Protocol of the Session on March 11, 2020

Wir erleben immer wieder, dass die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen in Sonntagsreden besondere Erwähnung finden. Wenn es aber dann darum geht, die wohlfeilen Absichten in Taten umzusetzen, dann wenden sich manche Ratsmitglieder lieber ihren politischen Steckenpferden zu.

Kinder und Jugendliche werden dann doch nicht so ernst genommen – vor allen Dingen nicht als junge Persönlichkeiten, die in der Schule im Vorgriff auf das, was sie der Gesellschaft später wiedergeben können, Leistung bringen.

Auch aus dieser subtilen Form der zu geringen Wertschätzung und Achtung heraus hat man in der Vergangenheit in vielen Städten und Gemeinden die Schulrenovierungen vernachlässigt, sodass es zu einem Investitionsstau und zu zum Teil unwürdigen Zuständen an einigen Schulen gekommen ist. Das Dreikönigsgymnasium in Köln ist dafür nur das schlimmste Beispiel.

Diese unwürdigen Zustände wirken zurück auf die Kinder und Jugendlichen. Ernsthaftigkeit und Selbstwertgefühl können in einem Gebäude, das man hat herunterkommen lassen, nicht aufkommen. Selbstwert schöpfen Menschen auch aus der Umgebung, die man ihnen bereitstellt. Ratsfrauen und Ratsherren sowie die Verwaltung können den jungen Menschen durch die Mittelaufwendung für Schulgebäude signalisieren, dass deren Arbeit sehr wichtig ist – für sich selbst und für die Gesellschaft.

Hier in Deutschland ist der Schulbesuch für die Schülerinnen und Schüler kostenlos, weil die jungen gebildeten Leute der Gesellschaft als Erwachsene das wiedergeben, was ihnen von der Gesellschaft im Voraus gegeben worden ist.

Wichtig ist natürlich, dass das Land die Verantwortung dafür hat, die Kommunen in diese Richtung zu unterstützen. Diese Verantwortung nehmen wir nicht immer wahr. Dazu werde ich im zweiten Teil etwas sagen. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Seifen. – Als nächste Rednerin hat nun für die Landesregierung Frau Ministerin Gebauer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich eine kurze Vorbemerkung zur Debatte machen.

Wer von „intellektuellem Tiefflug“ spricht, wenn eine Kollegin hier aus dem Bericht der NRW.BANK zitiert, welche Städte wann in welcher Höhe Geld abgerufen haben, selber aber mit Köln und damit, wer an der Regierung ist, argumentiert, der misst mit zweierlei Maß, und das sollte man im Rahmen dieser Debatte schlicht und ergreifend nicht tun.

(Beifall von der CDU, der FDP und der AfD)

Es ist unbestritten: Ja, es gibt einen Investitions- und Sanierungsstau an den Schulen hier bei uns in Nordrhein-Westfalen – aber nicht überall, und er ist nicht über Nacht und auch nicht erst seit Regierungsübernahme im Jahr 2017 entstanden. Diese Information hat uns unter anderem der WDR am vergangenen Sonntag in einer eigens angelegten Umfrage unter den Schulen dieses Landes bildlich aufgezeigt.

Im Übrigen darf ich sagen, dass es nicht das erste Mal ist, dass der WDR zu den Missständen an den Schulen berichtet und im Vorfeld eine Umfrage gestartet hat. Auch im Frühjahr 2016 gab es eine Umfrage. Auf diese damalige Umfrage hat meine Vorgängerin getwittert – vielleicht als Information für Sie, Herr Mostofizadeh –: „Also hier sind nun wirklich die Schulträger, sprich Kommunen, gefordert!“

Meine Damen und Herren, es ist richtig: Als Landesregierung sind wir angetreten, die beste Bildung für unsere Schülerinnen und Schüler zu schaffen. Das war richtig, das ist richtig, und das bleibt auch weiter richtig.

Diesen Anspruch – und das sage ich sehr deutlich – sollte aber nicht nur die Landesregierung haben. Diesen Anspruch sollten wir alle gemeinsam für unsere Schülerinnen und Schüler haben, auch im Sinne eines friedlichen Zusammenlebens, eines Zusammenhalts unserer Gesellschaft.

Zu bester Bildung gehören für uns auch gute schulische Rahmenbedingungen. Lern- und lehrwürdige Umgebungen, lern- und lehrwürdige Schulgebäude gehören zwingend dazu.

Beste Bildungspolitik – jetzt mache ich mal einen Schlenker – setzt nicht nur eine auskömmliche Finanzierung durch die Kommune und durch das Land, sondern auch durch den Bund voraus. Beste Bildung setzt den festen Willen einer Priorisierung vor Ort und eine starke Umsetzungskraft voraus. Und an beidem scheitert es in einigen Kommunen unseres Landes. Auf beides hat diese Landesregierung keinen Einfluss.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Einfluss hat sie auf die Finanzierung; das ist richtig. Hier haben wir gehandelt, meine Damen und Herren.

Ich habe letztmals im Jahre 2016 kritisiert, dass die Bildungspauschale unter Rot-Grün sieben Jahre lang nicht angehoben wurde, und das, obwohl die Zustände schon zum damaligen Zeitpunkt vorherrschten und allseits bekannt waren.

Diese Landesregierung hingegen hat die Schul- und Bildungspauschale gleich zu Beginn erhöht. Sie ist mittlerweile auf rund 683 Millionen Euro angehoben worden. Gestartet sind wir im Jahre 2017 bei 600 Millionen Euro.

(Michael Hübner [SPD]: Sie haben es von den Kommunen finanzieren lassen!)

Mit diesem Geld werden die

(Christian Dahm [SPD]: Woher kommt denn das Geld?)

kommunalen Schulträger unterstützt.

(Franziska Müller-Rech [FDP]: Von den Steu- erzahlern!)

Aber sie werden nicht nur unterstützt, sondern sie werden auch aufgefordert …

(Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Von den Steuerzahlern? Das ist Ihr Niveau! – Gegenruf von Franziska Müller-Rech [FDP]: Aber die Frage des Kollegen ist toll, ne? – Weitere Zu- rufe – Unruhe)

Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Mit diesem Geld werden die kommunalen Schulträger unterstützt. Sie werden aber auch aufgefordert, ihre Schulgebäude in einen Zustand zu versetzen, der das angemessene Unterrichten ermöglicht und Schülerinnen und Schülern, aber auch unseren Lehrkräften eine gute Aufenthaltsqualität bietet. Ich sage in diesem Zusammenhang immer wieder, dass nicht die Sparkassen die modernsten Gebäude vor Ort sein dürfen. Vielmehr müssen das unsere Schulen sein, und dafür tragen wir alle gemeinsam die Verantwortung.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Allerdings – auch das gehört dazu – werden die Mittel von den Kommunen in eigener Verantwortung und Prioritätensetzung bewirtschaftet,

(Christian Dahm [SPD]: Das ist auch gut so!)

und das findet in unterschiedlicher Geschwindigkeit und mit unterschiedlicher Forcierung statt. Wir befinden uns permanent mit den Städten, mit den Gemeinden, mit den Kreisen, mit Schulleiterinnen und Schulleitern, aber auch mit den kommunalen Spitzenverbänden in einem regen Austausch.

Ich darf Ihnen sagen, dass ich als Schul- und Bildungsministerin großes Interesse daran habe, dass das Geld, das über das Land, aber auch über den Bund den Kommunen zur Verfügung gestellt wird, schnellstmöglich abgerufen wird. Denn all diejenigen, die sich mit dem Thema „Sanierung“ – ob das jetzt das Eigenheim oder Schulbauten betrifft – beschäftigen, wissen, dass Gebäude, die nicht rechtzeitig saniert werden, verfallen und marode werden, dass die Sanierungskosten steigen. Deswegen appelliere ich immer wieder an die Kommunen, das Geld, das ihnen durch wen auch immer zur Verfügung gestellt wird, zeitnah und zügig abzurufen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin Gebauer. – Als nächster Redner hat nun für die Fraktion der SPD Herr Abgeordneter Dahm das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, das waren ja sehr moderate Worte von Ihnen. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern: Als das Programm 2016 eingeführt wurde, gab es andere Töne von Ihnen. Daher ist es wohltuend, zu hören, wie Sie es hier heute darstellen. Aber zum Programm an sich und zur Fortsetzung habe ich von Ihnen nichts gehört. Das will ich an dieser Stelle auch ganz deutlich sagen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das Thema der Investitionen in unsere Schulinfrastruktur und unsere Schulen ist auch im Jahr 2020 aktueller denn je. In dem Zusammenhang, Frau Müller-Rech, möchte ich Ihnen eines ganz deutlich sagen: Ihr Auftritt war für die Schulträgerinnen und Schulträger, die vor Ort Verantwortung zeigen, beschämend.

(Zuruf von Franziska Müller-Rech [FDP])

Ihre Arroganz ersetzt noch keine Kompetenz in diesem Haus.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

„Gute Schule 2020“ ist ein Erfolgsprogramm. Das Programm ist 2016 von Hannelore Kraft, Sylvia Löhrmann und der seinerzeitigen Regierung aufgelegt worden und wird die Kommunen bis zum Ende dieses Jahres 2 Milliarden Euro in die kommunale Infrastruktur investieren lassen:

2 Milliarden Euro, mit denen die Kommunen den Sanierungsstau an ihren Schulen in Angriff nehmen können; 2 Milliarden Euro, mit denen die Kommunen undichte Dächer, runtergekommene Sanitäreinrichtungen und kaputte Sportanlagen auf Vordermann bringen können; 2 Milliarden Euro, die für neue Schulgebäude und neue Lernausstattungen genutzt werden können; 2 Milliarden Euro, mit denen die Kommunen Dinge erledigen konnten, für die sie sonst und selbst kein Geld hatten.

Da stellt sich schon die Frage, warum die Kommunen, in deren Zuständigkeit die Unterhaltung der Schulinfrastruktur liegt, all diese Maßnahmen ohne das Programm nicht selbst stemmen konnten. Unsere Kommunen sind – bis auf einige wenige Ausnahmen – finanziell nicht auf Rosen gebettet; darüber haben wir hier in diesem Haus schon mehrfach gesprochen.

Die Tatsache, dass unsere 396 Kommunen fast zwei Drittel der Kassenkredite aller 11.000 Kommunen in Deutschland angehäuft haben, ist ein untrügliches Indiz dafür, dass sie sich in einem strukturellen Dilemma zwischen hohen Sozialausgaben und geringen Steuereinnahmen befinden. Deshalb brauchen unsere Kommunen die Unterstützung von Land und Bund.

(Beifall von der SPD)

Sie brauchen die Unterstützung, um für die Menschen vernünftige Schulen in einer vernünftigen Schulinfrastruktur vorhalten zu können. Bis Ende des Jahres werden die 2 Milliarden Euro voraussichtlich vollständig abgerufen und investiert worden sein.

Übrigens loben alle Beteiligten, Frau Müller-Rech, dass das Programm so unbürokratisch abläuft.

(Zuruf von Franziska Müller-Rech [FDP])