Protocol of the Session on March 11, 2020

Da gibt es eine ganze Reihe von Herausforderungen. Aber zum einen richten sich die nicht rein an den Staat, denn der Arbeitgeber ist durchaus in der Lage und gesetzlich auch erst einmal dazu angehalten, im Krankheitsfall von Kindern seiner Verpflichtung zur Freistellung nachzukommen. In diesem Fall wird der Lohn auch in voller Höhe fortgezahlt. Jeder Arbeitgeber kann das im Übrigen für sich so weit auslegen, wie er das für richtig hält.

Ich finde es zudem auch fatal – eigentlich wäre es abgesehen davon, dass sich Ihr gesamter Antrag auf der Bundesebene abspielt, richtig gewesen, einmal in die rechtlichen Grundlagen hineinzuschauen –, dass es gesetzlich möglich ist, diese soziale Verantwortung in Arbeitsverträgen auszuschließen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Eigentlich ist das doch skandalös. Da müsste man ansetzen und die Arbeitgeber mehr in die Pflicht nehmen, für Familien und damit für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu sorgen. So tief sind Sie aber offensichtlich nicht in die Thematik eingestiegen.

(Gabriele Walger-Demolsky [AfD]: Sie hören nicht zu! – Zuruf von Iris Dworeck-Danielowski [AfD])

Wie ich schon erläutert habe, haben Sie in Ihren Forderungspunkten erstens die einzelnen Maßnahmen völlig durcheinandergeworfen. Zweitens geht es bei dem Thema in erster Linie um bundesgesetzliche Regelungen, über die wir hier gar nicht bestimmen können.

Es sind immer wohlfeile Anträge, in denen geschrieben steht, die Landesregierung möge über den Bundesrat auffordern. Das kann man an verschiedenen Stellen machen, und es ist auch unser parlamentarisches Recht. Wenn dies allerdings der gesamte Inhalt des Antrages ist, dann machen Sie sich aus meiner Sicht einen sehr schlanken Fuß und zeigt das eindeutig, dass es Ihnen nicht um die Sache ging, sondern Sie versuchen wollten, irgendwie darzustellen, dass Sie vielleicht doch im 21. Jahrhundert angekommen sind.

Worüber wir meines Erachtens in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und darauf, was man in besonders herausfordernden Situationen macht, um Familien zu unterstützen, reden sollten, ist – Marcel Hafke hat es angesprochen –, welche strukturellen staatlichen Maßnahmen wir ergreifen können und wie auch Arbeitgeber Familien weiter unterstützen können. Da geht es um Homeofficeregelungen und darum, weitere Freistellungsregelungen aufzugreifen.

Ich bin außerdem der Meinung, dass wir einmal ernsthaft darüber diskutieren müssen, dass sich nicht die Familien der Arbeitswelt anpassen müssen, sondern es umgekehrt sein und die Arbeitswelt ihre soziale Verantwortung noch ernster nehmen muss.

Wir leben in einer modernen Realität. Meine Hoffnung, dass das in der Arbeitswelt ankommt, ist ehrlich gesagt größer als die, dass wir davon ausgehen können, dass sich Ihr Welt- und Familienbild tatsächlich in der Moderne des 21. Jahrhunderts eingefunden hat. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Paul. – Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Laumann das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja für jeden

vernünftigen Menschen und damit auch für die Landesregierung völlig klar, dass die Familie das Fundament des Zusammenlebens unserer Gesellschaft bildet. Deswegen unterstützen wir natürlich Eltern bei der Herausforderung, ihren erzieherischen Aufgaben nachzukommen und gleichzeitig ihre beruflichen Ziele zu verfolgen. Die Situation von allein und getrennt erziehenden Müttern und Vätern findet in diesem Zusammenhang natürlich eine besondere Beachtung.

Wie ist die Rechtslage? – Zurzeit haben die Menschen gemäß BGB einen Anspruch darauf, einige Tage zu Hause zu bleiben, wenn ein Kind erkrankt ist. Die Rechtsprechung hat diesbezüglich entschieden, dass die Angemessenheit dieser Frist umso länger ist, je länger jemand beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt ist.

Außerdem haben wir im SGB V den Anspruch geschaffen, dass die Mutter und der Vater im Falle der Erkrankung eines Kindes unter 12 Jahren je 10 Tage zu Hause bleiben können. Alleinerziehende dürfen 20 Tage bei Erkrankung des Kindes zu Hause bleiben. Das ist unsere jetzige rechtliche Grundlage.

Wie die AfD zu sagen, man wolle eine Lohnfortzahlung von sechs Wochen einführen, wie sie einem Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber zusteht, lehnen wir in der Landesregierung schlicht und ergreifend ab, weil wir den Arbeitgebern eine solche Belastung nicht einfach aufs Auge drücken können. Es wäre allenfalls eine Leistung, die eher in den Familienlastenausgleich zu fallen hätte als dass man sie den Arbeitgebern bei den Lohnnebenkosten reindrückt.

Meines Erachtens haben wir eine gute Entwicklung in unserer Arbeitswelt – auch aufgrund des Fachkräftemangels. In vielen Bereichen ist der Arbeitgebermarkt zu einem Arbeitnehmermarkt geworden, sodass sich viele Arbeitgeber sehr viel einfallen lassen, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für die betroffenen jungen Eltern wesentlich besser hinzubekommen, als es vor Jahren der Fall war.

Auch in der öffentlichen Verwaltung setzen wir heute – natürlich auch, weil die technischen Möglichkeiten es uns erlauben – wesentlich mehr auf Tage der Heimarbeit. Das kann man natürlich im Falle einer langen Erkrankung eines Kindes auch ausdehnen.

Wir setzen außerdem sehr darauf, dass auch durch flexible Arbeitszeitkonten Möglichkeiten für die betroffenen Familien geschaffen werden.

Deswegen ist es nicht richtig, diesem Antrag zuzustimmen. Die Landesregierung lehnt den Inhalt dieses Antrags ab. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Laumann. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit sind wir am Ende der Aussprache zu Tagesordnungspunkt 11. Es gibt keine weiteren Wortmeldungen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache17/8771 an den Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend in der Federführung sowie an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales in der Mitberatung. Die abschließende Beratung und Abstimmung sollen dann im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen.

Möchte jemand gegen die Überweisung stimmen? – Sich enthalten? – Beides war nicht der Fall. Dann haben wir so überwiesen.

Ich rufe auf:

12 Gesetz zur Änderung des E-Government-Ge

setzes Nordrhein-Westfalen und zur Änderung weiterer Vorschriften

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 17/8795

erste Lesung

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich für die Landesregierung Herrn Finanzminister Lienenkämper das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Digitalisierung ist eines der zentralen Themen unserer Zeit. Deshalb hat sich die Landesregierung zum Ziel gesetzt, die Digitalisierung zu beschleunigen und den Zugang der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen zur Verwaltung zu erleichtern.

Die Landesregierung hat den von Herrn Minister Pinkwart und seinem Ministerium vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des E-Government-Gesetzes Nordrhein-Westfalen und weiterer Vorschriften in den Landtag eingebracht.

Der Entwurf berücksichtigt auch die hilfreichen Hinweise der Verbände sowie der Bürgerinnen und Bürger, die an der Verbändeanhörung teilgenommen und sich im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung beteiligt haben.

Wir alle wissen, dass die Digitalisierung dynamisch voranschreitet. Die Gesellschaft und die Wirtschaft werden schneller, offener und effizienter. Mit diesem Fortschritt muss die Verwaltung Schritt halten. Unser Anspruch ist deshalb, die Verwaltung in ein neues Zeitalter zu führen und sie fit für die Zukunft zu machen.

Dafür schafft diese Novelle die rechtliche Grundlage. Die Landesregierung unterstreicht mit ihrem Gesetzentwurf das in ihrer Digitalstrategie formulierte Ziel, Vorreiter zu sein.

Wir haben zudem die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes im Blick. Mit den Regelungen zum Serviceportal NRW wollen wir es Bürgerinnen und Bürgern wie auch Unternehmen ermöglichen, zahlreiche Dienstleistungen der Verwaltung zukünftig über eine zentrale Plattform digital zu nutzen.

Des Weiteren soll die Verwaltung einfacher, schneller, einheitlicher, transparenter und kundenfreundlicher werden. Die Bürgerinnen und Bürger sollen Verwaltungsleistungen bequem von zu Hause aus in Anspruch nehmen können, wie sie es auch von anderen Onlinegeschäften kennen.

Deshalb erweitert der Gesetzentwurf den Anwendungsbereich und reduziert die bisher vorgesehenen Ausnahmen. Insbesondere die Verwaltungstätigkeit in Schulen und Hochschulen soll zukünftig den Vorgaben des E-Government-Gesetzes NordrheinWestfalen unterliegen. Insgesamt werden rund 50.000 Arbeitsplätze in der Verwaltung zusätzlich in die Digitalisierung eingebunden.

Der Gesetzentwurf sieht vor allem vor, die Digitalisierung der Landesverwaltung schon bis 2025 statt, wie bisher vorgesehen, bis 2031 abzuschließen. Damit erhöhen wir das Tempo noch einmal erheblich und unterstreichen die Vorreiterrolle Nordrhein-Westfalens bei der Digitalisierung nachdrücklich.

Neu ins Gesetz soll eine Regelung zu Open Data aufgenommen werden. Daten sind ein wertvolles Gut des 21. Jahrhunderts und können innovative Impulse für Wirtschaft, Wissenschaft und die Zivilgesellschaft geben. Die Behörden des Landes müssen deshalb zukünftig Daten, die ihnen digital vorliegen, unentgeltlich und ohne große Hürden für die Öffentlichkeit bereitstellen, die diese Daten dann auch nutzen kann.

Schriftformerfordernisse und Regeln zum persönlichen Erscheinen sollen schrittweise abgebaut werden, um den Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen möglichst weit entgegenzukommen. Deshalb erhöhen wir die Funktionalitäten des Servicekontos NRW. Wer dort seine Identitätsdaten einmal hinterlegt, kann alle digitalen Verwaltungsleistungen nutzen, ohne jedes Mal erneut vor Ort in der Behörde seine Identität nachweisen zu müssen.

Diese Möglichkeit besteht nun auch gegenüber privat organisierten Unternehmen, die verwaltungsnahe Leistungen aus dem Bereich der Daseinsvorsorge anbieten, zum Beispiel die Stadtwerke als Stromanbieter.

Die elektronische Kommunikation der Behörden untereinander führt zu einer größeren Vernetzung und

zu einem schnelleren und unkomplizierteren Austausch. Datensilos sollen aufgelöst werden, um das Wissen der Behörden effizient miteinander zu verknüpfen.

Auch die Beschäftigten der Behörden werden von der Digitalisierung profitieren. Ein zeitgemäßer Arbeitsplatz ermöglicht die mobile Arbeit von verschiedenen Orten aus. Digitale Akten sind vom Dienstlaptop aus einsehbar, ohne vor Ort in der Behörde sein zu müssen. Der Abbau der Präsenzpflicht ermöglicht eine flexiblere Einteilung der Arbeitszeit und ist zudem familienfreundlich.

Teleheimarbeit entlastet die Pendlerinnen und Pendler, ebenso den ÖPNV und den Straßenverkehr und damit auch die Umwelt.

Auch für den Landeshaushalt – und das sage ich als Minister der Finanzen besonders gerne – bringt die Digitalisierung mittelfristig große Entlastungspotenziale mit sich. Wir formulieren im Gesetzentwurf ehrgeizige Ziele.

Die Beschleunigung, die Ausweitung des Geltungsbereiches sowie die neuen Open-Data-Regelungen führen zu zusätzlichen Aufwänden in den Jahren 2021 bis 2025. Mehrbedarfe in diesem Zusammenhang von rund 600 Millionen Euro sind aufgezeigt, die mit der geplanten Verabschiedung der Novelle aber auch bereitgestellt werden. Es stehen diesen Investitionen geplante Einsparungen durch die Digitalisierung bis zum Jahre 2030 in etwa gleicher Höhe gegenüber.

Die finanziellen Mittel, die für die Jahre 2026 bis 2030 vorgesehen waren, können zudem nun auf die Zeit bis 2025 verteilt und damit wesentlich verkürzt werden. Bereits im Haushaltsjahr 2025 sind die zu erwartenden Einsparungen durch die Digitalisierung der Landesverwaltung dank jährlich wachsender Effizienzgewinne deckungsgleich mit den projektbezogenen finanziellen Gesamtbedarfen zur Umsetzung des E-Government-Gesetzes NRW.

Also Strich drunter: Die beschleunigende Entwicklung der Informationstechnik wird den öffentlichen Verwaltungen in Nordrhein-Westfalen, in Deutschland, in der Welt guttun. Gleichwohl stellt sie alle Genannten vor neue und einschneidende Veränderungen, aber genau hier liegt die große Chance, die es bestmöglich zu nutzen gilt.