Protocol of the Session on February 13, 2020

Wir sind da sehr klar, Sie anscheinend nicht.

(Dr. Günther Bergmann [CDU]: Das hat ja mit Herrn Sarrazin auch gut geklappt!)

Herr Laschet, ich hätte mir auch gewünscht, dass dieser Ministerpräsident in diesem Land … – Ja, am Ende waren Sie klar, es hat nur etwas gedauert. Heute sagen Sie,

(Zurufe von der CDU)

wir sollten alle nicht übertreiben. Was muss denn bitte noch passieren, damit man klar feststellt, wie man orientiert sein muss?

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Sie konterkarieren die Rede Ihres Vorsitzenden!)

Deswegen bitte ich Sie inständig: Sorgen Sie in Ihrer Partei dafür, dass Dammbrüche nicht mehr zugelassen werden. Sorgen Sie dafür, erklären Sie heute hier, wie auch die CDU sich in Thüringen verhalten wird, so wie es die FDP sehr eindeutig getan hat. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Lüders. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Kerkhoff das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Lüders, ich bedaure, dass Sie mit Ihrem seltsamen Auftritt die gute Rede Ihres Vorsitzenden völlig konterkariert haben

(Beifall von der CDU und der FDP – Rainer Schmeltzer [SPD]: Ja, das tut weh!)

und damit auch den Konsens von CDU, SPD, FDP und Grünen in dieser Debatte in Teilen gefährden.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Diese vier Fraktionen eint ja die demokratische Grundhaltung, die Wertschätzung für unseren lebendigen Parlamentarismus, für die gewachsene politische Kultur und das Eintreten für die europäische Idee. Wir lehnen gemeinsam aus voller Überzeugung die nationalistische Engstirnigkeit, die Verachtung der demokratischen Institutionen, die teils rassistische Wortwahl und auch die hier im Plenum permanent zutage tretende schlechte Laune dieser AfD ab. Das tun wir gemeinsam.

(Beifall von der CDU und der FDP – Roger Beckamp [AfD]: Schlechte Laune?)

Wie politisch verkommen die AfD ist, zeigt doch das Beispiel Thüringen: Einen eigenen Kandidaten aufzustellen und diesen dann nicht zu wählen, ist doch das Paradebeispiel dafür. Das zeigt doch: Nicht jeder, der demokratisch gewählt ist, ist im Inneren auch ein Demokrat.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Vor wenigen Wochen hat hier im Landtag die beeindruckende Gedenkstunde zur Befreiung von Auschwitz stattgefunden. Keinen Meter von meinem Sitzplatz entfernt hat jemand gesessen, der dieses Grauen überlebt hat und mit über 90 Jahren mit seinen Enkeln aus den USA zu diesem Anlass nach Düsseldorf gekommen ist – was für eine menschliche Größe!

Und wie klein und erbärmlich ist es, dass hier eine Fraktion sitzt, deren wichtige Repräsentanten in der Partei von einem Mahnmal der Schande, von der NS-Zeit als Vogelschiss, von einer erinnerungspolitischen Wende fabulieren. Das ist absolut unterirdisch, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und Alexander Langguth [fraktions- los])

Die Gemeinsamkeit der vier Fraktionen – das haben wir auch in unterschiedlichen gemeinsamen Initiativen deutlich gemacht – umfasst folgende Punkte: gegen europafeindlichen Populismus, gegen all diese Dinge, die von der AfD kommen, für ein europäisches Verständnis, für eine Zusammenarbeit und auch im Übrigen für die Einrichtung einer Antisemitismusbeauftragten. Deshalb ist für meine Fraktion, aber auch für diese Koalitionsfraktionen völlig klar, dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD gibt, an keiner Stelle und zu keinem Zeitpunkt.

(Beifall von der CDU und der FDP – Vereinzelt Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

An dieser Haltung hat es seit Mai 2017 keine Sekunde Zweifel gegeben, und das bleibt auch so.

Dann will ich noch etwas sagen. Es ist ja so, dass neben dem Antrag auf diese Aktuelle Stunde auch ein Eilantrag eingereicht worden ist, in dem die SPD formuliert: Ebenso darf es keine Gesetzesbeschlüsse im hiesigen Landtag geben, die nur durch die Stimmen von AfD-Abgeordneten eine Mehrheit gefunden haben.

Ich will an dieser Stelle vorsichtig auf die Risiken und Nebenwirkungen hinweisen, und zwar auf die jenseits der verfassungsrechtlichen. Auch diesbezüglich gilt nämlich, dass nicht alles, was gut gemeint ist, auch gut gemacht ist.

Was machen Sie denn, wenn bei einem Gesetzentwurf von SPD und Grünen – beispielsweise, wenn Sie Ihren Entwurf zum KAG einbringen – beim Hammelsprung oder der namentlichen Abstimmung Abgeordnete von uns fehlen? Ihr Gesetz wäre dann so beschlossen, wie Sie es nicht wollen, nämlich mit Stimmen der AfD. Ich kann Sie aber beruhigen: Wir haben nicht vor, hier irgendeine Abstimmung zu verlieren.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich weise nur darauf hin, dass wir bei all den Dingen, die wir hier gemeinsam und richtigerweise tun – und deshalb bedaure ich noch einmal, dass Frau Lüders dies eben infrage gestellt hat; die WerteUnion ist kein Teil der CDU; das weise ich für meine Fraktion deutlich zurück –,

(Beifall von der CDU und der FDP – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

gemeinsam Verantwortung tragen und immer auch deutlich machen werden, wo in diesem Hause die Gegner der Demokratie sitzen.

Minister Stamp hat richtigerweise gesagt, dass wir alle gemeinsam einen Beitrag dazu leisten sollten, dass diese wieder von hier verschwinden. Bei denen, die ansonsten Lehrer wären, bin ich ganz froh, dass sie sich nicht in Klassenräumen, sondern hier im Plenarsaal aufhalten.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Sie haben ja den Antrag zu einer Enquetekommission zum Thema „Einsamkeit“ eingereicht.

(Heiterkeit von der CDU)

Ich finde, dass das ein wenig die Bewältigung des eigenen Traumas ist, weil Sie hier im Haus mit Ihrer Haltung zu Recht einsam sind. AfD wählen macht einsam, und das ist richtig so.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Zu Ihrer Herumjammerei will ich Ihnen sagen: Ihnen werden hier alle Ihnen zustehenden parlamentarischen Rechte gewährt. Sie sitzen mit Vertretern Ihrer Fraktion in unterschiedlichen Gremien – sogar beim WDR, den Sie abschaffen wollen. Ihre Leute sitzen – hochdotiert – mit in den Gremien. Es ist doch abenteuerlich, wenn Sie sich hier als Opfer von Altparteien, einer Mehrheit und sonst was aufführen. Abenteuerlich!

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Ich wünsche mir deshalb, dass sich die Einmütigkeit, die ich in vielen Teilen dieser Debatte wahrgenommen habe, fortsetzt und wir in diesem gemeinsamen Kampf gegen rechten und linken Extremismus, der in

der Tat unterschiedlich ist, als demokratische Fraktionen beieinander bleiben. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Kerkhoff. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Frau Kollegin Schäffer.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin wirklich dankbar für die klaren Worte von CDU und FDP und auch für die klare Haltung, die sie hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen zeigen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Uns eint wohl, dass wir über diesen Vorfall in Thüringen erschüttert sind. Es war eine demokratische Wahl. CDU und FDP in Thüringen haben die Strategie der AfD nicht durchschaut. Der FDP-Kandidat wurde mit den Stimmen einer rechtsextremen AfD gewählt.

Im Übrigen glaube ich eigentlich nicht, dass es ein Unfall oder ein Zufall war. Aus meiner Sicht musste man ja durchaus damit rechnen. Umso größer ist doch jetzt der Schaden. Umso größer ist meiner Meinung nach jetzt auch der Auftrag an uns als Demokratinnen und Demokraten, wachsam zu sein – auch in Bezug auf parlamentarische Prozesse.

Uns treibt wohl alle um, was Thüringen mit uns, mit unserer parlamentarischen Demokratie macht. Ich denke, es ist wichtig, den Blick ein Stück über unsere Parlamente hinaus auszuweiten. Seit letzter Woche treibt mich wirklich die Frage um, was diese Zäsur, dieser Dammbruch – wie auch immer man es nennen mag –, diese Wahl eines Ministerpräsidenten mit Stimmen einer rechtsextremen, faschistischen, völkischen AfD in Thüringen mit Menschen in unserer Gesellschaft macht, die Minderheiten angehören.

Herr Stamp und auf Frau Düker haben eben schon darauf hingewiesen: Was macht das eigentlich mit Jüdinnen und Juden in unserer Gesellschaft? Was macht das mit Personen, deren Opa aus der Türkei kommt, deren Mutter aus der Türkei eingewandert ist oder die schwarz sind? Was macht das mit Minderheiten in unserer Gesellschaft? Wie gehen diese Personen damit um?

Wir haben gemeinsam viel über das Thema „Antisemitismus“ sowie darüber diskutiert – das hat uns wohl alle bewegt –, dass Jüdinnen und Juden in unserer Gesellschaft darüber nachdenken, auszuwandern. Was macht es mit ihnen, wenn sie eine Kontinuität rechtsextremer Entwicklungen in diesem Land erleben – den NSU, den Anschlag auf die Synagoge in Halle im vergangenen Jahr, die steigende Anzahl

rechtsextremer Straftaten, die Verschiebung von Sagbarkeitsgrenzen, die schon lange verschoben sind, und den Rechtsruck in unserer Gesellschaft? All das hinterlässt Spuren, insbesondere bei Personen mit Merkmalen, mit denen sie sich als zu Minderheiten in unserer Gesellschaft zugehörig fühlen.

Und dann letzte Woche die Wahl in Thüringen mit Stimmen der rechtsextremen Höcke-AfD – auch das muss hier noch einmal klar gesagt werden –: Mit diesen Stimmen wurde ein Demokrat zum Ministerpräsidenten gewählt – und dann nimmt er die Wahl auch noch an.