Protocol of the Session on August 27, 2020

suchenden Kindern. Das bleibt im Gedächtnis, es verändert einen auch, wenn man damit konfrontiert wird, und es macht einen wirklich zornig.

Ich bin ehrlich: Es gibt Tage, da wäre man im Nachhinein vielleicht besser gar nicht zur Arbeit gefahren. So ein Tag war vielleicht dieser 4. Juli 2019. Aber unsere Ermittler und Auswerter in diesem Bereich sind vor diesem 4. Juli zur Arbeit gefahren, haben diesen Job gemacht, haben sich das angeschaut und ausgewertet, und sie sind auch seit diesem 4. Juli jeden Tag zur Arbeit gefahren und machen diesen unfassbar schwierigen Job. Ich kann gar nicht in Worte fassen, welchen Respekt ich vor dieser ungemein schwierigen, aber eben auch ungemein wichtigen Arbeit habe, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Deswegen ist es so wichtig, dass wir hier ein Zeichen der Wertschätzung und der Dankbarkeit zum Ausdruck bringen. Geld kann die Belastungen nicht wettmachen. Das ist klar. Aber es ist ein Zeichen dafür, dass wir unsere Beschäftigten in den Behörden damit nicht alleinlassen. Ohne die akribische Arbeit der Auswerter könnten die vielen Taten im Bereich des Kindesmissbrauchs nicht aufgeklärt und verfolgt werden. Jeder Missbrauchsfall, der auf diesem Wege aufgeklärt wird, verhindert im Zweifel weitere Taten und schützt die Schwächsten und Verletzlichsten in unserer Gesellschaft.

Natürlich reicht so eine Zulage nicht. Deshalb unterstützen wir die Beamtinnen und Beamten sowie unsere Tarifbeschäftigten mit psychologischer Betreuung und eben auch mit moderner Arbeitsausstattung bei den Ermittlungen. Bis 2021 werden allein für die Technik in diesem Bereich bis zu 32 Millionen Euro investiert. Dabei geht es um Künstliche Intelligenz zur Unterstützung bei der Auswertung. Es geht aber auch um technische Bildanalysen, um die Auswertung zu erleichtern. Es geht aber auch ganz simpel um bessere und angenehmere Arbeitsbedingungen, um Rückzugsmöglichkeiten, um die kleinen Dinge, die leider nicht immer selbstverständlich sind.

Für uns ist klar, unsere Polizeibeamten, unsere Bediensteten brauchen hier volle Unterstützung, Fürsorge und jegliche Form des Rückhalts, die wir ihnen geben können. Darauf können sie zählen. Deswegen sage ich ganz eindeutig: Wir lassen unsere Polizisten, wir lassen unsere Tarifbeschäftigten mit diesem extrem – wirklich extrem – belastenden Job nicht alleine. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP und der CDU – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lürbke. – Für die Fraktion der SPD hat Herr Abgeordneter Kollege Bialas das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Polizeiarbeit ist häufig nicht leicht, sondern schwierig und fordernd. Polizei wird ja nicht zu Hochzeiten gerufen, um dort gemeinsam fröhlich zu feiern. Polizei wird dann gerufen, wenn Menschen untereinander nicht klarkommen, sich die Menschen von ihrer hässlichen Seite offenbaren, sich auch von ihrer bösen Seite zeigen.

Polizei wird in Situationen geworfen, die ihr nicht nur eine professionelle Bewältigung der aktuellen Situation abverlangt, sondern die oftmals auch psychische Bearbeitungs- und Bewältigungsleistungen erfordern. Polizeiliche Einsätze führen auch und immer wieder in seelische Notfallsituationen der eingesetzten Kräfte. Das ist im Grunde berufsimmanent.

Früher, also vor 30, 40 Jahren, sind wir so damit umgegangen: Bei Bahnleichen hieß „Fürsorge“, zu sagen: Gehe jetzt mal nach Hause, trink dir einen, schlaf dich aus, und morgen bist du wieder da. – Die Spitze der Empathie war es, wenn man dem anderen dabei noch auf die Schulter geklopft hat. Klügeres fällt uns zum Glück mittlerweile ein. Betreuung ist heute anders und muss auch jeweils sinnvoll nachjustiert werden.

Die für viele wohl belastendsten Einsätze sind solche mit Kindern als Opfer. Da willst du nicht hin. Das willst du nicht erleben. Das willst du nicht sehen. Das willst du nicht mit nach Hause nehmen müssen.

(Zuruf)

Kinder als Opfer – das möchte man verdrängen, nicht an sich heranlassen, nicht denken müssen. Die meisten Menschen dürfen das verdrängen. Wir Glücklicheren dürfen verdrängen. Andere dürfen das nicht. Sie müssen sich für uns alle genau dieser Situation stellen, da sie in den Bereichen der sexuellen Gewalt ermitteln, um Täter zu ergreifen, aber vor allem auch weitere Opferwerdung zu vermeiden.

Zu dem belastenden Moment, das Kind als Opfer sexueller Verbrechen zu sehen, kommen meines Erachtens noch zwei weitere Punkte hinzu:

Zunächst geht der Missbrauch, die sexuelle Gewalt, häufig mit einer Reduzierung des Kindes auf ein Ding einher. Die Tat des Missbrauchs und der Vergewaltigung von Jugendlichen, Kindern, Babys geht häufig mit einer noch niederträchtigeren spezifischen Behandlung des Kindes einher, nämlich der der völligen Entmenschlichung und der Verdingung, also der Reduzierung auf einen Nutzgegenstand.

Es lief einmal ein „Tatort“ im Fernsehen, der das relativ gut getroffen hat. Der Titel hieß „Wegwerfmädchen“. Was sich die Leute hier ansehen müssen, sind quasi die Situationen von Wegwerfkindern. Diese Entwertung des Menschlichen muss zusätzlich zur Straftat an sich angesehen und ertragen werden.

Und noch eines kommt hinzu: die Wirkmächtigkeit der Bilder, die auf die Seele einschlägt und dort hoffentlich keine dunklen Flecken hinterlässt. Worte wirken. Bilder wirken oftmals noch mehr, noch tiefer und noch nachhaltiger. Wenn beides in diesem Bereich zusammenkommt, dann wirkt es umso mehr. Von Worten kann man sich mitunter leichter distanzieren als von Bildern.

Wir dürfen uns an dieser Stelle für diese Arbeit herzlich bedanken. Wir dürfen denen, die diese Arbeit leisten – ich glaube, dies im Namen aller sagen zu dürfen –, Gesundheit wünschen und ihnen zurufen, dass sie einen wichtigen Beitrag für die Kinder leisten, indem sie versuchen, diese Kinder mit ihrer Arbeit aus diesen Höllen herauszuholen. Häufig schaffen sie es auch, sie aus diesen Höllen herauszuholen. Sie leisten also einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft. Insofern ist es wichtig, dass wir das gemeinsam sehen und auch anerkennen.

Es geht aber nicht nur um die Worte – das haben die Vorredner schon gesagt –, nicht nur um das Klatschen, das wir in diesem Jahr an der einen oder anderen Stelle immer wieder mal erlebt haben, sondern es geht auch um eine finanzielle Anerkennung, die allerdings nur einen Teil unserer umfangreicheren Anerkennung ausmacht. Daher ist der Antrag nicht nur völlig richtig, sondern er wird von uns auch vollumfänglich unterstützt. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bialas. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Abgeordnete Kollegin Schäffer das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben schon gestern darüber gesprochen, wie furchtbar die Missbrauchstaten von Lügde, Münster und Bergisch Gladbach sind, aber auch darüber, dass es eine viel höhere Dunkelziffer gibt. Was einen an diesen Taten so schockiert, ist zum einen natürlich die Brutalität, aber auch die Tatsache, dass diese Taten in den allermeisten Fällen von Vertrauenspersonen der Kinder begangen werden, also von den Eltern, den Großeltern, von der Tante oder dem Onkel. Dabei wird das Urvertrauen, das Kinder gerade in ihre Eltern haben, massiv verletzt, und das führt bei den allermeisten Kindern auch zu psychischen Verletzungen.

Wenn man sich das vor Augen führt, muss man sagen, dass die Auswerterinnen und Auswerter der Polizei eine, wie ich finde, unfassbar wichtige Aufgabe haben.

Ich muss dabei immer an ein Interview denken, das meines Wissens Herr Wünsch – ich bin mir aber nicht ganz sicher – Anfang des letzten Jahres gegeben

hat. Er hat gesagt, dass die Polizei so eine Art Strategiewechsel vollzogen habe, also weg von der reinen Strafverfolgung, weg vom Sammeln von Beweisen gegen einen Täter und hin zu der Aufgabe und zu dem Ziel, einen anhaltenden Missbrauch von Kindern zu beenden, also diese Kinder, die auf diesen Bildern zu sehen sind, zu finden und aus dieser Situation zu befreien.

Das führt dazu, dass diejenigen, die sich diese Videoaufnahmen anschauen müssen, nicht nur Beweise sammeln, sondern auf das allerkleinste Detail achten müssen, um herauszufinden, wo sich das Kind befinden könnte. Gerade deshalb müssen diese Videos immer und immer wieder angesehen werden, und das Schlimmste dabei – ich glaube, Herr Katzidis hat das schon gesagt – ist wohl das Abhören der Tonspur; das wurde uns auch bei unserem Termin beim LKA vermittelt.

Ich habe im Sommer eine ARD-Reportage gesehen, in der es um die Arbeit von Ermittlerinnen und Ermittlern und darum ging, was es eigentlich psychisch bei denjenigen bewirkt, die sich diese Bilder angucken müssen. Ich fand das hochspannend, weil erklärt wurde, dass man normalerweise so reagieren würde, dass man sich solche Bilder nicht anschauen möchte. Das heißt, die eigene Psyche schützt einen selbst davor, sich solche Bilder anzugucken, weil man sie eigentlich nicht ertragen kann.

Deshalb müssen die Ermittlerinnen und Ermittler sozusagen den Schutzmechanismus ihres Körpers überwinden, um sich diese Bilder anschauen zu können, und gerade weil sie diese psychische Überwindung vollziehen müssen, ist es eine solch große Belastung und kann auch psychische Spuren bei den Auswerterinnen und Auswertern hinterlassen.

Deshalb – das ist schon mehrfach gesagt worden; ich kann mich da nur anschließen – gebührt diesen Personen Respekt und Anerkennung. Es ist schwierig, die richtigen Worte zu finden, weil es eine enorm schwierige Aufgabe ist. Aber wir sind uns einig, und daher werden auch wir diesen Antrag unterstützen.

Ich möchte auf eines eingehen. Ich finde es wichtig, in dieser Debatte zu betonen, dass das Land eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat. Eine Fürsorgepflicht kann man sich aber nicht durch eine Zulage erkaufen; das ist allerdings kein Widerspruch. Fürsorgepflicht bedeutet meiner Meinung nach, möglichst gute Arbeitsbedingungen zu schaffen, um die Arbeit zu erleichtern. „Erleichtern“ ist eigentlich das falsche Wort, aber Sie wissen, was ich meine.

Diese Arbeitsbedingungen müssen wir schaffen. Wir müssen es ermöglichen, dass Pausen eingelegt werden können, dass es ein gutes, freundlich gestaltetes Arbeitsumfeld gibt, dass jederzeit Seelsorge und Supervision in Anspruch genommen werden können. Fortbildungen müssen angeboten werden, an denen

die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilnehmen können. Ich weiß, in dem Bereich hat sich schon einiges getan, aber meiner Ansicht nach sind die Arbeitsbedingungen vielleicht sogar wichtiger als die monetäre Anerkennung. Zumindest sind sie gleich wichtig. Denn ich denke auch, dass diejenigen, die diesen Job machen, so sehr intrinsisch motiviert sind, das zu tun, dass sie es wahrscheinlich nicht wegen des Geldes machen, sondern weil sie den Kindern helfen wollen und der Kinderschutz bei ihnen an erster Stelle steht.

Ich meine aber, dass wir auch darüber reden müssen – deswegen ist es gut, dass der Antrag überwiesen wird –, ob es noch andere Bereiche in der Polizei gibt, in denen Zulagen gewährt werden sollten. Ich finde es immer schwierig, nur ein Feld herauszugreifen, sondern wir müssen die gesamte Polizeiarbeit betrachten und auch schauen, wie es auf den anderen Felder aussieht.

In dem Zusammenhang möchte ich den Bereich der Todesermittlungen aufmachen. Ich will keine Hierarchisierung von Arbeitsfeldern vornehmen und sagen, das eine sei schlimmer als das andere. Das steht mir überhaupt nicht zu. Ich will nur darauf hinweisen, dass wir den Blick im Sinne der Gerechtigkeit ein bisschen weiten und uns das Zulagenwesen insgesamt noch einmal anschauen müssen. Auch das ist kein Widerspruch zu dem Antrag, den wir, wie gesagt, unterstützen.

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

Ich will nur dafür werben, sich das Feld ein bisschen breiter anzugucken. Alles andere wäre aus meiner Sicht nicht angemessen. Insofern unterstützen wir den Antrag, für den ich mich auch bedanken möchte. Lassen Sie uns die weitere Diskussion dazu gerne im Ausschuss führen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schäffer. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der AfD Herr Abgeordneter Wagner das Wort. Bitte sehr.

Erst dagegen, nun dafür. CDU und FDP übernehmen unsere Forderung für die Polizei, und das ist ausdrücklich gut so. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor etwa einem halben Jahr habe ich hier für die AfD-Fraktion gefordert, den mit Kinderpornographie und sexuellem Missbrauch befassten Ermittlern eine besondere finanzielle Zulage zu zahlen, eine Zulage, die – zumindest symbolisch – die schwer erträgliche Arbeit unserer Polizisten in diesem Bereich honoriert.

Ich stand damals selbst noch unter dem Eindruck einer Vorführung von kinderpornographischem Material, welches der Minister in guter Absicht für die

Mitglieder des Innenausschusses im Landeskriminalamt organisiert hatte. Das Material enthielt Szenen gequälter Babys und vergewaltigter Kleinstkinder. Ich muss Ihnen sagen, dass ich in der Regel recht starke Nerven habe, aber das war irgendwann im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr zum Ansehen. Dabei wusste ich, ich mache das gerade freiwillig. Ich kann jederzeit wegsehen. Ich kann den Raum verlassen, und ich muss nie wiederkommen.

Aber anders als wir Politiker sind die Beamten dort jeden Tag damit beschäftigt, sich die Widerwärtigkeiten und Grausamkeiten des menschlichen Abgrundes ansehen zu müssen, sie durchforsten zu müssen, um Tatumstände aufzudecken, um Opfer zu identifizieren und Täter schlussendlich dingfest zu machen.

Deshalb möchte ich diesen Beamten danken, und zwar von ganzem Herzen. Sie opfern sich und oft auch ihre eigene seelische Gesundheit auf, um den Schwächsten in unserer Gesellschaft zu helfen und den Bösesten unter uns das Handwerk zu legen. Sie haben unser aller Dank verdient,

(Beifall von der AfD)

aber eben nicht nur in Form warmer Worte in Sonntagsreden, sondern ganz konkret durch eine vernünftige Bezahlung. Das ist eine Sache, die jedem sofort klar sein müsste.

Aber als ich das im Dezember für den laufenden Haushalt forderte, lehnten CDU, FDP, Grüne und SPD das ab. Sie lehnten es im Unterausschuss Personal ab, sie lehnten es im Hauptausschuss ab, sie lehnten es im Innenausschuss ab, und sie lehnten es auch hier im Plenum ab. Ich muss Ihnen gestehen: Ich habe damals sachlich wie menschlich nicht verstanden, warum Sie die Ermittler da so haben hängen lassen.

Aber immerhin haben Sie unsere Forderung heute selbst eingebracht, und das freut mich. Es freut mich auch, weil Sie unsere Forderung übernommen haben, aber ehrlich gesagt viel mehr deswegen, weil die Beamten nun endlich wenigstens auch eine finanzielle Anerkennung bekommen.

Meine Damen und Herren, nachdem wir zumindest diese Leerstelle heute bzw. spätestens im Innenausschuss mit unserem gemeinsamen Votum füllen, dürfen wir aber nicht stehen bleiben; denn es gibt natürlich weitere Gruppen von besonders belasteten Polizisten, die wir von der AfD auch schon im Dezember finanziell bedenken wollten.

Auch da haben Sie es leider abgelehnt, unseren Polizisten zu bezahlen, was ihnen gebührt. Ich hoffe sehr, dass Sie sich dieses Mal bewegen. Lassen Sie uns also im Anschluss gemeinsam identifizieren, wen – zum Beispiel die Bereitschaftspolizisten oder die von Wechseldiensten Betroffenen – wir noch endlich anständiger bezahlen wollen.

Hinzu kommt, dass bereits Gespräche zwischen der Landesregierung und den Arbeitsnehmervertretern zur Dienstrechtsmodernisierung begonnen haben, und da wird das Zulagenwesen garantiert und hoffentlich Thema sein; denn es gibt ja viele weitere besonders belastende Tätigkeitsbereiche sowohl bei der Polizei als auch in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes.