keine Differenz. Beides·sind Seiten der gleichem Medaille.

Meine Damen und Herren, wegen dieser Verbesserungen in der Umweltpo!itik, meine ich, wird Umweltpolitik für viele im politischen Bereich nicht mehr so in den Vordergrund der Diskussionen geschoben. Wir kennen alle das Spiel. Ist irgendwo ein Skandal, liegen irgendwo·t~te Fische in der Gegend oder kippt ein Fass Öl um, dann interessiertsich plötzlich jeder für die Umweltpolitik.Aber die 364 sonstigen Tage, an denen das nicht passiert, sind sozusagen ökologisch unbedeutend.

Wir wissen aber sehr wohl, d~ss Probleme na~h wie.vor existieren. Ein kleines Beispiel. Wenh wir unseren bundesdeutschen Bundesverkehrswegeplan auf ein Land wie Brasilien übertragen würden, dan·n hieße das: absolyte, totale Vernichturig des Regenwaldes. Dies sage ich nur als kleines Bei

spiel" vor dem Hintergrund der Diskussionen, die wir zur Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie fphren.

Wenn wir herangehen- die Entscheidungen sind schon lange in Brüssel gefallen -, ein Natura-2000-System für Europa zu

:organisieren mit naturtypischen, regionaltypischen europäischen besonderen' Landschaftsbestandteilen,- dann können wir hier nicht anders reden als in den Diskussionen um den tropischen Regenwald oder über andere Flächen in derWelt;

_(Beifall der Abg: Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch das gehört zur Gesamtdebatte über die Umwelt.

_ Aber der Weg des geringsten Widerstand_es führt nicht in die Zukunft! Deshalb bin ich auch dem Fraktionsvorsitzenden. dankbar, der dies gestern in seiner Eingangsrede zur Grundsatzdebatte deutlich ·gemacht hat.

Wir haben einen steigende·n Energiebedarf. Wir haben viele Ansprüche an Flächen, a·n Siedlungsstrukturen. Die werden. in der Zukunft nicht weniger werden, sie werden waci:Jsen. Wir stehen bereits heute vor weltweitenpeuen Herausforderungen- Stichwort Globalisierung.

DerWeg des geringsten Widerstands wäre nun, so zu tun, als könne man alle diese Bedürfnisse befriedigen, als müsste man niemandem weh tun, als gehe es nicht darum, den einen oder anderen Einschnitt oder eine Veränderung der Sicht der Dinge zu organisieren. Das wäre der Weg des geringsten Widerstands. Aber er würde nicht in die Zukunft führen, weder in Rheinland-Pfalznoch in Deutschland; noch in Europa.

Deshalb will ich auf das Wort "Umdenken" zurückkommen. Ohne das Umdenken, _das unabding_bar mit Aufklärung, mit. Dmweltpädagogik, mit Waldpädagogik, mit Agenda 21, mit den Arbeiten der Landeszentrale für Umweltaufklärung, mit