Sie brauchen auch keine Buchhaltungstricks und keine juristische Technik. Unsere Kommunen brauchen Geld – echtes, frisches und frei verfügbares Geld.
Sie benötigen Geld für ihre Liquidität. Sie benötigen Geld, damit im Sommer die Freibäder, die Museen und die Büchereien wieder öffnen können. Sie benötigen Geld, damit das öffentliche und das soziale Leben erhalten bleibt. So einfach ist das eigentlich.
Unsere Kommunen benötigen auch Geld für Investitionen. Wir sollten deshalb nicht über weitere Kredite, sondern bereits heute über ein Konjunkturprogramm für die Zeit nach der Krise, das das Land auflegen sollte, nachdenken: ein Konjunkturprogramm für Investitionen in Schulen – beispielsweise „Gute Schule 2025“ –, ein Programm für die Infrastruktur – in Brücken, in Straßen – und ein Programm für Investitionen in die digitale Infrastruktur.
Aber was ist bisher Ihre Antwort, Herr Finanzminister? – Auf den großen Berg an alten Schulden sollen die Kommunen noch eine gute Schippe neuer Schulden packen. Währenddessen gönnen Sie sich selbst einen guten Schluck aus dem Rettungstopf, um die eigenen Steuerausfälle auszugleichen. Unseren Städten, Gemeinden und den 31 Kreisen verwehren Sie das, obwohl unsere Städte und Gemeinden unter den Rettungsschirm des Landes gehören, damit die Steuerausfälle vor Ort ausgeglichen werden können.
Es galt hier im Land einmal das Motto „Stadt und Land Hand in Hand“. Das waren seinerzeit gute Zeiten. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Dahm. – Als nächster Redner hat für die FDP-Fraktion Herr Abgeordneter Witzel das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Bekämpfung der Coronapandemie hat der Landtag Nordrhein-Westfalen bereits das in der Landesgeschichte historisch größte Rettungspaket von beachtlichen 25 Milliarden Euro verabschiedet und ist darüber hinaus gegenüber der NRW.BANK Haftungsfreistellungen für Kreditprogramme der gewerblichen Wirtschaft in Höhe von 5 Milliarden Euro eingegangen.
Von den Hilfsmaßnahmen für die gewerbliche Wirtschaft waren Kommunen, kommunale Unternehmen und Anbieter im Bereich der kritischen Infrastruktur vor Ort bislang ausgenommen. Die Landesregierung schlägt dem Parlament daher vor, neben den bereits bestehenden Verpflichtungen von 30 Milliarden Euro weitere Haftungsgarantien in Höhe von 10 Milliarden Euro mit einem zweiten Rettungsschirm einzugehen. Nur mit dieser zusätzlichen Absicherung der Förderbank durch das Land kann die NRW.BANK ihre Programme kreditwirtschaftlicher Unterstützung in der von ihr angedachten Form vor Ort ausrollen.
Kommunen haben derzeit dasselbe Problem wie Land und Bund, zum einen höhere Aufwendungen zur Pandemiebekämpfung tätigen zu müssen, zum anderen aber zugleich Einbrüche bei ihren Steuereinnahmen zu verzeichnen. Ausfälle gibt es insbesondere im Bereich der Gewerbesteuer. Deshalb engagieren sich Kommunen so, wie sich auch das Land engagiert, nämlich mit großzügigen Stundungsregelungen. Das verschärft die aktuelle Lage vor Ort im Bereich der Steuern mit Kommunalertrag natürlich.
Das Schultern der Pandemiefolgen ist eine grundsätzliche Aufgabe aller Gebietskörperschaften, die anteilig ihren Beitrag dazu leisten müssen. Das ist jedenfalls die Auffassung der FDP-Landtagsfraktion.
Zur Wahrheit gehört auch, dass die im bundesweiten Vergleich ohnehin finanziell schwach aufgestellten nordrhein-westfälischen Kommunen in großer Anzahl finanzielle Probleme mit der aktuellen Lage haben.
Für die Finanzprobleme vieler nordrhein-westfälischer Kommunen gibt es bekannte Gründe. Sie sind über viele Jahre – um nicht zu sagen: Jahrzehnte – entstanden. Neben den wachsenden Sozialaufwendungen, bei denen sich der Bund in der Tat zukünftig stärker engagieren sollte – das erwarten auch wir –, sind etliche Probleme vor allem in einigen Großstädten aber auch hausgemacht.
Es gab über viele Jahre Spekulationen mit windigen Franken-Krediten, massive Aktienkursverluste bei großen Kapitalanlagen wie RWE, Wildwuchs an öffentlichen Unternehmen und Beteiligungsgesellschaften, die in vielen Städten zu Dutzenden existieren, sowie ein Ausgabegebaren weit über die eigene finanzielle Leistungsfähigkeit hinaus.
Das gehört zu einer vollständigen Betrachtung dazu. Sie hilft an dieser Stelle allerdings nicht weiter; denn in Zeiten einer gigantischen internationalen Krise und von Störungen des wirtschaftlichen Gleichgewichts sind die Hilfen des Landes für den Kommunalbereich im Ergebnis sicherlich unvermeidbar.
Wir gehen davon aus, dass noch in dieser Legislaturperiode zusätzliche Verbesserungen bei Finanzzuweisungen zur kommunalen Aufgabenerledigung erfolgen werden müssen. Da die tatsächlichen Aufwendungen und Mindereinnahmen bislang aber noch nicht konkret beziffert werden können, ist es methodisch der richtige Weg, zunächst die kommunale Liquiditätslage in den Blick zu nehmen und zu einem späteren Zeitpunkt über weitere Maßnahmen sachgerecht zu entscheiden – nämlich dann, wenn es eine vernünftige Faktenbasis gibt, die als Entscheidungsgrundlage dient.
Die jetzt von der Landesregierung beim Landtag zusätzlich beantragte Absicherung für Haftungsfreistellungen hilft kommunalen Unternehmen ebenso wie der Sozialwirtschaft, unabhängig von ihrer Rechtsform. Auf diesem Wege können beispielsweise Anbieter von Kita-Leistungen ebenso stabilisiert werden wie Krankenhäuser oder Pflegedienste. Bei der logistischen Infrastruktur partizipieren vor allem Häfen, Flughäfen und Verkehrsgesellschaften – natürlich nur, sofern vor Ort vorhanden.
Nach dem Vorschlag der Landesregierung werden die 10 Milliarden Euro Haftungsmasse hälftig zu je 5 Milliarden Euro einerseits unmittelbar auf die Kommunen und andererseits auf Betriebe der öffentlichen und sozialen Infrastruktur aufgeteilt.
Das Gesamtvolumen von 10 Milliarden Euro sollte dabei aus unserer Sicht zum weit überwiegenden Teil nicht kassenwirksam werden, da im Idealfall der Haftungsfall des Landes gar nicht oder nur in kleinen Teilen eintritt. Die Erfahrungen im Rahmen der Finanzmarktkrise zeigen, dass der weit überwiegende Teil von Haftungszusagen im wirtschaftlichen Ergebnis keine faktische Ausgabe, sondern nur eine temporäre Absicherung darstellt. Das ist unsere Hoffnung und unsere Erwartung an diese zusätzliche Verpflichtung für den Landeshaushalt, die leider die implizite Verschuldung des Landes weiter erhöht, aber nicht zu einer nicht vertretbaren tatsächlichen Verschuldung führen sollte.
Deshalb werben wir methodisch ausdrücklich dafür, sich jetzt ganz zielgerichtet und zeitnah Gedanken darüber zu machen, wie wir in Bezug auf eine Öffnungsstrategie schnell vorankommen. Je früher wir nämlich die Wirtschaft wieder in Gang bringen, umso weniger hoch werden die Notwendigkeiten sein, von staatlicher Seite all das an Ausfällen in der nächsten Zeit, vielleicht über Jahre hinweg, kompensieren zu müssen.
Wir müssen vernünftig unter der Auflage des Infektionsschutzes bei einer vertretbaren, risikoorientierten Öffnungsstrategie vorankommen, und zwar mit einem maßvollen Stufenplan, der uns aber hilft, Probleme nicht weiter fortzusetzen, sondern uns Schritt für Schritt in eine neue Situation hineinzuarbeiten.
In diesem Sinne werden wir als FDP-Landtagsfraktion uns weiter engagieren und bei dem angekündigten Beratungsverfahren zu diesem Nachtragshaushalt auch im Haushalts- und Finanzausschuss sachlich in die Debatte mit den Experten einbringen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Abgeordneter Mostofizadeh das Wort.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Opposition hat bei der Beratung des ersten Nachtragshaushalts geschlossen nicht nur Zustimmung signalisiert, sondern diesem Nachtragshaushalt auch zugestimmt – in der Erwartung, dass den Menschen in diesem Land mit Steuermitteln ganz konkret geholfen wird.
Es ist ein 25-Milliarden-Euro-Paket aufgelegt worden. Jetzt werden im Haushaltsausschuss auch immer wieder Freigaben gemacht – wobei ich immer dann, wenn ich von den Kollegen gefragt werde, ob wir zustimmen sollen, sagen muss: Herr Finanzminister, ein bisschen mehr Informationen dazu, worum es da im Einzelnen geht, würde zumindest ich mir wünschen. – Denn darin steht nur insgesamt „soundso viele Millionen gehen für Schutzkleidung raus“ oder „das geht an die Kitas“, und man weiß nicht, nach welchen Schlüsseln das passiert. Da könnte man eventuell noch einmal nacharbeiten.
Ich stelle aber das Konstruktive vorweg. Sie packen die richtigen Themen an; das ist überhaupt keine Frage. Auch ich finde, dass die Themen „Infrastruktur“, „soziale Betriebe“ und „Kommunen“ jetzt anstehen.
In Bezug auf die wirtschaftlichen Schutzschirme, die wir jetzt mehrfach – auch mit Blick auf die anderen Bundesländer – diskutiert haben, erreichen mich quasi täglich – ich weiß nicht, wie es Ihnen geht – Dutzende von Zuschriften, in denen gefragt wird, was denn eine Haftungsfreistellung von 90 % nutzt, wenn die Hausbank ohnehin wieder eine 100-%-Prüfung durchführt, weil die Basel-Kriterien so sind, wie sie sind. Daher kann ich nur sagen: Dann brauchen wir eine 100%ige Freistellung; denn sonst können wir uns die 90 % auch sparen, weil 0 % beim Beschäftigten ankommen.
Die entscheidende Bemerkung findet sich unter „D – Kosten“: „Das Haushaltsvolumen bleibt durch den Entwurf des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes unverändert.“
Sosehr ich immer leide, wenn Herr Witzel hier redet und seine ordoliberalen Thesen auf den Tisch legt, bin ich an einem Punkt durchaus bei ihm, nämlich bei der Frage, dass die Wirtschaft wieder florieren muss, damit die Kosten möglichst niedrig sind. Da sind wir uns, glaube ich, alle relativ einig.
Nicht mehr einig sein werden wir uns bei der Frage, wie die Exitstrategie auszugestalten ist. Da bin ich ganz anderer Auffassung als Herr Witzel. Das will ich allerdings gar nicht vertiefen.
Aber es geht schon um die Frage: Wird substanziell geholfen oder nicht? Deshalb schlagen wir – das werden wir in den Haushaltsberatungen auch vertiefen müssen – ganz klar vor, an verschiedenen Stellen eine 100-%-Freistellung vorzunehmen. Wir werden auch 100-%-Zuschussprogramme fahren müssen, nämlich für Leute, die sonst komplett durch den Rost fallen. Das wäre auch ein Auftrag, den wir uns jetzt vornehmen sollten; denn es geht darum, nicht nur einen globalen Rettungsschirm bereitzustellen, sondern sehr detailliert im Einzelnen zu diskutieren, wofür es sich lohnt und wofür es sich im Zweifel auch nicht lohnt.
Ich bin auch ganz klar bei dem, was Sozialminister Laumann gesagt hat und für das Sie als Finanzminister natürlich auch stehen müssen: Am Ende muss man schauen, wer das bezahlt.
Damit komme ich zum entscheidenden Faktor. Wenn Sie Liquiditätsfreistellungen für die Kommunen vorschlagen, ist das als Erstmaßnahme für den ersten Nachtragshaushalt eine nachvollziehbare Grundaussage. Jetzt wissen wir aber, dass mindestens 5 bis 10 Milliarden Euro Steuerausfälle auf die Kommunen zukommen. Es sind nicht so sehr die Mehrkosten, die schon schlimm genug sind. Ich will das nicht kleinreden. Wenn eine mittlere Großstadt zweistellige Millionenbeträge betreffen, ist das schlimm genug. Aber wenn dann noch einmal 200 bis 300 Millionen Euro an Steuerausfällen dazukommen, die strukturell in ihrem Haushalt haften bleiben, muss man sich doch fragen: Wie geht das denn weiter?
Wenn auch noch eine Altschuldenlast – das werden wir morgen ja diskutieren – von 23 Milliarden Euro vorhanden ist, die nicht gelöst ist, und dieses Jahr zumindest nach vorsichtigen Berechnungen 8 Milliarden Euro an Ausfällen dazukommen, dann muss man auch sagen, wer das bezahlt.
Herr Kollege Witzel, wenn die Antwort des Landes ist: „Wir geben nichts“, dann ist das eine Aussage, die die Kommunen, und zwar auch die großen und leistungsfähigen, auf Jahre in die Knie zwingen wird.
Das können wir uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht leisten. Wir brauchen wirklich frisches, echtes Geld für die Kommunen.
Aber wir sind bei der ersten Lesung dieses Nachtragshaushalts. Deswegen möchte ich an dieser Stelle ganz klar die Hand reichen. Denn es ist eine Sondersituation. Wir müssen diese Pandemie in den Griff bekommen. Keiner hat sich ausgesucht, das zu machen. Es wäre vermessen und unverschämt, das der Regierung vorwerfen zu wollen. Das tun wir ausdrücklich nicht.
Aber wir sollten die Frage beantworten, wer für die Lasten der Kommunen am Ende des Tages einsteht, und zwar jetzt im Rahmen der Beratung des zweiten Nachtrags – nicht irgendwann, sondern jetzt. Deshalb werden wir in den Beratungen – das kündige ich schon an – sehr klar adressieren, dass wir echtes Geld für die Kommunen wollen, echtes Geld für die Zuschüsse. Denn Liquiditätszuschüsse entlasten die Kommunen nur ganz wenig. Das ist nicht deren Hauptproblem. Wir brauchen eine Lösung für die kommunale Zukunft. Diese sieht etwas anders aus, als sie hier vorgelegt worden ist. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Mostofizadeh. – Für die AfD-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Strotebeck das Wort.
NRW.BANK, hervorgegangen aus der ehemaligen Westdeutschen Landesbank Girozentrale, ist seit dem Jahre 2002 die Landesbank NRW, die in öffentlichem Auftrag durchgeführte Bereiche der Wirtschafts- und Strukturförderung übernahm.
Mit dem vom Landtag im Jahre 2004 verabschiedeten Umstrukturierungsgesetz erhielt die NRW.BANK offiziell den Status einer Förderbank. Anstaltslast und Gewährträgerhaftung behielten damit dauerhafte Gültigkeit. Die drei Förderfelder sind Wirtschaft, Wohnen und Infrastruktur sowie Kommunen, und zwar über ein Beratungsangebot bis zur Finanzierung.
Die Finanzierungszusagen stiegen kontinuierlich auf zwischenzeitlich über 10 Milliarden jährlich. Das Engagement für Gründer wurde Jahr für Jahr erfolgreich ausgebaut und erreichte zuletzt Finanzbeteiligungen von insgesamt rund 400 Millionen Euro. Hier muss aber auch der erfolgreiche Schwerpunkt der Förderung von digitalen Start-ups und im Bereich Biowissenschaften erwähnt werden. Der von dem NRW-Wirtschaftsministerium und der NRW.BANK ausgelobte Gründerpreis ist für die Start-ups ein