Protocol of the Session on January 19, 2000

Meine_ Damen und Herren, wir halten darüber hinaus auch den Ausbau von Mediationsstellen fü'r sehr wichtig, um eine bürgernahe und bürgerfreundliche Justiz zu schaffen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich denke insbesondere an die Bereiche Familienrecht, zum Beispiel in Scheidungs- und Trennungssituationen, aber aucll

an das Mietrecht, an nachbarliche Streitigkeiten und an das Verbraucherrecht. Wir haben in einem Antrag ebenso, wie wir es schon vor zwei Jahren gemacht haben, die Landesregierung aufgefordert, bestehende Möglichkeiten der Kon~ fliktlösung und Streitverhandlungen durch Verhandlung und Mediation in Rheinland-Pfalz im justiziellen Bereich zu unter

stützen und Informationen für ihre Vernetzung 'bereitzustel

len. Besonders ford~?rn wir die Schaffung von Anlauf- und Orientierungs-- sowie Verweisungsstellen, in denen sich Rat

- suchende Bürgerinnen und Bürger über di~ unterschiedlichen Möglichkeiten informieren können,-wie man eine außergerichtliche Konfliktbearbeitung ange_ht.

Meine Damen und Herren, natürlich gehört in diesen Bereich

auch, dass Maßnahmen ergriffen werden, damit in der juristischen Aus- und Fortbildung Lehrveranstaltungen angeboten werden, in denen die neuen Streitverhandlungsfertigkeiten angeboten und dann auch gelernt werden können,

Meine Damen und Herren, in den Bereich der neuen Verfahren zur Herstellung des Rechtsfriedens gehört natürlich auch die Stärkung des Opferschutzes. Die neue Bundesregierung hat durch umfassende Anwendungsmöglic_hkeiten des Täter

-Opfer-Ausgleichs · den Wiedergutmachungsgedanken im·

Straf- und Prozessrecht gestärkt. Darauf wurde schon hingewiesen. Bisher wurdeder Täter-Opfer-Ausgleich vor allem im Jugendbereich mit sehr großem· Erfolg~ durchgeführt. Es wurden dadurch dem Täter niefit nur die Folgen seiner Tat viel plastischer und eindringlicher vor Augen geführt, sondern es wird dadurch auch das Opfer stärker in den Vordergrund der Betr

be, dass die Landesregierung hier besonders gefordert ist. Der Ausbau des Ausgleichs- und Schlichtungsverfahrens auch in Rheinland-Pfalzgehört zu den Reformanstrengungen, die in den nächsten Jahren bewältigt werden müssen.

Meine Damen und Herren, ich möc;hte noch auf einen Punkt hinweisen, wenn wir jetzt bei den Reformen sind, von dem ich· heute wenig-er gehört habe. Bei diesen Reformvorhaben dürfen wir die Reform der inneren -Struktur, Stichwort Reform der Binnenstruktur der Justiz, nicht aus dem Auge ver

lieren. Es erscheint uns als wichtigste Strukturma~pahme für eine dauerhafte ·Sicherung· einer funktionsfähigen Rechtspflege, dass die innere Struktur reformiert. wird. Die Änderung der -Präsidialverfassung, die gerade abgeschlossen worden ist, ist nur ein erster Schritt. Eine Innovation-der inneren OrganisatiÖn spielt bei der Reformdebatte leider bisher eine geringe Rolle. Hier geschieht zu wenig. Das bedeutet, dass die vorhandenen Ressourcen in der Justiz durch eine Reform

· der inneren Verfassung eher stärker zur Wirksamkeit kom

men können.

Meine Damen und Herren, es ergeben sich auch Möglichkei

ten, Personalressourcen freizusetzen, die dann anderswo eingesetzt werden können, alles immer unter dem großen Ober

-begriff, dass viel Personalbedarf vorhanden ist, dass man aber diesen Personalbedarf durch Reformen befriedigen kann. Man muss hier nicht mit neuen Persona!forderungen

-·herangehen. So weit zu dem Bereich d-er Justiz.

Es gibt in diesem Haushalt noch einen zweiten großen Bereich, Herr Mertin, nämlich den Strafvollzug. Hier ist die poli

tische Arbeit viel mühsamer, denn die Strafgefangenen kön~

nen sish nur begrenzt auf _Lobbyisten und gesellschaftliche Unterstützung berufen. Aber der Strafvollzug hat eine im-

mens wichtige gesellschaftliche Funktion, vor allem in Bezug -auf die viel-beschworene Innere Sicherheit. Man schaut-im

mer nur so lange hin, bis der Straftäter dann verurteilt ist und

·im Gefängnis verschwindet.

(Dr: Schiffmann, SPD: Das ~ind doch Geschichten von vorgestern!)

Aber. dass er nach dem Strafvollzug auch-wieder heraus

kommt und dass er dann entlassen wird, darauf wird viel weniger geschaut.

(Dr. Schiffmann, ~PD: Das sind doch Geschichten von vorgestern!- Hartloff, SPD: Das stimmt doch nicht!)

- Herr Dr. Schiffmann, Strafgefangene haben bei uns in der Gesellschaft eine viel geringere Lobby als viele andere. Das ist genau das, vyas ich gesagt habe.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN- Hartloff, SPD: Aber die Opfer haben noch eine geringere Lobby als die Strafgefangenen!)

-Das glaube ich nicht.

(Hartloff, SPD: Aber sicher!)

- Herr Hartloft ich möchte dies vor allem aber au.ch nicht gegeneinander aufrechnen.

- ln Ordnung.

(Hartloff, SPD: Da sind wif- uns einig!)

Vor diesem Hintergrund ist auch das, was mit den Strafgefangenen in den. Justizvollzugsanstalten passiert, von enormer Wichtigkeit für UQsere Gesellschaft und für unseren gesellschaftlichen Frieden. Wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ha

ben schon se"it der Zeit, in. der wir im rheinland-pfälzischen Landtag sind, den Schwerpunkt. unserer politischen Arb~it im Strafvollzug immer sehr deutlich auf Resozialisierung und

· Prävention gelegt. Präventive Maßnahmen und Resozialisie

rungsmaßnahmen fangen schon am ersten Tag ab, ?en ein Gefangener in einer JVA verbringt. Wir-sind der Meinung, dass in Rheinland-Pfalz·gerade auf dem sehr schwierigen Ge

biet derlherapie von Gewalt- und Sexualstraftätern in den Gefängnissen noch immer große Lücken bestehen. Wir sind in unserem Land in den letzten Jahren glücklicherweise von be

sonders furchtbaren Fällen-von Sexualverbrechen verschont geblieben, aber darum darf der Druck, dass hier mehr für die Therapie von Gewalttätern in Gefängnissen getan werden

muss, nicht nachlassen.

Leider sielit,der Justizminister keinen Handlungsbedarf. was er auch im Ausschuss mehrfach dargelegt hat. Dabei fordert der von allen Fraktionen, auch von der F.D.P. unterstützte Antrag zur Bekärnp"tung von Gewalt von Männern gegen

über Frauen auch gerade vom Justizminister ·einen eindeutigen finanziellen· zusätzlichen Einsatz für die Täterarbeit, und· zwar für die Täterarbeit in den Justizvollzugsanstalten; aber auch danach bei der Bewährungshilfe.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN- Kuhn;F.D.P.: ·Das istdoch Prävention!)

Es ist sehr bedauerlich, dass! abgesehen von dem üblichen fi-. nanziellen Einsatz, der natürlich in dem Ressort von Frau

· Dr. Götte zu finden ist, offensichtlich nur ~er Innenminister 'diesen gemeinsamen Antrag ernst genommen und zusätzli

che Mittel in seinem Bereich d~für eingestellt hat.