Protocol of the Session on February 13, 2020

(Beifall von der SPD)

Ihr Credo, dass der Markt alles regele, dass man den Markt nur entfesseln müsse, dass man nur bauen lassen müsse, wenn man die Probleme der Wohnraumversorgung und der Mietpreisentwicklung lösen wolle, ist doch krachend gescheitert.

Das Gegenteil ist der Fall: Die Realität nach drei Jahren Ihrer Regierung zeigt, dass der Wohnraummangel und auch die Mietpreise in den Städten weiter steigen und dass bezahlbares Wohnen immer mehr zur Mangelware wird. Vor diesem Hintergrund ist der Niedergang des Mietwohnungsbaus, den CDU, FDP und Frau Ministerin seit drei Jahren zu verantworten haben, ein Skandal.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, wir wollen doch noch einmal festhalten: Das Recht auf Wohnen ist fester Bestandteil der internationalen Menschenrechte. Ich zitiere aus Art. 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte:

„Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen (…)“

Dieses Recht lösen wir in Deutschland nicht ein. Die Anzahl der wohnungslosen Menschen ist in Deutschland auf fast 700.000 gestiegen; so schreibt es die „ZEIT“ im November des letzten Jahres. Das entspricht einem Anstieg um 4,2 % zum Vorjahr, und nach Untersuchungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe ist die Tendenz steigend.

Im Hinblick auf die Ursachen führt die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe in dem „ZEIT“Artikel weiter aus, dass die Hauptgründe für die steigende Zahl der Wohnungslosen in dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum und dem schrumpfenden Bestand an Sozialwohnungen liegen. Wenn das keinen Anlass zur Sorge gibt, dann weiß ich es auch nicht.

(Beifall von der SPD und Arndt Klocke [GRÜNE])

In Nordrhein-Westfalen fallen Jahr für Jahr zwischen 13.000 und 15.000 öffentlich geförderte Mietwohnungen aus der Preisbindung. Dem haben Sie, Frau Scharrenbach, meine Damen und Herren von CDU und FDP, die Sie die Wohnungspolitik der Landesregierung hier zu vertreten haben, einen Rückgang beim Bau von mietpreisgebundenen Mietwohnungen in Höhe von 41 % in drei Jahren entgegenzusetzen: von 9.301 Wohneinheiten in 2016 – die Tendenz war damals steigend – auf 7.230 Wohneinheiten nach Ihrer Regierungsübernahme in 2017, auf 6.159 Wohneinheiten in 2018 auf jetzt nur noch 5.463 Wohneinheiten. Das ist ein Rückgang um 41 % in drei Jahren.

(Jochen Ott [SPD]: So ist es!)

Nun haben wir in Nordrhein-Westfalen die öffentliche Wohnraumförderung. Diese hat eine gesetzliche Grundlage, das Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen. Darin heißt es unter anderem – ich zitiere –:

„Ziele der sozialen Wohnraumförderung sind:

1. Wohnraum für Haushalte zu schaffen, die sich am Markt nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können und auf Unterstützung angewiesen sind …“

Es heißt weiter:

„Bei der sozialen Wohnraumförderung und der Sicherung der Zweckbestimmungen des geförderten Wohnungsbestandes werden insbesondere Familien und andere Haushalte mit Kindern, Alleinerziehende, Schwangere, ältere Menschen und Menschen mit Behinderung unterstützt.“

Zitat Ende.

Damit ist doch die Kernaufgabe der Landesregierung klar umrissen. Damit ist doch klar, was die erste Aufgabe der Wohnraumförderung in Nordrhein-Westfalen ist.

Was machen Sie daraus? – Sie loben sich für Rekorde beim Bestand an Wohngebäuden, Sie loben sich für eine Steigerung der Wohneinheiten bei Eigentumsförderung, und wenn die Sprache auf den Niedergang des Mietwohnungsbaus kommt, wie zum Beispiel bei Ihrer Pressekonferenz am 7. Februar, dann sind die anderen schuld, nämlich Kommunen und Flächenmangel.

Wer muss das denn alles gängig machen? Wer gestaltet denn die Förderrichtlinien? Wer kann Einfluss nehmen, und wer hat die Pflicht, hier mehr Wohnraumförderung für bezahlbares Wohnen zu betreiben? Nutzt diese Politik der Masse der Menschen in unserem Land, den vielen, nicht den wenigen, den jungen Familien mit Kindern, den Alleinerziehenden, Geringverdienern, älteren und behinderten Menschen?

Nein, Sie fördern Jahr für Jahr munter an der gesetzlichen Kernaufgabe vorbei. Jahr für Jahr!

(Beifall von der SPD und Arndt Klocke [GRÜNE])

Solange Sie nichts daran ändern, behaupten Sie nicht weiter, dass der Mietwohnungsbau Ihre wichtigste Aufgabe sei. Das ist vorgeschoben, seit Sie an den Zahlen erkennen müssen, dass Ihre Politik der Wohnraumförderung an der Realität gescheitert ist.

Meine Damen und Herren, eine Studie der Caritas macht das Menschenrecht auf Wohnen und seine Bedeutung für die Menschen deutlich. Für 76 % der Befragten ist bezahlbares Wohnen äußerst oder sehr wichtig. Insbesondere für Menschen mit niedrigem Einkommen bis 2.000 Euro ist das so. Die Sicherung der Wohnung als elementares Grundbedürfnis wird weit überwiegend als wichtig angesehen, insbesondere bei Menschen unter 30 und über 50 Jahren. Für 79 % der Befragten stellen hohe Wohnkosten ein erhebliches Armutsrisiko dar.

84 % der Befragten erwarten von der Politik vor allem die Förderung des sozialen Wohnungsbaus, 80 % das Angebot preiswerten Wohnraums für benachteiligte Personengruppen und die Förderung von Wohnungsgenossenschaften sowie eine Mietpreisbremse in den Großstädten. Nichts von dem sind Sie in den drei Jahren Ihrer Regierungszeit durch eine zielgerichtete Förderpolitik wirklich angegangen.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, wenn es noch eines Beweises bedarf, wie Sie diese erste wichtige und vornehmste Aufgabe der Wohnraumförderung auf dem Altar Ihrer Ideologie des freien Marktes opfern,

(Zurufe von der CDU: Oh!)

dann schauen Sie sich die von Ihnen selbst beschlossenen Eckwerte der Wohnraumförderung an. Danach soll das Förderbudget für den Mietwohnungsbau von 730 Millionen Euro pro Jahr in 2017 auf 710 Millionen Euro abgesenkt werden und letztlich im Jahr 2022 bei 700 Millionen Euro landen. Das ist die Wahrheit über Ihre Wohnraumförderpolitik. Sie erkennen die Zeichen der Zeit nicht. Sie machen eine Politik an der Sache und an den Interessen und Bedürfnissen der Menschen vorbei.

(Beifall von der SPD)

Deshalb, meine Damen und Herren von CDU und FDP, Frau Ministerin, fangen Sie endlich mit einer wirklichen Förderung des Mietwohnungsbaus an. Stärken Sie die Förderung des Mietwohnungsbaus. Modernisieren Sie die Förderrichtlinien. Ergänzen Sie die Förderung um eine gemeinwohlorientierte Förderung mit unbegrenzten Mietpreisbindungen auf Erbpachtflächen der öffentlichen Hand. Machen Sie öffentliche Wohnbauflächen des Landes gängig, und schaffen Sie mit einer Landeswohnungsbaugesellschaft endlich eine Institution, die den Kommunen

hilft, aktiv zu werden, wo aus eigener Kraft nichts möglich ist. Helfen Sie dort, wo Investoren aufgrund geringer Renditeerwartung nicht aktiv werden und trotzdem bezahlbarer Wohnraum für die Menschen dringend geschaffen werden muss.

Das ist Ihre Aufgabe. Sie haben viel zu tun. Der Niedergang des geförderten Mietwohnungsbaus muss ein Ende haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Schrumpf.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch mit Beginn dieses Jahres legt uns die SPD ihren alljährlichen Antrag zur öffentlichen Wohnraumförderung vor,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: So lange sind Sie doch noch gar nicht hier!)

dieses Mal mit der überaus kreativen Überschrift „Wohnraumförderung der Landesregierung – Gestern noch am Abgrund, heute schon einen Schritt weiter?“.

Kolleginnen und Kollegen der Opposition, ich kann Ihnen sagen: Ja, seit Übernahme der Regierungsverantwortung haben wir uns Schritt für Schritt vom Abgrund entfernt,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Ja, aber nach vorne!)

an den Sie unser Land in Ihrer Regierungszeit geführt haben.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP – Rainer Schmeltzer [SPD]: Nach vorne! Nach vorne!)

Wir haben vom ersten Tag an Maßnahmen eingeleitet, um zu einem Mehr an Wohnungsbau in allen Segmenten des Marktes zu kommen. Wir haben ein Klima für den Neubau geschaffen. Statt Vermieter und Investoren durch Regulierungswahn und Zwangsmaßnahmen zu verschrecken oder zu beschimpfen, wie Rot-Rot-Grün das etwa in Berlin tut und dadurch Wohnungsbau und -investitionen abwürgt, haben wir Vorschriften entschlackt und so Investitionsanreize in unserem Land gesetzt.

(Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

So haben wir die Landesbauordnung modernisiert, den Landesentwicklungsplan zukunftsfest gestaltet, die Landesinitiative „Bau.Land.Leben“ auf den Weg gebracht und die öffentliche Wohnraumförderung mit

einem Rekordvolumen von 1,1 Milliarden Euro jährlich und zeitgemäßen, modernisierten Förderkonditionen aufgestellt.

(Sven Wolf [SPD]: Schade, dass die Wohnun- gen dann nicht gebaut werden, was? Das scheint ja nicht zu klappen!)

Damit haben wir ein klares, unmissverständliches Bekenntnis zum geförderten Wohnungsbau in unserem Land abgegeben, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der CDU)

All diese Maßnahmen brauchen nun ohne Frage Zeit, um ihre volle Wirkung zu entfalten.

(Sven Wolf [SPD]: Die haben die Menschen im Land aber nicht! Die haben die Menschen in diesem Land nicht!)